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05.10.2014
Heute Genk – morgen Köln?
Schluss mit der Strafverfolgung unserer KollegInnen! Für internationale Klassensolidarität statt Standortlogik! (Aufruf des Solikreis 7. November aus Köln)
„Wir wollten unsere Kölner Kollegen warnen. Jeden Tag kann es passieren, dass die da oben weitere Stellenstreichungen und ganze Werksschließungen verabschieden.“ (Zitat eines Genker Kollegen im Express, 8.11.12) Am 7. November protestierten 250 Beschäftigte und Gewerkschafter aus dem belgischen Genk vor der Ford-Europazentrale in Köln gegen die Schließung ihres Werks und den Verlust von insgesamt 10.000 Jobs. Innerhalb kurzer Zeit sahen sie sich einem riesigen Polizeiaufgebot gegenüber, wurden stundenlang eingekesselt und teilweise festgenommen. Danach gab es Ermittlungsverfahren gegen 24 von ihnen. Sofort starteten Betroffene und UnterstützerInnen eine Solidaritätskampagne und es kam zu einer breiten Unterstützungswelle aus ganz Deutschland, aus Belgien, Spanien und der Schweiz.
Während der scharfe Vorwurf der “Rädelsführerschaft” und des “besonders schweren Landfriedensbruchs” gegen einen solidarischen Kollegen aus Köln daraufhin zurückgenommen und 11 Verfahren eingestellt wurden, erhielten 12 belgische Kollegen Strafbefehle über Geldstrafen. Der Strafbefehl gegen einen “Hauptverdächtigen” sieht darüber hinaus zehn Monate Haft auf Bewährung wegen angeblicher gefährlicher Körperverletzung vor – gemäß der bekannten staatsanwaltschaftlichen Taktik, einzelne Betroffene als “Gewalttäter” zu isolieren. Das hat keinen anderen Zweck, als die kämpferischen Kräfte zu kriminalisieren und einen Keil zwischen die belgischen und deutschen Ford-Kollegen zu treiben.
Alle KollegInnen haben Widersprüche gegen ihre Strafbefehle eingelegt. Zu den Gerichtsverfahren, die am 11. Juni am Amtsgericht Köln starten, rufen wir zum Protest und zur Prozessbeobachtung auf!
Durch die Ermittlungsverfahren wird jeder, der gegen die Vernichtung seines Arbeitsplatzes kämpft, mit strafrechtlicher Verfolgung bedroht. Der deutsche Staat erlaubt per Gesetz ohnehin nur Streiks für Tariffragen. Aktuell plant die Regierung außerdem, das Streikrecht durch gesetzlich verordnete Tarifeinheit faktisch weiter einzuschränken.
Die Bedrohung durch strafrechtliche Verfolgung betrifft auch die KollegInnen von Ford Köln. Bis Juni hatte Ford sie damit bedroht, die Produktion des Fiesta ab 2017 ins Ausland zu verlagern. Die Weiterführung der Produktion sollen die Kölner Beschäftigten jetzt mit Einsparungen im Wert von 300 Millionen Euro bezahlen. Dazu zählt der Wegfall der Nachtschicht in der Montage; die Streichung einer noch unklaren Zahl von Jobs (da nur ein Teil der Montage-Nachtschicht in anderen Abteilungen unterkommen soll); die Umstellung und Flexibilisierung der Schichten und die Streichung aller Sonderzahlungen und Sonderurlaube (wie z.B. anlässlich einer 25-jährigen Betriebszugehörigkeit).
Doch damit nicht genug: Bereits zwei Monate nach Verkündung der "Sparmaßnahmen" hat Ford kürzlich alle Adecco-LeiharbeiterInnen entlassen; alle anderen KollegInnen erhalten eine Woche Zwangsurlaub, den sie selbst mit noch offenen Freischichten bezahlen und es kommen 11 Tage Kurzarbeit nach den Herbstferien.
Viele Kölner Ford-KollegInnen fragen sich angesichts all dessen, was als nächstes auf sie zukommt.
Wir wollen an dieser Stelle daran erinnern, wie die Schließung von Ford Genk eingeleitet wurde: Dort hatte Ford im Gegenzug für eine Standortgarantie bis 2016 einen Lohnverzicht der Beschäftigten von 12 % durchgedrückt, um dann vor gut einem Jahr die Schließung bis Ende 2014 zu verkünden. Wir lernen wieder einmal, dass Lohnverzicht keine Arbeitsplätze sichert. Und dann wird vom Staat auch noch draufgehauen, wenn die KollegInnen dagegen kämpfen! Deshalb protestieren wir auf der Straße und vor dem Gerichtssaal gegen Jobkahlschlag und gegen die Kriminalisierung von Arbeitskämpfen.
Wir sagen: Die wahren Verbrecher sind diejenigen, die Arbeitsplätze vernichten. Unsere Kollegen in Genk, Köln und sonstwo haben das Recht, dagegen zu kämpfen, wie sie es für richtig halten. Wir lassen uns nicht gefallen, dass Polizei und Staatsanwaltschaft als Handlanger der Konzerne agieren und Arbeitskämpfe kriminalisiert werden.
Solikreis 7. November