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04.09.2009

Kurzarbeit in OND!

von Alcatel-Lucent — Letzte Änderung 04.09.2009 02:00
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Ab dem 1. September soll im Optikbereich OND durschnittlich 11% der Arbeitszeit eingespart werden, in 2010 sogar bis zu 21%. Läutet diese Kurzarbeit den Anfang vom Ende für den Standort Nürnberg ein?

Am 18. August 2009 wurden die KollegInnen aus OND vom Betriebsrat über die Verhandlungen über die Einführung von Kurzarbeit (KA) in OND informiert und über die Modalitäten der KA gesprochen.

Warum Kurzarbeit?

Die Voraussetzung für die Einführung von KA in einem Betrieb ist, dass es sich um einen „erheblichen“ Arbeitsausfall handelt, der „vorübergehend“ und nicht „vermeidbar“ ist. Die wirtschaftlichen Ursachen, die ein Betrieb dafür angeben kann, sind vielfältig. Einer davon ist z.B. die „Veränderung der betrieblichen Strukturen“, also eine Umorganisation.

Es wird vom Gesetzgeber erwartet, dass nach einer gewissen Zeit wieder voll gearbeitet werden wird. Damit soll „mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit“ und in „absehbarer Zeit“ zu rechnen sein. Mehr noch, der Betrieb soll „sich laufend darum bemühen, den Arbeitsausfall zu verringern oder zu beenden“.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber und der Betriebsrat vergeblich versucht hätten, „den Arbeitsausfall abzuwenden oder einzuschränken“!

Wie sieht's in Nürnberg aus?

In Nürnberg ist nur OND von der KA betroffen. Laut einer BR-Veranstaltung vom 25. August soll 2009 im Durchschnitt 11% der Arbeitszeit und 2010 21% „eingespart“ werden. Warum gerade 11% bzw. 21% wurde bis jetzt weder von der Firma noch vom Betriebsrat offengelegt! In der ersten BR-Veranstaltung gab der Entwicklungschef in einem Redebeitrag zum Besten, dass er „Vorgaben“ des Vorstandes umsetzen müsse. (Anmerkung: Geschäftsleitung befiehl, die Manager folgen dir unter allen Umständen??)

Wie diese KA-Zahlen mit der wirtschaftlichen Lage in OND in Einklang zu bringen sind, erklärte aber niemand. In beiden Veranstaltungen hatten wir den Eindruck, dass der Betriebsrat die wirtschaftlichen Ursachen nie hinterfragt hat und es schlichtweg auch nicht für nötig gehalten hat die Belegschaft davon zu unterrichten, von seinen Bemühungen die KA abzuwenden oder einzuschränken.

Die KA werde nicht gleichmäßig verteilt und bei Einzelnen wird die Arbeitszeit sogar auf bis zu 40% abgesenkt. Wieviele KollegInnen betroffen sind, erwähnte der Betriebsrat in den Veranstaltungen nicht!

Vertrauensgleitzeit – kein Problem?

Die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten in OND haben eine „Vertrauensarbeitszeit“, d.h., dass die geleisteten Stunden nicht schriftlich festgehalten werden. Weder die Firma noch der Betriebsrat kontrollieren die tatsächliche Arbeitszeit. Vor einiger Zeit gab es lediglich eine anonyme Umfrage bei den KollegInnen durch den Betriebsrat, bei der herauskam, dass bei ALU-Nürnberg durchschnittlich 42 Std./Woche gearbeitet wird..

Es soll also unter allen Umständen KA gemacht werden. Eine unbekannte Größe - nämlich die tatsächlich geleistete Arbeitszeit - soll gekürzt werden. Die Nürnberger Arbeitsagentur glaubt, wenn die KollegInnen tageweise nicht arbeiten, dass dadurch die Arbeitszeit effektiv verringert wird. Wie naiv muß man sein, um solche Schlüsse zu ziehen, oder gibt es auch dort „Klüngelei“?

Und falls nun ein Vorgesetzter unbedingt meint, er müsse die KollegenInnen an ihren „freien“ Tagen beschäftigen oder über „Remote Access“(!) arbeiten lassen, sollte er vielleicht bedenken, dass das als Betrug mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bzw. Geldstrafe geahndet wird. Da es in Deutschland kein Unternehmensstrafrecht gibt, würde in einem solchen Verdachtsfall gegen den Arbeitnehmer wegen Betruges und dessen Vorgesetzten, der die Arbeit ja angeordnet hat, ermittelt.

Was ist mit dem Rest der Belegschaft?

Der Bereich OND bildet mit ungefähr 200 Beschäftigten etwa ein Drittel des Standortes Nürnberg. Nach unserer Information soll bei den restlichen Beschäftigten über 10% der Belegschaft abgebaut werden. Außerdem soll es im Bereich Mobility über kurz oder lang ebenfalls KA geben.

Weder vom Management noch vom BR hört man etwas darüber. Aus der „Gerüchteküche“ haben wir erfahren, dass bald ein neues und rechtlich gesehen wertloses, „Eckpunktepapier“ aus dem Hut gezaubert wird. Das letzte „schützte“(!) die jetzt betroffenen Bereiche. Was im neuem dr-eckigen Papier steht, dürfen wir als betroffene Belegschaft noch nicht wissen Wir warten gespannt darauf, welche Anstrengungen unsere „Arbeitnehmervertreung“, sprich die Betriebsratsvorsitzenden und der GBR unternommen haben, Arbeitsplätze zu retten und wieviele mal wieder über die Klinge springen werden.

Kurzarbeit statt Entlassungen?

Auch wenn wir bezüglich der jetzigen KA bedenken haben, könnte KA nicht eine Lösung für die Bereiche sein, in denen KollegInnen entlassen werden sollen? Wäre es nicht besser, über den gesamten Standort Alternativen zu Entlassungen zu finden, als jeden Bereich für sich abzufertigen?

Kritikern der KA in OND wird von manchen Betriebsräten vorgeworfen, dass dies die einzige Alternative zu Entlassungen sei. Unabhängig davon, dass solche Betriebsräte keine Beweise für diese Behauptung haben, weil sie die tatsächliche wirtschaftliche Lage der Firma nicht kennen und auch nicht beurteilen können, könnten wir argumentieren: Statt Entlassungen muss es KA für alle geben!

Fazit

Die gegenwärtige Lage der Firma ist unklar. Es gibt Gerüchte, dass ALU übernommen werden soll. Mittlerweile wird ALU von einige Analysten auch wieder positiv beurteilt. Wir sehen nicht nur deswegen keinen Grund für Kurzarbeit bzw. Entlassungen.

Es stinkt! Auf der einen Seite wickelt ALU die Umsätze und Geschäfte über Belgien ab (Prinzipal-Modell), um Steuer zu sparen und kassiert im Gegenzug vom deutschen Staat Geld für die KA - unser aller Geld!

Statt einer scheibchenweisen Abfertigung und einer mögliche Entsorgung durch das Management brauchen wir Lösungen für ein gemeinsames Problem. Wenn wir nicht wollen, dass die Entwicklung Bereich für Bereich verschwindet und der Service teilweise abgebaut wird, brauchen wir starke Alternativen. Es zeigt sich immer mehr, dass wir dabei leider weder auf das Management noch auf den Betriebsrat setzen können.

Autoren

Alcatel-Lucent

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