S-Bahn Geschäftsführung investiert in den Betriebsrat
Ein Grund dafür, dass der Betriebsratsvorsitzende nun ganz offen gemeinsam mit der Geschäftsführung agiert ist, weil ihm durch die Unternehmensmanager der S-Bahn seine ehemalige Arbeitsstätte, die Betriebswerkstatt Friedrichsfelde, wieder eröffnet wurde und er damit im Zuge der anstehende Betriebsratswahl seinen Wahlkampf führen kann. Aber nicht mehr, denn für die in Friedrichsfelde arbeitenden Mitarbeiter gibt es derzeit weder Wasser noch Heizung. Dazu wurde sogar eine neue Taskforce (Arbeitsgruppe) aus loyalen Betriebsratsmitgliedern gebildet. Sein Ziel hat der Anführer der Betriebsratsmehrheit erreicht. Seinen Anhängern hat er ihre 2006 verloren gegangenen Arbeitsplätze wieder beschafft, indem er sich von der Geschäftsführung kaufen lies, damit diese die Arbeitsplätze der verbliebenen Bahnsteigaufsichten ohne Widerstand streichen kann. Es ist aber auch ein Geschenk der Geschäftsführung an die Betriebsratsmehrheit aus TfB und Transnet für ihre Zurückhaltung während den anhaltenden chaotischen Zuständen für Fahrgäste und Mitarbeiter der Berliner S-Bahn und ein Vorschuss für die bevorstehenden Betriebsratswahlen.
Noch immer zwingt kein Gesetz einen Betriebsratsvorsitzenden gemeinsam mit der Geschäftsführung in einer Pressekonferenz aufzutreten und mit ihr nun wieder ganz offen die alten Ziele der Gewinnmaximierung bei der S-Bahn zu verfolgen. Von den Geschäftsführern und Vorständen der S-Bahn ist weder auf der besagten Pressekonferenz noch vor dem Verkehrsausschuss des Senats von Berlin auch nur ein Wort darüber gefallen, dass die S-Bahn zukünftig allein im Interesse der Fahrgäste und Mitarbeiter betrieben wird. Im Gegenteil, die Zufriedenheit der Fahrgäste soll mit einer neuerlichen Entschädigungsregelung erkauft werden. Die Mitarbeiter der S-Bahn werden dabei weiterhin leer ausgehen. Sie sollen weiterhin Überstunden leisten, ihre Arbeits- und Freizeit flexibilisieren und ihre Arbeitsbedingungen verdichten lassen, wenn es den Geschäftsführern in enger Zusammenarbeit mit den Betriebsräten will.
Beide Seiten, Betriebsratsmehrheit und Geschäftsführung, agieren nun gemeinsam dafür, dass die Manager der S-Bahn auch in Zukunft wieder ihre Gewinne mit der S-Bahn machen können. Dass der einst zum Erzfeind des Betriebsratsvorsitzenden erkorene DB-Vorstand Homburg nun vor dem Verkehrsausschuss des Berliner Senats verkündet, dass die S-Bahn derzeit täglich 250.000 Euro Verlust einfährt, hilft den Unternehmens- und Betriebsratsmanagern, um gemeinsam neue Sparziele anzustreben und umzusetzen. Da diese durch die Vorgaben des Eisenbahnbundesamtes nicht mehr bei der Wartung der Züge zu erreichen sind, sollen nun die Mitarbeiter die Opfer des Sparwahnsinn bei der S-Bahn sein. Denn sie haben kein Bundesamt, dass sie vor der Sparwut der Unternehmensführung und den damit verbundenen verheerenden Auswirkungen schützt. Dass die Optimierungswelle bei der S-Bahn weiter geht, zeigt die Erwartung des DB-Vorstands, in diesem Jahr 25 Mio. Euro Gewinn von der S-Bahn zu erhalten.
Bei den anstehenden Verhandlungen zur Abwicklung des noch immer laufenden Interessenausgleichs (incl. Sozialplan) bei der S-Bahn soll nun auch der Preis verhandelt werden, den insbesondere die verbliebenen Bahnsteigaufsichten bei der S-Bahn für den Deal zwischen Geschäftsführung und Betriebsratsmehrheit zahlen sollen. Diese Mitarbeiter sollen in einem bisher nicht bekannten Ausmaß ihre Arbeitsplätze verlieren. Wenn es 16 der derzeitig noch 460 Aufsichten sind die einen Job bei der S-Bahn behalten werden, dann ist es auch dem Umstand geschuldet, dass diese Mitarbeiter nicht zu der erlauchten Anhängerschaft des Betriebsratsvorsitzenden gehören. Diesen Sachverhalt haben die verbliebenen Aufsichten der S-Bahn auch schon schriftlich durch eine Betriebsratsinformation lesen dürfen. Es liegt ganz offensichtlich nicht im Interesse der Betriebsratsmehrheit, sich für den Erhalt aller Bahnsteigaufsichten einzusetzen. Doch sind es genau die Mitarbeiter, die durch ihre Arbeit im Betriebsablauf der S-Bahn nicht nur die Arbeitsbelastungen der Lokführer und der Fahrdienstleiter verringern, sondern ganz besonders die Sicherheit der Fahrgäste und des S-Bahn Betriebes erhöhen.
Alles was von der Unternehmensführung und vom Betriebsratsvorsitzenden der S-Bahn derzeitig zu hören ist, ist das Resultat der Fortführung der Gewinnmaximierung auf Kosten der Mitarbeiter und der Fahrgäste. Daran wird auch keine Ausschreibung der S-Bahn an andere Betreiber etwas ändern, denn auch die privaten Betreiber mit ihren Konzernen im Hintergrund haben nicht das Wohl der Mitarbeiter und Fahrgäste im Sinn, sondern den alleinigen Gewinn aus dem Preis den sie dafür zahlen sollen. Von diesem Ziel lässt auch die Berliner Verkehrssenatoren nicht ab. Sie hält weiterhin daran fest, dass ebenso wie der DB-Konzern auch der Arriva- oder Veolia-Konzerne ihre einträglichen Geschäfte mit dem Interesse der Fahrgäste und Mitarbeiter an einem funktionierenden Nah- und Regionalverkehr macht. Dafür braucht es noch nicht einmal eine schwarz-gelbe Bundesregierung, wenn es diesen rot-roten Senat gibt.
Weder die anstehenden Betriebsratswahlen noch die nächste Wahl des Abgeordnetenhauses werden irgend etwas an der Unternehmens-, Ausschreibungs- und Verkehrspolitik im Berliner Nah- und Regionalverkehr grundlegend zum Vorteil für die Fahrgäste und Mitarbeiter der S-Bahn ändern. An der derzeitigen und zukünftigen Situation bei der S-Bahn können nur die wirklich etwas ändern die auch von der anhaltenden chaotischen Situation betroffen sind. Das sind täglich knapp 1 Mio. Fahrgäste und knapp 3000 Mitarbeiter der S-Bahn die durch ihre Gemeinsamkeit ohne Zweifel eine Neuausrichtung bei der S-Bahn erreichen können. Das kann hauptsächlich nur durch die S-Bahner selber mit der Unterstützung der Fahrgäste erreicht werden. Es brauchte nur eine Verkehrssenatorin, 4 Geschäftsführer und 25 Betriebsräte um die S-Bahn gegen die Wand zu fahren, aber 1 Mio. Fahrgäste und 3000 Mitarbeiter um die S-Bahn wieder in ihrem Interesse aufzugleisen. Wem die bestehenden Verhältnisse nutzen, hängt allein von denen ab die sie zukünftig noch viel stärker für sich nutzen werden.