BR gegen BR vor dem ArbG BS
Gerichtsbericht über das Beschlussverfahren am 27.10.2004 im ArbG Braunschweig
Termin 27.10.04, 11:00Uhr: Anhörung der Beteiligten
RI Herr Dr. Voigt, ERI: Herr Siegfried Thomas und Frau Vera Winkler, 2. Kammer, Sitzungssaal B im ArbG BS
PV/Bekl RA Kobusch mit Hr. Pawel lt Vollmacht für Hr. Potrykus (Betriebsrat) und Fr. Behmer für Betriebsrat MAN Nutzfahrzeuge AG / PV/Kl RA Koch mit Bernhard L. freies Betriebsratsmitglied MAN Nutzfahrzeuge AG, Aktenzeichen: 2 BV 57/04, 5 Zuhörer
RI ruft die Parteien pünktlich um 11:00 Uhr auf und stellt die Präsenzdaten für das Protokoll fest. Die Kammer vermisst eine anschauliche Schilderung von beiden Seiten, obwohl die Sachinhalte nicht so strittig anscheinend sind. Es geht mehr um die praktische Anwendung innerhalb des Gremium. Der RI will die vorhanden Regelung für die Archivierung von Unterlagen und die Begrifflichkeit „Container“ näher erläutert haben. MAN merkt, es ist ein Beschlussverfahren und es besteht Amtsaufklärungspflicht.
Der Bekl/PV erklärt, dass der ursprüngliche genutzte Archivraum wegen betrieblicher Notwendigkeit entfallen ist und die Untenlagen zwischenzeitlich in Container ausgelagert sind. Der zeitliche Faktor wird nicht näher erläutert.
Zwischenfrage durch RI, ob diese begehbare sind, in Art von Baucontainern. Der Richter stellt sich was Größeres unter den Begriff vor.
Pawel erwidert, dass die Unterlagen in 5 Standardgitterboxen für Material, wie von der Bundesbahn verwendet, gelagert sind. Nun will der RI die Regelungen für die Verwaltung der Unterlagen, also die Geschäftsordnung, wissen und Pavel verweist auf den geschäftsführenden Ausschuss. Dieser legt fest, ob Unterlagen archiviert bzw. vernichtet werden.
RI: Wer hat den Schlüssel für den Zugriff. Pavel nennt den Haus- und Hofmeister und erklärt zusätzlich, dass der Betriebsrat einen Schlüssel für die Gitterboxen hat. Wohl um aufzuzeigen, dass nicht jeder auf die Unterlagen zugreifen kann. Ich erinnere nur an die zuvor genannte Ausführung als Standartgitterbox, mit Klappe und fehlendem Deckel. Glaube, diese Boxen haben die Masse 120 x 80 x 100 cm. Ein Sicherungsmöglichkeit mit einem Schloss ist mir nicht bekannt.
RI geht auf den schriftlichen Sachvortrag der Bekl ein, wonach eine Einsicht nicht verwehrt wird, der Kl soll nur die Dokumente erst benennen, die er einsehen will. Dies wird vom Bekl/PV aufgegriffen und erklärt etwas lauter, dass er auch ein Recht auf Akteneinsicht hat, er aber trotzdem nicht selbst Akten ziehen kann.
RA wechselt auf die Geschäftsordnung zurück und weist auf die fehlenden Regelungen hin. Er hebt das informelle Selbstbestimmungsrecht und die für die Betriebsratstätigkeit notwendige Einsicht mir gesetzlichem Auftrag hervor. Dieser gediegen vorgetragene Sachvortrag wird durch den lauter werdenden Bekl/PV erwidert, dass der Kl nur in alten Unterlagen von 1930 rumstöbern möchte und er Einsicht erlagen kann, wenn er die Unterlagen benennt. Die jetzt geforderte Einsicht wird ihm doch gar nicht verwehrt. Er kann jederzeit seine eigenen Unterlagen einsehen.
Mit diesen Ausführungen nicht zufrieden fragt RA nach: „Was soll das bedeuten“. Der Bekl/PV greift das zuvor schon angerissene Argument der gerichtlichen Akteneinsicht erneut auf und untermauert es mit: „gehe doch nicht an die Schänke und hole mir die Akten selbst“.
Der RI weist auf die Regelungen des Gerichtes und den öffentlichen Auftrag hin, nennt auch die Geheimhaltungsverpflichtung. Schließlich hat das Gericht dafür klare Regeln und Angestellte die dies abwickeln. Hier geht es um die Einsichtnahme innerhalb eines Gremiums und nicht um unterschiedliche Personen. Bekl/PV: „Haben wir nicht bestritten“. Es gibt keinen Regelungsbedarf, denn §34 Regel alles. Es erlaubt aber nicht die Einsicht in fremde Unterlagen.
Der RA weist darauf hin, dass der Betriebsrat ein Gremium mit gleichberechtigten Mitgliedern ist und alle Unterlagen, die den Betriebsrat betreffen, einsehbar sein müssen. Wie soll sonst die Betriebsratsaufgabe erfüllt werden.
Bekl/PV verweist darauf hin, dass die geschäftlichen Vorgänge durch den Betriebsausschuss wahrgenommen wird und Bernhard L. nicht Mitglied dieses Ausschusses ist. Er erlagt sowieso ständig Einsicht, da er sich im Büro aufhält. Der RI nimmt dies mit Humor und meint, dass man alles kompliziert machen kann und versucht ob ein anderes Mitglied Bernhard L. bei der Einsicht begleiten kann. Der Bekl/PV hält dies für unnötig, da Bernhard L, sowieso die benannten Unterlagen einsehen kann. Für den RA ist dies keine Option, da nur was benannt werden kann, von dem man Kenntnis hat.
Für die Kammer ist es mit der Archivfunktion nicht nachvollziehbar, dass ein Archiv vorhanden ist und irgendjemand es für notwendig erachtet hat, dort Unterlagen einzulagern. Diese Unterlagen aber nicht einzusehen sein sollen. Der RA erklärt, dass selbst Minderheiten bei BGB-Gesellschaften ein Einsichtsrecht haben. Dies gelte doch erst Recht für gleichberechtigte Mitgliedern. Hier geht es um den gesetzlichen Auftrag nach dem BetrVG.
Der Bekl/PV versucht mit dem Hinweis, dass Bernhard L. permanent das Posteingangsbuch einsieht und im Betriebsratsbüro auch auf Unterlagen zugreift, dies als ausreichend für die BR-Tätigkeit darzustellen. Bernhard L. ist kein Prüfer, obwohl er sich diese Möglichkeit mit dieser Klage eröffnen will. Dies wird mit dem RA-Hinweis erwidert, dass er sogar mehr Rechte als ein Prüfer hat, denn er ist Mitglied des Betriebsrates. Selbst ein Prüfer bestimmt die Unterlagen selbst.
Die Kammer hat genug gehört und unterbricht an dieser Stelle um 11:15 bis 11:30 Uhr.
Nach der Unterbrechung erklärt die Kammer, dass zwischenzeitlich auf entsprechende Kommentare zurückgegriffen wurde und diese die Meinung der Kammer bestätigen. Es ist die Frage, ob der BR-Vorsitzende oder ein Ausschuss nähere Regelungen treffen kann. Die Einsichtnahme aber als solches wird einheitlich dargestellt. Die Einsichtnahme schließt auch Notizen mit ein. Um ein gütliche Lösung zu finden, fragt der RI, ob eine praktische Lösung möglich wäre oder ob eine Entscheidung getroffen werden muss. Der RA erklärt sich mit einer praktischen Lösung einverstanden. RI schlägt eine weiteren Termin nur auf Antrag vor. Als Lösung wird vom RA eine Erklärung der Bekl über die Einsichtnahme gewünscht. Dies wird durch den Bekl/PV mit dem Hinweis, dass keine Erklärung abgegeben wird, welche den bisherigen Sachvortrag ergänzen würde.
RI: „Dann brauchen wir eine Entscheidung“. Der RA versucht direkt mit den Bekl-Vertreten und dem Bekl/PV ein Beschluss abzuwenden. Er fragt, ob es abwicklungstechnische Probleme gibt, wenn der Kl ein Themengebiet oder ein Zeitraum anfordert. Dies wird durch den Bekl/PV mit dem Hinweis, dass dies faktisch nicht geht, da die Unterlagen nicht so geordnet sind. Dieses „wilde“ Ablagesystem wird als Arbeitsgrundlage des Betriebsrats durch Fr. Behmer bestätigt.
RI: Wir machen es jetzt einfach – wir entscheiden. Frage an RA wegen 2. Antrag. RA erklärt die Antragstellung mit der Zuständigkeit von Betriebsrat oder BR-Vorsitzenden und einer ggf. erforderlichen Umstellung auf den Vorsitzenden. Diese RA-Überlegungen wird mit einer möglichen Anfechtung durch den Bekl/PV quittiert. Der RA weist darauf hin, dass der BR-Vorsitzende keine juristische Person ist. Der RI protokolliert für den Kläger den 1. Antrag und für die Bekl die Klageabweisung. Der Entschluss der Kammer erfolgt am Ende der Sitzung. Ende um 11:40 Uhr
Ich vermute, dass dem Antrag entsprochen wird und Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt wird. Die Bekl-Seite spielt m.E. auf Zeit und bemühen das LAG.
(wb)
_ (3) Die Mitglieder des Betriebsrats haben das Recht, die Unterlagen des Betriebsrats und seiner Ausschüsse jederzeit einzusehen. _
Die wollen sich doch nur Abschirmen und aufrechte Betriebsräte behindern. Haben Angst, daß das von ihnen angerichtete Chaos bekannt wird. Wer hat bei der Verwaltung und Organisation versagt? Betriebsratstätigkeit ist eine geordnete und nachvollziehbare Aufgabe und nicht nur fressen und saufen in geselliger Umgebung.