Siemens AG: 24 Stunden zu spät – Gnade vor Recht?
Auch heute noch fühlt sich die Familie Siemens und die jeweiligen Konzernleiter diesem Prinzip verpflichtet, was sich u.a. beispielhaft in der Stiftung eines Lehrstuhls für Wirtschaftsethik (u.a. fairer Umgang miteinander, mit den Kollegen unter ethischen Gesichtspunkten) an der TU München im März 2010 durch Herrn Löscher aus seinem Privatvermögen zeigt.
Umso erstaunlicher ist es jedoch, wenn im Zuge der letzten Betriebsausgliederung, (SIS -> ATOS) und der damit verbundenen Widersprüche, ein Fall eher nach Gutsherrenart denn nach einem sozialen, moralischen und fairen Arbeitsverhältnis abgehandelt wird.
Hier eine kurze Zusammenfassung: Eine langjährige Mitarbeiterin erkrankte kurz nach ihrem Widerspruch schwer, was bereits beim ersten Antrag auf Schwerbehinderung mit einer unbefristeten Schwerbehinderungsfeststellung durch das Integrationsamt bestätigt wurde. Wer das Feststellungsverfahren kennt und selbst durchlaufen hat weiß, dass in diesen Zeiten das Integrationsamt nur noch sehr restriktiv sofort unbefristete Schwerbehinderungen attestiert! Unglücklicherweise bekam die Kollegin zwischenzeitlich eine Änderungskündigung durch die Siemens AG mit einer Stellenzuweisung in Regensburg, sowie einer signifikanten Gehaltskürzung, welche sie nicht annahm! Fakt ist, dass der besondere Kündigungsschutz für Schwerbehinderte erst greift, wenn der Schwerbehindertenantrag beim zuständigen Amt eingegangen ist. In diesem sehr speziellen Fall hat scheinbar ein findiger Siemens Anwalt herausgefunden, dass diese Frist bei der Klägerin um 2 Tage zu spät, also um 48 Stunden, überschritten wurde.
Formaltechnisch ist die Siemens AG also auf der „sicheren Seite“ und handelt rechtlich korrekt! Aber gibt es nur diese Betrachtungsweise? Was ist mit Firmenethik, Sozialverträglichkeit, moralischer Verantwortung innerhalb der „Siemens Familie“?
Ist hier nicht der menschliche Aspekt mindestens genauso wichtig, eben unter den sozialen Kriterien, welchen sich die Firma selbstverpflichtet hat und welche immer wieder öffentlichkeitswirksam verkündet werden?
Gleichwohl, dass die Firma auch anders kann hat sie in einem Fall eines Widersprüchlers bewiesen, der selbst NICHT schwerbehindert ist, wohl aber ein schwerbehindertes Kind hat. Hier hat die Firma eine beispielhafte, einvernehmliche, sozialverträgliche Lösung gefunden: diesem Vater wurde nicht gekündigt und ist heute wieder ordentlich bei der Firma Siemens eingephast und geht einer geregelten Tätigkeit nach. Also: es geht doch!
Fehlende 48 Stunden mit einer Änderungskündigung zu ahnden, und damit billigend eine evtl. Verschlechterung des Gesundheitszustands durch den hohen psychischen Druck in Kauf zu nehmen, ist eine soziale Unverhältnismäßigkeit der Mittel, auch wenn dieses formell und juristisch zu rechtfertigen ist! Zumal sich die Frage stellt, warum ein Kollege äußert sozial behandelt wurde – als Härtefall- diese Kollegin jedoch durch’s Raster fällt, und hier aus unserer Sicht eine eindeutige Ungleichbehandlung vorliegt.
Wäre es nicht schön, einfach menschlicher und soviel sozial verträglicher, wenn – zumal unter dem Aspekt der Vorweihnachtszeit- hier ein Gesichtspunkt des auflagenstärksten Buchs zum Tragen käme
„Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind?“
Diesen guten Willen, dieses friedliche Miteinander, das man heutzutage zu oft vermissen muss, das wünsche ich allen und außerdem ein „Leben“ der sozialen Bekenntnisse, nicht nur Lippenbekenntnisse!
Da könnten dann Fragen bzgl. “Sozialverantwortung” an den Vorstand gestellt werden...