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Bericht zum Streiktag in Berlin

von Streikende — Letzte Änderung 19.10.2013 15:50

Am 18.10.2013 hat der Einzelhandel im Rahmen der laufenden Tarifrunde auch in Berlin gestreikt. Eine Arbeiter berichtet über den Verlauf des Streiktags und ihre Eindrücke.

Mit einer Kollegin im Gepäck gingen wir heute zum grossen Streiken zur Urania am Wittenbergplatz. Gegen 10 Uhr waren dort etwa 300 KollegInnen versammelt. Einige von ihnen hatten selbst angefertigte Schilder dabei. Einige Andere streiften über ihre Kleidung die typischen Ver.di Plastikroben und wieder Andere zogen Tshirts an, wo ein völlig neues Logo in Form eines Herzens mit Scherpe und "Ver.di für bessere Tarife" draufstand. Wir wurden nett begrüsst von Sabine Zimmermann, stellv. Landesfachbereichsleiterin Einzelhandel. Erschreckend fand ich sofort, das etwa nur 6 Betriebsräte von XY vor Ort waren und es auch nicht mehr wurden. Mit meiner Kolleginn im Gepäck stiess noch eine weitere Kollegin dazu und dabei ist es dann auch geblieben. Mehrere Kollegen vom Lager XY waren anwesend, aber ich weis nicht genau wie viele es waren. Insgesamt kamen wir auf etwa 20 KollegInnen.

Als gegen 10:30 h die kleine Gruppe Streikender auf fast die das Dreifache wuchs gab es eine kleine Ansprache einer verbündeten Gewerkschaft (leider nicht verstanden welche). Dann setzte sich der Zug der streikenden Menge in Bewegung. Eine Bonggruppe gab den Takt vor und lockerte das Geschehen etwas auf. Mehrmals hielt der Zug der Demonstranten auf dem Tauenzien und es wurden die Passanten darüber aufgeklärt warum wir Einzelhandelsfrauen und Männer jetzt vor Ort streikten. Immer wieder begleitet vom Trillerpfeiffenkonzert und Buhrufen begleitet. Schwerfällig zog der Demozug seine Runde bis zum Zoo und ging dann wieder bis zum Breitscheidplatz zurück. Dort trommelte die Bongogruppe ihr Repatuar herrunter und es gab wieder eine kleine Ansprache. Es sprach Frau Zinke vom DGB über die misslichen Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen einer Verkäuferin und sprach ganz gezielt die vielen Touristen an, die Bilder machten und dem Spektakel versuchten zu entlocken, warum es Menschen in Berlin gibt, die am hellerlichten Tage streikten, wo sie ja eigendlich an ihrem Arbeitsplat sein sollten.

Dann sprach auch Erika Ritter, Landesfachsbereichsleiterin Einzelhandel und zählte noch mal alle Fakten der derzeitigen Tarifauseinandersetzung auf. Die rote Karte wurde dem Arbeitgeber zugedacht begleitet vom Trillerpfeiffenkonzert und Buhrufen. Warum der Einzelhandel streikt steht hier

Ver.di fordert alles so belassen wie bisher und fordert stattdessen 1 Euro mehr die Stunde für Jeden!

Auch das wude mit Trillerpfeiffenkonzert und Buhrufen begleitet. Dann kam nochmals die Bongogruppe zum Einsatz. Jeder/e Streikender/e konnte sich noch Kaffee oder etwas zu Essen holen und dann wurden die Streiklisten verteilt und die Anträge für das Streikgeld. Kurz wurde informiert, das für die nächsten Demos bzw. Streiktage alle Anwesenden nur noch per SMS informiert werden. Das Motto wurde wieder ins Leben gerufen. "Wir stehen Weihnachten vor der Tür". Wir werden sehen und sind sehr skeptisch, denn in der Tarifauseinandersetzung 2007-2008 hat das schon mal so geklungen und wurde nicht umgesetzt. Danach löste sich relativ schnell das Geschehen auf. Mir fehlte auch diesmal wieder eine energische Ordnungsgruppe, die den laufenden Zug zusammenhielt und Flyer für die Passanten zum Verteilen, um ihnen was schriftliches in die Hand zu geben, warum streikt der Einzelhandel.

(1) Kommentare

Anonymer Benutzer 19.10.2013 16:09
Ich bedanke mich erst einmal für die anschaulichen und konkreten Streikinfo's! Vor dem Streiken Angst zu haben ist verständlich, diese Angst zu überwinden ist daher noch höher zu bewerten und
vollem Respekt auszusprechen. Doch Verdi macht es einem auch nicht leicht zu streiken. Anfang des Jahres war ich dabei, als ein Verdi-Bundesstreikleiter über die anstehenden Streiks berichtete. Unterstützende Maßnahmen aus anderen Branchen und Bereichen waren schon damals ganz offensichtlich nicht gewollt. So zieht sich dieser Streik wohl noch lange hin, ohne dass eine breite wirksame Kraft entsteht. Wenn nicht streikende Kolleginnen und Kollegen, wer informiert uns denn aktuell überhaupt über anstehende Streikmaßnahmen im Einzelhandel, die von der Bevölkerung unterstützt, oder gar
mitgetragen werden könnten? Werden denn von den Gewerkschaften über die Bereiche hinweg gemeinsame Aktionen mit anderen Streikenden verknüpft, um so eine Kraft aufzubauen und um Ängste zu nehmen? Die Realität: Freitag - Streik im Einzelhandel, Montag - Streik der Lehrer, dann wieder ein isolierter Streik der Schleusenwärter ...

So ist es wohl dann auch nur an den einzelnen AktivistInnen selber, um im Einzelhandelsstreik auch nach Außen aktiv zu werden. Und wenn es auch nur allein die Vorab- und Streikinformationen sind. Es gibt gerade in Berlin einige Initiativen, die sich dem Thema Einzelhandelsstreik angenommen haben. Da Verdi diese Unterstützung jedoch nicht aufgreifen möchte, oder kann, bleibt unter diesen Umständen der Streik isoliert und wohl auch erfolglos.

Es fehlt immer wieder die gewerkschaftliche Vorarbeit an der Basis, damit bei Streiks die Beschäftigten ohne Angst mitziehen. Nur allein alle Jahre mal wieder zum Streik aufzurufen, nimmt den KollegInnen nicht die Angst davor und schafft auch nicht das notwendige Vertrauen. Um eine wirkliche und wirksame Gewerkschaftsarbeit in den Filialen und Betrieben aufzubauen, braucht es bekanntlich Jahre. Einzelnen BetriebsaktivistInnen fehlt dazu, neben ihrer eigentlichen Schichtarbeit, oft die Kraft und Zeit. Wenn diesen AktivistInnen dann der Gewerkschaftsapparat nicht zur Seite steht, können auch sie nicht viel erreichen, als mühsam über die Zeit hinweg eine eigene Betriebsarbeit und -gruppe
aufzubauen.

Zur Zeit ist es ohne eine basisorientierte Gewerkschaftsarbeit daher generell nur an denen von uns in den Betrieben, die sich in die gewerkschaftspolitischen Fragen unserer Zeit einmischen, um die Interessen und Forderungen der Betroffenen selber ans Tageslicht zu heben. Unterstützung dazu sollte es wohl diesbezüglich an vielen Ecken und Enden geben, um eine breit getragene Welle des
aktiven Widerstandes in den Betrieben auch in die Köpfe und Hände der Betroffenen zu transportieren.