2010
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21.12.2010
Der Weihnachtsmann informiert
Am 16. Dezember 2010 fand nach kurzfristiger Ankündigung eine „Informationsveranstaltung“ des Betriebsrats Nürnberg statt. Die etwa 100 Anwesenden wurden über die folgenden Themen informiert: Einführung der elektronischen Urlaubskarte, Weiterführung der Kurzarbeit in OND und die Erläuterung der Nachberechnung.
Elektronische Urlaubskarte
Ab 2011 soll ein neues Tool eingeführt werden, das die jetzige Urlaubskarte in Nürnberg ersetzen wird. Dieses Tool, so der Betriebsratsvorsitzende, solle dazu führen, dass das, was im ALU-Intranet vereinbart wurde, verbindlich sei.
Allerdings gibt es dabei ein kleines Problem: Falls der Vorgesetzte den Antrag nicht gleich genehmigt, wird das Tool ihn lediglich nur einmal daran erinnern. Danach muss sich der Mitarbeiter selbst darum kümmern, dass seine Urlaubskarte „abgezeichnet“ wird!
Interessant dabei ist die Tatsache, so der BR Vorsitzende, dass das Tool für die elektronische Urlaubskarte auch das Tool für die elektronische Zeiterfassung ist. Die elektronische Zeiterfassung gelte ALU-bundesweit, bloß am Standort Nürnberg nicht. Man könne aber dort das Excel-Tool weiterhin benutzen ...
Kurzarbeit OND
Es wurde berichtet, dass der Betriebsrat über die Verlängerung der Kurzarbeit verhandelt hätte.
Die Forderungen des BRs dazu:
- Aufzahlung auf das Kurzarbeitergeld
- maximal 10 Kurzarbeitertage
- Beschäftigungssicherung bis zum Jahr 2015
- neue Einstellungen von Mitarbeitern
Das Angebot der Firma dazu:
- Keine Aufzahlung, weil im Haustarifvertrag darüber nichts geregelt ist. („So ist es“, meinte der BR-Vorsitzende dazu)
- Von Januar bis August durchschnittlich 8 Tage und maximal 15 Tage Kurzarbeit. Wobei diejenigen, die bereits 2010 mehr als 30 Tage Kurzarbeit geleistet haben, maximal nur 10 Tage in 2011 leisten müssen. („Natürlich“, so der BR Vorsitzende, „kann jede/r auch freiwillig mehr leisten!“)
- Die Anzahl der Beschäftigten in OND/Deutschland (gesamt 311; Nürnberg: 205, Stuttgart: 106) soll in einem Interessenausgleich festgeschrieben werden
- Es gibt keine Neueinstellungen (Anmerkung von uns: Soviel zum Thema Aufschwung...)
Der BR-Vorsitzende rief auf, die Ergebnisse zu kommentieren. Keine Wortmeldungen! Daraufhin meinte der BR-Vorsitzende, der BR würde das dann so beschließen, weil keine Meinung dazu geäußert wurde. (Anmerkung von uns: Soviel zum Thema Demokratie...)
Er fuhr fort, dass die Vereinbarung einen Vorteil hätte. Das Management sage uns immer wieder, dass wir uns mit dieser Vereinbarung im Ausland als eine flexible Belegschaft darstellen können, die die flexiblen Möglichkeiten nutze, um Kosten einzusparen. (!) Der BR-Vorsitzende wolle, dass wir dieses Argument kennen. Es stehe zwar nichts in der Vereinbarung, es spiele aber eine Rolle.
Gehaltserhöhung
Daraufhin erfolgte ein persönlicher Appell des Betriebsratsvorsitzenden, der IG Metall beizutreten. 2012 könne der Haustarifvertrag (HTV) gekündigt und weiterverhandelt werden. Das unterschiedliche Gehaltsniveau von Nürnberg und Stuttgart, es betrage derzeit 10% (!), könne dann „beseitigt“ werden.
Gehaltsnachzahlung – das Abrechnungsthema
Ein Personalreferent versuchte die Gehaltsnachzahlung zu erklären. Da die Folien nicht einmal in der ersten Reihe lesbar waren, können wir über die Abrechnung nichts sagen. Wer sich dafür interessiert, kann eine Kopie auf der BR-Website finden.
Zum Schluss warb der Personalreferent für den HTV. Wer noch nicht unterschrieben hat, könne das noch im Dezember tun und würde alle Nachzahlungen bekommen.
Der BR-Vorsitzende schloss sich dieser Meinung an.
Kommentar
Zum dritten Mal hat der BR seine gesetzliche Pflichten verletzt. Zwei Betriebsversammlungen waren zu spät angesetzt und die vierte fiel aus. Bei einer derartigen „Informationspolitik“ ist die Belegschaft der Verlierer. In einem gewerkschaftlichen Kommentar des Betriebsverfassungsgesetzes ist zu lesen:
„Führt der BR die gesetzlich vorgeschriebenen Betriebsversammlungen nicht durch, stellt dies eine Beseitigung eines zentralen Bestandteils innerbetrieblicher Demokratie dar, erschwert eine konsequente Interessenvertretung durch den BR und kann – inbes. im Wiederholungsfall – eine Verletzung der gesetzlichen Pflichten des BR nach §23 Abs 1. darstellen.“
Eine Informationsveranstaltung ist kein Ersatz für eine vorgeschriebene Betriebsversammlung. Scheinbar hält der BR nichts von betrieblicher Demokratie.
Elektronische Urlaubskarte
Die neue Regelung ist schlechter als die bisherige. Und das, obwohl der Betriebsrat mitbestimmt hat. Warum jetzt die Zustimmung vom BR?
Kurzarbeit
Eine Voraussetzung für Kurzarbeit ist, dass der Arbeitgeber und der Betriebsrat vergeblich versucht haben, den Arbeitsausfall abzuwenden oder einzuschränken.
Was hat der Betriebsrat dafür getan? In der Infoveranstaltung hörte man nichts davon. Der BR hat in den Verhandlungen nichts wesentliches erreicht.
Es ist außerdem alles andere als demokratisch, die Verhandlungsergebnisse zum ersten Mal in einer „Infoveranstaltung“ zu präsentieren und zu erwarten, dass die Betroffenen darauf reagieren können. Eine demokratische Diskussion wäre nur möglich gewesen, wenn der BR einige Tage vorher den Entwurf der Betriebsvereinbarung verteilt hätte! Wollte der BR die Belegschaft etwa überrumpeln?
Haustarifvertrag
Natürlich darf die IG Metall für ihren Tarifvertrag Werbung machen. Warum hat die Gewerkschaft ihn damals im März eigentlich unterschrieben, wenn das Gehaltsniveau 10% unter Stuttgart liegt??
Nachdem die überwiegende Mehrzahl der Beschäftigen am Standort Nürnberg unterschrieben hat, kommt diese Info plötzlich ans Tageslicht!?
Wie dem auch sei, wünschen wir uns für 2011 einen Betriebsrat, der die Interessen der Kollegen vertritt. Aber eher scheint der Weihnachtsmann diesen Wunsch erfüllen zu können als der derzeitige BR!
26.10.2010
Alcatel-Lucent: Veranstaltung der seltsamen Art
Am 22. Oktober 2010 fand in Nürnberg eine „Infoveranstaltung zum Haustarifvertrag und zu neuen Arbeitsverträgen“ der IG Metall statt. Seltsam dabei war die aktive Teilnahme der „kompetenten Mitarbeiter von HR“ ….
In den vergangenen Tagen sind „neue Verträge“, sprich Angebote, einen neuen Arbeitsvertrag mit Bezugnahme auf den Haustarifvertrag (HTV) zu unterschreiben, verteilt worden. Natürlich kommen bei solchen „Angeboten“ viele Fragen auf. Es war daher nicht überraschend, dass es eine Veranstaltung gab, bei der offene Fragen beantwortet werden sollten.
Eigenartig jedoch war die Art der Veranstaltung und deren Mitwirkende. Dass die IG Metall über den HTV informiert, ist legitim. Man würde jedoch erwarten, dass sie dies selbst tut. Schließlich hat sie ihn mitverhandelt und das Ergebnis unterschrieben. Aber es kam anders:
der Betriebsratsvorsitzende eröffnete die Veranstaltung mit der Bemerkung, dass „zum Glück“ die neuen Verträge im Haus seien. Viele hätten diese mittlerweile bekommen. Dabei würden allgemeine Fragen auftauchen, die wahrscheinlich viele von uns hätten. Daher habe die IG Metall die Personalabteilung gebeten, zu dieser Veranstaltung zu kommen. Nach einer kurzen Auflistung einiger Fragen, gab der Betriebsratsvorsitzende das Mikro weiter an einen der Personalsachbearbeiter aus Nürnberg, der zum großen Teil die Veranstaltung leitete und viele der Fragen stellte und beantwortete.
Fragen und Antworten
Von den vielen Fragen fielen uns drei auf:
a) Die Heranführung der „Unterschreiter“
Bezeichnenderweise sind offensichtlich viele KollegInnen „Unterschreiter“, d. h. sie sind für ihre jetzige Tätigkeit unterbezahlt. Eine Kollegin wollte wissen, ob zusätzliches Geld für deren Heranführung bereit gestellt würde.
Dies wurde von der Firma verneint. Mehr noch: sie erwarte, dass es nicht in 1 bis 2 Jahren erfolge, sondern eher in 5 Jahren.
b) Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
In den Lucent-Veträgen wird im Krankheitsfall für den Zeitraum von 6 Monaten das 100%-ige Nettogehalt garantiert. Ein Kollege wollte wissen, ob das im HTV genauso geregelt werde. Der Rechtsvertreter der Firma konnte die Frage nicht beantworten. Er müsse nachschauen.
c) Dienstsitz
Auch wenn es „nur mit Zustimmung des Mitarbeiters“ möglich sei, haben Kollegen gefragt, was es mit der Passage im neuen Arbeitsvertrag auf sich habe, dass der Arbeitgeber den Dienstsitz ändern kann.
Die Antwort des Rechtsvertreters, dass die Gewerbeordnung dies zulasse, klang nicht überzeugend.
Seltsam, seltsam
Es war eine seltsame Veranstaltung, denn die IG Metall kam als Veranstalter nicht wirklich vor. Mehr noch: es war offensichtlich eine Veranstaltung der Firma. Die Beweggründe der IGM hierfür kennen wir nicht. Nur eines ist sicher:
Es gab unter den Mitgliedern weder eine Entscheidung, diese Veranstaltung abzuhalten, noch eine Diskussion über deren Gestaltung.
Darüberhinaus haben wir, was den HTV anbelangt, kein gutes Gefühl. Der Tarifvertrag wurde nicht erkämpft. Er wurde von einer schwachen IGM verhandelt. Wenn Alcatel-Lucent Deutschland so einen Vertrag unterschreibt, eine Firma, der es nicht gerade glänzend geht, fragen wir uns, warum sie es tat. Was war ihre Motivation? Was ließ sie es sich kosten?
Kündigungsschutz
Immer und immer wieder sticht die Passage ins Auge, bei der es um den Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer geht.
Fakt ist, dass der Kündigungsschutz im HTV nicht nur von den Tarifvertragsparteien ausgesetzt werden kann, sondern dass er selten gilt. Insbesondere gilt er bei einem Widerspruch gegen einen Betriebsübergang und bei einer Änderungskündigung nicht. Die entsprechende Passage im Manteltarifvertrag sieht aber anders aus:
4.4 Einem Beschäftigten, der das 53., aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet hat und dem Betrieb mindestens drei Jahre angehört, kann nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden. Dies gilt auch für eine Änderungskündigung.
Da derartige Passagen vorkommen, fragen wir uns, welche Haken es sonst noch im HTV gibt. Auf jeden Fall legt die Passage über Kündigungsschutz den Verdacht nahe, dass noch weitere Ausgliederungen geplant sind.
Außer zusätzlichem Geld, was natürlich sehr verlockend ist, welche Konsequenzen hat ein neuer Arbeitsvertrag noch? Sind sie alle positiv?
05.10.2010
NashTech: Die Personalschaukel
Was erst mit Ausgelagerten passiert, die zwischen den Standorten wie Ware verschoben werden, probiert man auch mit den fest Angestellten. Ein funktionierender Betriebsrat verhindert diese neue Art Menschenhandel.
Wen wundert es, wenn die zu einem Verleiher wie Nash Ausgelagerten, zwischen den Standorten ausgetauscht werden. So sind einige Nash'er aus Nürnberg auch schon länger in Stuttgart angekommen. Sie sind ja die Manövermasse der Menschenhändler. Und wenn Stuttgart ruft, kommen sie aus Nürnberg, egal was die Familie darüber denkt.
Die Personaler in HR versuchen es nun auch mit dem eigenen Personal. Auf einem freigewordenen Arbeitsplatz sitzt ein Stuttgarter und dafür wird einem Nürnberger Beschäftigten ein neuer Arbeitsplätze in Stuttgart angeboten.
Nein, die beiden HR-Abteilungen tauschen noch nicht Personal aus. Welche Stuttgarter HR'ler wollte schon nach Bayern? Die Personalschaukel wird erst einmal mit denen probiert, die man loswerden will. Das geht nach dem Motto, wenn einer erst einmal Familie und soziales Umfeld verliert, wird er schon mürbe werden und vielleicht sich ganz neu orientieren. Also wird die Personalschaukel erst einmal mit besonders kritischen und deshalb weniger bequemen Mitarbeitern probiert.
Dieser Gedanke kann einem schon kommen, wenn man den ganzen Tag auf das Drehkreuz starrt, das sich in beiden Richtungen dreht, um die Menschen in beiden Richtungen zu verschaukeln. Gefördert werden Menschen doch nur, wenn sie weit genug in der Hirarchie nach oben gekrochen sind.
Ganz so einfach ist die Personalschaukel dann doch nicht, weil es neue Arbeitsverträge geben muß, in denen ein neuer Standort steht. Neue Arbeitsverträge müssen unterschrieben werden. Wie lange das dauern kann, erlebt HR im Moment beim Haustarif mit Rückenwind durch den BR. Weitaus schwieriger wird eine Versetzung zwischen Standorten ohne Zustimmung des BR.
Es wäre für HR zu einfach, eine Stellenbesetzung mit den am Standort vorhandenen zu versuchen. Sieht das Arbeitsrecht vielleicht vor, erst dann von außen Hilfe zu holen, wenn intern Versetzungen auch nicht mit Schulungen möglich sind?
21.08.2010
Bitte warten ... Sie werden gleich verbunden…
Ein “HR Service Center”, sprich Call Center, soll in Rumänien für HR errichtet werden. Dies soll den Service von HR verbessern.
„Wie soll das funktionieren??“ fragt man sich. Wer öfter mit Call-Centern zu tun hat, wird sich denken können, wie die Realität zukünftig aussehen wird.
Alles, was mit Formularen zu tun hat, soll auf einer neuen HR-Website zu finden sein. Aber das Leben ist meistens nicht so einfach. Wer auf der Website nicht fündig wird, muss dann beim Call-Center in Rumänien (!) anrufen. Wenn man Glück hat, erhält man dort was man braucht oder man bekommt ein Ticket zugewiesen. Und damit wird’s wieder komplizierter...
Betrachten wir mal einen komplizierten Fall: das ist einfacher zu durchleuten. Es geht dabei z.B. um eine rechtliche Frage.
Wir rufen also in Rumänien an. Irgendwann kommt man dran und dann ergeben sich doch vielleicht ein paar Hürden.
Die erste Hürde: die Sprache. Angenommen, der Agent spricht die Sprache des Anrufers, versteht der Agent tatsächlich, worum es geht? Wenn man sich auf Englisch verständigen soll, wird es etwas schwieriger. Wie heißt z.B. „freiwillige Krankenversicherung“ auf Englisch? Und, weiß der Agent auch damit etwas anzufangen?
Die zweite Hürde: die Kultur. Auch wenn der Agent die Sprache des Anrufers versteht, kennt er soviel vom Land, dass er überhaupt einschätzen kann, worum es geht? Wenn es um Arbeitsrecht oder Sozialrecht ginge, ist es schon schwer genug in Deutschland eine richtige und verbindliche Aussage zu bekommen. Weit weg in Rumänien sind die Chancen wesentlich kleiner, dass der Agent hiervon etwas versteht und Rat weiß. Also, man bekommt ein Ticket...
Die dritte Hürde: die Weitervermittlung. Es ist geplant, dass man nun jemanden aus HR zugewiesen bekommt. Ob die- oder derjenige HRler vor Ort sich auskennt, ist wahrscheinlich Glückssache. Wenn man bedenkt, dass das Call-Center die ganze EMEA-Region bedienen soll, ist es klar, dass dieses Verfahren blanker Nonsens ist.
Manager, die solche Idiotien erspinnen, sehen durch dieses neue Verfahren den Service verbessert und selbstverständlich darin auch eine Kostensenkung. Aber, sie wären keine Manager, wenn sie es nicht so sehen würden. Niemals machen sie etwas falsch, würden sie etwas falsch machen oder hätten jemals etwas falsch gemacht. Auch die dümmste Idee ist aus ihrer Sicht immer eine gute Idee und kann jederzeit mit Zahlen und viel Geschwafel begründet werden.
In Deutschland sollen die Vorbereitungen auf das neue Verfahren ab Q3 stattfinden und ab Januar 2011 soll es dann schon mal so richtig losgehen.
Und wenn man persönlich darüber gar nicht begeistert ist, was kann man tun?
Auf den Betriebsrat hoffen!
Aber... vom Betriebsrat hört man nichts. Angeblich wird gegenwärtig im Gesamtbetriebsrat über das Thema diskutiert. Wie die Ansichten des GBRs bzw. BRs dazu sind, können wir leider nur mal wieder erahnen. Berichtet haben sie dazu nichts und gefragt haben sie uns sowieso nicht. Erfahrungsgemäß sind beide Gremien letztendlich auch nicht unbedingt dagegen - egal wie groß sie sich vorher aufplustern.
Da sich GBR und BR mit Nichtstun mal wieder aus der Affäre winden werden, um bei der Geschäftsleitung nicht anzuecken, könnte man selber folgenden Weg gehen. Man nimmt weiterhin den kurzen Weg zu HR statt sich mit einem Call-Center herumzuplagen. Ein Call-Center wird auf Dauer nicht funktionieren können, wenn es nicht in Anspruch genommen wird.
Und dadurch leistet man womöglich sogar etwas Gutes. Man selber trägt zum Erhalt von Arbeitsplätzen bei, nämlich die der HR-Beschäftigten! Wenn das nichts ist...
19.08.2010
Neuer Webauftritt des Betriebsrats Nürnberg
Vor ein paar Wochen erreichte uns die überraschende Mitteilung, dass der Betriebsrat an einen neuen Webauftritt arbeitet. Wir fragen uns, warum der Betriebsrat diesen (nicht unerheblichen) Aufwand betreibt? Hat es etwas mit der Informationspolitik des BRs zu tun oder steckt etwas ganz anderes dahinter?
Spärliche Informationen
Seit der letzten BR-Wahl im März hört man relativ wenig über das, was der BR macht. Die beiden Betriebsversammlungen, denen wir beiwohnen durften, waren nicht gerade informativ.
Die erste Betriebsversammlung in diesem Jahr war eine reine Werbeveranstaltung für den Haustarifvertrag (HTV). In brüderlicher Eintracht erklärten uns die IG Metall, die Firmenvertreter und der Betriebsrat den HTV. Bemerkenswert dabei war lediglich, dass man diesen in der endgültigen Form nie zu sehen bekam - bis zum 16. August nicht. Lediglich Netzwerk IT hat vor zwei Monaten den HTV veröffentlichet
In der zweiten Betriebsversammlung waren konkrete Informationen über die Tätigkeit des BRs ebenso dürftig. Allein durch den Bericht über das neue Bezahlungssystem für die Kantine konnte man erahnen, dass der BR seinen Hintern bewegt. Fast alle anderen Berichte gingen um Themen, die offensichtlich im Gesamtbetriebsrat behandelt werden.
Wer der neue BR ist, welche Ziele er hat und was er konkret in 2010 geleistet hat, war nicht zu vernehmen. Schlimmer noch: keine der bisherigen Betriebsversammlungen fanden rechtzeitig statt und in keiner lieferte der BR einen ordentlichen Tätigkeitsbericht ab, wie es das Betriebsverfassungsgesetz dem Betriebsrat vorschreibt. Hat der BR sich auf die faule Haut gelegt oder hat er der Belegschaft nichts mehr zu sagen?
Der neue Webauftritt
Wie wir erkennen, ist die Informationspolitik des Betriebsrats nicht offen und Transparent. Soll das jetzt mit einem neuen Webauftritt verbessert werden?
Wohl kaum. Der neue Webauftritt ist ein Abklatsch des alten. Neue Information oder neue Möglichkeiten für die Belegschaft sind dort nicht zu finden. Welche Gründe könnte es dennoch dafür geben?
Technische Gründe wohl nicht. Das bisherige System läuft gut, stabil und ist technisch auf der Höhe der Zeit. Der BR hat Zugang zum System und anwenden können es die Betriebsräte auch. Daran kann es auch nicht liegen.
Was kann also der Grund für diesen neuen Webauftritt des BRs sein? All diese Fragen hat laut unserer Information auch ein Ersatzbetriebsratsmitglied dem BR gestellt und bisher keine Antwort von ihm darauf bekommen. Obwohl die Mail an alle Betriebsräte und Ersatzbetriebsräte ging, hat der BR nichts dazu gesagt bzw. geschrieben.
Wir können nur vermuten, dass es darum geht, kritische Menschen kaltzustellen. Unangenehme Fragen an den Betriebsrat könnten ja ihre bequeme Eintracht mit der Geschäftleitung und deren Handlanger gefährden.
Sollte sich der BR nicht zu Wort melden, werden wir weiterhin spekulieren müssen ...
20.07.2010
Nachruf Heribert Fieber
Heribert war ein sehr innovativer Gewerkschafter und Betriebsratsvorsitzende (BRV) bei Siemens in der Hofmanstr, München. Er war seiner Zeit weit voraus und jede/r, der mit ihm zu tun hat, konnte von ihm erfahren und lernen was ein Gewerkschafter und BRV alles leisten kann.
Wir haben Heribert erst bei der einen oder anderen Gewerkschaftsveranstaltung kennengelernt. Für uns war er sehr wichtig und interessant, weil er mit seiner Arbeit zeigte, dass hochqualifizierte Ingenieure für ihre Belange kämpfen können. Jeder von uns wollte wissen, was des Rätsels Lösung war.
Seine damaligen Vorträge waren immer lustig, und mit beißendem Witz gespickt. Als wir damals als Beschäftigte mit dem Thema Vertrauensgleitzeit kämpften, schlug er vor, dass wir auch das Thema von „Vertrauensbezahlung“ ansprechen sollen. Jeder Mensch bekommt nicht nur Vertrauensgleitzeit, sondern auch Vertrauensbezahlung. Die Firma stellt viel Geld zur Verfügung und jeder Mensch holt auch das Geld ab, was er für angemessen hält. Das wäre echtes Vertrauen!
Aber nicht nur das. Heribert propagierte das Konzept von „Netzräten“ und seine Verwendung vom Intranet in der Auseinandersetzung um die Entlassungen in der Siemens Hofmanstr war er uns allen weit voraus. Seine Kooperation und das Einbinden von NCI in jener Auseinandersetzung trug maßgeblich zum Erfolg des Kampfes gegen die Entlassungen bei. Vieles, was wir von ihm lernten, floss in die Vorgehensweise von Netzwerk IT ein.
Daher ärgert uns es maßlos, dass die IGM München jetzt kommt, nachdem Heribert tod ist, und versucht sich mit fremden Federn zu schmücken. Fakt ist, dass sobald der Hauptteil der Auseinandersetzung um die Arbeitsplätze vorbei war, wurde Heribert von der IGM München zum Unterzeichnen eines Auflösungsvertrages „überredet“. Die IGM München wollte, dass „Ruhe“ einkehrt und er war im Weg. Später wurde auch das Mitarbeiternetzwerk NCI vergrault. Alles was nicht ins Konzept passt und sich nicht beherrschen lässt, wurde von der IGM München vertrieben.
Das Ergebnis ihrer „Bemühungen“ sieht man heute, wenn man guckt, was von Siemens bzw. NSN übrig geblieben ist.
In den letzten Jahren arbeitete Heribert für die IGM Heidelberg und sorgte dafür, dass die IGM bei SAP einen Betriebsrat gründen konnte. Das war eine weitere erstaunliche Leistung aber das war Heribert. Dennoch: dass er überhaupt für die IGM noch arbeiten konnte, hat uns gewundert. Wie dem auch sei, ließ er ziemlich deutlich durchblicken, dass er nicht unbedingt immer über die Politik der IGM glücklich war. Heribert blieb sich selbst treu. Wir haben Heribert zu verdanken, dass Netzwerk IT und NCI miteinander kooperieren. Er hat es möglich gemacht, dass wir mit Inken in Kontakt kommen konnten. Dafür sind wir ihm sehr dankbar, auch heute noch.
Wir sind traurig, dass Heribert nicht mehr unter uns ist. Die Beschäftigten nicht nur bei Siemens und NSN haben einen Kollegen verloren, der uns allen inspirierte. Unser aufrichtiges Beileid geht an seine Familie.