Bericht
08.05.2009
Absahnen und abstoßen
Die italienische Gewerkschaften bei Alcatel-Lucent wurden vor kurzem informiert, dass die Fertigung in Battipalga, Italien entweder outgesourced oder geschlossen werden soll. Und dies obwohl ALU reichlich Subventionen von der EU und vom italienischem Forschungsministerium kassiert hat.
Laut einer Presseerklärung des Europäischen Betriebsrats, ECID, werden 200 Reguläre und 150-180 Befristeten in der R&D und der Fabrik im Bereich Optik beschäftigt. Nächstes Jahr sollen die Fertigungsaktivitäten reduziert werden, indem sie nach Rumänien oder China transferiert werden.
Nicht zu Unrecht befürchtet der EBR, dass mittelfristig solch eine ausgliederte Fabrik entweder geschlossen oder die Beschäftigungszahl drastisch heruntergefahren wird.
Die Geschichte solche Fabriken ist nicht gerade erbauend:
- Cherbourg, Frankreich, 300 Beschäftigte: 2002 verkauft, 2008 geschlossen
- Laval, Frankreich, 830 Beschäftigte: 2001 verkauft, 2005 geschlossen
- Brest, Frankreich: 900 Beschäftigte: 2002 verkauft, gegenwärtig 160 Beschäftigte, die Zukunft der Fabrik ist unsicher.
- Maddaloni, Italien, 140 Beschäftigte: 2003 verkauft, gegenwärtig 30-40 Beschäftigte, die Zukunft der Fabrik ist unsicher.
- Frosinone, Italien, 150 Beschäftigte: 2003 verkauft, 2008 geschlossen.
- Toledo, Spanien, 400 Beschäftigte: 2002 verkauft, 2008 geschlossen
- Gunzenhausen, 750 Beschäftigte: 2002 verkauft, gegenwärtig 150 Beschäftigte.
Alcatel hat über die Jahre einiges an Subventionen bekommen:
- 1994-2006: €5 Mio aus dem „European Regional Development Fund“, um die Fabrik zu modernisieren
- € 2,9 Mio. von der EU für die Projekte „Moicane“ und „Smacks“.
- Seit 2000 €23 Mio. vom italienischem Forschungsministerium für R+D Projekte
Wie man sieht, gibt es durchaus auch heimische „Heuschrecken“.
Mit Recht fordert der EBR, dass die Fabrik weder outgesourced noch geschlossen werden darf.
Angesichts der Wünsche der Firma, ihre noch vorhandene Fabriken loszuwerden, muss diese Forderung auch auf die übrigen Fabriken, wie z.B. in Bonndorf, (Dunkermotoren) ausgedehnt werden.
30.04.2009
Rezept gegen Langeweile - Bericht der 2. Betriebsversammlung 2009 bei Alcatel-Lucent Nürnberg
29. April: Eine anfangs langweilige Betriebsversammlung wurde zum Ende hin doch noch richtig spannend. Großartig - aber nur was die Dramaturgie betrifft.
Bericht des Betriebsrats
Die Inhalte der vorgesehenen Themen (Zielvereinbarung/Bonus, Zeiterfassung, neue ALU-"Grades", Telefonanlage) schienen interessant und nicht langweilig. Leider erlebten wir wieder einmal eine sehr schwach besetzte Betriebsversammlung.
Überraschend der Beginn der Versammlung: nicht der BR-Vorsitzende, sondern ein BR-Vertreter sprang auf und berichtete! Eine Erklärung dieses spontanen Wechsels blieben beide schuldig. Wir können wieder einmal nur mutmaßen (...)
Der BR-Vertreter erklärte, dass alle alten Betriebsvereinbarungen zum Thema Zielvereinbarungen weiterhin gelten und wie man/frau sich bei der Aufstellung verhalten solle. Ferner wurde die Bonusregelung von ihm erläutert, als da sind: die Bewertung der Ziele und die Berechnung der Höhe der ausgezahlten Geldsumme, wenn es denn dazu kommen solle. Ein Bericht, über die BR-Tätigkeiten, war das allerdings nicht.
Die Stempeluhren (S-t-e-m-p-e-l-uhren!!!) in Stuttgart und Berlin sollen durch ein elektronisches Zeiterfassungssystem abgelöst werden. Wohin ALU-Nürnberg mit seiner derzeitigen Vertrauensgleitzeit hinsteuert, ist noch unklar. Eine Meinung hatte der BR selber nicht dazu, sondern verlangte lediglich eine offizielle Stellungnahme vom Vorstand.
Ein weiteres Thema behandelte die neuen ALU-Grades. Im ganzen Konzern sollen alle Arbeitsplätze beschrieben und bewertet werden. Jeder Mitarbeiter wird demnach in eine Gehaltsstufe („Grade“) eingruppiert. Ob und welche Konsequenzen dieser Prozess für uns haben könnte, wurde allerdings nicht erläutert.
Zuletzt erfuhren wir, dass der BR doch aktiv mitgestaltet. Leider ohne weitere Details berichtete der BR-Vertreter, dass der BR derzeit über eine Rufbereitschaft und über eine neue Telefonanlage mit der GL verhandelt. Im Gesamtbetriebsrat wurde zwei Vereinbarungen abgeschlossen.
Der Bericht ließ leider die eigene Meinung des BR zu den einzelnen Themen vermissen. Die Kollegen können von einem Tätigkeitsbericht auf einer Betriebsversammlung durchaus erwarten, dass dieser seinen eigenen Standpunkt zu den Themen, seine Vorgehensweise und was er selber gestalten will, auch erläutert.
Bericht der IGM im Betrieb
Zu diesem Thema ergriff dann der BR-Vorsitzende das Wort. Er selber sei gut gelaunt und beschrieb, worin aus seiner Sicht die Fortschritte auf dem Weg zu einer Gehaltserhöhung bestünden. Er erläuterte einen Brief an den obersten Personalchef, in dem er die möglichen Wege zu einem Tarifvertrag für Nürnberg aufzeige und welche Schritte zu einem Tarifvertrag unternommen werden könnten.
Das Ergebnis seiner Rede war, zu erklären, dass die Bezahlung der 4,2% Tariferhöhung durchsetzbar wäre, wenn ausreichend viele Nürnberger Kollegen jetzt in die Gewerkschaft eintreten und die Forderung dann aufstellen könnten. Das Zeitfenster dafür sei Q2.
Bericht des Vorstandes
Der Standortleiter/Vorstandsmitglied berichtete über die Aktivitäten der einzelnen Bereiche und wie die zukünftige Aufgaben aussehen sollen.
Danach sprach der Personalvorstand! Ein Highlight des Tages!
Er las die Ergebnisse einer ALU-Umfrage vor und fand es hervorragend, dass 25% (!) der Gefragten daran teilnahmen. Die Leinwandpräsentation hätte er sich aber sparen können, da die Ergebnisse ab der dritten Reihe nicht mehr zu lesen waren. Wann lernt das Management ENDLICH auch hier dazu!? Ein kurzer Extrakt des Surveys wäre sinnvoller gewesen, als das krampfhafte, „äh“-geprägte Heruntergeplapper von Ergebnissen, die hier kaum jemanden interessieren.
Es würden bald 400 Aktienoptionen/MA zum Preis vom 2€/Stück ausgegeben. Angesichts des derzeit niedrigen Kurswertes gab es erneut Gelächter von vielen Anwesenden. Der Personalvorstand heizte die Stimmung unwillkürlich auch noch ein, indem er erklärte, dass die potentiellen Chancen doch nicht von der Hand zu weisen seien. Großes Gelächter!
Der Fettnäpfchen nicht genug. Als er verkündete, dass für Nürnberg eine neue elektronische Zeiterfassung anstehe („Das ist heute Standard“), wird ihm durch Zwischenrufe erklärt, dass Nürnberg eine Vertrauensgleitzeit hat. Verständnisprobleme seinerseits...
Wir übertreiben nicht, wenn wir seinen gesamten Vortrag als rhetorische Zumutung betrachten, zumal er auch noch schlecht vorbereitet war. Mit derartigen Beiträgen kann man vielleicht „wer-weiss-wo“ Eindruck schinden, aber nicht bei dieser gebeutelten Belegschaft.
Bitte verschont uns in Zukunft damit!
Diskussion
Ein BR-Mitglied berichtete von neuen Kontraktoren, die vor kurzem bei ALU Nürnberg aufgetaucht seien. Er wolle vom Vorstand wissen, wie dies im Einklang mit der Aussage des Konzernchefs zu bringen wäre, Kontraktoren abzubauen. Außerdem wolle er wissen, wie es dazu kommen kann, dass ein Vorgesetzter mit Geld abgefunden werden kann und kurz darauf wieder bei ALU als Chef tätig sein kann.
Der Standortleiter konnte die Fragen dazu nicht beantworten, da er den Fall nicht kenne und sich erst informieren müsse.
Die Frage nach der Zukunft des Standorts Nürnberg beantwortete der Standortleiter floskelhaft: man dürfe insgesamt nur den Standort Deutschland betrachten, alle anderen Diskussionen würden den Standort Nürnberg gefährden. Einige Betriebsräte entgegneteten ihm, dass nicht die Belegschaft diejenige war, die den Standort unter die kritische Masse heruntergefahren hätte. Der Vorstand würde zwiegespalten argumentieren, einerseits plädiere er für eine Vereinheitlichung, andererseits mache er bei der Bezahlung Unterschiede. Das passe nicht zusammen.
Fazit
Hätten wir nicht den beiden Redebeiträgen unserer Vorstandsmitglieder lauschen können, wäre der BR-Vormittag ziemlich langweilig verlaufen. Mit ihren Beiträgen haben unsere Vorstände wieder einmal gezeigt, welches Potential in ihnen steckt. Wir sind auf mehr gespannt!
Der BR kann sich daran ein Beispiel nehmen, vielleicht hätte er dann in Zukunft ein volleres Haus.
26.04.2009
ALU: Gut und billig?
Der Konzernchef verkündete kürzlich, dass ALU 5000 Kontraktoren abbauen will. Die Realität sieht jedoch anders aus.
Vor ca. 3 Wochen füllte sich eine leere Etage bei ALU – ungewöhnlich. Es war aber diesmal kein Umzug von Kollegen. Nein, aus drei verschiedenen Personaldienstleistern, ALU Portugal und ALU Türkei stammen die Leute, so der Flurfunk. Es handelt sich um ca. 30 Leute die an einem Projekt arbeiten, das von der Serviceabteilung gesteuert wird.
Besonders pikant auch der „Boss“ dieser Truppe. Er stammt selbst von einer Leasingfirma und war bis vor kurzem Chef bei ALU. Er ist beim letzten Personalabbau gegangen (worden?), mit einer – wir können nur mutmaßen - guten Abfindung. Nicht schlecht für ihn.
Neueinstellung von Kontraktoren deckt sich nicht gerade mit der Verkündung des Konzernchefs, 5000 Kontraktoren abzubauen. So gibt es immer noch ALU-Kollegen, die den letzten Outsoucings zu Wipro bzw. Harvey Nash widersprachen und daraufhin bewußt keine Arbeit mehr innerhalb ALUs erhalten haben. Solche Verarsche hat bei ALU durchaus schon Tradition.
Das Gute was wir aus alledem lernen:
Auch teure Top-Manager könnte man outsourcen und Billigere dafür einkaufen. Vietnamesische Manager wären eine gute Wahl, denn die Ausgliederung zu Harvey Nash hat gezeigt, dass die Gehälter in Vietnam 1/3 der chinesischen betragen!
14.04.2009
ALU: Der Ausverkauf geht weiter
Dass Veränderungen anstehen, erfährt man wieder mal aus der Zeitung - Teile der Firma sollen outgesourced werde. Es scheint, als ob sich mittlerweile niemand darüber aufregt, obwohl mindestens 100 KollegInnen in Stuttgart betroffen sein könnten. Lediglich in Frankreich gibt es Proteste.
War die „Indiskretion“ beabsichtigt, um damit auf die Ausgliederung aufmerksam zu machen oder schmeckt das Vorhaben manchen Managern nicht und sie brachten die Info deswegen an die Öffentlichkeit? Wahrscheinlich ist an den Gerüchten was dran, das Top-Management streitet es jedenfalls nicht ab.
Laut Les Echos gehe es um einem möglichen Auftrag von mehreren hundert Millionen Euro und das, die Zeitung weiter, könne der „Vertrag des Jahres“ werden.
Beängstigend ist die Information, dass es nicht nur den Bereich IT treffen soll. Wie der Presse zu entnehmen war, „... sehe sich das Unternehmen derzeit nach Möglichkeiten um, einen Teil der Forschungs- und Entwicklungsarbeit für seine ausgereiftesten Produkte auszulagern“.
Diese Woche tagen der Wirtschaftsausschuss und der Gesamtbetriebsrat. Hoffentlich kommt nicht nochmal ein wertloses Eckpunktepapier dabei heraus, das keine rechtliche Bedeutung hat und niemanden etwas nutzt. Zur Erinnerung: im derzeitigen steht folgendes: „Zum heutigen Zeitpunkt werden nach Kenntnis der Geschäftsleitung keine weiteren Outsourcingaktivtäten geprüft bzw. sind keine Outsourcingaktivitäten für Deutschland in der Planung ...“. Na dann!
Im französischen Presseartikel sorgt man sich um die Reaktionen der Kollegen. Das Outsourcing-Projekt könne Proteste auslösen, weil mehrere hundert Leute betroffen sein werden.
Und was wird bei uns in dieser Hinsicht laufen?
01.04.2009
Tarifvertrag für ALU in Nürnberg!
Pünktlich zum Beginn des Monats gibt es bereits einen Tarifvertrag für ALU Nürnberg. Die IG Metall hat zusammen mit einigen aus dem Gesamtbetriebsrat ein Eckpunktepapier verabschiedet, in dem die Modalitäten der Einführung eines Tarifvertrags geregelt werden sollen.
Wir wissen nicht, ob wir uns darüber freuen sollen.
Wie dem auch sei, hier isat das Ergebnis, das zu uns durchgesickert ist:
Es soll einen „Anerkennungstarifvertrag“ geben, in dem der bayerische Tarifvertrag anerkannt wird. Allerdings weicht er davon an zwei wesentlichen Stellen ab:
- die Arbeitszeit beträgt für alle in Nürnberg 43 Std und
- statt einer Gehaltserhöhung von 4,2% soll es nur eine Erhöhung von 1,7% geben
Leider bekommen Bonn und Neu Isenburg den Tarifvertrag nicht!
Um einen Beitrag zur Sanierung des Unternehmens zu leisten und für den Tarifvertrag in Nürnberg zu bezahlen, soll die Arbeitszeit in Stuttgart auf 40 Stunden erhöht werden. AT-Mitarbeiter und alle Manager dürfen in Zukunft 45 Stunden arbeiten.
Was es sonst noch für Abweichungen gibt, wissen wir noch nicht. Leider konnten uns nicht einmal die IGM-Betriebsräte sagen, wie die restlichen Bedingungen aussehen.
Fazit
Wir fragen uns, ob das Ergebnis, so gut es auch klingen mag, in der Belegschaft gut ankommen wird?