Stellenabbau
01.05.2014
Bye, bye Mobilfunk! Personalabbau in Stufen bei Alcatel-Lucent
Schon seit 20. November 2013 ist es bekannt, dass Alcatel-Lucent (ALU) plant, 420 Stellen abzubauen. Erst jetzt, am 30. April 2014, fünf Monate später, wurden die Einzelheiten und die Modalitäten des Personalabbaus bekanntgegeben. Insgesamt sollen 363 Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut werden, davon 81 in Nürnberg.
Die Kollegen in Stuttgart und Nürnberg leben seit Monaten mit der Ungewissheit, wie es wohl mit der Firma weitergeht. Obwohl es klar war, dass hauptsächlich der Mobilfunkbereich betroffen sein wird, waren die Einzelheiten, der Ablauf und die Zeitschiene unbekannt. Die letzten fünf Monate waren zermürbend. Jeden Tag wurde spekuliert und neue Gerüchte verbreiteten sich wie ein Lauffeuer. Eine Grabesstimmung machte sich breit. Wer konnte, versuchte sich in andere vermeintlich „sichere“ Abteilungen zu "retten". Man hatte das Gefühl, dass die Kollegen ganz bewusst in dieser Ungewissheit gelassen wurden, denn schließlich sollen die laufenden Projekte noch zu Ende gebracht werden. Bei Bekanntgabe eines konkreten Personalabbaus schwindet selbstverständlich auch die Motivation. In der Betriebsversammlung wurde deutlich, dass dies als Firmentaktik ganz bewusst angewandt wurde und wird! Wir nehmen an, dass diese taktische Vorgehensweise dem Personalvorstand mit seiner langjährigen Militärerfahrung gebührt.
Plötzlich hatte es Alcatel-Lucent nun eilig den Personalabbau umzusetzen.
Nach langen Monaten der „Nicht-Information“ ging es im Wirtschaftsausschuss sehr schnell. Innerhalb weniger Tage wurde die Beratung dort flott abgehandelt und ein „Eckpunktepapier“ verabschiedet. Was für ein schwacher, williger und zahmer Gesamtbetriebsrat, der die Interessen der Beschäftigten nicht im geringsten im Sinn hat und nur seinen eigenen Allerwertesten in Sicherheit bringen möchte.
Am Mittwoch war die Geschäftsleitung dann soweit. In Nürnberg präsentierte der Vorstandsvorsitzende das „Eckpunktepapier“.
Der Beginn einer schlechten Präsentation. Die erste Folie zeigte einen Mann auf einer Hängebrücke wie er vor etwas oder jemanden davonläuft. Wie bitte? Was sollte das symbolisieren? Den Kollegen sagte es nichts. Brachte der Vorstandsvorsitzende seine eigene Meinung damit zum Ausdruck? Bloß schnell weg und vorher noch kräftig abkassieren!
Bravo, Alcatel-Lucent, du hast es durch deine En(d)scheider weit gebracht!!!
Der Stufenplan
Die Abzubauende werden in vier Stufen entsorgt. Je nachdem wie lange die Menschen gebraucht werden oder wie die Firma es ausdrückt: „zur Sicherstellung der für Projektabwicklungen erforderlichen Beschäftigungssituation“. Die Termine sind: vor dem 31. Juli 2014, 31.Dezember 2014, 31. März 2015 und 31. Dezember 2015. Jeder Mitarbeiter soll selber auswählen, wie er die Firma verlässt: Aufhebungsvertrag, Transfergesellschaft oder betriebsbedingte Kündigung. Eine „Entscheidungshilfe“ gibt es dazu auch, die jeweilige Abfindung:
- Aufhebungsvertrag: Teiler 63, Deckelung €238.000
- Transfergesellschaft: Teiler 66, Deckelung €227.000
- Betriebsbedingte Kündigung: Teiler 100 (!), Deckelung €150.000
Ungeachtet der jeweiligen Abbaustufe, in der sich der Betroffene befindet, muss er sich bis Ende Juni 2014 für eine der oben erwähnten Optionen entscheiden!
Die Details ersparen wir uns an der Stelle. Weder der Interessenausgleich noch der Sozialplan ist ausgehandelt.
Die Einzelheiten werden zu gegebener Zeit von uns hier kommentiert.
Nürnberger Betriebsratsvorsitzender unterstützt den Personalabbau der Firma
Nicht genug, dass das Verkündete schon enorm schockierend war, so setzte der Nürnberger Betriebsratsvorsitzende noch eins oben drauf, indem er dafür plädierte, die Abfindung zu akzeptieren anstatt sich kündigen zu lassen.
Sinngemäß sagte er: "Dadurch, dass die Belegschaft immer kleiner wird, wäre es zunehmend schwieriger für die Betroffenen vergleichbare Arbeitnehmer zu finden, die weniger schützenswert als sie selbst sind." Wohlgemerkt die Meinung eines Betriebsratsvorsitzenden! Und was ist mit den vielen, bei Alcatel-Lucent beschäftigten, Kontraktoren, Leiharbeitern, Zeitarbeitern oder wie immer sie genannt werden? Auch wenn der Rechtsanwalt der Firma vor Gericht seine ureigene Meinung über Zeitarbeitnehmer vertritt, so sind dies trotzdem Arbeitnehmer, die den fest angestellten Kollegen die Arbeit entziehen. Über diese Thema schweigt sich der Betriebsratsvorsitzende wohlweislich und beharrlich aus.
Bemerkenswert erstaunlich: Beim letzten Personalabbau 2012 bzw. auch schon vorher wurden einige Kollegen gekündigt und ihre Kündigungsschutzklagen sind bis jetzt beim Gericht erfolgreich verlaufen! Unterstützt wurden sie von einem Betriebsrat, der für sie fundierte Widersprüche bzw. Stellungnahmen verfasste. Der Betriebsratsvorsitzende fungierte nur als Unterzeichner der Widersprüche, die eigentliche Arbeit überließ er den Betriebsratskollegen.
Werden die Mitglieder des Betriebsrats die Meinung des Betriebsratsvorsitzenden beim weiteren Verlauf des Personalabbaus teilen? Wie werden sie sich verhalten? Kollegen witzelten nach der Betriebsversammlung darüber, wieviel Schmiergeld der Betriebsratsvorsitzende wohl von der Geschäftsleitung für seine Überzeugungsrede über den Tisch geschoben bekommen hat. Oder ist er Anwärter auf eine kommende Personalleiterstelle und will sich mit seinen Beschwörungen der Kollegen vor der Geschäftsleitung profilieren?
Bei vielen Kollegen ist er schon jetzt abgesagt!
Einschätzung
Für die Betroffenen sitzt der Schock tief!
Dieser erneute Personalabbau bei Alcatel-Lucent macht deutlich, dass das Management wenig Realitätssinn besitzt. Hier handelt es sich um Menschen und nicht um Maschinen die der Vorstand nach seinem Gusto ein- und ausschalten kann. Die Motivation ist hin! Wie gut verrichtet jemand seine Aufgaben, wenn er weiß, dass er nur noch wenige Monate bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses hat? Anscheinend glaubt das Management - mit seiner Ankündigung eines "Kulturwandels bei Alcatel-Lucent", bei der von Wertschätzung und Vertrauen die Rede ist - den verbleibenden Kollegen das Gehirn zu vernebeln. Wie passt das mit dem Bild des davonlaufenden Menschen auf der Hängebrücke zusammen verehrter Vorstand?
Und der Gesamtbetriebsrat? Wir haben schon öfter in der Vergangenheit über ihn negativ berichten müssen. Er wird mit der Zeit nicht besser sondern zunehmend schlechter. Leider! Das Eckpunktepapier ist miserabel und menschenverachtend. Ein Sozialplan wurde nicht verhandelt.
Sowie in der Vergangenheit wird der Gesamtbetriebsrat auch jetzt seine "Erfolge" rühmen und darauf verweisen, einige wenige Arbeitsplätze „gerettet“ zu haben. Danke GBR!