Standpunkt - Information 12/09 : Entgleisung mit Folgen !
Am 1.Mai 2009 entgleiste in Berlin-Kaulsdorf bei einem Zug der S-Bahn Linie 5 gegen 10.08 Uhr der letzte Radsatz. Als Grund der Entgleisung wurde ein radialer Radsatzscheibenriss festgestellt. Erst im April hatte genau dieses Fahrzeug eine Verlängerung bis zur fälligen Hauptuntersuchung bekommen. So soll diese sicherheitsrelevante Untersuchung erst im Jahr 2011 stattfinden. Die 2 jährige Verlängerung der Hauptuntersuchung des letzten bei der S-Bahn Berlin ausgelieferten Neubaufahrzeug der Baureihe 481 mit der Nummer 503, lässt die vom Gesetzgeber erlassene Eisenbahn Bau- und Betriebsordnung nach §32 zu:
§ 32 Abnahme und Untersuchung der Fahrzeuge
(1) Neue Fahrzeuge dürfen erst in Betrieb genommen werden, wenn sie abgenommen worden sind (§ 3 Abs. 2).
(2) Die Fahrzeuge sind planmäßig wiederkehrend zu untersuchen.
(3) Eine Untersuchung ist mindestens alle sechs Jahre durchzuführen; die Frist zwischen zwei
aufeinanderfolgenden Untersuchungen darf jedoch mehrmals bis zu einem Jahr auf höchstens acht Jahre
verlängert werden, wenn festgestellt ist, daß der Zustand des Fahrzeugs dies zuläßt.
(4) Über die Untersuchungen der Fahrzeuge sind Nachweise zu führen.
Die Fahrzeuge der Baureihe 481 mussten nach dem Achsbruch bei einem ICE in Köln, wegen der Baugleichheit der Achsen ebenfalls auf Weisung des Eisenbahn Bundesamt (EBA) intensiv untersucht werden. Da nun ein ebenso schwerwiegender Vorfall wie in Köln bei den Baugleichen Achsen der Berliner S-Bahn aufgetreten ist, wäre nun eine intensive und offene Aufklärung über die Ursachen des Radsatzscheibenriss durch das EBA erforderlich. Allein bei der S-Bahn verkehren jeden Tag ca. 1000 Wagen der Baureihe 481/482 mit den gleichen Radsätzen wie dem Radsatz mit der gerissenen Radsatzscheibe.
Dieser Radscheibenriss kann vergleichbare Folgen wie beim Zugunglück von Eschede nach sich ziehen. Nur ein glücklicher Umstand, dass im Moment der Entgleisung die Achse am Schluß des Zuges lief, hat dazu geführt, dass es in Berlin-Kaulsdorf nicht zur Katastrophe kam. Ebenso hätte die gerissene Radsatzscheibe bei entgegengesetzter Fahrtrichtung des Zuges zu einer wesentlich verheerenden Entgleisung führen können. Da 2006 nach einem Unfall im Bahnhof Berlin-Südkreuz die Geschwindigkeit der Baureihe 481 durch das EBA, aufgrund schlechtem Bremsverhalten der Züge, auf 80 km/h herabgesetzt wurden, wären jedoch die Auswirkungen bei einer Entgleisung einer führenden Achse unabschätzbar gewesen. Das Material der Radsätze bei der S-Bahn in Berlin sind mit den Radsätzen der ICE Flotte vergleichbar. Das Schema des Radsatzscheibenriss ist dabei vergleichbar mit einem gebrochenen Radreifen. Beim ICE, wie auch bei der Breihe 481 der S-Bahn Berlin, wurden als Folge des Unglück von Eschede keine Radsätze mit Radreifen mehr benutzt. Doch weisen die nun genutzten "Monoblockräder" genau die selben Probleme und Folgen auf, wenn sie nur auf Verschleiß gefahren werden und wichtige Untersuchungen der Fahrzeuge unterlassen werden. Mit Genehmigung des Gesetzgeber. So haben im letzten Jahr ca. 1000 Mitarbeiter bei der S-Bahn in Berlin ihren Arbeitsplatz verloren. Darunter viele Werkstattpersonale. Darunter auch qualifizierte Mitarbeiter für die Ultraschalluntersuchung bei Radsätzen.
Während der schadhafte Zug durch einen Hilfsgerätezug der S-Bahn von der Strecke geschoben wurde, entgleiste eine weitere Achse des Zuges. Allein dieser Umstand zeigt deutlich, dass es ein generelles Problem mit den Achsen bei der Berliner S-Bahn gibt. So wurden schon nach der Inbetriebstellung der Baureihe 481 bei unzähligen Radsatzscheiben eine unrunde Verformung festgestellt worden.
Bis in die Nacht zum Montag wird nun der entgleiste Zug auf einem Abstellgleis des Bahnhof Mahlsdorf verbleiben. Erst dann kann er mit Schrittgeschwindigkeit in das Ausbesserungswerk Berlin-Schöneweide überführt werden, wenn nicht noch weitere Achsen entgleisen.
Bei den Lokführern und den anderen Mitarbeitern bei der S-Bahn entwickelt sich eine Unruhe über den tatsächlichen technisch sicheren Zustand der Fahrzeuge. Nicht erst seit der Entgleisung in Berlin-Kaulsdorf fährt bei den Kollegen die Angst und Unsicherheit mit. Wegen der zunehmende Gewalt in den Zügen und den Übergriffen auf die Mitarbeiter, dem Verlust des Arbeitsplatz durch einen Sozialplan der so löchrig ist wie ein schweizer Käse und wegen der immer häufiger werdenen Probelme bei Sicherheitstechnischen Einrichtungen an den Zügen. Dabei sehen die selben Politiker, die die Deutsche Bahn auf Privatisierungskurs gebracht haben, ihre Druckmittel auf das Unternehmen darin, die Verkehrsleistungen der S-Bahn auch unter private Eisenbahnunternehmen auszuschreiben und somit wie bei den Kollegen des Regionalverkehr die Arbeitsplätze der Eisenbahner auszuschreiben.
der Artikel "Entgleisung mit Folgen!" zeigt leider, dass der Autor keine fundierten Kenntnisse der Fahrzeugtechnik und der EBO besitzt.
Sowohl der Vergleich mit Eschede und Köln geht fehl als auch die Aussage, dass die HU bis 2011 herausgeschoben ist.
Die einzige Gemeinsamkeit mit Eschede ist, dass es in Folge eines defekten Rades zur Entgleisung kam. Ansonsten sind Monoblocräder (ohne "k") mit bereiften Rädern nicht pauschal vergleichbar. Und in Köln war nicht der Radkörper defekt, sondern der Radsatz (Achse).
Übrigens: selbst wenn der betroffene Radsatz an der Spitze des Zuges gewesen wäre, hätte es vmtl. keine Katastrophe gegeben.
Es ist schon erstaunlich, dass die EBO korrekt zitiert wird, aber eine falsche Interpretation im Text auftritt. § 32 (3) EBO lässt eine Verlängerung auf einen Zeitraum bis max. 8 Jahre zu, aber nur um jeweils ein Jahr. Wenn also der betreffende Zug im April 2009 eine Verlängerungsuntersuchung erhalten hat, dann gilt diese bis max. April 2010.
Diese Art der Panikmache ist leider nur schwer zu ertragen und scheinbar nicht untertzukriegen.
Warten wir die Ermittlungsergebnisse des EBA ab. Bis dahin werde ich jeden Tag weiterhin mit ruhigen Gefühlen S-Bahn fahren.
Viele Grüße
Jörg