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15.09.2009
„Eine durchaus positive Entwicklung“ – eine Satire
Aus gegebenem Anlass bringen wir hier ein Interview mit dem allseits bekannten GBR-Vorsitzenden, Herrn Brechreiz. Jede Ähnlichkeit mit existierenden Firmen oder lebenden Personen wäre rein zufällig.
Interviewer: Herr Brechreiz, am 14. September wurde ein GBR-Info Flugblatt mit Information für die Beschäftigten im Unternehmen verteilt. Es hat den Gesamtbetriebsrat (GBR) anscheinend nicht ruhen lassen, dass die ehemaligen Lucent-Betriebe keine Tarifbindung haben und es dort deshalb bereits zwei Mal keine Gehaltserhöhung gab?
Brechreiz: Ja, so ist es. Unser Schlaf der Gerechten wurde immer unruhiger und wir meinten dagegen etwas tun zu müssen.
Interviewer: Wie sie in Ihrem Flugblatt erwähnen, haben der GBR und die IG Metall (IGM) nach zähen Verhandlungen mit der Geschäftsleitung (GL) ein Ergebnis erzielt.
Brechreiz: Die Verhandlungen waren zäh und langwierig, weil wir viel Zeit gebraucht haben, um die Vorstellungen der GL zu verstehen und anschließend der GL auch zuzustimmen.
Interviewer: Wie Sie sagen, wurden die Verhandlungen beflügelt durch einen bis zuletzt wirksamen Druck der Belegschaften.
Brechreiz: Wie heißt es noch gleich? Redbull verleiht Flügel!
Interviewer: Das Ergebnis Ihrer Bemühungen, also der Haustarifvertrag, ist sehr aufschlussreich. Dieser orientiere sich an der tariflichen Entgeltstruktur und Entgeltlinie von Baden-Württemberg. Was können sie dazu sagen?
Brechreiz: Dazu möchte ich mich nicht äußern, weil das sofort von Netzwerk IT veröffentlicht werden würde.
Interviewer: Nach ihren Ausführungen soll es eine Erklärung der GL und des GBRs für eine weiterhin bestehende Tarifbindung geben. Was beinhaltet diese konkret?
Brechreiz: Befragen Sie dazu bitte die GL.
Interviewer: Ist es richtig, dass Sie die Vorgaben der Konzernleitung bezüglich der Eckpunkte zur Gehaltsanpassung, Zielvereinbarung und Bonusvergabe in den Tarifvertrag mit übernommen haben?
Brechreiz: Im großen und ganzen ist das Bestandteil des Tarifvertrags für ALU.
Interviewer: Uns ist zu Ohren gekommen, dass alle Mitarbeiter neu eingruppiert werden und dies entscheidend für das neue, festzusetzende Gehalt sei?
Brechreiz: Danke für den Hinweis, wir wollten dies als Überraschung noch offen halten und haben deshalb darüber nicht informiert.
Interviewer: Sie sprechen von der unbefristeten Übernahme aller Auslernenden in Stuttgart und Berlin. Wie sieht es damit in Nürnberg aus?
Brechreiz: Nürnberg??
Interviewer: Sie erwähnen in Ihrem Flugblatt eine Betriebsabgrenzung von VS und ZB am Standort Stuttgart? Welche Folgen könnte das haben?
Brechreiz: Das wurde von der GL als Forderung in die Verhandlungen mit eingebracht. Leider ergibt sich für die Belegschaft auch ein negativer Aspekt daraus, d.h. weniger Betriebsräte in Zukunft.
Interviewer: Nach unserem Kenntnisstand hat der Betriebsrat beim Arbeitsentgelt und sonstigen Arbeitsbedingungen, die normalerweise durch einen Tarifvertrag geregelt sind, nicht mitzureden. Ist es laut Tarifrecht daher haltbar, dass der GBR und die BRs in Stuttgart und Berlin, dem Tarifergebnis zugestimmt haben?
Brechreiz: Dieser Umstand ist uns durchaus bewusst und entspricht auch unserem Kenntnisstand.
Interviewer: Herr Brechreiz, das klingt ja alles überaus positiv! Sie haben trotz aller wirtschaftlichen Schwierigkeiten, wie Sie in Ihrer Info berichten, ein achtbares und zukunftsweisendes Ergebnis erzielt. Sie sind demnach der Meinung, dass die Belegschaft und die Firma durch dieses Ergebnis enger zusammen wachsen wird?
Brechreiz: Ja. Wie Sie allen unseren bisher erschienenen GBR-Infos entnehmen können, wurden die mit der IGM gemeinsam erzielten Ergebnisse von uns immer positiv dargestellt – auch unsere Niederlagen.
Interviewer: Wird die Belegschaft das ebenfalls so positiv sehen wie Sie?
Brechreiz: Davon gehen wir gut und gerne aus! Aus dem Grunde haben wir auch ein Beitrittsformular der IGM an das Flugblatt angefügt. Wir sind zuversichtlich, dass noch mehr Menschen als bisher der IGM beitreten werden und freuen uns schon jetzt auf die neuen Mitglieder.
Interviewer: Herr Brechreiz, wir danken Ihnen für das informative und aufschlussreiche Interview. Wir sind schon auf die nächsten Ergebnisse des GBRs gespannt!
20.07.2009
Zahlen der nächsten Entlassungswelle
.. sickern nur langsam durch, weil im Geheimrat noch hinter verschlossenen Türen verzweifelt alte (dr)eckige Punkte aufgewärmt werden, die man zur Abwicklung der Entlassungen braucht.
Während Ben bei Sarkozy über 300 Entlassungen in Frankreich von 1000 verhandelte, werden bei uns anteilig neue Entlassungen durch die Gremien gejagt. Der Vorstand hält sich vornehm mit seinen town meetings zurück und läßt lieber den Betriebsrat in Versammlungen die schlechten Botschaften verkünden.
Der Konzern braucht mal wieder Entlassungs-Nachrichten, um seine Aktien und damit die Vorstands-Boni aufzubessern. Es ist ja auch Urlaubszeit, in der nur wenige es mitbekommen, wie erneut mit den Beschäftigten verdient wird.
Also werden wir wieder gespannt zur Betriebsversammlung marschieren und die frohe Botschaft beklatschen?
18.12.2008
Now you see it, now you don't!
On Friday, December 12th, Ben Verwaayen announced an action plan. Within a day it changed.
In a German article we have already taken a first look at the new Verwaayen's "action plan". In our view, all the hype boils down to two not very new strategies: redundancies and cost-cutting.
Our main concern was that it is planned to hit the R&D yet again. There are plans to cut back 40% of the sites "overtime" (sic). Or so we thought.
We found this information on the cuts from the Q&A on the intranet.
Now things have changed. No, there has been no announcement to our knowledge. There is no new video from Ben explaining his visions to us. There has just been a small change in one file.
The Q&A we quoted above contained the following lines:
How many R&D sites are you going to close?
Our plan is to reduce our number of sites by 40% overtime.
These lines have disappeared.
What we are let with now is the following statement on R&D:
8. What’s the objective of this R&D sites consolidation?
It’s clearly to bring complexity down. There are today close to 90 R&D sites in the group with many of them working on the same topic. We need to have more specialization on the sites while maintaining close collaboration among them.
Hmmm .. we ask ourselves, why this change? Let's speculate a little:
- Ben has had a change of heart. Someone or people have helped him see sense.
- The company still plans to reduce the number of sites but doesn't want an unsettled R&D community - there are still deadlines to be met
- There is something else in the pipeline - be it for better or worse.
So what is correct? Is it a change of heart, a change of strategy or information hiding? You pays your money and you takes your choice!.
Who knows?
16.12.2008
„Morgen Kinder wird’s was geben“
Am 12. Dezember 2008 gab Ben Verwaayen den „Aktionsplan“ für Alcatel-Lucent bekannt. Bringt der Plan wirklich etwas Neues?
Im ersten Moment klingt das, was Verwaayen am letzten Freitag verkündet hat, gar nicht so schlecht: eine Fokussierung der Investitionen in neue Plattformen, weniger Chefs und weniger Kontraktoren. Allerdings gibt es wohl mehr Fragen als Antworten.
Neue Entlassungen
Der geplante Abbau von 1000 Managern und 5000 Kontraktoren findet in der Presse einen großen Anklang. Das Hauptthema vieler Artikel in der deutschen Presse beschäftigt sich mit diesem Abbau. Es findet zudem viel Zustimmung, dass nun die „überhängigen“ Manager endlich mal dran sind. Bei den Kontraktoren ist die Stimmung etwas anders, weil diese „Externen“ gute Arbeit leisten.
Wird sich viel ändern wenn es 1000 Manager weniger geben wird? Wohl kaum. Allein Nürnberg könnte 10% zu den geplanten Entlassungen beisteuern, da das Verhältnis von Managern zu Mitarbeitern eins zu sechs (!) beträgt. Wenn Verwaayen wirklich etwas Grundlegendes ändern will, müsste er von höheren Abbauzahlen ausgehen.
Bei den Kontraktoren sieht es viel krasser aus. Über ein Drittel der Beschäftigten die in Nürnberg arbeiten, kommen von Außen. Konkret: auf 600 Mitarbeiten kommen 360 Externe! In Stuttgart ist es ähnlich: auf knapp 2100 Mitarbeiter kommen 200 Kontraktoren. Die Zahlen für Deutschland sehen ähnlich aus: es gibt 6400 Mitarbeiter und 1900 Kontraktoren, das sind knapp ein Viertel der Beschäftigten.
Von diesen Zahlen mal ganz abgesehen, dieser neue Abbau bedeutet weitere Entlassungen. Besonders innovativ ist das nicht und in Anbetracht der tatsächlichen Verhältnisse ist das eher eine Show. Bei den (Un-)Kosten wird die Firma vielleicht etwas bewirken, aber auch das ist nicht unbedingt gesagt. Wie oft haben wir es schon erlebt, dass Chefs bei selbem Gehalt abgruppiert wurden und blieben? Und wenn es weniger Kontraktoren gibt, muss die Arbeit immer noch gemacht werden. Aber von wem?
Was wird aus R&D?
Die Signale, die Verwaayens aussendet, sind, gelinde gesagt, widersprüchlich. Auf der einen Seite soll es eine Konsolidierung der R&D Zentren geben, auf der anderen Seite sollen außer den 1000 Managern bzw. 5000 Kontraktoren keine weiteren Beschäftigten entlassen werden. In der internen FAQ wird gesagt, dass die Anzahl der R&D Standorte um 40% verringert werden soll. Und das ohne Entlassungen weiterer Beschäftigter? Oder geht es so, wie wir es aus Frankreich bereits kennen: die Standorte werden zusammengelegt und wer nicht die tägliche Fahrt von über 200 km von Nürnberg nach Stuttgart auf sich nehmen will, kann ja kündigen. Ist dies die neue Art, Personal abzubauen?
In diesem Zusammenhang finden wir es bemerkenswert , dass ALU ursprünglich der Presse gegenüber bekannt gab, eine Reduzierung der R&D Kosten um 14% und der Allgemein- und Administrativkosten um €2,5 Mrd vorzunehmen. Warum verschwand dieses „Detail“ aus der Presseerklärung? An der neuen „Offenheit“ kann es wohl nicht liegen!
Verwaayen – der neue Schönredner?
Wer nicht verstanden hat, was es mit „Web 2.0“ und „Web 3.0“ auf sich hat, ist nicht allein. Auch in der Presse geht diese Frage um. So auch der Chefeditor von ZDNET, der sich fragt, woraus diese schöne, neue ALU-Welt bestehen soll. Hier gibt es noch einigen Erklärungsbedarf. Oder, haben wir es vielleicht bloß mit einem boilerplate zu tun?
Fazit
Wir sind gespannt was uns Ben Verwaayen noch bringen wird. Nachdem wir alle Dokumente und die vielen Pressemeldungen gelesen haben, sieht die Wirklichkeit schon nüchterner aus als die aalglatten Veröffentlichungen, die im Intranet zu finden sind. Es gibt einen neuen Personalabbau und schon wieder große Einsparungen. Die Aussichten für 2009 sind trübe, Gewinne sind nicht in Sicht. Werden die Kosten wieder mal auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen? Wir werden es sehen.