Sie sind hier: Startseite Projekte Archiv WAN Aktuelles und Chronologie Kammertermin 08.12.2004 ArbG BS

Kammertermin 08.12.2004 ArbG BS

by WelgerArbeiterNehmer posted on 08.12.2004 15:01 last modified 30.07.2006 08:13 —

Termin 08.12.2004, 09:30 Uhr: Kammertermin – Betriebsbedingte Kündigung

RI Frau Heidelk mit den ehrenamtlichen RI Güttler und Zielinski, 3. Kammer, Sitzungssaal D im ArbG BS
PV/Bekl Ass. Lauterbach von Ass. Meyer pp. mit Karl Otto Müller (Personalleitung) und Stefan Lindig (Geschäftsführung) für Welger Maschinenfabrik GmbH / PV/Kl RA Dr. Bührig mit Dieter D., Aktenzeichen: 3 Ca 543/04, 3 Zuhörer

RI ruft die Parteien um 9:45 Uhr auf. Nach der Präsenzfeststellung und der Protokollierung erfolgt ein einführender Sachvortrag. Die RIin erklärt, dass ihre Zweifel hinsichtlich eines einheitlichen Dokumentes von Sozialplan und Namensliste in einem Termin letzte Woche ausgeräumt werden konnten. Dies wurde lt. RA seinerseits auch nicht gerügt. Nach dem eine Namensliste vorliegt, prüft das Gericht nur auf grobe Fehler. Durch die Entlassung von 1/3 der Belegschaft, auch über eine die TQG, soll dies keine Auswirkungen auf die Verwaltung und die Datenverarbeitung haben, wie dies in der Klageschrift dargestellt wird? Da habe die Kammer ihre Zweifel.

Dieter D. erklärt, dass weniger Personal sich nicht auf seine Tätigkeiten als solche auswirken, weil diese immer erledigt werden müssen. Wenn eine Auswertung angestoßen werden muss, ist dies der gleiche Aufwand ob 10 Personen oder 1000 Personen es sind. Es ändert sich nur die Laufzeiten der Programme, welche zu berücksichtigen seien.

Die Zweifel der Kammer müssen laut RIin ausgeräumt werden. Der Kl trägt weiter vor, dass er seit 1974 in der EDV zuständig für die Hard- und Software ist. Dort auch die Anwenderbetreuung für eingesetzte Softwareprodukte mache. Es macht keinen Unterschied ob jetzt 80 oder 100 Anwender in der Verwaltung sind. Es wurde überwiegend Personal in der Produktion abgebaut. Die Systembetreuung ist zudem vollkommen unabhängig von der Anzahl der Anwender. Die RI geht erneut tiefer auf den Vortrag ein und hat noch erhebliche Zweifel, dass weniger Anwender nicht auch weniger Personal in der DV notwendig machen. In dieser Abteilung sollen von ursprünglich 4 Personen nur noch 2 die Arbeit erledigen. Wobei früher einer der beiden nur für das Netzwerk zuständig war und der andere die Abteilungsleitung inne hat. Es wird das Lohnabrechnungsverfahren als Beispiel durch den Kl ausgeführt. Das Personalbüro ist nicht vom Abbau betroffen und die Tätigkeiten / Aufwand für diesen Bereich sind gleich geblieben.

Diesem widersprich K.O. Müller und benennt eine Person, die die Personalabteilung verlassen hat. Nur durch die Übernahme von zusätzlichen Aufgaben, konnte die Personalabteilung erhalten bleiben. Der Aufwand für die Personalverwaltungssoftware hat sich erheblich verringert, weil keine neuen Datensätze für Einstellungen angelegt werden müssen.

Dem gegenüber führt Dieter D. aus, dass die Programmzugriffsverwaltung ausgeweitet werden müsste. Durch die Umstrukturierung ist ein Mehraufwand bei der Benutzerrechteverwaltung und der Bereitstellung der Programmzugriffe entstanden.

KO. Müller wirft ein, dass aber insgesamt 125 Leute weniger zu betreuen sind. Die RI würde den Ausführungen folgen, wenn es den Interessensausgleich und die Namenslisten nicht geben würde. Der RA erklärt erneut unter Berufung auf die Schriftsätze, dass der Arbeitsplatz nicht entfallen ist. Dieter D. unterstütz den Vortrag mit der Argumentation, dass zwei Leute nicht ausreichen um die DV-Aufgaben zu erfüllen und es zu einer Leistungsverdichtung führt. Bei Urlaub oder Krankheit ist keine ausreichenden Kapazität mehr vorhanden.

Ass: Urlaub wird nicht zusammenhängend genommen und geplant. Im Notfall kann auf externes gut ausgebildetes Personal kurzfristig zurückgegriffen werden. Dies wird durch den Kl mit Hinweis auf die gewachsene Programmstruktur anfochten und erneut bestritten, dass 2 Personen die Tätigkeiten ausführen können.

Der Ass geht jetzt auf die TQG ein und fragt nach, was aus früheren Überlegungen von Dieter D. geworden sind, da es anscheinend nur Probleme mit der Rente gab. Dies wird durch den Kl bestätigt und mit dem Hinweis, erst mit 62,3 Jahren zur frühsten Zeitpunkt gehen zu können, ergänzt. Nach der Feststellung, dass noch sechs Verfahren offen sind, geht der Ass auf ein Angebot über, welches ein befristetes Arbeitsverhältnis über das Kündigungsdatum hinaus beinhalte, aber mit Abzügen bei der Entlöhnung. Die Befristung soll unter Anrechnung von 18 Monaten Arbeitslosigkeit vor dem Renteneintritt im November 2008 liegen.

Nachdem Dieter D. sich zu Zugeständnissen auf die RI-Frage „ob so was in Betracht kommt“ bereit erklärt, wird eine Besprechungsauszeit um 10:05 genommen. In dem zwischenzeitlich aufgerufen Nachfolgetermin fällt der Satz bezugnehmend auf den hier berichteten Termin: „Es muss eine Lösung analog dem vorhergehenden angestrebt werden, zwischen einer Kapitalabfindung, denn mit Anwendung von Hartz IV, ist diese für eine angestrebte Altersabsicherung ungeeignet.“ Zu jung für die Rente, zu alt für eine Neueinstellung und die Aussicht auf Hartz IV, das sind keine gute Voraussetzungen für das Gericht einen Vergleich zu erreichen.

Um 10:28 erfolgt Fortsetzung und der RA erklärt sich mit einem besprochenen Vergleich einverstanden, erbittet aber eine Widerrufungsfrist von 14 Tagen, da sein Mandant noch Nachforschungs- und Klärungsaufwand hat. K.O. Müller ist mit der Widerspruchsfrist nicht einverstanden, denn es sollte heute entgültig abgeschlossen werden. Die RI erklärt eine Verpflichtung von 3 Wochen für die Verkündung einer strittigen Entscheidung. Es wäre von Seiten der Kammer ein Verkündungstermin zum 29.12.2004 möglich und somit auch eine Bedenkzeit bis zum 22.12.2004. Dem hat auch K.O. Müller nichts mehr entgegenzusetzen.

Jetzt wird der ausgehandelte Vergleich protokolliert:

  • Ein befristetes Arbeitsverhältnis vom 30.1.2005 bis zum 31.11.2008
  • Eingruppierung in E VII/1 = 266x,- € + Zuschlag von xx,- €, sonst Bedingungen wie im - Sondertarifvertrag vom 16.7.2004 – also 32 Stunden Woche, kein Urlaub- und Weihnachtgeld, ... .
  • Das Arbeitsverhältnis ist ordentlich kündbar, wobei die betriebsbedingte Kündigung ausgeschlossen wird. Also verhaltens- oder personenbedingte Kündigung zulässig.
  • Der Einsatz erfolgt im derzeitigen Tätigkeitsfeld.
  • Die Bekl verzichtet auf ein Widerspruch. Der Kl kann bis 22.8.04 dem Vergleich widersprechen.
  • Am 29.12.2004 Urteilsverkündung im Falle des Widerspruches

Der Vergleich wird vorgespielt und durch die Parteien genehmigt. Dauer ca. 25 Minuten
(WB)

(2) Kommentare

Anonymer Benutzer 09.12.2004 07:37
Dat kost teuer Geld – wer nur noch 2/3 bekommt, wird auch nur noch 2/3 leisten. Hoffentlich hat der „Kollege“ es begriffen, daß es die 32 Stunden per Sondervertrag gibt! Also keine Tätigkeiten außerhalb der Normalarbeitszeit. Systemarbeiten erfolgen tagsüber und nicht am Feierabend. Nix früher anfangen und später aufhören, damit die Anwender betreut sind. Wer nicht bereit ist, Leistung zu bezahlen, kann auch keine Mehrleistung erwarten. Sondererwartungen nur gegen reguläres Entgeld. So kann man sich auch den erforderlichen Spezialisten erhalten – nur Lohndumping muß zu Anpassungen führen. Denn mit zwei Leuten kann keine Dateninfrastruktur mit Server- und Anwenderbetreuung auf Dauer nicht aufrechterhalten werden. Wer an Organisatoren, Administratoren und Systembetreuer spart, bezahlt dies mit Mehraufwand bei der Anwenderseite und deren zusätzlich gesteigerte Unzufriedenheit. Da wird es erst recht teuer. Liebe Geschäftsführung, so erreicht man den TOC und ROI nie. Viel Freude an dem kurzfristigen Effekt bis zum nächsten Systemabsturz. Kurzsichtig in die Zukunft, aber wissend in den Produktionsstillstand?
Anonymer Benutzer 13.12.2004 08:50
Ob die Geschäftsleitung überhaupt TCO und ROI berechnen können? Dort herrscht doch die Devise: Gespart wird, egal was es kostet, Hauptsache das momentane Ergebnis stimmt! Folgekosten von morgen, interessieren mich heute nicht.