Haustarifvertrag
15.03.2010
Offenheit und Ehrlichkeit – Gedanken zur Betriebsratswahl
Die Betriebsratswahl ist für Arbeitnehmer wichtiger als die Bundestagswahl, denn der Betriebsrat bestimmt entscheidend mit über die Zukunft jedes einzelnen Beschäftigten. Gastkommentar vom Mitarbeiternetzwerk NCI aus NSN/Siemens München.
Die Betriebsratswahl ist für Arbeitnehmer wichtiger als die Bundestagswahl, denn der Betriebsrat bestimmt entscheidend mit über die Zukunft jedes einzelnen Beschäftigten.
Mitbestimmung kennt viele Wege. 1. Aktiv, engagiert, offen, ehrlich zu der Belegschaft. 2. Schweigend, verschweigend, falsche Hoffnung nährend. 3. Tatenlos.
Auf allen drei Wegen bestimmt der Betriebsrat über eure Zukunft. Setzt ihr euch aktiv, engagiert, ehrlich und offen für die Belegschaft ein, kann er mit euch viel erreichen. Setzt er auf Verschwiegenheit, wird er bald in seiner eigenen Suppe kochen, nur das Gedankengut des Arbeitgebers wird ihn erreichen, neue Impulse und Ideen bleiben auf der Strecke. Tut er nichts, ist das wie ein betriebsratsloser Betrieb.
Jede Gruppierung nimmt natürlich bei der Wahl die erste Alternative für sich in Anspruch. Flugblätter, Werbeblätter sollen dies der Belegschaft demonstrieren. Doch wer meint es ehrlich, wer macht nur Propaganda? Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten, wie es scheint.
Das Kriterium muss lauten: Wer überzeugt durch Tun?
Aktiv, engagiert, offen, ehrlich zur Belegschaft. Dies setzt voraus, dass man die Belegschaft hört, sie fragt, was sie denkt und empfindet. Man informiert sie, klärt sie über ihre Handlungsmöglichkeiten auf, erarbeitet Strategien, die man offen zur Diskussion stellt. Nur so kann die Belegschaft Einfluss nehmen, mitverfolgen, was der Betriebsrat eigentlich tut.
Schweigend, verschweigend, falsche Hoffnung nährend. Wir machen das schon für euch. Nur wenn man schweigt, kann man verhandeln, ist ein beliebtes Argument. Der Arbeitgeber rückt keine Informationen mehr raus, wenn er dies dann auf einer Internetseite lesen kann, heißt es immer wieder.
Doch was helfen Informationen, die niemand wissen darf? Wer kann dann überprüfen, ob sie wahr sind? Wer kann sie im betrieblichen Alltag reflektieren? Wer kann dann sagen: Pass auf, hier ist es anders, hier brauchen wir anderes, hier ist eine allein erziehende Mutter, die Kurzarbeit nicht hinnehmen kann. Wer kann dann sagen, ich fürchte die Personalgespräche, die das mit sich bringen wird? Was nutzt es, wenn der Betriebsrat weiß, es sollen 200 Mitarbeiter abgebaut werden, wenn er es nicht sagen darf. Vielleicht kauft einer auf der Liste noch ein Haus, hätte er gewusst, dass er auf der Liste ist, hätte er es nicht getan.
Informationen, die niemand wissen darf, sind wertlose Informationen.
An der gesetzlichen Mitbestimmung des Betriebsrats kommt der Arbeitgeber nicht vorbei. Er wird die Information herausrücken, wenn er weiß, dass die Belegschaft hinter dem Betriebsrat steht. Doch diese kann nur hinter ihrem Betriebsrat stehen, wenn sie das Gefühl hat, der Betriebsrat steht zu ihr.
Dieses Gefühl, dieses Vertrauen kann man nicht durch Flugblätter und Werbebroschüren herbeireden. Es muss erarbeitet werden: durch Aufklärung, Einbindung, Ernst nehmen dessen, was die Belegschaft bewegt.
Verschwiegenheit fordert blindes Vertrauen: Du musst mir vertrauen! Ein Befehl!
Offenheit dagegen macht Ehrlichkeit überprüfbar. Und dann kann das Vertrauen wachsen zwischen Betriebsrat und Belegschaft.
Wisst ihr eigentlich was im Haustarifvertrag von ALU steht? Nein? Warum nicht? Vielleicht liegt es daran, dass keine Kopien in die Hände zu bekommen sind. Warum gibt es nur Flugblätter mit einem Zusammenfassung?
Ihr, die Belegschaft wählt also nicht nur einen Betriebsrat, ihr wählt die Art und Weise wie mit eurer beruflichen Zukunft umgegangen wird: Verschwiegen oder offen. Fremdbestimmt oder Eigenbestimmt. Ihr habt die Wahl!
26.11.2009
Alcatel-Lucent: Haustarifvertrag – Was ist der wirklich wert?
Die ALU Geschäftsleitung hat die Vorstellung, am Nürnberger Standort alle Arbeitsplätze jetzt neu zu bewerten. Dazu muss jeder Mitarbeiter zuerst einmal seinen eigenen Arbeitsplatz selber beschreiben, anschließend wird dafür ein Arbeitsplatzwert ermittelt. Gleichzeitig soll den Beschäftigten in Nürnberg, Bonn und Neu Isenburg ein neuer Haustarifvertrag (HTV) angeboten werden. Darin werden die Arbeitsplatzwerte auf die zugehörigen Entgeltgruppen abgebildet.
Sowohl die Arbeitsplatzbewertung als auch das „Angebot“, einen neuen Vertrag zu unterschreiben, sind kritisch zu betrachten:
- Jeder Beschäftigte besitzt einen gültigen Arbeitsvertrag und eine Stellenbeschreibung. Egal wie alt die Stellenbeschreibung ist, sie liefert die Begründung für den „Grade“, also die Eingruppierung im Arbeitsvertrag. Ein Arbeitsvertrag kann nicht einseitig geändert werden.
- Ein Haustarifvertrag existiert noch nicht. Außer einer Beschreibung der Eckpunkte, bei der man nicht weiß, ob und wie weit diese Eckpunkte überhaupt in die Tat umgesetzt werden, gibt es nichts Verbindliches. Daher ist nicht nur die Abbildung von Arbeitsplatzwerten auf Entgeltgruppen mit Vorsicht zu genießen, sondern auch die anderen Punkte im HTV.
- Eine Arbeitsplatzbewertung, die laut der „Tariftabelle“ zu einer „niedrigeren“ Bezahlung führt als bisher, ist eine Abgruppierung und entspricht somit einer Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz. D.h. folglich, dass der Arbeitgeber den Mitarbeiter nicht vertragsgemäß beschäftigt. Es würde sich hier schlichtweg um eine „minderwertige“ Aufgabe handeln. Das muss man nicht akzeptieren. Falls die Firma nicht einlenkt, könnte man als nächstes eine Klage auf vertragsgemäße Beschäftigung erheben.
- Die Entgelttabelle im HTV geht von einer 35 Stundenwoche aus. Die meisten von uns arbeiten aber deutlich länger. Bleibt die Vertrauensgleitzeit für die Nürnberger Beschäftigten dabei auf der Strecke?!
- Wir spekulieren an dieser Stelle mal, dass alle Beschäftigte, die den Grade MTS haben, als AT-Mitarbeiter behandelt werden!
- Bei AT-Mitarbeitern gilt lediglich, dass der Abstand von 25% zum neuen Tarifgehalt bewahrt bleibt. Mehr ist automatisch nicht drin. Wie bisher hängt alles vom Vorgesetzten ab! Wer hat die schönste Nase?
01.04.2009
Tarifvertrag für ALU in Nürnberg!
Pünktlich zum Beginn des Monats gibt es bereits einen Tarifvertrag für ALU Nürnberg. Die IG Metall hat zusammen mit einigen aus dem Gesamtbetriebsrat ein Eckpunktepapier verabschiedet, in dem die Modalitäten der Einführung eines Tarifvertrags geregelt werden sollen.
Wir wissen nicht, ob wir uns darüber freuen sollen.
Wie dem auch sei, hier isat das Ergebnis, das zu uns durchgesickert ist:
Es soll einen „Anerkennungstarifvertrag“ geben, in dem der bayerische Tarifvertrag anerkannt wird. Allerdings weicht er davon an zwei wesentlichen Stellen ab:
- die Arbeitszeit beträgt für alle in Nürnberg 43 Std und
- statt einer Gehaltserhöhung von 4,2% soll es nur eine Erhöhung von 1,7% geben
Leider bekommen Bonn und Neu Isenburg den Tarifvertrag nicht!
Um einen Beitrag zur Sanierung des Unternehmens zu leisten und für den Tarifvertrag in Nürnberg zu bezahlen, soll die Arbeitszeit in Stuttgart auf 40 Stunden erhöht werden. AT-Mitarbeiter und alle Manager dürfen in Zukunft 45 Stunden arbeiten.
Was es sonst noch für Abweichungen gibt, wissen wir noch nicht. Leider konnten uns nicht einmal die IGM-Betriebsräte sagen, wie die restlichen Bedingungen aussehen.
Fazit
Wir fragen uns, ob das Ergebnis, so gut es auch klingen mag, in der Belegschaft gut ankommen wird?