Arbeitsbedingungen und erfolgreicher Kampf bei Dinotrans
Ein Aktivist sprach mit phillipinischen Fahrer bei Dinotrans, die erfolgreich "wild" gestreikt haben. Ein spannnender Bericht über Ausbeutung und Kampfbedingungen von Wanderarbeitern auf europäischen Straßen.
Dinotrans arbeitet überwiegend mit philippinischen Fahrern, von denen einige mit einem wilden Streik Ende Februar erfolgreich eine Lohnkürzung verhindert haben. Nach Schätzung eines Insiders beschäftigt Dinotrans über 100 Phillipinos als Fahrer. Deren Lebens-und Ausbeutungsbedingungen erkundete ein Aktivist bei einem Besuch vor Ort.
Ich bin zu einem Rasthof gefahren um mit den Betroffenen zu reden und hatte Erfolg. Sie waren offen und haben sich gern unterhalten. Ich fand die Philippinos relativ jung, aber der Eindruck mag dadurch entstanden sein, daß die deutschen Fahrer deutlich überaltert sind, da sich kaum Nachswuchs bei diesen Arbeitsbedingungen findet.
Ich hatte mich mit ihnen auf englisch unterhalten. Sie waren witzig, manchmal eben auch Galgenhumor. Sie wissen ihre Situation recht gut einzuschätzen, haben oftmals schon einiges von der Welt gesehen, einige sprechen auch arabisch, weil sie in Saudi Arabien gearbeitet haben. Sie wissen, wieviel schlechter ihre Arbeitsbedingungen sind im Vergleich zu den deutschen, aber es ist das beste, was sie kriegen konnten.
Sie haben ihren ersten Arbeitsvertrag in Manila unterschrieben und mußten dem Vermittler einen (zukünftigen) Monatslohn zahlen. Sie sind auf Kosten von Dinotrans nach Riga geflogen. Dort haben sie weitere Verträge unterschrieben, einen komplett auf Lettisch. "Es geht um Immigration, mehr müßt ihr nicht wissen", wurde ihnen gesagt. Der andere Vertrag war auf englisch, enthielt, daß sie über ihre Arbeitsbedingungen nicht reden und sich auch nicht gewerkschaftlich organisieren dürften. Diesen Vertrag mußten sie unterschreiben, haben aber keine eigene Kopie davon erhalten. Die Arbeitsverträge laufen ein Jahr. Sie können um ein weiteres Jahr verlängert werden. Dinotrans kann sie wohl sehr einfach loswerden und zurückschicken.
Sie wurden wohl weniger informiert über die Arbeit einschränkenden Regelungen, wie die verordneten Lenk- und Ruhezeiten.
In Riga gibt es die Möglichkeit richtiger Unterbringung, in Deutschland gibt es in der Spedition Mehrbettzimmer, einige ziehen es vor im LKW zu schlafen. Sie versuchen hier nichts auszugeben, kochen selbst und beziehen die Grundlebensmittel aus Asia-Läden. So können sie noch einen großen Teil des Geldes nachhause schicken.
Bisher bekamen Sie einen Lohn in 850 US Dollar berechnet umgerechnet in Euro ca. 670 €. Durch die Schwankung des Dollarkurses, betrug der Lohn am 21.02.2014 nur noch 628 €. da platzte ihnen der Kragen und sie sagten, das müsse erstmal geklärt werden, vorher fährt keiner raus. Das hat gesessen. Es ist sofort ein Dinotrans Chef angereist. Da sie ihrer Firma auch null über den Weg trauen, haben sie jemanden von der Philippinischen Botschaft angefordert. Der war als offizieller Zeuge bei den Verhandlungen anwesend, damit der Chef sich nicht rausreden kann, er hätte irgendwas nie gesagt. Als sie die Zusage bekamen, daß ihr Lohn nun in fester Höhe (wohl 670€) in Euro garantiert ist, waren sie bereit, weiterzuarbeiten.
Als ich fragte, ob man irgendwie helfen könnte, sagten sie, "besorgt uns Arbeitsverträge bei deutschen Speditonen zu deutschen Bedingungen". Alle würden Dinotrans sofort verlassen, wenn sie etwas besseres kriegen könnten. Sie denken, daß die Lohnhöhe weiterer Konfliktstoff bei Dinotrans werden könnte.
Da ich schonmal dort war, bin ich noch zum Hafen gefahren. Auf dem Parkplatz hatten die Zugmaschinen zumeist osteuropäische Kennzeichen. Ich habe mich da mit 3 Bulgaren unterhalten. Sie waren freundlich und sehr herzlich und hatten auch kein Problem damit vor der Kamera zu reden (was bei den Philippinos nicht möglich war. Die sagten, sie befürchteten Sanktionen durch Dinotrans).
Sie erzählten, "Wirtschaft, Politik, Polizei, alles Mafia. Bulgarien, große Katastrophe." Alle waren Familienväter. Sind 3 Monate unterwegs und dann 1 Monat zuhaus (Nach den Europäischen Kabotageregelungen sind Transporte im Ausland ohne Rückkehr in Heimatland nach so langer Zeit absolut illegal). Einer sagte, seine Mutter kriegt 75€ Rente im Monat. Mindestlohn sind 250€. Vernünftige Jobs sind kaum zu finden. Sie arbeiteten alle für westliche Großspeditionen, u.a. Schenker. Deren lokale Chefs sind Mazedonier.
Wie die Philippinos versuchen sie ihre Ausgaben zu minimieren, damit sie von ihren miesen Löhnen etwas mit nachhause bringen können und kochen unterwegs und beklagten, daß man nirgendwo kostenfrei duschen kann.