Mirai ist ein japanisches Wort und bedeutet „positiv in die Zukunft blicken“
So wird der Belegschaft in Deutschland im Mai 2015 ein neues Programm von Duncan Tait vorgestellt.
Mirai soll in EMEIA die Kundenzufriedenheit erhöhen, das profitable Umsatzwachstum beschleunigen und dabei helfen „in einem äußerst herausfordernden und wettbewerbsorientierten Marktumfeld konkurrenzfähig zu bleiben“.
Leider stellt sich zunehmend heraus, dass diese Ziele des Managements auf Kosten der Beschäftigten in Deutschland erreicht werden sollen.
Die Maßnahmen des Managements, um positiv in die Zukunft blicken zu können, entwickeln sich mehr und mehr zum Horror für die Beschäftigten.
In unserem letzten Blogbeitrag haben wir noch von Gerüchten über weitere massive Entlassungen in Deutschland nach dem Massenentlassungsprogramm JUPITER 2013 berichtet.
Eine von der Geschäftsführung außerplanmäßig einberufene Betriebsversammlung in Paderborn am Montag bringt die traurige Gewissheit, ein Teilnehmer unseres Diskussionsforums auf NetzwerkIT schreibt nach der Betriebsversammlung:
„Es ist passiert: Der Standort Paderborn wird zum 30.09.2016 geschlossen! Aus und vorbei!
Vera Schneevoigt hat es verkündet. Angeblich kam die Order aus Japan.
Keine Versetzung der PBer nach Augsburg oder Sömmerda. Die Mitarbeiter können sich auf einige Stellen dort bewerben, ansonsten geht es ab zum AA. Eventuell sollen noch Bereiche verkauft werden.
Was kann der BR tun? Angeblich wurde auch er von der Nachricht überrascht und erst von der Paderborner Bevölkerung informiert. Da kann ich nur lachen!!!
Wenn nun noch Wincor Nixdorf an die Amerikaner geht, dann war es das mit der Computerstadt Paderborn.
Heinz Nixdorf würde sich im Grabe umdrehen!“
Geschäftsführung unterrichtet Arbeitnehmer über die Schließung des Standorts Paderborn:
Am gleichen Tag schreiben Vera Schneevoigt und Enno Jackwerth der Belegschaft in Deutschland in einer E-Mail:
- dass Fujitsu beabsichtigt, den Standort Paderborn bis Ende 2016 zu schließen
- Fujitsu beabsichtigt, die wesentlichen Produktentwicklungsaktivitäten in Japan zu zentralisieren und das Netzwerk globaler Entwicklungszentren und externer Partnerschaften zu erneuern
- die geplanten Maßnahmen eine Notwendigkeit sind, um die Zukunft unseres Unternehmens zu sichern
Zu der Vorgehensweise der Geschäftsführung fragt ein Teilnehmer in unserem Diskussionsforums:
„Ich habe mal ein paar Fragen: b) Nauch aussen hat FTS die Schließung von PDB echt geschickt verkauft ohne dass es einen richtigen Aufschrei gegeben hat. Will das der BR in PDB einfach so hinnehmen oder geht der wenigstens noch mal auf die Barrikaden?“
Die Antwort darauf eines anderen Teilnehmers im Forum:
„Was soll daran geschickt sein, ohne Respekt gegenüber den Arbeitnehmern, dem Betriebsrat und auch dem BetrVG einfach zu verkünden einen Betrieb zu schließen?
Ich nenne das die pure Arroganz der Macht! Es ist dreist und unverschämt, eine Betriebsversammlung einzuberufen ohne dem Betriebsrat vorher mitzuteilen, was Inhalt dieser Betriebsversammlung sein soll: angeblich hat das so in Paderborn stattgefunden nach Aussagen hier im Forum.
Nach §111 BetrVG „hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten.“ https://dejure.org/gesetze/BetrVG/111.html
Oder auch hier: http://www.nci-net.de/Archiv/Betriebsrat/BR-Rechte-Betriebsaenderung/Betriebsaenderung-Infophase.html „Der Betriebsrat muss in der Planungsphase der Betriebsänderung informiert werden (§111 I BetrVG). Sinn dieser frühen Information (die in der Praxis vom Arbeitgeber selten eingehalten wird; er drängt sofort auf Verhandlungen) ist es, dem Betriebsrat die Möglichkeit zu geben, die Arbeitgeberplanung inhaltlich zu beeinflussen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigte diese Sichtweise (BAG vom 31.5.1983, AP Nr. 2 zu § 92 BetrVG und BAG vom 20.11.1984, AP Nr. 3 zu § 106 BetrVG).““
Wir können uns dieser Antwort nur anschließen!
Gerüchte über weitere Entlassungen in der Belegschaft:
Kaum ist die Schreckensmeldung über die Schließung des Standorts Paderborn bei den Beschäftigten angekommen, wird in unserem Diskussionsforums über neue Entlassungen spekuliert. Teilnehmer schreiben:
„Ich fürchte auch, dass die Schließung von PDB nur der Anfang ist – man wird sich nach und nach aus der Entwicklung und Fertigung in Deutschland zurückziehen, und damit steht auch Augsburg ganz schnell zu Debatte – auch wenn dort heute noch die stärkere Lobby sitzt.“
„Ich fasse es einfach nicht! Nach Jupiter dreht sich die Spirale weiter, PB ist nicht das Ende. Leider wird sich für Fujitsu Deutschland in der Zukunft nichts mehr strategisch ändern! Die Verantwortung es besser zu machen, liegt nicht mehr im deutschen Management und wird es auch nicht mehr. Dafür war man in der Vergangenheit einfach zu schlecht, gerade auch das Management in der 2. und 3. Reihe. Schwirz hätte es schaffen können, leider hat man ihn geschafft. Solange Fujitsu nicht als Technologieunternehmen geführt wird, flexibel und vertriebsorientiert, wird der Abwärtstrend anhalten, trotz guter Produkte und Mitarbeiterbasis. Die Kaufleute, Controller und Postenschieber sind und bleiben oben auf.“
Weiterer Abbau von weltweit 30000 Beschäftigten bei Fujitsu?
Ein anderer Teilnehmer im Diskussionsforums wird konkreter, er schreibt:
„Der BR hat das als inoffizielle Information und am Standort ging es rum. 15.000 MA in Japan und 15.000 MA weltweit sind zu reduzieren, demnach sind alle betroffen und jedes Land bekommt seine Abbauzahlen. Im letzten CE Services Webtalk wurde ein Restrukturierungsprogramm aus Japan erwähnt aber ohne Inhalte.“
Zusätzlicher Abbau von weiteren 100 Beschäftigten im Produktbereich PSO scheint sicher zu sein!
Am Mittwoch fragt ein Teilnehmer im Diskussionsforums:
„Wer weiß von den 100 Stellen die im PSO Bereich abgebaut werden sollen? Das die Leitung keine Details kennt ist doch lachhaft.“
Die Antwort darauf im Diskussionsforum:
„Nicht umsonst hat Frau Schneevoigt eine Portfoliobereinigung bestätigt. Man hat gerechnet, dass 100 Leute eingespart werden müssen, um den Fehlbetrag einzusparen.“
Angeblich soll die Entlassung von weiteren 100 Beschäftigten im Produktbereich PSO auf einer Betriebsversammlung in Augsburg verkündet worden sein.
Fujitsu wird zum Auftragsfertiger!
Noch am Mittwoch schreibt jemand im Diskussionsforums:
„Wenn Vera Schneevoigt heute auf der Betriebsversammlung eine Auftragsfertigung für Lenovo in Aussicht stellt, muss man sich die Frage stellen, ob diese grandiose Idee mit Fujitsu Japan abgestimmt ist. Ich kann nicht glauben, dass die Japaner das zulassen.“
Und bereits am darauf folgenden Donnerstag ist die Bestätigung in der Presse zu lesen:
Fujitsu wird zum Auftragsfertiger
Und wie reagiert der Betriebsrat in Paderborn?
Der scheinbar ahnungslose Betriebsrat in Paderborn scheint von den Maßnahmen des Managements überrumpelt worden zu sein, so schreibt jemand im Diskussionsforums kurz nach der Betriebsversammlung in Paderborn:
„Was kann der BR tun? Angeblich wurde auch er von der Nachricht überrascht und erst von der Paderborner Bevölkerung informiert. Da kann ich nur lachen!!! Wenn nun noch Wincor Nixdorf an die Amerikaner geht, dann war es das mit der Computerstadt Paderborn. Heinz Nixdorf würde sich im Grabe umdrehen!“
Auf die am Freitag, also 4 Tage nach der Betriebsversammlung in Paderborn, gestellte Frage:
„Gibt es schon Aktionen und Informationen vom Betriebsrat in Paderborn? In welche Richtung sollen die Verhandlungen laufen, was fordert der Betriebsrat?
„
wird im Diskussionsforums geantwortet:
„Es gibt keine Informationen, bzw. wird den Mitarbeitern nichts gesagt! Nur dass die Kollegen in Paderborn erst mal abwarten sollen und nicht übereilt handeln, sprich sich arbeitssuchend melden, selbst kündigen, wenn sie eine neue Stelle haben, etc. Frau Schneevoigt hat sich auf BV in PDB wohl „versprochen“. Sie sprach als Schließungszeitpunkt erst vom 31.12.2016 und korrigierte sich dann auf den 30.09.2016. Hoffentlich macht der BR in PDB richtig Zunder, denn die Schließung von PDB betrifft ihn ja auch.“
Resignierende und enttäuschende Stellungnahme des Gesamtbetriebsrats zur Standortschließung von Paderborn:
Auch vom Gesamtbetriebsrat hört die Belegschaft lange nichts.
Schließlich, gegen Ende der Woche, schreibt der Gesamtbetriebsrat der Belegschaft:
- das der Standort Paderborn zum Ende 2016 geschlossen wird und davon 580 Mitarbeiter betroffen sind
- das Management wieder versucht den vermeintlich „einfachsten“ Weg zu gehen: Sparen, Kosten senken, Stellen abbauen, diesmal auf die brutale Art einer Standortschließung
- dass wir weiter schrumpfen werden, Umsatz wegbrechen wird und Kunden verloren gehen und damit die Saat für die nächste Runde „Sparen, Kosten senken und Stellen abbauen“ erneut gesät wird.
- der GBR die Unternehmensleitung zu einem Strategiewechsel auffordert, bei dem der Fokus endlich wieder auf Wachstum, Innovation und Kundenzufriedenheit liegt.
Da fragt sich die Belegschaft:
Warum schreibt der GBR „der Standort Paderborn wird zum Ende 2016 geschlossen“ und behauptet anschließend sogar, „Dies wurde in Paderborn durch den Arbeitgeber und danach in einer Mitarbeiter-Info vom 19.10.2015 allen Mitarbeitern bekannt gegeben“?
In der Ankündigung des Arbeitgebers wird nur von einer Absicht zur Schließung gesprochen, „Vorbehaltlich der Beratungen und Verhandlungen mit den zuständigen Arbeitnehmergremien“!
Das zuständige Arbeitnehmergremium bei einer Betriebsänderung, mit dem Sonderfall der Betriebsschließung, ist der örtliche Betriebsrat und nicht der Gesamtbetriebsrat!
Wir würden vom GBR einen Ausdruck des Bedauerns über die beabsichtigte Betriebsschließung in Paderborn erwarten und das er dem örtlichen Betriebsrat und der Belegschaft in Paderborn viel Erfolg und Glück bei den anstehenden Verhandlungen wünscht.
Statt dessen fällt der GBR dem örtlichen Betriebsrat in Paderborn in den Rücken und schwächt dessen Position für die zukünftigen Verhandlungen mit dem Arbeitgeber.
Der GBR akzeptiert die Entscheidung von Fujitsu indem er aus der Absicht eine Tatsache macht: „der Standort Paderborn wird zum Ende 2016 geschlossen“
und sogar Verständnis dafür zeigt mit den Worten:
„Wir alle wissen, dass die Geschäftsentwicklung nicht gut ist, u.a. bedingt durch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ und
„Die Unternehmensleitung muss auf diese Probleme und die damit verbundenen Risiken reagieren“.
Wir fragen uns: ist diese Mail mit dem gesamten GBR abgesprochen oder nur die Ansicht der beiden Unterzeichnenden Lothar Kuhn und Paul Riegg?
Immerhin ist der örtliche Betriebsratsvorsitzende von Paderborn, Andreas Ziebarth, auch Mitglied im GBR: warum sollte er selbst seine Verhandlungsposition mit dem Arbeitgeber durch so eine Mail schwächen?
Oder sind wir, also die gesamte Belegschaft von Fujitsu in Deutschland, nur Zuschauer eines Schmierentheater, veranstaltet von Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeber, mit dem Ziel, das Ergebnis längst erfolgter Geheimverhandlungen möglichst schnell und geräuschlos bei der Belegschaft durchzusetzen?
Liest man die Zusammenstellung des NCI über Arbeitgeberstrategien bei Betriebsänderungen, kann man durchaus diesen Eindruck bekommen!
Aber welche Vorteile hätte der örtliche Betriebsrat in Paderborn, als selbst Betroffener, davon?
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