Haustarifvertrag
21.12.2010
Der Weihnachtsmann informiert
Am 16. Dezember 2010 fand nach kurzfristiger Ankündigung eine „Informationsveranstaltung“ des Betriebsrats Nürnberg statt. Die etwa 100 Anwesenden wurden über die folgenden Themen informiert: Einführung der elektronischen Urlaubskarte, Weiterführung der Kurzarbeit in OND und die Erläuterung der Nachberechnung.
Elektronische Urlaubskarte
Ab 2011 soll ein neues Tool eingeführt werden, das die jetzige Urlaubskarte in Nürnberg ersetzen wird. Dieses Tool, so der Betriebsratsvorsitzende, solle dazu führen, dass das, was im ALU-Intranet vereinbart wurde, verbindlich sei.
Allerdings gibt es dabei ein kleines Problem: Falls der Vorgesetzte den Antrag nicht gleich genehmigt, wird das Tool ihn lediglich nur einmal daran erinnern. Danach muss sich der Mitarbeiter selbst darum kümmern, dass seine Urlaubskarte „abgezeichnet“ wird!
Interessant dabei ist die Tatsache, so der BR Vorsitzende, dass das Tool für die elektronische Urlaubskarte auch das Tool für die elektronische Zeiterfassung ist. Die elektronische Zeiterfassung gelte ALU-bundesweit, bloß am Standort Nürnberg nicht. Man könne aber dort das Excel-Tool weiterhin benutzen ...
Kurzarbeit OND
Es wurde berichtet, dass der Betriebsrat über die Verlängerung der Kurzarbeit verhandelt hätte.
Die Forderungen des BRs dazu:
- Aufzahlung auf das Kurzarbeitergeld
- maximal 10 Kurzarbeitertage
- Beschäftigungssicherung bis zum Jahr 2015
- neue Einstellungen von Mitarbeitern
Das Angebot der Firma dazu:
- Keine Aufzahlung, weil im Haustarifvertrag darüber nichts geregelt ist. („So ist es“, meinte der BR-Vorsitzende dazu)
- Von Januar bis August durchschnittlich 8 Tage und maximal 15 Tage Kurzarbeit. Wobei diejenigen, die bereits 2010 mehr als 30 Tage Kurzarbeit geleistet haben, maximal nur 10 Tage in 2011 leisten müssen. („Natürlich“, so der BR Vorsitzende, „kann jede/r auch freiwillig mehr leisten!“)
- Die Anzahl der Beschäftigten in OND/Deutschland (gesamt 311; Nürnberg: 205, Stuttgart: 106) soll in einem Interessenausgleich festgeschrieben werden
- Es gibt keine Neueinstellungen (Anmerkung von uns: Soviel zum Thema Aufschwung...)
Der BR-Vorsitzende rief auf, die Ergebnisse zu kommentieren. Keine Wortmeldungen! Daraufhin meinte der BR-Vorsitzende, der BR würde das dann so beschließen, weil keine Meinung dazu geäußert wurde. (Anmerkung von uns: Soviel zum Thema Demokratie...)
Er fuhr fort, dass die Vereinbarung einen Vorteil hätte. Das Management sage uns immer wieder, dass wir uns mit dieser Vereinbarung im Ausland als eine flexible Belegschaft darstellen können, die die flexiblen Möglichkeiten nutze, um Kosten einzusparen. (!) Der BR-Vorsitzende wolle, dass wir dieses Argument kennen. Es stehe zwar nichts in der Vereinbarung, es spiele aber eine Rolle.
Gehaltserhöhung
Daraufhin erfolgte ein persönlicher Appell des Betriebsratsvorsitzenden, der IG Metall beizutreten. 2012 könne der Haustarifvertrag (HTV) gekündigt und weiterverhandelt werden. Das unterschiedliche Gehaltsniveau von Nürnberg und Stuttgart, es betrage derzeit 10% (!), könne dann „beseitigt“ werden.
Gehaltsnachzahlung – das Abrechnungsthema
Ein Personalreferent versuchte die Gehaltsnachzahlung zu erklären. Da die Folien nicht einmal in der ersten Reihe lesbar waren, können wir über die Abrechnung nichts sagen. Wer sich dafür interessiert, kann eine Kopie auf der BR-Website finden.
Zum Schluss warb der Personalreferent für den HTV. Wer noch nicht unterschrieben hat, könne das noch im Dezember tun und würde alle Nachzahlungen bekommen.
Der BR-Vorsitzende schloss sich dieser Meinung an.
Kommentar
Zum dritten Mal hat der BR seine gesetzliche Pflichten verletzt. Zwei Betriebsversammlungen waren zu spät angesetzt und die vierte fiel aus. Bei einer derartigen „Informationspolitik“ ist die Belegschaft der Verlierer. In einem gewerkschaftlichen Kommentar des Betriebsverfassungsgesetzes ist zu lesen:
„Führt der BR die gesetzlich vorgeschriebenen Betriebsversammlungen nicht durch, stellt dies eine Beseitigung eines zentralen Bestandteils innerbetrieblicher Demokratie dar, erschwert eine konsequente Interessenvertretung durch den BR und kann – inbes. im Wiederholungsfall – eine Verletzung der gesetzlichen Pflichten des BR nach §23 Abs 1. darstellen.“
Eine Informationsveranstaltung ist kein Ersatz für eine vorgeschriebene Betriebsversammlung. Scheinbar hält der BR nichts von betrieblicher Demokratie.
Elektronische Urlaubskarte
Die neue Regelung ist schlechter als die bisherige. Und das, obwohl der Betriebsrat mitbestimmt hat. Warum jetzt die Zustimmung vom BR?
Kurzarbeit
Eine Voraussetzung für Kurzarbeit ist, dass der Arbeitgeber und der Betriebsrat vergeblich versucht haben, den Arbeitsausfall abzuwenden oder einzuschränken.
Was hat der Betriebsrat dafür getan? In der Infoveranstaltung hörte man nichts davon. Der BR hat in den Verhandlungen nichts wesentliches erreicht.
Es ist außerdem alles andere als demokratisch, die Verhandlungsergebnisse zum ersten Mal in einer „Infoveranstaltung“ zu präsentieren und zu erwarten, dass die Betroffenen darauf reagieren können. Eine demokratische Diskussion wäre nur möglich gewesen, wenn der BR einige Tage vorher den Entwurf der Betriebsvereinbarung verteilt hätte! Wollte der BR die Belegschaft etwa überrumpeln?
Haustarifvertrag
Natürlich darf die IG Metall für ihren Tarifvertrag Werbung machen. Warum hat die Gewerkschaft ihn damals im März eigentlich unterschrieben, wenn das Gehaltsniveau 10% unter Stuttgart liegt??
Nachdem die überwiegende Mehrzahl der Beschäftigen am Standort Nürnberg unterschrieben hat, kommt diese Info plötzlich ans Tageslicht!?
Wie dem auch sei, wünschen wir uns für 2011 einen Betriebsrat, der die Interessen der Kollegen vertritt. Aber eher scheint der Weihnachtsmann diesen Wunsch erfüllen zu können als der derzeitige BR!
26.10.2010
Alcatel-Lucent: Veranstaltung der seltsamen Art
Am 22. Oktober 2010 fand in Nürnberg eine „Infoveranstaltung zum Haustarifvertrag und zu neuen Arbeitsverträgen“ der IG Metall statt. Seltsam dabei war die aktive Teilnahme der „kompetenten Mitarbeiter von HR“ ….
In den vergangenen Tagen sind „neue Verträge“, sprich Angebote, einen neuen Arbeitsvertrag mit Bezugnahme auf den Haustarifvertrag (HTV) zu unterschreiben, verteilt worden. Natürlich kommen bei solchen „Angeboten“ viele Fragen auf. Es war daher nicht überraschend, dass es eine Veranstaltung gab, bei der offene Fragen beantwortet werden sollten.
Eigenartig jedoch war die Art der Veranstaltung und deren Mitwirkende. Dass die IG Metall über den HTV informiert, ist legitim. Man würde jedoch erwarten, dass sie dies selbst tut. Schließlich hat sie ihn mitverhandelt und das Ergebnis unterschrieben. Aber es kam anders:
der Betriebsratsvorsitzende eröffnete die Veranstaltung mit der Bemerkung, dass „zum Glück“ die neuen Verträge im Haus seien. Viele hätten diese mittlerweile bekommen. Dabei würden allgemeine Fragen auftauchen, die wahrscheinlich viele von uns hätten. Daher habe die IG Metall die Personalabteilung gebeten, zu dieser Veranstaltung zu kommen. Nach einer kurzen Auflistung einiger Fragen, gab der Betriebsratsvorsitzende das Mikro weiter an einen der Personalsachbearbeiter aus Nürnberg, der zum großen Teil die Veranstaltung leitete und viele der Fragen stellte und beantwortete.
Fragen und Antworten
Von den vielen Fragen fielen uns drei auf:
a) Die Heranführung der „Unterschreiter“
Bezeichnenderweise sind offensichtlich viele KollegInnen „Unterschreiter“, d. h. sie sind für ihre jetzige Tätigkeit unterbezahlt. Eine Kollegin wollte wissen, ob zusätzliches Geld für deren Heranführung bereit gestellt würde.
Dies wurde von der Firma verneint. Mehr noch: sie erwarte, dass es nicht in 1 bis 2 Jahren erfolge, sondern eher in 5 Jahren.
b) Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
In den Lucent-Veträgen wird im Krankheitsfall für den Zeitraum von 6 Monaten das 100%-ige Nettogehalt garantiert. Ein Kollege wollte wissen, ob das im HTV genauso geregelt werde. Der Rechtsvertreter der Firma konnte die Frage nicht beantworten. Er müsse nachschauen.
c) Dienstsitz
Auch wenn es „nur mit Zustimmung des Mitarbeiters“ möglich sei, haben Kollegen gefragt, was es mit der Passage im neuen Arbeitsvertrag auf sich habe, dass der Arbeitgeber den Dienstsitz ändern kann.
Die Antwort des Rechtsvertreters, dass die Gewerbeordnung dies zulasse, klang nicht überzeugend.
Seltsam, seltsam
Es war eine seltsame Veranstaltung, denn die IG Metall kam als Veranstalter nicht wirklich vor. Mehr noch: es war offensichtlich eine Veranstaltung der Firma. Die Beweggründe der IGM hierfür kennen wir nicht. Nur eines ist sicher:
Es gab unter den Mitgliedern weder eine Entscheidung, diese Veranstaltung abzuhalten, noch eine Diskussion über deren Gestaltung.
Darüberhinaus haben wir, was den HTV anbelangt, kein gutes Gefühl. Der Tarifvertrag wurde nicht erkämpft. Er wurde von einer schwachen IGM verhandelt. Wenn Alcatel-Lucent Deutschland so einen Vertrag unterschreibt, eine Firma, der es nicht gerade glänzend geht, fragen wir uns, warum sie es tat. Was war ihre Motivation? Was ließ sie es sich kosten?
Kündigungsschutz
Immer und immer wieder sticht die Passage ins Auge, bei der es um den Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer geht.
Fakt ist, dass der Kündigungsschutz im HTV nicht nur von den Tarifvertragsparteien ausgesetzt werden kann, sondern dass er selten gilt. Insbesondere gilt er bei einem Widerspruch gegen einen Betriebsübergang und bei einer Änderungskündigung nicht. Die entsprechende Passage im Manteltarifvertrag sieht aber anders aus:
4.4 Einem Beschäftigten, der das 53., aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet hat und dem Betrieb mindestens drei Jahre angehört, kann nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden. Dies gilt auch für eine Änderungskündigung.
Da derartige Passagen vorkommen, fragen wir uns, welche Haken es sonst noch im HTV gibt. Auf jeden Fall legt die Passage über Kündigungsschutz den Verdacht nahe, dass noch weitere Ausgliederungen geplant sind.
Außer zusätzlichem Geld, was natürlich sehr verlockend ist, welche Konsequenzen hat ein neuer Arbeitsvertrag noch? Sind sie alle positiv?
19.08.2010
Neuer Webauftritt des Betriebsrats Nürnberg
Vor ein paar Wochen erreichte uns die überraschende Mitteilung, dass der Betriebsrat an einen neuen Webauftritt arbeitet. Wir fragen uns, warum der Betriebsrat diesen (nicht unerheblichen) Aufwand betreibt? Hat es etwas mit der Informationspolitik des BRs zu tun oder steckt etwas ganz anderes dahinter?
Spärliche Informationen
Seit der letzten BR-Wahl im März hört man relativ wenig über das, was der BR macht. Die beiden Betriebsversammlungen, denen wir beiwohnen durften, waren nicht gerade informativ.
Die erste Betriebsversammlung in diesem Jahr war eine reine Werbeveranstaltung für den Haustarifvertrag (HTV). In brüderlicher Eintracht erklärten uns die IG Metall, die Firmenvertreter und der Betriebsrat den HTV. Bemerkenswert dabei war lediglich, dass man diesen in der endgültigen Form nie zu sehen bekam - bis zum 16. August nicht. Lediglich Netzwerk IT hat vor zwei Monaten den HTV veröffentlichet
In der zweiten Betriebsversammlung waren konkrete Informationen über die Tätigkeit des BRs ebenso dürftig. Allein durch den Bericht über das neue Bezahlungssystem für die Kantine konnte man erahnen, dass der BR seinen Hintern bewegt. Fast alle anderen Berichte gingen um Themen, die offensichtlich im Gesamtbetriebsrat behandelt werden.
Wer der neue BR ist, welche Ziele er hat und was er konkret in 2010 geleistet hat, war nicht zu vernehmen. Schlimmer noch: keine der bisherigen Betriebsversammlungen fanden rechtzeitig statt und in keiner lieferte der BR einen ordentlichen Tätigkeitsbericht ab, wie es das Betriebsverfassungsgesetz dem Betriebsrat vorschreibt. Hat der BR sich auf die faule Haut gelegt oder hat er der Belegschaft nichts mehr zu sagen?
Der neue Webauftritt
Wie wir erkennen, ist die Informationspolitik des Betriebsrats nicht offen und Transparent. Soll das jetzt mit einem neuen Webauftritt verbessert werden?
Wohl kaum. Der neue Webauftritt ist ein Abklatsch des alten. Neue Information oder neue Möglichkeiten für die Belegschaft sind dort nicht zu finden. Welche Gründe könnte es dennoch dafür geben?
Technische Gründe wohl nicht. Das bisherige System läuft gut, stabil und ist technisch auf der Höhe der Zeit. Der BR hat Zugang zum System und anwenden können es die Betriebsräte auch. Daran kann es auch nicht liegen.
Was kann also der Grund für diesen neuen Webauftritt des BRs sein? All diese Fragen hat laut unserer Information auch ein Ersatzbetriebsratsmitglied dem BR gestellt und bisher keine Antwort von ihm darauf bekommen. Obwohl die Mail an alle Betriebsräte und Ersatzbetriebsräte ging, hat der BR nichts dazu gesagt bzw. geschrieben.
Wir können nur vermuten, dass es darum geht, kritische Menschen kaltzustellen. Unangenehme Fragen an den Betriebsrat könnten ja ihre bequeme Eintracht mit der Geschäftleitung und deren Handlanger gefährden.
Sollte sich der BR nicht zu Wort melden, werden wir weiterhin spekulieren müssen ...
21.05.2010
Zum Haustarifvertrag
Bis vor kurzem hat Keine/r eine Kopie des Haustarifvertrags (HTV) in der Hand, auch nicht die Mitglieder der IG Metall. Mit der Veröffentlichung in unserem Projekt kann jeder und jede sich selbst ein Bild machen, ob die Unterzeichnung eines neuen Arbeitsvertrages, sprich der Wechsel zu einem Vertrag mit einem Verweis auf den HTV, sich lohnt.
Der Haustarifvertrag war das Thema der letzten Monate und insbesondere bei der Betriebsratswahl. Während des Wahlkampfs gab es täglich Infoständer der IG Metall und dazu noch ein Infoblatt mit Eckpunkten. Allerdings war am Stand keine Kopie des bereits am 8. März unterschriebenen HTV zu bekommen, selbst nicht für Mitglieder der IG Metall. Man konnte nur in einer noch nicht unterschriebenen Kopie blättern.
Bis zu unserer Veröffentlichung stand der HTV lediglich im Tarifregister.
Warum wurde der HTV nicht nach Unterzeichnung am 8. März 2010 kommuniziert? Leider können wir nur spekulieren. Aus Kreisen der IG Metall ist zu diesem Thema nichts zu erfahren. Lediglich, und das ist oft nur der Fall, weiß nur der „innere Kreis“ Bescheid.
Unsere Vermutung ist die, dass der HTV doch bei weitem nicht so gut ist, wie die Hohenpriester der IGM behaupten. Bis jetzt konnten wir keine gründliche Analyse des Textes machen. Beim Durchblättern fallen folgenden Punkten auf:
- Wie immer bei so einem Entgeltrahmenabkommen, ist der entscheidende Punkt die „Ersteingruppierung“. Hier wird bei uns von der Firma versucht, das Niveau der Eingruppierungen abzusenken. Solche Entgeltrahmenabkommen wie der HTV werden unter den Betroffenen „Entgeltreduzierungsabkommen“ genannt.
- Sprengstoff enthält die vereinbarte sogenannte „Kostenneutralität“.
- Der Kündigungsschutz ist eine durchlöcherte Abwandlung des Originals (siehe unten) und ist kaum etwas wert.
Jede/r kann sich jetzt selbst ein Bild machen:
- Haustarifvertrag
- Ergänzungstarifvertrag
- und zum Vergleich der Flächentarifvertrag
23.04.2010
Macht, Zensur und Information Hiding
Die IGM- Mehrheitsfraktion im Betriebsrat will bis auf weiteres und gegen bestehendes Recht verhindern, dass Information, die der Betriebsrat auf elektronischem Weg bekommt, allen BR- Mitgliedern elektronisch zugänglich gemacht wird.
Fast alle Unterlagen, die der Betriebsrat bekommt, sind elektronische. Damit Betriebsräte ihre Rechte und Pflichten für die KollegInnen wahrnehmen können, benötigen sie sämtliche Unterlagen.
Viele Unterlagen und den Mailverkehr an den Betriebsrat bekommen BR-Mitglieder nicht zu Gesicht. Um das zu ändern, übergab die BR-Fraktion Liste 2 bereits letzte Woche ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts mit folgendem Leitsatz:
Jedes Mitglied des Betriebsrats verfügt nach §34 Abs. 3 BetrVG über ein unabdingbares Recht, auf Datenträgern gespeicherte Dateien und E-Mails des Betriebsrats auf elektronischem Wege zu lesen.
Der Betriebsrat hat am 22. April 2010 entschieden, ein Gutachten darüber einzuholen. Es soll geklärt werden, welche Bedeutung dieses BAG-Urteil für die Betriebsratsarbeit hat.
Der obenzitierte Leitsatz ist u.E. eindeutig zu verstehen.
Die führenden IGM-Betriebsräte sehen das nicht so. Sie verstehen zwar anscheinend, dass ein Recht darauf besteht, dass die elektronischen Unterlagen den Betriebsratsmitgliedern zugänglich gemacht werden, wissen aber angeblich nicht, wie sie es umsetzen sollen.
Ihr Wortführer, selbst ehrenamtlicher Arbeitsrichter in Nürnberg, konnte die folgende Passage in der Urteilsbegründung nicht interpretieren:
27.[...]Der Senat sieht es dabei keineswegs als zwangsläufig an, dass Betriebsratsmitgliedern von ihren eigenen Rechnern aus Zugang zu allen Daten des Betriebsrats eröffnet wird oder an den Betriebsrat gerichtete E-Mails an die persönlichen Betriebsadressen seiner Mitglieder weitergeleitet werden müssen. Entscheidend ist, dass jedes Mitglied von bestimmten Geräten aus jederzeit mit zumutbarem Aufwand den vollständigen Datenbestand einschließlich des E-Mail-Kontos einsehen kann. Diese Maßnahmen, über die der Betriebsrat durch entsprechende Beschlüsse zu entscheiden hat, dürfen allerdings nicht wie im vorliegenden Fall dazu führen, dass das Leserecht für einzelne Mitglieder inhaltlich beschränkt wird.
Statt konstruktiv an einer Lösung zu arbeiten, die dem Gesetz entspricht und allen Betriebsräte Zugang zu den Unterlagen verschaffen würde, verstecken sich die führenden IGM-Betriebsräte hinter einem zu erstellenden Gutachten, das ihnen solche einfachen Sätze verständlich erklären sollte.
Im Klartext: die führenden IGM-Betriebsräte nutzen vermutlich ihre Mehrheit aus, um BR-Mitglieder von Informationen fernzuhalten. Das Gutachten anscheiend wurde in Auftrag gegeben, um Zeit zu gewinnen. Es geht u.E. um Machterhalt.
Pikanterweise wollen auch die anderen IGM-Betriebsräte, die für den Antrag gestimmt haben, nicht wissen, welche Information der Betriebsrat hat. Denn müssten sie Stellung beziehen.
Ausblick
Nächste Woche werden Anträge von der Liste 2 in den Betriebsrat eingereicht, die detaillieren, wie das BAG-Urteil umgesetzt werden kann. Wir gehen jedoch davon aus, dass der IGM geführte Betriebsrat die Anträge ablehnen wird.
Vielleicht täuschen wir uns, vielleicht kommt es nächste Woche ganz anders, als wir erwarten.
Das Verhalten der IGM-Betriebsräte lässt jedoch nichts gutes erahnen:
- die Aufstellung der IGM-Kandidatenliste für die Betriebsrat erfolgte undemokratisch und keine/r der KandidatInnen lehnte sich gegen die führenden IGM-Mitglieder auf. Keine/r wusste wie die Liste zustande kam und keine/r der KandidatInnen verlangte nach einer demokratischen Aufstellung der Liste
- Eine schmutzige Wahlkampagne wurde von der IGM gegen die konkurrierende Liste 2 geführt. Mit Halbwahrheiten und Unterstellungen wurde Stimmung gegen sie gemacht. Empörung seitens der IGM-Mitglieder konnten wir nicht feststellen.
- Überall wurde von der IGM mit den Vorzügen des irgendwann einmal einzuführenden Haustarifvertrags Wahlkampf gemacht. Allerdings wurden bis heute keine Kopien des HTVs verteilt, auch nicht an IGM-Mitglieder!
Soviel zum Wahlslogan der IG Metall: „Demokratie im Betrieb leben“!
Fazit
Information ist Macht. Wer über Information verfügt, kann nicht nur besser entscheiden und handeln, sondern kann andere Menschen steuern bzw. manipulieren. Er hat somit Macht und kann sie ausüben. Um das zu erreichen, muss man den Zugang zur Information haben und die Informationskanäle unter Kontrolle halten ...
Die IG Metall im Betrieb hat sich schon wieder nicht gerade mit Ruhm bekleckert.