Diskussion
06.04.2012
Kritik an der Demo
Viele Kollegen waren mit der Organisation der Demo am Dienstag unzufrieden. Der Verlauf der Route, die von Tor 1 durch ein Waldstück zum Friedhof in Hamborn führte, hat viele Kollegen verärgert. Auf diese Weise habe die Demo so gut wie kein Publikum gehabt. Es wurde auch kritisiert, dass der Zug nicht kämpferisch genug gewesen sei.
Besser wäre es gewesen, die Demo durch belebte Stadtteile zu führen, um die Duisburger Bevölkerung auf die Situation im Schienenwerk aufmerksam zu machen, so die Meinung vieler Kollegen. Auch die Idee, über das Werksgelände zu demonstrieren und die Thyssen-Krupp-Kollegen direkt anzusprechen, haben einige wieder ins Spiel gebracht.
Viele Kollegen fanden es auch nicht gut, wie die Demoleitung mit externen Unterstützern umgegangen ist. Ein IG-Metall-Funktionär hatte eine größere Gruppe jugendlicher Unterstützer, die mit eigenem Transparent gekommen waren, in barschem Ton darauf hingewiesen, sie hätten am Ende des Zugs zu laufen, ihr Megaphon wegzupacken und außerdem keinen Zutritt zur Betriebsrats-Infoveranstaltung. Ebenso verwunderlich war der Kommentar eines Funktionärs gegenüber einem Demonstranten, der eine Solidaritätsbotschaft der Duisburger Montagsdemonstration verlas. Der IG-Metaller hatte geantwortet: "Eure Solidarität brauchen wir nicht." Unter den Kollegen jedenfalls ist die Unterstützung und Solidarität von "Externen" gut aufgenommen worden: Das Ziel von Belegschaft, Betriebsrat, IG Metall und anderen Unterstützern ist doch schließlich dasselbe, oder? Erhalt des Schienenwerks! Ebenso besteht Einigkeit darüber, dass zum Erreichen dieses Ziels ein Arbeitskampf geführt werden muss, wie es Jürgen Dzudzek bereits am 14. März erklärte.
In den Schichten wurde in der vergangenen Woche wieder darüber diskutiert, zu streiken. Einige Kollegen sind der Meinung, dass man Voestalpine nur auf diese Weise wirklich weh tun könne.
31.03.2012
Was hat der Aufsichtsrat am Freitag beschlossen?
Noch sind keine Infos nach außen gesickert. Es gibt erste Planungen, am Montagmorgen um 7.30 Uhr mit allen Kollegen geschlossen zum Betriebsrat zu gehen. Nachdem die Belegschaft in der vergangenen Woche einigermaßen normal produziert hat, werden jetzt die Rufe der Kollegen nach einem Produktionsstillstand bis Ostermontag lauter.
Ein Kollege schrieb Samstagabend ins Forum:
- "Die Belegschaft muss kollektiv (alle) über die aktuelle Situation umfänglich informiert werden, das geht nur mit einer zusätzlichen (offiziellen) Betriebsversammlung!
- Wie geht der BR und die Belegschaft mit den Themen: a) Produktion am Karfreitag, b) Mehrarbeit in der WD, ADJ, und F1, sowie Blauhelme um? (Die MA-Planungen liegen schon bis Mai vor.)
- Es ist davon auszugehen das der Arbeitgeber, im April mit dem BR über den Finalen Sozialplan (Konzept 0 -Mitarbeiter) verhandeln möchte, wie gehen wir (alle) damit um?
- Da die TSTG Welt nach der „AO-AR –Sitzung in Wien“ nicht mehr dieselbe sein wird, brauchen wir eine klare Strategie die mit der Belegschaft, dem BR, VKL, und der IGM abgestimmt ist.
Wir alle müssen nun Flagge zeigen! Sorry, die Zeit läuft uns sonst weg, ich möchte nicht so lange Warten bis Post aus Österreich in meinem Briefkasten liegt (mit bekannten Inhalt), ohne bis dahin aktiv geworden zu sein. Sorry: so möchte Ich nicht untergehen! Am Vorabend des 118 Geburtstages (1.4.1894) der Schiene in Bruckhausen, ist das ein Hilferuf an alle, werdet endlich alle wach!"
Ein weiterer Beitrag:
"JAWOLL ! Keine Produktion mehr - bis Ostermontag. Jetzt müssen sich die Manager erklären - schriftlich !! Was ist deren Zeitplan , wie sollen nach deren Meinung die genauen Abläufe und Zeitintervalle sein ! Kein frühestens , kein bla bla mehr . Ansonsten verläßt keine Schiene mehr das Werk."
21.03.2012
Betriebsratsinfo-Veranstaltung am 22. März
Am 22. März lädt der Betriebsrat zu einer Betriebsratsinfo-Veranstaltung ein.
20.03.2012
TSTG Produktionsleiter am Verzweifeln
Von normaler Produktion kann im Duisburger TSTG Schienenwerk kaum noch gesprochen werden. Einige Schlaglichter zur Stimmung der Belegschaft aus den letzten Tagen.
Der Produktionsleiter ist am Verzweifeln, da sich die Probleme häufen. In Motivationsgesprächen mit seinen direkten Untergebenen versucht er vergeblich, das normale Tagessoll von ca. 120 Schienen pro Schicht vorzugeben. Genutzt hat es wenig. In der Nachschicht am Montag wurden gar keine Schienen produziert; lediglich einige Vor- und Nacharbeiten werden ausgeführt.
Ursache war der sprunghaft gestiegene Krankenstand in der betriebsintern als Elitemannschaft geltenden Schicht, die in ihren besten Tagen mit der Hälfte der Kollegen mehr produziert hat, als die anderen Schichten.
Wie man hört, häufen sich in allen Schichten früher nicht bekannte Qualitätsprobleme. Formen von Bummelstreik, ein hoher Krankenstand und die weit verbreitete L.M.A.A.-Stimmung tragen das ihre dazu bei, dass das Schichtsoll nicht mehr erreicht wird.
Noch scheint es sich dabei um spontane Widerstandsakte und den stillen Protest der einzelnen Kollegen zu handeln. Aber inzwischen wird viel geredet und es entstehen immer neue Ideen, wie man kämpfen könnte. Im Pausenraum hängen Kopien von Zeitungsartikeln und die neusten Berichte aus diesem blog. Viele warten noch auf ein Signal des Betriebsrates, um loszulegen. Einige überlegen auch an kleineren Aktionen, die man zum Warmlaufen schon mal selbst starten könnte. Der Betriebsrat hat inzwischen eine ganze Aktionsliste, von einer Demo am Werk, über Besuche bei Landes- und Bundesregierung bis hin zur Fahrt zur Hauptversammlung von Voestalpine am 4. Juli 2012 nach Linz reicht das Spektrum der Möglichkeiten.
14.03.2012
Bericht von der Betriebsversammlung am 14. März 2012
Bei der Betrievsversammlung am Mittwochnachmittag hat Franz Kainersdorfer aus dem Aufsichtsrat von voestalpine versucht, sich für die geplante Werksschließung zu rechtfertigen und wurde dafür mit Pfiffen und Zwischenrufen aus der Belegschaft belohnt.
Vor ca. 500 Kolleginnen und Kollegen hat Franz Kainersdorfer versucht die geplante Schließung des Schienenwerks TSTG bis Ende 2012 in Duisburg zu rechtfertigen. Dabei wurde er immer wieder von Kollegen durch Pfiffe und Zwischenrufe wie "Ihr habt uns doch nur beschissen!" oder "Was nutzt uns das denn alles? Nichts!" unterbrochen. Auf Kainersdorfer Behauptung "Das Problem sind wirklich die Preise, sind wirklich die Überkapazitäten." erwiderte ein Kollege "Das Problem ist, dass ihr Verbrecher seid." Im Jahr 2011 war ein jahrelang bestehendes Schienenkartell aufgeflogen. Mehrmals wurde gefordert, Kaindersdorfer das Mikrofon zu entziehen ("Jetzt hol doch mal den Lügner da runter!"). Den Kolleginnen und Kollegen hatte Kaindersdorfer kaum etwas zu bieten außer dem halbgaren Versprechen, mit der IG Metall Sozialpläne aushandeln zu wollen.
Als Nächstes sprach der Vertreter der IG Metall Jürgen Dzudzek. Er betonte mehrmals, dass die IG Metall nicht bereit sei, die Schließungspläne des Konzernvorstands zu akzeptieren und kündigte einen "Arbeitskampf" an: "Das strategische Ziel des Konzerns [...] ist es über die Reduzierung der Kapazitäten die Preise wieder nach oben zu bringen -was nicht über das Schienenkartell klappt, muss jetzt anders klappen. Wir akzeptieren ihren Beschluss vom 13. März nicht und wir [...] werden für den Erhalt dieses Standorts kämpfen". Dafür erntete er viel Applaus. Allerdings grenzte er sich von schnellen Streik- und Protestaktionen ab: "Arbeitskampf bedeutet jetzt nicht, dass wir von heute auf morgen Streikaufrufe machen [...] sondern das bedeutet: Wir werden uns mit ihren Argumenten auseinandersetzen, wir werden ihre Argumente [...] hinterfragen, wir werden sie auch ein Stück auseinandernehmen und wir werden dann wieder in eine Diskussion eintreten!"
In der Belegschaft äußerten mehrere Kolleginnen und Kollegen hinter vorgehaltener Hand, dass der Betriebsrat und die IG Metall sich seit Monaten viel zu passiv verhalte ("Wenn es nach mir ginge, dann würde heute keiner mehr arbeiten", "Wir hätten schon längst die Produktion ein bis zwei Tage dicht machen müssen"). Hier findet ihr die Resolution des IG Metall Branchenarbeitskreis Süd.
Nach einigen weiteren Rednern trat nochmal Kainersdorfer ans Mikrofon wurde aber von einem einzelnen Kollegen unterbrochen, der für seine spontanen Redebeiträge den größten Applaus der ganzen Versammlung erntete: "Wir haben Überschichten gemacht, wir haben den ganzen Scheiß mitgemacht. Und jetzt? Jetzt werden wir von euch verarscht!"