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Mobility Nürnberg: Eine Demo und was weiter geschah

von Alcatel-Lucent — Letzte Änderung 21.09.2008 02:00
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Am Donnerstag den 18.09. wurde symbolisch das AT&T-Projekt zu Grabe getragen. Die Kollegen erschienen allesamt in schwarzer Trauerkleidung, um dem Projekt die letzte Ehre zu erweisen. Zur gleichen Zeit verhandelte der Gesamtbetriebsrat trotz Proteste der Beschäftigen über die Bedingungen des Outsourcings des Mobility Bereichs zu „Harvey Nash“. Eine ereignisreiche Woche...

15. September

Aus einer Betriebsratsinfo erfahren wir von einem „Nicht-Gespräch“ zwischen Vorstand und der im Gesamtbetriebsrat GBR vertretenen Gremien. Der Vorstand will nicht mit der, von den Nürnberger KollegInnen gewählten, Delegation (Verhandlungsgruppe) über die Ausgliederung des Mobility-Bereichs zu „Harvey Nash“ verhandeln. Auf Wunsch des Vorstands wird außerdem die für den 16. September angesetzte Wirtschaftsausschusssitzung (WA) nach Stuttgart verlegt, wahrscheinlich um möglichen Protestaktionen der KollegInnen aus dem Weg zu gehen.

Prompt folgt eine Aktion der KollegInnen: Im Rundmail-Verfahren fordern sie den Vorstand, den GBR und den Wirtschaftsausschuss auf, zukünftig nur mit dem Nürnberger Betriebsrat und der gewählten Verhandlungsgruppe zu verhandeln.

16. September

Am Nachmittag erfährt der Sprecherkreis, dass der Vorstand dem GBR im Wirtschaftsausschuss für eine zügige Abwicklung des Outsourcings eine „Beschäftigungsgarantie“ für die Stuttgarter und Berliner KollegInnen angeboten hätte. Der GBR geht wohl darauf ein und verhandelt u.a. die Bedingungen des Outsourcings.

Der Vorstand will möglichen Widersprechern des Betriebsübergangs kündigen. Wie er das letztendlich handhaben will, bleibt derzeit sein Geheimnis - wir sind gespannt.

17. September

Um 10.00 Uhr erfolgt eine Informationsveranstaltung des Sprecherkreises in der Kantine.

Der Betriebsratsvorsitzende berichtet von den Verhandlungen in Stuttgart: Den Mobility KollegInnen wird für das Outsourcing zu „Harvey Nash“ eine Einmalzahlung ("Retentionbonus") von 12 Monaten und eine Beschäftigungsgarantie von „mindestens“ 15 Monaten zugesagt.

Das Ergebnis der spontanen Abstimmung ist ablehnend.

Für den darauffolgenden Tag wird ein Trauermarsch geplant und organisiert, bei dem das AT&T-Projekt zu Grabe getragen werden soll. Es werden dafür einige Arbeitsgruppen gebildet:

  • Choreographie
  • Trauerrede
  • Puppe basteln: „Last motivated employee“
  • Betriebsverfassunggesetz lesen – d.h. wie man auf das Verhaltens des GBRs reagieren kann
  • etc.

In der anschließenden Rundmail an Vorstand, GBR und WA, lehnt die überwiegende Mehrheit der KollegInnen namentlich das Ergebnis ab.

18. September

Um 9.00 Uhr ist ein „Town Meeting“ in der Kantine für einen amerikanischen Mobility Chef angesetzt. Allerdings wird seine Geduld auf die Probe gestellt, denn die KollegInnen versammeln sich um diese Uhrzeit für den Trauermarsch erst bei der ALU-Warenannahme. 180 KollegInnen erscheinen ausschließlich in Schwarz...

Kurz nach 9.00 Uhr setzt sich der Zug langsam Richtung Kantine in Bewegung - langsam, ganz langsam - begleitet von etlichen Fotografen.

Statt sofort und direkt in die Kantine zu gehen, warten wir zuerst draußen, bis der Tisch für den „Verstorbenen“ hergerichtet ist, um dann feierlich einzutreten.

Der „Big Boss“ überlässt freiwillig sein Mikrofon für die anschließende englische Trauerrede, denn er soll sie ja auch verstehen. Danach wird er gebeten, Stellung zu beziehen, aber außer Verständnisheischerei kommt dabei nichts heraus. Einzig interessant: das verhandelte Ergebnis soll nicht das letzte Angebot sein.

Nach ca. 2 Minuten Redebeitrag stehen alle KollegInnen auf und gehen hinaus, während „Big Boss“ versucht verzweifelt, zu argumentieren.

Obwohl wir etwas später wieder reingehen, um zu hören, welche Informationen er uns noch mitteilen möchte, dauert es nicht lang und wir verlassen die Kantine ein zweites Mal. Was immer er auch präsentieren wollte, es interessiert niemanden.

Anschließend marschieren wir durch die Abteilungen direkt zum Büro des Standortleiters und (auch) Vorstandsmitglieds. Wir wollen unseren Sarg bei ihm abgeben, kommen aber nicht einmal in sein Büro. Sein Assistent sperrt seine Tür von innen ab, als er uns sieht – feige oder hilflos?

19. September

In der Betriebsratsinfo um 10.00 Uhr berichtet der Betriebsratsvorsitzende (BRV), dass das Eckpunktepapier bereits am Mittwoch Abend (17.09.) paraphiert und mittlerweile auch vom GBR unterschrieben wurde. Es solle jetzt von den Betriebsräten genehmigt werden und erst danach würde es gelten.

Mit Unverständnis und Empörung werden die Ausführungen begleitet, dass der Retentionbonus erst Ende Februar 2010 ausgezahlt würde und die „Widersprecher“ von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen werden sollen. Obendrein „dürfen“ sie, laut Ausführungen des BRV, Ende 2008 gekündigt werden.

Die Beschäftigungsgarantie solle nur sehr selektiv angewandt werden und nur für den Carrier-Bereich gelten, dies umschließe lediglich 1300 der Arbeitsplätze bei ALU-Deutschland.

Laut Vorstand sei der vereinbarte „Retentionbonus“ nicht mehr verhandelbar. Dies beeindruckte die Anwesenden wenig. Die Verhandlungsgruppe will am Nachmittag erstmal die Lage peilen.

Fazit

In dieser Woche geschah nicht nur viel, sondern es wurde auch einiges erreicht. Auch wenn der Vorstand mit seinen Betriebsräten kaltschnäuzig reagiert, läuft er Gefahr, dass der vereinbarte Deal womöglich nicht fliegt. Dabei könnten einige nicht nur ihr Gesicht verlieren.

Trotz aller im Raume stehenden Drohungen können die betroffenen KollegInnen im Bereich Mobility dem Betriebsübergang widersprechen, was ihnen eine ungeheure Macht verleiht. Ohne ihre Arbeit gibt es keine „Nash Technologies“ und keine Fortsetzung des AT&T-Projekts.

Der Gesamtbetriebsrat hat diese Woche Machtpolitk betrieben. Allerdings haben die Herren dabei vergessen, dass ihr Tun nicht mehr im Verborgenen bleibt und sie spätestens bei der nächsten Betriebsratswahl die Quittung dafür bekommen könnten. Eine Betriebspolitik, die daraus besteht, sich über die Wünsche der Beschäftigten hinwegzusetzen oder sie im Dunkeln zu lassen, geht in einer elektronisch vernetzten Welt nicht mehr.

Heutzutage, das erleben wir gerade im Bereich Mobility Nürnberg, können die eigenen Interessen nicht nur vertreten, sondern auch von jedem Einzelnen wahrgenommen werden.

Siehe auch das Video des Trauermarsches

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