Kundgebung für Kaiser's-Kassiererin Emmely
Heute fand um 16.30 Uhr am Kottbusser Tor in Berlin eine Kundgebung für Emmely, die gekündigte Kaiser's-Kassiererin statt. Emmely war vor ca. 1 Jahr fristlos gekündigt worden, weil sie angeblich Pfandbons im Wert von 1,30 Euro falsch eingelöst hatte – und das nach 31 Jahren im gleichen Arbeitsverhältnis. Emmely bestreitet die Vorwürfe. Tatsächlich war sie es, die den Einzelhandelsstreik 2007/2008 in ihrer Filiale für ver.di organisiert hat. (Hintergrundinfo zu Emmelys Fall und zum Konstrukt der arbeitgeberfreundlichen „Verdachtskündigung“ gibt es unter http://emmely.org.)
Ca. 75 Leute versammelten sich nach 16.30 Uhr am Gemüsestand 30m
entfernt vom Kaiser's. Die PassantInnen nahmen uns interessiert unsere
Flugblätter ab und der Wettergott hatte ein Einsehen, so dass wir auch
halbwegs trocken bis zum Ende durchkamen. Leider durften wir nicht
direkt vor dem Kaiser's stehen, das hatten wir trotz Diskussionen mit
der Polizei nicht aushandeln können. Sogar einige Flugblattverteilende
wurden unfreundlich aus der Nähe des Kaiser's vertrieben (innen drin im
Kaiser's wie immer viel Security, an die wir uns nicht wirklich
rangetraut haben, obwohl die wahrscheinlich auch nur 5 Euro pro Stunde
kriegen).
Der
erste Redebetrag entstammte aus einem Bündnis von Gruppen, die in
Berlin regelmäßige Aktionen zum Thema „Wir zahlen nicht für Eure
Krise“, sh. auch bundesweite Demo am 28.3., plant. Link für die
Großdemo: http://kapitalismuskrise.org/.
Im
Anschluss stellte jemand vom Komitee Solidarität für Emmely noch einmal
die Fakten zum Fall vor und forderte alle Anwesenden auf, zahlreich zum
Prozess zu erscheinen.
Anschließend sprach kurz Gesine Lötzsch
von der Linkspartei und fordert menschenwürdige Arbeitsverhältnisse.
Sie berichtete, dass sie eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt
hätte, ob die Rechtssprechung der Verdachtskündigung nicht abgeschafft
gehöre. Die jetzige Bundesregierung sei aber nicht dieser Meinung.
Um
nicht unfair zu sein und auch der Gegenseite das Wort zu erteilen,
sprach auch Archi, die dicke Kaffeekanne von Kaiser's, und schilderte
ihre Sicht auf den Sachverhalt. Die Kanne meinte, dass streiken nur bei
anderen ok sei, aber nicht bei Kaiser's. Kaiser's ist dafür da, dass es
allen in Deutschland gut geht, und wenn da diese StreikterroristInnen
kommen und alles in den Dreck ziehen, da kriegt die Kaffeekanne
Haifischzähne. Archi die Kaffeekanne war aber nicht sehr ängstlich, am
Dienstag verlieren zu müssen, denn auf die deutsche Rechtssprechung
kann ein Unternehmer sich verlassen.
Eine Person von der Gruppe Soziale Kämpfe (http://www.gruppe-soziale-kaempfe.org/)
ging das Thema etwas globaler an und thematisierte neben den
Arbeitsverhältnissen im Einzelhandel die Verhältnisse, unter welchen
Lebensmittel produziert werden, damit sie bei uns billig verkauft
werden können.
Die FAU (Freie ArbeiterInnen Union) stellte
dann noch vor, dass es nicht nur Emmely gibt, sondern auch Oli, und das
Oli in Berlin Marzahn als ABM bei der ZIM rausgeschmissen wurde, weil
er dortige Verhältnisse kritisierte. Der nationale und internationale
Aufruf, sich zahlreich bei der ZIM zu beschweren, sei bisher ziemlich
erfolgreich. (http://de.indymedia.org/2009/01/237868.shtml)
Schließlich
wurde das Mikrophon geöffnet, und dem Aufruf des ersten Sprechers, dass
wir jetzt alle mal zusammen zum Kaiser's rübergehen, kamen dann auch
gleich ca. 30 Personen nach. Da diese Aktionsidee offen über das
Mikrophon kommuniziert wurde, hatten endlich auch einmal die
KollegInnen von der Polizei die Chance, sich offen zu solidarisieren
und blockierten den Supermarkt noch bevor wir diesen über die Rote
Ampel erreichen konnten. Also standen wir da so alle zusammen und
mindestens 3 oder 5 Minuten traute sich niemand rein oder raus. Gute
Idee eigentlich, aber irgendwie muss dann was schiefgelaufen sein, denn
plötzlich bekamen wir alle Platzverweise. Die Menge war ob dieser
plötzlichen Wendung verwirrt und erfernte sich nur sehr zögerlich.
Einer Polizistin ging das zu langsam und sie fing gleich an, eine
andere Frau wegzuschubsen. Auf Nachfrage, was dann denn solle,
entgegnete sie, sie hätte vorher schon 2 mal freundlich gefragt.
Damit
war die Veranstaltung dann auch beendet (oder?) und wir sind guter
Dinge, dass wir am Dienstag Kaiser's wieder viel Freude bereiten
können. Deswegen: Erscheint zahlreich zur nächsten Kundgebung am
Dienstag, 27.1.2009, um 9.30 Uhr vor dem Landesarbeitsgericht Berlin am
Magdeburger Platz 1. Die Verhandlung findet um 10.30 Uhr im Saal 334
statt. Und wenn Ihr öfter mal beim Kaiser's seid – dann besucht doch
auch mal die Filialleitung und sagt denen die Meinung.
Zu
guter letzt sei noch einmal erwähnt, warum wir es so wichtig finden,
dass Emmely unterstützt wird: Wenn sie sich tatsächlich durchsetzen
kann, wäre das ein wichtiges Signal für ihre KollegInnen, dass
Kaiser's-Beschäftigte, die sich wehren, streiken, oder auf die
Beibehaltung von Zuschlägen bestehen, nicht einfach so feuern kann.
Hintergrundinfos: http://emmely.org