Alcatel-Lucent
20.05.2009
Die 10 Gebote von Alcatel-Lucent.
In einer neuen, nur zweiseitigen Richtlinie über "unerlaubte Handlungen" hat der Vorstand jetzt festgelegt, was für alle Bundesbürger umfassend und rechtskräftig im Strafgesetzbuch steht. Seine Regeln listet der Vorstand mit Zustimmung des Gesamtbetriebsrates auf. So wird das Lesen des Strafgesetzbuches für Mitarbeiter viel einfacher.
An dem Umfang der Strafgesetze ändert aber das Unternehmens nichts, auch wenn dabei einige wichtige Verbote wie Diskriminierung, Gleichbehandlung und Mobbingverbot nicht genannt werden. In dieser Richtlinie wird bewußt auch noch zum Anschwärzen von Kollegen in hausinternen Maßnahmen motiviert: Ein komplettes Meldesystem wie es in vergangenen Staaten praktiziert wurde.
Wie reagieren da wohl Arbeitsgerichte auf eine solche Richtlinie, aus der das Mißtrauen gegenüber den eigenen Mitarbeitern sichtbar wird und in dem sich ein Unternehmen anmaßt, Kompetenzen der Straf-Justiz ins eigene Haus zu holen.
Wozu dient nun so eine Richtlinie, wenn sie nur gültige Normen wiederholt, wenn nicht zur Einschüchterung der eigenen Mitarbeiter? Eine - längst überfällige - Verhaltensrichtlinie für das Management ist diese vorliegende Richtlinie nicht, weil hier leider Manager vom Geltungsbereich ausgenommen sind. Korruption durch Top-Manager oder die Verletzung von Gesetzen wie das schon genannte Diskriminierungsverbot oder der Datenschutz müssen weiter allein durch das Strafgesetz verfolgt werden.
Was wirklich fehlt, ist eine Verhaltensrichtlinie für "unsere" Manager, um Straftaten von diesen vorzubeugen bzw. zu ahnden.
14.05.2009
Nash Technologies: Kommt Zeit, kommt Rat?
Die Mitarbeiter eines mittelständischen Unternehmens brauchen viel Vertrauen, ist das Unternehmen doch einem Schnellboot vergleichbar, das wesentlich wendiger und rascher reagieren kann als ein behäbiger Supertanker.
So ist das auch bei dem Alcatel-Lucent Spinoff “Nash Technologies”. Arbeitszeiten scheinen ein zentrales Thema des herzlichen Vertrauens zu sein, das das Miteinander prägt.
Das Arbeitszeitmodell, das aus Lucentzeiten stammt, ist das der Vertrauensarbeitszeit.
Wöchentlich sind durchschnittlich 37,5 Stunden abzuleisten, aber niemand guckt so genau hin. D.h. Der Arbeitgeber vertraut darauf, dass die anfallende Arbeit erledigt wird und der Mitarbeiter seine vertraglich vereinbarte Zeit ableistet. Natürlich hat Lucent das nicht aus Menschenfreundlichkeit gemacht, sondern, weil derartige Arbeitszeitmodelle üblicherweise zu einer gehörigen Selbstausbeutung seitens der Arbeitnehmer führen. Diese schätzen die Flexibilität, die ihnen dieses Modell bietet und bleiben gerne auch mal länger – abfeiern war bei der Menge der anfallenden Arbeit in der Vergangenheit eher nicht möglich.
Nun nimmt die Nash Tech gerne wahr, dass die Mitarbeiter bei unbürokratisch und flexibel auch mal länger an Deck des Schnellboots arbeiten, aber mit dem Vertrauen ist es nicht so weit her. Das Controlling hat eine Projektzeitaufschreibung durchgesetzt, in der die tägliche Arbeitszeit und die Verteilung auf die diversen Projekte notiert wird – zum Zwecke der Kalkulation und Angebotserstellung, wie man uns sagt. Außerdem möchte man hinterher überprüfen können, inwieweit die Kalkulation zutreffend war. Die Geschäftsleitung, immer besorgt um den Datenschutz, verpflichtet sich die in Excel erfassten Daten sofort auf Teamebene zu verdichten und nur in dieser Form zu speichern. Keinesfalls will man die Leistung oder das Verhalten der Mitarbeiter auf diesem Wege kontrollieren. Darauf muss der Schnellbootmatrose auch vertrauen, denn logisch ist das alles nicht. Explizit steht in der Betriebsvereinbarung, die der Betriebsrat letzte Woche abge(k)nickt hat, als weitere Ziele dieser Projektzeiterfassung:
- die Abrechnung der Stunden gegenüber dem Kunden zu mitarbeiterspezifischen Stundensätzen
- die Weitergabe der Daten der Mitarbeiter eines Teams an deren C-Level.
Wir wissen nicht, was das mit den Aufgaben des Controllings zu tun haben soll, vertrauen aber fest darauf, dass da schon alles mit rechten Dingen zugeht. Schade nur, dass uns unsere Vorgesetzten anscheinend nicht mehr trauen.
08.05.2009
Absahnen und abstoßen
Die italienische Gewerkschaften bei Alcatel-Lucent wurden vor kurzem informiert, dass die Fertigung in Battipalga, Italien entweder outgesourced oder geschlossen werden soll. Und dies obwohl ALU reichlich Subventionen von der EU und vom italienischem Forschungsministerium kassiert hat.
Laut einer Presseerklärung des Europäischen Betriebsrats, ECID, werden 200 Reguläre und 150-180 Befristeten in der R&D und der Fabrik im Bereich Optik beschäftigt. Nächstes Jahr sollen die Fertigungsaktivitäten reduziert werden, indem sie nach Rumänien oder China transferiert werden.
Nicht zu Unrecht befürchtet der EBR, dass mittelfristig solch eine ausgliederte Fabrik entweder geschlossen oder die Beschäftigungszahl drastisch heruntergefahren wird.
Die Geschichte solche Fabriken ist nicht gerade erbauend:
- Cherbourg, Frankreich, 300 Beschäftigte: 2002 verkauft, 2008 geschlossen
- Laval, Frankreich, 830 Beschäftigte: 2001 verkauft, 2005 geschlossen
- Brest, Frankreich: 900 Beschäftigte: 2002 verkauft, gegenwärtig 160 Beschäftigte, die Zukunft der Fabrik ist unsicher.
- Maddaloni, Italien, 140 Beschäftigte: 2003 verkauft, gegenwärtig 30-40 Beschäftigte, die Zukunft der Fabrik ist unsicher.
- Frosinone, Italien, 150 Beschäftigte: 2003 verkauft, 2008 geschlossen.
- Toledo, Spanien, 400 Beschäftigte: 2002 verkauft, 2008 geschlossen
- Gunzenhausen, 750 Beschäftigte: 2002 verkauft, gegenwärtig 150 Beschäftigte.
Alcatel hat über die Jahre einiges an Subventionen bekommen:
- 1994-2006: €5 Mio aus dem „European Regional Development Fund“, um die Fabrik zu modernisieren
- € 2,9 Mio. von der EU für die Projekte „Moicane“ und „Smacks“.
- Seit 2000 €23 Mio. vom italienischem Forschungsministerium für R+D Projekte
Wie man sieht, gibt es durchaus auch heimische „Heuschrecken“.
Mit Recht fordert der EBR, dass die Fabrik weder outgesourced noch geschlossen werden darf.
Angesichts der Wünsche der Firma, ihre noch vorhandene Fabriken loszuwerden, muss diese Forderung auch auf die übrigen Fabriken, wie z.B. in Bonndorf, (Dunkermotoren) ausgedehnt werden.
30.04.2009
Rezept gegen Langeweile - Bericht der 2. Betriebsversammlung 2009 bei Alcatel-Lucent Nürnberg
29. April: Eine anfangs langweilige Betriebsversammlung wurde zum Ende hin doch noch richtig spannend. Großartig - aber nur was die Dramaturgie betrifft.
Bericht des Betriebsrats
Die Inhalte der vorgesehenen Themen (Zielvereinbarung/Bonus, Zeiterfassung, neue ALU-"Grades", Telefonanlage) schienen interessant und nicht langweilig. Leider erlebten wir wieder einmal eine sehr schwach besetzte Betriebsversammlung.
Überraschend der Beginn der Versammlung: nicht der BR-Vorsitzende, sondern ein BR-Vertreter sprang auf und berichtete! Eine Erklärung dieses spontanen Wechsels blieben beide schuldig. Wir können wieder einmal nur mutmaßen (...)
Der BR-Vertreter erklärte, dass alle alten Betriebsvereinbarungen zum Thema Zielvereinbarungen weiterhin gelten und wie man/frau sich bei der Aufstellung verhalten solle. Ferner wurde die Bonusregelung von ihm erläutert, als da sind: die Bewertung der Ziele und die Berechnung der Höhe der ausgezahlten Geldsumme, wenn es denn dazu kommen solle. Ein Bericht, über die BR-Tätigkeiten, war das allerdings nicht.
Die Stempeluhren (S-t-e-m-p-e-l-uhren!!!) in Stuttgart und Berlin sollen durch ein elektronisches Zeiterfassungssystem abgelöst werden. Wohin ALU-Nürnberg mit seiner derzeitigen Vertrauensgleitzeit hinsteuert, ist noch unklar. Eine Meinung hatte der BR selber nicht dazu, sondern verlangte lediglich eine offizielle Stellungnahme vom Vorstand.
Ein weiteres Thema behandelte die neuen ALU-Grades. Im ganzen Konzern sollen alle Arbeitsplätze beschrieben und bewertet werden. Jeder Mitarbeiter wird demnach in eine Gehaltsstufe („Grade“) eingruppiert. Ob und welche Konsequenzen dieser Prozess für uns haben könnte, wurde allerdings nicht erläutert.
Zuletzt erfuhren wir, dass der BR doch aktiv mitgestaltet. Leider ohne weitere Details berichtete der BR-Vertreter, dass der BR derzeit über eine Rufbereitschaft und über eine neue Telefonanlage mit der GL verhandelt. Im Gesamtbetriebsrat wurde zwei Vereinbarungen abgeschlossen.
Der Bericht ließ leider die eigene Meinung des BR zu den einzelnen Themen vermissen. Die Kollegen können von einem Tätigkeitsbericht auf einer Betriebsversammlung durchaus erwarten, dass dieser seinen eigenen Standpunkt zu den Themen, seine Vorgehensweise und was er selber gestalten will, auch erläutert.
Bericht der IGM im Betrieb
Zu diesem Thema ergriff dann der BR-Vorsitzende das Wort. Er selber sei gut gelaunt und beschrieb, worin aus seiner Sicht die Fortschritte auf dem Weg zu einer Gehaltserhöhung bestünden. Er erläuterte einen Brief an den obersten Personalchef, in dem er die möglichen Wege zu einem Tarifvertrag für Nürnberg aufzeige und welche Schritte zu einem Tarifvertrag unternommen werden könnten.
Das Ergebnis seiner Rede war, zu erklären, dass die Bezahlung der 4,2% Tariferhöhung durchsetzbar wäre, wenn ausreichend viele Nürnberger Kollegen jetzt in die Gewerkschaft eintreten und die Forderung dann aufstellen könnten. Das Zeitfenster dafür sei Q2.
Bericht des Vorstandes
Der Standortleiter/Vorstandsmitglied berichtete über die Aktivitäten der einzelnen Bereiche und wie die zukünftige Aufgaben aussehen sollen.
Danach sprach der Personalvorstand! Ein Highlight des Tages!
Er las die Ergebnisse einer ALU-Umfrage vor und fand es hervorragend, dass 25% (!) der Gefragten daran teilnahmen. Die Leinwandpräsentation hätte er sich aber sparen können, da die Ergebnisse ab der dritten Reihe nicht mehr zu lesen waren. Wann lernt das Management ENDLICH auch hier dazu!? Ein kurzer Extrakt des Surveys wäre sinnvoller gewesen, als das krampfhafte, „äh“-geprägte Heruntergeplapper von Ergebnissen, die hier kaum jemanden interessieren.
Es würden bald 400 Aktienoptionen/MA zum Preis vom 2€/Stück ausgegeben. Angesichts des derzeit niedrigen Kurswertes gab es erneut Gelächter von vielen Anwesenden. Der Personalvorstand heizte die Stimmung unwillkürlich auch noch ein, indem er erklärte, dass die potentiellen Chancen doch nicht von der Hand zu weisen seien. Großes Gelächter!
Der Fettnäpfchen nicht genug. Als er verkündete, dass für Nürnberg eine neue elektronische Zeiterfassung anstehe („Das ist heute Standard“), wird ihm durch Zwischenrufe erklärt, dass Nürnberg eine Vertrauensgleitzeit hat. Verständnisprobleme seinerseits...
Wir übertreiben nicht, wenn wir seinen gesamten Vortrag als rhetorische Zumutung betrachten, zumal er auch noch schlecht vorbereitet war. Mit derartigen Beiträgen kann man vielleicht „wer-weiss-wo“ Eindruck schinden, aber nicht bei dieser gebeutelten Belegschaft.
Bitte verschont uns in Zukunft damit!
Diskussion
Ein BR-Mitglied berichtete von neuen Kontraktoren, die vor kurzem bei ALU Nürnberg aufgetaucht seien. Er wolle vom Vorstand wissen, wie dies im Einklang mit der Aussage des Konzernchefs zu bringen wäre, Kontraktoren abzubauen. Außerdem wolle er wissen, wie es dazu kommen kann, dass ein Vorgesetzter mit Geld abgefunden werden kann und kurz darauf wieder bei ALU als Chef tätig sein kann.
Der Standortleiter konnte die Fragen dazu nicht beantworten, da er den Fall nicht kenne und sich erst informieren müsse.
Die Frage nach der Zukunft des Standorts Nürnberg beantwortete der Standortleiter floskelhaft: man dürfe insgesamt nur den Standort Deutschland betrachten, alle anderen Diskussionen würden den Standort Nürnberg gefährden. Einige Betriebsräte entgegneteten ihm, dass nicht die Belegschaft diejenige war, die den Standort unter die kritische Masse heruntergefahren hätte. Der Vorstand würde zwiegespalten argumentieren, einerseits plädiere er für eine Vereinheitlichung, andererseits mache er bei der Bezahlung Unterschiede. Das passe nicht zusammen.
Fazit
Hätten wir nicht den beiden Redebeiträgen unserer Vorstandsmitglieder lauschen können, wäre der BR-Vormittag ziemlich langweilig verlaufen. Mit ihren Beiträgen haben unsere Vorstände wieder einmal gezeigt, welches Potential in ihnen steckt. Wir sind auf mehr gespannt!
Der BR kann sich daran ein Beispiel nehmen, vielleicht hätte er dann in Zukunft ein volleres Haus.
26.04.2009
ALU: Gut und billig?
Der Konzernchef verkündete kürzlich, dass ALU 5000 Kontraktoren abbauen will. Die Realität sieht jedoch anders aus.
Vor ca. 3 Wochen füllte sich eine leere Etage bei ALU – ungewöhnlich. Es war aber diesmal kein Umzug von Kollegen. Nein, aus drei verschiedenen Personaldienstleistern, ALU Portugal und ALU Türkei stammen die Leute, so der Flurfunk. Es handelt sich um ca. 30 Leute die an einem Projekt arbeiten, das von der Serviceabteilung gesteuert wird.
Besonders pikant auch der „Boss“ dieser Truppe. Er stammt selbst von einer Leasingfirma und war bis vor kurzem Chef bei ALU. Er ist beim letzten Personalabbau gegangen (worden?), mit einer – wir können nur mutmaßen - guten Abfindung. Nicht schlecht für ihn.
Neueinstellung von Kontraktoren deckt sich nicht gerade mit der Verkündung des Konzernchefs, 5000 Kontraktoren abzubauen. So gibt es immer noch ALU-Kollegen, die den letzten Outsoucings zu Wipro bzw. Harvey Nash widersprachen und daraufhin bewußt keine Arbeit mehr innerhalb ALUs erhalten haben. Solche Verarsche hat bei ALU durchaus schon Tradition.
Das Gute was wir aus alledem lernen:
Auch teure Top-Manager könnte man outsourcen und Billigere dafür einkaufen. Vietnamesische Manager wären eine gute Wahl, denn die Ausgliederung zu Harvey Nash hat gezeigt, dass die Gehälter in Vietnam 1/3 der chinesischen betragen!