Kriminalisierung
26.10.2014
Pressemitteilung zum Gerichtsverfahren gegen Ford-Arbeiter aus Genk
Wir dokumentieren hier die Pressemitteilung des Solikreis 7. November zum Gerichtsverfahren gegen die belgischen Ford-KollegInnen. Der Prozess wurde vertagt. Die nächste Verhandlung findet am 5. November 2014 um 11.30 Uhr beim Amtsgericht Köln (Luxemburger Str. 101) statt. Ab 10 Uhr wird es vor dem Amtsgericht eine Kundgebung zur Unterstützung der belgischen KollegInnen geben.
Das Amtsgericht Köln hat im heutigen Gerichtsverfahren gegen einen belgischen Ford-Beschäftigten den Prozess auf den 5. November, 11.30 Uhr, vertagt.
Die Anklage gegen den Genker Arbeiter lautet auf “Beteiligung an einer gemeinschaftlichen Straftat” beim angeblichen Eindringen auf das Gelände der Ford-Europazentrale in Köln am 7. November 2012. 9 weitere Strafverfahren sind in dieser Angelegenheit anhängig. Alle betroffenen Arbeiter hatten Widerspruch gegen ihnen zugestellte Strafbefehle eingelegt.
Vor Prozessbeginn hatten ca. 30 Ford-Arbeiter und Gewerkschafter aus Belgien sowie etwa 30 Unterstützer aus Köln vor dem Gerichtsgebäude gegen die Strafverfolgung von Arbeitern und “für internationale Klassensolidarität statt Standortlogik” demonstriert. Dabei wurden Solidaritätserklärungen von Beschäftigten von Ford Valencia, Daimler Bremen, Daimler Düsseldorf, der Berliner S-Bahn sowie der türkischen Hafenarbeitergewerkschaft Lim-ter is abgegeben.
Zum Prozess kamen ausserdem etwa 20 Arbeiter von Ford Köln. Wegen überfüllung des Gerichtssaals und den vom zuständigen Richter angeordneten verschärften Sicherheitsvorkehrungen kam es zu Verzögerungen beim Prozessbeginn und dazu, dass viele Unterstützer in den Fluren des Amtsgerichts auf den Ausgang der Verhandlung warten mussten. Einheiten der Polizei waren ausserdem in einem Vorraum des Gerichtssaals stationiert.
Polizist Oliver K.: “Habe daran gedacht, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen.”
Der Prozess wurde vertagt, da sich – mit sieben von acht – beinahe alle geladenen Zeugen der Anklage krank gemeldet hatten. Ein Polizist, der als Zeuge vernommen wurde, konnte nur noch vage Angaben zu seiner Wahrnehmung des Ablaufs der Aktion am 7. November machen, entkräftete die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft jedoch durch die Aussage, das Werkstor sei an dem Tag von der Werksfeuerwehr selbst geöffnet worden. Er gab ausserdem freimütig zu, dass er an dem Tag “daran gedacht” habe, gegen die Demonstranten “von der Schusswaffe Gebrauch zu machen”.
Ca. 250 Ford-Arbeiter und Unterstützer aus dem belgischen Genk hatten am 07. November 2012 vor der Ford-Europazentrale in Köln gegen die Schließung ihres Werks und den Verlust von insgesamt 10.000 Jobs in ihrer Region demonstriert. Innerhalb kurzer Zeit sahen sie sich einem riesigen Polizeiaufgebot gegenüber, wurden stundenlang eingekesselt und teilweise festgenommen.
Die anschließende Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen 24 Arbeiter und die Versendung von Strafbefehlen wegen „Landfriedensbruchs“ bzw. „gefährlicher Körperverletzung“ durch die Kölner Staatsanwaltschaft hatte bundesweit sowie in Belgien, Spanien und der Schweiz zu einer Welle von Solidarität geführt.
Das politische Konstrukt der „Rädelsführerschaft“ gegen einen deutschen Kollegen hat die Staatsanwaltschaft daraufhin bereits Ende 2013 fallen gelassen. Zwischenzeitlich sah sich sogar der Kölner Polizeipräsident gezwungen, in einem Zeitungsinterview von der damaligen Einsatzführung abzurücken.
Der Solidaritätskreis 7. November ruft für den 5. November dazu auf, sich erneut um 10.00 Uhr vor dem Amtsgericht Köln zu versammeln, um “gegen die Kriminalisierung von Arbeitskämpfen” zu demonstrieren und die betroffenen Beschäftigten zu unterstützen.
Köln, den 20. Oktober 2014
Solidaritätskreis 7. November
09.06.2014
Prozess gegen belgische Ford-KollegInnen verschoben
Das Amtsgericht Köln hat den Auftaktprozess gegen einen der belgischen Ford-Kollegen verschoben, der für kommenden Mittwoch, den 11. Juni angesetzt war. Grund ist offenbar ein Formfehler bei der Zustellung der Vorladung. Diese war dem Angeklagten nur auf Deutsch zugesandt worden, nicht jedoch auf Flämisch.
In einer Erklärung des Solidaritätskreis 7. November heißt es dazu:
"Mit dem Gerichtstermin verschieben sich auch die geplanten Kundgebungen zur Solidarität mit den angeklagten Kollegen und die Veranstaltung zum Thema “Heute Genk – morgen Köln?”. Für die Proteste bzw. Prozessteilnahme hatten bereits KollegInnen aus der Autoindustrie und anderen Branchen ihre Teilnahme angekündigt.
Der Polizeiangriff auf die Ford-Kollegen, die am 7.11.2012 in Köln gegen die Schließung ihres Werks demonstrierten, und die anschließende Einleitung von Ermittlungsverfahren und Versendung von Strafbefehlen wegen “Landfriedensbruchs” bzw. “gefährlicher Körperverletzung” auf Betreiben der Klassenjustiz hatte bundesweit zu einer Welle von Solidarität geführt. Zwischenzeitlich sah sich sogar der Kölner Polizeipräsident gezwungen, in einem Zeitungsinterview von der damaligen Einsatzführung abzurücken.
Sobald ein neuer Gerichtstermin bekannt ist, wird er von uns bekannt gegeben. Wir lassen uns nicht gefallen, wenn Arbeitskämpfe kriminalisiert werden und rufen weiterhin zu Protesten und zur Prozessbeobachtung auf!"
Das Neue Deutschland berichtet am 11. Juni über die Prozessabsage und die Hintergründe
27.02.2014
Soliaktion mit Genker Ford-Kollegen vor NRW-Landesvertretung in Berlin
Bei einer Kundgebung vor der NRW-Landesvertretung in Berlin am 19.02. übergaben die Teilnehmer eine Protestresolution, die sich an Justizminister Thomas Kutschaty wendet und ein Eingreifen der politischen Entscheidungsträger verlangt.
Paula Klein, Pressesprecherin der veranstaltenden Gruppen (Klassenkämpferischer Block Berlin, Netzwerk IT, Wobblies), erklärt den ungewöhnlichen Ort des Protestes:
“Wir fordern die sofortige Einstellung aller juristischen Verfahren im Zusammenhang mit dem berechtigten Protest der Genker Fordarbeiter am 7.11.2012. Es ist höchste Zeit für die politischen Verantwortlichen in der Landesregierungt , auf die weisungsgebundene Kölner Staatsanwaltschaft in dieser Hinsicht einzuwirken. Erst recht nachdem sich der Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers am 2. Januar 2014 in einem Interview von dem damaligen überzogenen Einsatz distanziert hat.”
In einer Grußbotschaft an die Teilnehmer*innen erklärt Gaby Colebunders, Arbeiter, Gewerkschaftsvertrauensman Ford Genk und selbst von den Ermittlungen betroffen:
“Sogar auf ARD wird unsere Aktion von 7 November 2012 erklärt als eine Aktion, die ganz normal ist in Belgiën. Bestraft werden sollen ich und meine Kollegen – gemeint sind wir alle. Das wahre Verbrechen ist die Werksschließung und die Vernichtung von Arbeitsplätzen. Wir lassen uns nicht vorschreiben, wie wir um unsere Arbeitsplätze zu kämpfen haben. Die Aktion am 7.11.2012 in Köln war ein wichtiges Signal, wie wir uns international gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlage wehren können.” (Hier die gesamte Erklärung)
(siehe ARD-Europamagazin http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/europamagazin/sendung/wdr/sendung-vom-16112013-106.html)
Die Verteidigung der Lebensgrundlagen durch den Kampf gegen Massenentlassungen und Sozialdumping ist notwendiger denn je. Besondere Brisanz erhält die Solidaritätskampagne durch die am Wochenende nochmals verschärfte Drohung des Ford-Managements, die Fiesta Produktion in Köln ab 2017 einzustellen.
Paula Klein ist sich sicher, dass die Ford-Arbeiter in Köln, die bekanntlich bereits 1973 Arbeitskampfgeschichte in Deutschland geschrieben haben, dies nicht tatenlos hinnehmen werden.
Umso mehr wird die Frage nach Legitimität und Legalität von Widerstandsaktionen der ArbeiterInnen an Gewicht gewinnen. Benedikt Hopmann hat als engagierte Rechtsanwalt bereits zwei Grundsatzurteile zur Erweiterung des Handlungsspielraums von abhängig Beschäftigten erkämpft (Fall Emmely zu Verdachtskündigungen und Brigitte Hänisch zu Whistleblower). Er stellt dazu klar:
“Wenn legitimes Handel verstanden wird als Handel, das zwar gegen Gesetze verstößt, aber in unserem Sinne berechtigt ist, dann kommt es eben darauf an, dass legal wird, was legitim ist. Und das ist eine Machtfrage.” (Hier seine gesamte Rede).
Hier geht es zur Nachricht, zum Bericht auf Indymedia und zur Homepage des Solikreises "7.November".
09.11.2012
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen belgische Kollegen
Nach der Protestaktion am Mittwoch hat die Staatsanwaltschaft alle zehn verhafteten Kollegen aus Belgien inzwischen wieder frei gelassen, einen von ihnen erst am Donnerstag. Anscheinend ermittelt sie jetzt wegen schwerem Landfriedensbruch, gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz. Gegen diese massive Repression müssen wir solidarisch und werksübergreifend zusammenarbeiten. Am Sonntag bei der Demo in Belgien ist dazu die erste Gelegenheit.
Hier gibt es einen Film von der Aktion am Mittwoch.