Rechte zum Betriebsübergang und der zweifelhafte Umgang der Siemens AG im Rahmen der derzeitigen Kündigungswelle
Ist es juristisch tolerabel nach §612a BGB, wenn Mitarbeitern in Vereinbarungen des Gesamtbetriebsrates der Arbeitgeberin mit einer möglichen Kündigung gedroht wird, wenn diese von ihrem Recht, nach §613a BGB einem Betriebsübergang zu widersprechen, Gebrauch machen. Auf der anderen Seite aber Mitarbeitern der gleichen Einheit im Zusammenhang mit einer Restrukturierung nach Abschluß eines Vertrages ATZ /Altersteilzeitvertrag oder AHV /Aufhebungsvertrag der Widerspruch geradezu abverlangt wurde.
Da kommt schon der Verdacht auf, die ausgegliederte Tochter sollte für einen potentiellen Käufer attraktiver „gestaltet“ werden oder war es gar Bestandteil der Verkaufsverhandlungen.
Die Vorlaufzeit vor Antritt der ATZ wurde extra erweitert. Die Unterschrift wurde von allen Angesprochenen erwartet. Unter Androhung einer Kündigung sollten diese älteren Mitarbeiter eine Zusatzvereinbarung für Konzernleihe/AÜG unterschreiben. Das galt auch für die Mitarbeiter, die weit vor dem Übergang eine ATZ Vereinbarung unterzeichnet hatten. Eine Rückleihe auf den ehemals eigenen Arbeitsplatz, der laut Restrukturierungsvereinbarung weggefallen sein sollte, wurde in Massen praktiziert.
Mitarbeiter, welche einen AHV mit einer Laufzeit über den Termin des Betriebsübergangs hinaus unterzeichnet hatten, sollten dem Übergang widersprechen und auch auf ihrem weggefallenen Arbeitsplatz, mindestens bis zum Vertragsende, weiterarbeiten. Einigen dieser Mitarbeiter wurden zum AHV Arbeitsverträge bei Verleihfirmen nahegelegt, um weiter auf ihrem ehemaligen „überflüssigem“ Arbeitsplatz eingesetzt werden zu können. Auch diese sollten dem Betriebsübergang auf Wunsch der Firma widersprechen. Kann das rechtens sein?
Während Mitarbeiter, die sich wirklich freiwillig für einen AHV gemeldet und widersprochen hatten, statt ein AHV Angebot zu bekommen eine Kündigung ausgesprochen wurde.
Alle sind nach dem Übergang erstmal einem sogenannten „Restbetrieb“ zugefallen, der sich ergeben hatte. Die Äußerungen zur Betriebzugehörigkeit dieser Personengruppen sind bisher sehr schwammig. Mal sind diese Mitarbeiter keinem Betrieb zugeordnet, mal sind sie örtliche Betriebseinheiten genannt worden, mal sollen sie versetzt worden sein. Mit einem Arbeitsvertrag mit der Siemens AG ausschließlich dem Leihbetrieb zugehörig zu sein, was auch schon vor Gericht behauptet worden ist, ist wohl ein Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz.
Die bis zur „behaupteten Schließung“ verbliebenen Nichtgekündigten wurden schnell noch versetzt, nicht ohne die bekannte Abpressung einerUnterschrift zu einer Arbeitsvertragsänderung (Zuordnung einer niederen Gehaltsstufe und Erweiterung für Konzernleihe/AÜG) bei Kündigungsandrohung. Dieses Drohszenario wurde gegenüber schwerbehinderten Mitarbeitern angewandt. Mitarbeiter in Mutterschutz und Elternzeit schweben, wo auch immer betriebslos oder zugeordnet, wer weiß das schon.
Einigen Mitarbeitern wurde eine zweite Kündigung ausgesprochen und damit verschob sich deren Kündigungsfrist über die behauptete Schließung hinaus. Damit der sogenannte Restbetrieb - manchmal auch als Teilbetrieb bezeichnet – wirklich nicht mehr „vorhanden“ ist, wird diesen Mitarbeitern der rechtmäßige Zugang ins interne Firmennetz verweigert und auch die Möglichkeit der internen Bewerbung.
Durch solch eine „unsubstantiierte“ Betriebszuordnung der Widersprecher sollte ein sogenannter „Restbetrieb SIS“ auf die Mitarbeiter schrumpfen, denen dann mit einer behaupteten Schließung gekündigt würde.