Projekt 2012
IGM- Info vom November 2005
Beschäftigungs- und Standortsicherung – Das ist unser Projekt 2012
Es geht um unsere Zukunft. Die Geschäftsleitung verlangt Einsparungen von 'wo Millionen Euro pro Jahr. Auf unsere Kosten. Das gefährdet unsere Arbeitsplätze und die Sicherheit der Standorte in Deutschland. Der Gewinn von MAN Nutzfahrzeuge ist in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahrs um 31 Prozent gestiegen. Den Gewinn von MAN haben wir, die Beschäftigten, erarbeitet. Die Geschäftsleitung sagt, die Lohnkosten müssen abgesenkt werden, damit MAN gegenüber den Konkurrenten bestehen kann. Deswegen sollen die Arbeitszeit (ohne Lohnausgleich) verlängert und der Akkord sowie die Prämien abgesenkt werden. Das ist sicher gut für die Aktionäre. Aber schlecht für uns. Denn diese Pläne gefährden unsere Existenz. Stattdessen verlangen wir von der Geschäftsleitung, dass unsere Arbeitsplätze und die Standorte bis mindestens 2012 garantiert werden. MAN muss schleunigst Pläne darüber vorlegen, was an den einzelnen Standorten in Zukunft hergestellt werden soll. Die Firma muss in neue Produkte und moderne Fertigungsweisen investieren. Sie muss Geld in die Weiterbildung der Beschäftigten stecken. Nur so können die Arbeitsplätze an allen Standorten abgesichert werden.
Werner Neugenauer (Bezirksleiter der IG Metall Bayern): MAN will moderne Produkte herstellen. Aber der Umgang mit den Beschäftigten erinnert eher an das vorige Jahrhundert. Das habe ich Anfang November an den Vorstandsvorsitzenden Anton Weinmann geschrieben. Dass dieses Verhalten nicht gut gehen kann, liegt auf der Hand. MAN Nutzfahrzeuge verdient gutes Geld, ein Gewinnrekord jagt den nächsten. Dieses Geld muss jetzt in die Hand genommen werden, um die Zukunft des Betriebs und damit der Beschäftigten zu sichern. Dazu braucht die Firma ein schlüssiges Konzept. Davon ist aber weit und breit nichts zu sehen. Das Wachstum von MAN NF in Osteuropa und Asien muss gleichzeitig zu einer Absicherung der Standorte in Deutschland führen. Darüber wollen wir jetzt verhandeln. Statt Lohnsenkung brauchen die Beschäftigten neue Konzepte. Wenn die Geschäftsleitung nicht von selbst darauf kommt, werden wir ihr auf die Sprünge helfen. Alle gemeinsam.
Unser Zukunftsmodell : Die MAN-Nutzfahrzeuge AG schwimmt im Geld. Anfang November stellte der Konzern den Zwischenbericht für das laufende Geschäftsjahr vor. Darin heißt es für den Bereich Nutzfahrzeuge: »Der Auftragseingang übertraf den Vorjahreswert um 27 Prozent.« Beim Gewinn konnte die Geschäftsleitung zufrieden einen Anstieg um 31 Prozent feststellen. Die Börsenfachleute der großen Banken empfehlen ihrer Kundschaft seither übereinstimmend: MAN-Aktien kaufen. »Die Menschen sind uns wichtig«,heißt es auf der Homepage von MAN, denn »die Mitarbeiter sind der wertvollste Teil unseres Unternehmens.« Wer die Firma nicht sehr gut kennt, könnte glauben der »wertvollste Teil des Unternehmens« würde in irgendeiner Form an der enormen Gewinnsteigerung beteiligt. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Geschäftsleitung will Geld von den Beschäftigten. Die Lohn- und Produktionskosten sollen um 100 Mio € pro Jahr gesenkt werden. Darauf ließen sich IG Metall und Betriebsrat natürlich nicht ein. Also versuchte es NF-Vorstandsvorsitzender Anton Weinmann mit Erpressung. Pressevertreter ließ er wissen: »Sollten wir die Kostensenkung nicht erreichen, überlegen wir, ob es sich noch lohnt, in Deutschland und Österreich zu produzieren.« Die Kosteneinsparung will die Geschäftsleitung so erreichen: > Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich. > Absenkung von Akkord und Prämie um 10 % > Einarbeiten von nicht-produktiven Zeiten. *> Erhöhung der Zahl der »Leiharbeiter« > Verschlechterung bei der Einführung des neuen Tarifvertrags ERA.*
Diesen Horrorkatalog setzt die IG Metall ihre Forderungen entgegen. Diese wurden entwickelt von der MAN-Tarifkommission und dem Betriebsrat. > Sicherung der Standorte und der Beschäftigung in München, Nürnberg,Salzgitter, Gustavsburg. > Festlegen der Investitionen an der Standorten bis mindestens 2012. > Festlegen welche Produkte (und Nachfolgeprodukte) an den Standorten gefertigt werden. > Abschluß eines Qualifizierungs-Tarifvertrags > Keine Ausgliederung der Logistik in Dachau.
Die Forderungen der Gewerkschaft verfolgen ein ganz klares Ziel: Es geht um die Sicherheit der Arbeitsplätze, um die Sicherheit der Standorte. Wir brauchen klare Festlegungen der Geschäftsleitung. Nur wenn sich der Konzern klar dazu bekennt, dass im Bereich Nutzfahrzeuge neue, zukunftsfähige Produkte entwickelt werden, hat MAN auf dem umkämpften Markt eine langfristige Chance. Die Beschäftigten bei MAN sind hoch motiviert — das sieht man an den Rekordergebnissen. Die Beschäftigten lassen sich aber ganz sicher nicht von der Geschäftsleitung als Kostenfaktor behandeln, der ständig reduziert werden soll.
Wer verhandelt ? Die IG Metall-Vertrauensleute aller Standorte haben eine Tarif- und eine Verhandlungskommission gewählt, die die Gespräche mit der Geschäftsleitung führt. Damit sind alle in einem Boot: Die Betriebsräte und die IG Metall. Gemeinsam sind wir stark. Wir lassen uns nicht von der Geschäftsleitung auseinanderdividieren.
Hans Meister (Betriebsratsvorsitzender Nürnberg): Was wir in Nürnberg brauchen, ist eine langfristige Standort- und Beschäftigungssicherung. Außerdem sollte unsere Geschäftsleitung endlich zur Normalität, nämlich zu einer vernünftigen Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat zurückkehren. Wenn in Zukunft ausreichend investiert wird, kann der Standort Nürnberg weiter wachsen. Zudem fordern wir die Übernahme der Auszubildenen.
Karl Heinz Vowinkel (Betriebsratsvorsitzeder Gustavsburg): Im Mittelpunkt steht für uns die Sicherung der Aufträge und der Fertigungspalette. Dadurch werden zugleich mögliche Ausgliederungspläne zunichte gemacht. Die Beschäftigung muss zumindest auf dem heutigenNiveau gesichert werden. Außerdem brauchen wir eine verbindliche, also tarifvertragliche, Regelung für die Qualifizierung der Kolleginnen und Kollegen.
Kerstin Kuhfahl (VK-Vorsitzende, Salzgitter): Wir konnten 2001 die Pläne der Geschäftsleitung, die ein Aus für Salzgitter bedeutet hätten, erfolgreich verhindern. Die Busfertigung blieb erhalten, wann auch abgespeckt. Für die allermeisten der betroffenen 'Kolleginnen und Kollegen wurden Ersatzarbeitsplätze bei MAN oder anderswo gefunden. Jetzt geht es darum, die Sparpläne der Geschäftsleitung zu verhindern, damit Salzgitter erhalten.
Jürgen Dorn, (Gesamtbetriebsratsvorsitzender):
Wir bringen unsere Kompetenz ein.
Das neue Werk in Polen kann eine Chance für die Beschäftigten in Deutschland sein. Dann nämlich, wenn intelligente Lösungen für die Kooperation zwischen den deutschen Standorten und dem Betrieb in Krakau gefunden werden. Die Beschäftigten, der Betriebsrat und die IG Metall sind bereit, an der Entwicklung solcher Lösungen mitzuwirken. Wie das funktioniert, haben wir im Münchner Werk bei der Achsfertigung gezeigt. Die Geschäftsleitung wollte mit den üblichen Mitteln, wie Verlagerung oder Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, die Kosten um 20 Prozent senken. Statt dieser vollkommen fantasielosen Lösung entwickelten die Beschäftigten Verbesserungen bei der Produktion, die eine Einsparung von 21,1 Prozent brachten ohne Arbeitszeitverlängerung oder Lohnabbau. Für die Zukunftssicherung bei MAN Nutzfahrzeuge werden wir unsere Kompetenz einbringen. Schließlich wissen die Beschäftigen am allerbesten, wo Verbesserungen überfällig sind. Voraussetzung dafür ist selbstverständlich, dass die Geschäftsleitung belastbare Zusagen macht für die Beschäftigungs- und Standortsicherung.
Harald Flassbeck, IG Metall München, Aufsichtsrat bei MAN :
Ein Sanierungsfall ist MAN ganz bestimmt nicht, auch wenn die Geschäftsleitung so tut. Statt andauernd Kostensenkungen zu Lasten der Beschäftigten zu verlangen, sollte die Geschäftsleitung besser vernünftige Pläne für die zukünftigen Innvoationen vorlegen. Der erste Schritt muss sein, für alle Standorte die Perspektiven aufzuzeigen: Wieviel wird investiert, was wird in Zukunft produziert, wieviele Beschäftigte werden in den Betrieben arbeiten. Eine solche Planung ist Voraussetzung dafür, dass die Standorte gesichert bleiben. Die IG Metall ist bereit daran mitzuarbeiten, die Effizienz des Betriebs zu steigern. Vorher aber muss die Geschäftsleitung ihre Hausaufgaben machen.