Siemens AG: ungleiche Bewertungskriterien bei Bewerbungen durch HR
Rufen wir uns ins Gedächtnis: HR ist natürlich daran gelegen, die Widersprüchler hinsichtlich eigener Bewerbungen, bei welchen diese als ungeeignet abgelehnt wurden, als unqualifiziert abzustempeln, sprich: sie seien nicht geeignet. Dafür ist scheinbar jedes Mittel recht, zumal es ja gilt den kollektiven Verdacht „Widersprüchler seien stigmatisiert und erhalten intern in regulären Bewerbungsverfahren eh keinen adäquaten Job mehr“ zu zerstreuen, bzw. wenn möglich gar nicht erst aufkommen zu lassen. Alles läuft natürlich völlig neutral, einzig über die Skills, also den Ausschreibungskriterien.
Versteht man diese Beweggründe ist es natürlich verständlich, dass scheinbar diverse Anforderungen in Bewerbungen gleichzusetzen sind um spätere pauschale Absagen zu rechtfertigen, so u.a. „Englisch verhandlungssicher“. Diese Anforderung erscheint standardisiert mittlerweile scheinbar in jedem ausgeschriebenen Profil, auch wenn sich dieses sich im unteren Gehaltsdrittel bewegt (aber klar: auch Kantinenkräfte haben englischsprachige Gäste zu bedienen, jedoch hoffentlich ohne vorangegangene Vertragsverhandlungen).
In den aktuellen Verhandlungen zeichnet sich nun zunehmend das Bild ab, dass man auf jede getätigte Bewerbung selbst die Beweislast trägt um die Ablehnung zu entkräften. Das ergibt eine Umkehrung der Beweislast! Nicht Siemens muss begründen, warum sie den Bewerber für ungeeignet erachtet, nein wir müssen begründen warum wir für den Job befähigt sind! Das ist an sich schon abstrus, geht man doch davon aus, dass man sich generell nur auf Stellen bewirbt, für die man sich auch geeignet hält, oder? Selbst der Gesetzgeber geht nicht von einer 100 %igen Erfüllungsquote aus, sondern billigt eine angemessene Einarbeitungszeit für fehlende Skills von 6 Monaten zu.
D.h. konkret: bei einer pauschalierten Ablehnung wie „tut uns leid, sie waren befähigt, aber die Stelle wurde anders besetzt“ müsste man nun selbst, um den Siemens Ansprüchen zu genügen, JEDES Ausschreibungskriterium selbst belegen und entkräften.
Siemens fordert bei Eigenbewerbungen also scheinbar vor Gericht eine 100 %ige Eignungsquote um sicherzustellen, dass die Kollegen qualifiziert sind!
Für aufmerksame Prozessbeobachter führt sich Siemens damit aber selbst ad absurdum!
Es gab bisher eine Klage in welcher die Kollegin nachweisbar die ausgeschriebene Stelle in Nürnberg, nach eigenen Angaben sowie Bestätigung durch die vorgesetzte Kraft, nur zu 30 % erfüllen kann, da ihr sowohl das Hochschulstudium als auch der komplette technische Hintergrund fehlt. Die Kollegin hat trotzdem ihre Verhandlung verloren, da diese Stelle als für sie geeignet eingestuft wurde.
Warum kommt diese Diskrepanz in den weiteren Verhandlungen nicht zur Sprache?
Was lernen wir daraus? Wenn Siemens die Kollegen zwangsversetzt, mit signifikanten Gehaltskürzungen sowie neuen Einssatzorten bis zu 200 km von München weg und damit Familien auseinander reißt, reicht es durchaus wenn nur 30 % der ausgeschriebenen Skills vom Mitarbeiter eingebracht werden!
Dann fragen wir uns aber natürlich warum dann bei EIGENBEWERBUNGEN die Welt auf den Kopf gestellt wird, und nicht mit gleichem Maß gemessen wird? Hier liegt die Messlatte scheinbar 3mal höher? Wer wird diese Argumentation verstehen und kann ihr folgen? Ich hoffe doch nicht, dass die Münchner Amtsrichter sich so leicht hinters Licht führen lassen, und diese durchsichtige Manipulation erkennen!
Jedem Mitarbeiter muss die Gelegenheit gegeben werden, wie schon der Gesetzgeber versucht sicherzustellen, sich auf geeignete Stellen ERFOLGREICH zu bewerben, auch wenn fachliche Defizite vorherrschen, so diese in 6 Monaten erlernbar sind.
Jeder kann fast jede Tätigkeit erlernen – so er denn guten Willens ist.
Aber diesen guten Willen erwarten wir auch seitens des Arbeitgebers!