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23.04.2010

Macht, Zensur und Information Hiding

von Alcatel-Lucent — Letzte Änderung 23.04.2010 15:25

Die IGM- Mehrheitsfraktion im Betriebsrat will bis auf weiteres und gegen bestehendes Recht verhindern, dass Information, die der Betriebsrat auf elektronischem Weg bekommt, allen BR- Mitgliedern elektronisch zugänglich gemacht wird.

Fast alle Unterlagen, die der Betriebsrat bekommt, sind elektronische. Damit Betriebsräte ihre Rechte und Pflichten für die KollegInnen wahrnehmen können, benötigen sie sämtliche Unterlagen.

Viele Unterlagen und den Mailverkehr an den Betriebsrat bekommen BR-Mitglieder nicht zu Gesicht. Um das zu ändern, übergab die BR-Fraktion Liste 2 bereits letzte Woche ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts mit folgendem Leitsatz:

Jedes Mitglied des Betriebsrats verfügt nach §34 Abs. 3 BetrVG über ein unabdingbares Recht, auf Datenträgern gespeicherte Dateien und E-Mails des Betriebsrats auf elektronischem Wege zu lesen.

Der Betriebsrat hat am 22. April 2010 entschieden, ein Gutachten darüber einzuholen. Es soll geklärt werden, welche Bedeutung dieses BAG-Urteil für die Betriebsratsarbeit hat.

Der obenzitierte Leitsatz ist u.E. eindeutig zu verstehen.

Die führenden IGM-Betriebsräte sehen das nicht so. Sie verstehen zwar anscheinend, dass ein Recht darauf besteht, dass die elektronischen Unterlagen den Betriebsratsmitgliedern zugänglich gemacht werden, wissen aber angeblich nicht, wie sie es umsetzen sollen.

Ihr Wortführer, selbst ehrenamtlicher Arbeitsrichter in Nürnberg, konnte die folgende Passage in der Urteilsbegründung nicht interpretieren:

27.[...]Der Senat sieht es dabei keineswegs als zwangsläufig an, dass Betriebsratsmitgliedern von ihren eigenen Rechnern aus Zugang zu allen Daten des Betriebsrats eröffnet wird oder an den Betriebsrat gerichtete E-Mails an die persönlichen Betriebsadressen seiner Mitglieder weitergeleitet werden müssen. Entscheidend ist, dass jedes Mitglied von bestimmten Geräten aus jederzeit mit zumutbarem Aufwand den vollständigen Datenbestand einschließlich des E-Mail-Kontos einsehen kann. Diese Maßnahmen, über die der Betriebsrat durch entsprechende Beschlüsse zu entscheiden hat, dürfen allerdings nicht wie im vorliegenden Fall dazu führen, dass das Leserecht für einzelne Mitglieder inhaltlich beschränkt wird.

Statt konstruktiv an einer Lösung zu arbeiten, die dem Gesetz entspricht und allen Betriebsräte Zugang zu den Unterlagen verschaffen würde, verstecken sich die führenden IGM-Betriebsräte hinter einem zu erstellenden Gutachten, das ihnen solche einfachen Sätze verständlich erklären sollte.

Im Klartext: die führenden IGM-Betriebsräte nutzen vermutlich ihre Mehrheit aus, um BR-Mitglieder von Informationen fernzuhalten. Das Gutachten anscheiend wurde in Auftrag gegeben, um Zeit zu gewinnen. Es geht u.E. um Machterhalt.

Pikanterweise wollen auch die anderen IGM-Betriebsräte, die für den Antrag gestimmt haben, nicht wissen, welche Information der Betriebsrat hat. Denn müssten sie Stellung beziehen.

Ausblick

Nächste Woche werden Anträge von der Liste 2 in den Betriebsrat eingereicht, die detaillieren, wie das BAG-Urteil umgesetzt werden kann. Wir gehen jedoch davon aus, dass der IGM geführte Betriebsrat die Anträge ablehnen wird.

Vielleicht täuschen wir uns, vielleicht kommt es nächste Woche ganz anders, als wir erwarten.

Das Verhalten der IGM-Betriebsräte lässt jedoch nichts gutes erahnen:

  • die Aufstellung der IGM-Kandidatenliste für die Betriebsrat erfolgte undemokratisch und keine/r der KandidatInnen lehnte sich gegen die führenden IGM-Mitglieder auf. Keine/r wusste wie die Liste zustande kam und keine/r der KandidatInnen verlangte nach einer demokratischen Aufstellung der Liste
  • Eine schmutzige Wahlkampagne wurde von der IGM gegen die konkurrierende Liste 2 geführt. Mit Halbwahrheiten und Unterstellungen wurde Stimmung gegen sie gemacht. Empörung seitens der IGM-Mitglieder konnten wir nicht feststellen.
  • Überall wurde von der IGM mit den Vorzügen des irgendwann einmal einzuführenden Haustarifvertrags Wahlkampf gemacht. Allerdings wurden bis heute keine Kopien des HTVs verteilt, auch nicht an IGM-Mitglieder!

Soviel zum Wahlslogan der IG Metall: „Demokratie im Betrieb leben“!

Fazit

Information ist Macht. Wer über Information verfügt, kann nicht nur besser entscheiden und handeln, sondern kann andere Menschen steuern bzw. manipulieren. Er hat somit Macht und kann sie ausüben. Um das zu erreichen, muss man den Zugang zur Information haben und die Informationskanäle unter Kontrolle halten ...

Die IG Metall im Betrieb hat sich schon wieder nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Autoren

Alcatel-Lucent

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