04
04.05.2014
Solidarität und Polizeischikanen bei Kraftfahrer-Protesten
Zum europaweiten Aktionstag der Berufskraftfahrer kamen am 3. Mai in Berlin neben den Fahrern selbst Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Branchen zusammen, um sich zu solidarisieren. Auch ein Kollege von Ford Köln sprach zu etwa 200 ZuhörerInnen.
Protest der Kraftfahrer
Der Aktionstag fand zeitgleich in sieben europäischen Ländern statt und richtete sich gegen Sozialdumping und sklavereiähnliche Arbeitsbedingungen im Fernverkehr. An der Aktion in Berlin, die am Brandenburger Tor stattfand, beteiligten sich neben den organisierenden Kraftfahrerclubs Deutschland und der Initiative "Actie in de Transport" auch Berliner Taxifahrer, die teilweise für Hungerlöhne von 5,37 Euro die Stunde schuften müssen.
Polizeiwillkür
Für Empörung unter den TeilnehmerInnen der Protestaktion sorgten unverschämte Schikanen der Berliner Polizei, die mitten in der Aktion - während gerade Reden gehalten wurden - unter Räumungsandrohung den Abbau der von den Fahrern aufgestellten Tische und Bänke sowie des Getränkestandes anordneten und damit den Ablauf der Veranstaltung erheblich störten. Viele TeilnehmerInnen fragten sich, warum die staatlichen Behörden den Protest der KraftfahrerInnen derartig gezielt und massiv behinderten - lange nach Beginn der Aktion und mit hanebüchenen rechtlichen Argumenten.
Neben Kollegen der Berliner S-Bahn, Vertretern aus Griechenland sowie einigen Politikern und Verbandsvertretern sprach auch ein Kollege von Ford Köln zu den anwesenden Kraftfahrern und ihren Unterstützern.
Hier die Rede des Kollegen:
"Liebe Kraftfahrer-Kollegen,
Als erstes möchte ich mich bedanken, dass ich heute hier zu Euch sprechen kann.
Im Namen vieler meiner Kollegen überbringe ich Euch solidarische Grüße der Belegschaft. Wir unterstützen Eure europaweiten Protestaktionen am heutigen Tag!
Wir Autobauer bei Ford Köln haben mitbekommen, wie die Arbeitsbedingungen unserer Kraftfahrer-Kollegen - zum Beispiel bei den Anlieferungen - im Laufe der Jahre immer schlechter geworden sind. Wie die Arbeitshetze gestiegen ist und wie gleichzeitig durch den Ausbau der just-in-time-Produktion immer mehr Güter auf die Straße verlagert werden - auch weil die Firmen dort mit allerlei miesen Tricks die Löhne der Kollegen immer weiter senken.
Es ist richtig und begrüßenswert, dass Ihr in Eurer Mobilisierung immer wieder darauf hingewiesen habt, dass der Kampf gegen diese miesen Arbeitsbedingungen nur zusammen geht. Wir freuen uns, dass Ihr diesen Kampf selbst in die Hand genommen habt.
Ich möchte betonen, wie wichtig es ist, dass Ihr den internationalen Zusammenhalt und die Solidarität über Grenzen hinweg hervorhebt. Gerade für uns bei Ford Köln – der ein "Multikulti"-Betrieb ist – ist das eine sehr wichtige Position:
Der Graben verläuft nicht zwischen Kollegen verschiedener Herkunft - ob aus Deutschland, Belgien, Polen, Rumänien, der Türkei oder den Philippinen. Wir sind beeindruckt vom Streik der phillipinnischen Fahrer bei Dinotrans in Norddeutschland vor einigen Wochen. An dieser Entschlossenheit können wir uns alle ein Beispiel nehmen.
Der Graben verläuft nicht zwischen den Kollegen, sondern zwischen denen "da oben", den kapitalistischen Banken und Konzernen, die nur auf immer mehr Profit aus sind, und uns, denen immer weniger in der Tasche zum Leben bleibt.
Aktuell droht das Unternehmen Ford seiner Belegschaft in Köln, die Produktion des Ford Fiesta ab 2017 einzustellen. In diesem Fall würden dort viele tausend Arbeitsplätze wegfallen. Während der Betriebsrat bereits ein Entgegenkommen angedeutet hat, lässt Ford die Belegschaft im Unklaren und versucht, uns gegen die Kollegen aus anderen Standorten, zum Beispiel in Rumänien, auszuspielen.
Wir finden es deshalb auch sehr wichtig und vorbildlich, dass Ihr bei den heutigen Protesten die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit aufgestellt habt. Genau so wollen wir es mit unseren Kollegen in anderen europäischen Werken handhaben.
Ein Beispiel für internationale Solidarität haben unsere Kollegen aus dem belgischen Genk im November 2012 geliefert, als sie nach Köln gekommen sind, um vor der Ford-Europazentrale – unserem Betrieb – gegen die Schließung ihres Werks zu demonstrieren. Sie wollten damit auch uns vor den Praktiken von Ford warnen. Bei ihrer Demonstration wurden sie von einem Polizeigroßaufgebot aus mehreren Hundertschaften angegriffen und eingekesselt.
Gegen 13 belgische Kollegen wurden danach Strafbefehle verhängt. Die Kollegen haben Widerspruch dagegen eingelegt. Am 11. Juni findet in Köln der erste Gerichtsprozess statt. Wir organisieren aus diesem Grund am 7. und 11. Juni Solidaritätsdemonstrationen mit unseren belgischen Kollegen und fordern Straffreiheit für alle!
Wir lassen uns nicht gefallen, dass Polizei und Staatsanwaltschaft gegen Arbeiter vorgehen, die um ihre Arbeitsplätze kämpfen! Dafür bitten wir Euch auch um Eure Unterstützung!
In diesem Sinne wünsche ich Euch viel Erfolg bei Eurem internationalen Kampf!
Hoch die internationale Solidarität!