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Kammertermin 01.12.2004 ArbG BS

by WelgerArbeiterNehmer posted on 01.12.2004 15:21 last modified 30.07.2006 08:13 —

Termin 01.12.2004, 11:00 Uhr: Kammertermin – Betriebsbedingte Kündigung

RI Frau Heidelk mit den ehrenamtlichen RI Borchers und Bosse, 3. Kammer, Sitzungssaal D im ArbG BS
PV/Bekl Ass. Meyer pp. mit Karl Otto Müller (Personalleitung) und Stefan Lindig (Geschäftsführung) für Welger Maschinenfabrik GmbH / PV/Kl RA Koch mit Frank L., Aktenzeichen: 3 Ca 539/04, 7 Zuhörer

RI ruft die Parteien um 10:50 Uhr bereits auf. Frank und die Zuhörer gehen in den Sitzungssaal. RA Koch kommt umgehend nach, da er in „höheren Etagen“ weilte. Kürzer Gag, ob wegen seiner „Verspätung“ schon ein Versäumnisurteil ergangen sei? Doch die Bekl ist nicht da. 10:55 Bekl kommt und erklärt der Kammer, dass ihr PV noch in einem anderen Fall befasst ist. Kaum ausgesprochen, ist der Ass da und erklärt selbiges noch mal selbst und ist wieder entschwunden.

Für „small talk“ zur Zeitüberbrückung ist die RI, nach eigener Einlassung, nicht geeignet und sie fragt auch nicht nach, ob jeder heute das 1.Türen schon geöffnet hat. Nach einem kurzen Ausflug in die Kunst der Pralinen wird die Präsenzfeststellung schon vorbereitend zu Protokoll genommen.
RI fragt die Bekl-Partei nach der Namensliste und dem Interessensausgleich und ob diese in Original dabei sind? K.O. Müller hat dies nicht dabei und er hat auch nicht gewusst, dass dies erforderlich ist. RI bestätigt, dass dies nicht in der Ladung aufgegeben wurde. RA Koch habe aber im Schriftsatz bezug auf diese Dokumente genommen und bestritten. K.O. Müller erklärt weiter, dass diese von der GF und BR abgezeichnet seien. Die Diskussion geht noch ein bisschen zwischen den Parteien zu diesem Themenkomplex hin und her.

Die RI fragt die Bekl nach den nächsten Terminen. K.O. Müller erklärt, dass nächste Woche 8.12. ein Termin ist, aber nicht in der 3. Kammer. In der 3. Kammer sei erst nächste Jahr wieder ein Termin.

Um 11:10 ist auch der Ass da. Die Kammer fragt nach der telefonischen Zustimmung des Integrationsamtens vom 26.8.2004 und wer dies bezeugen kann. Die Sachbearbeiterin Fr. R. bzw. eine Kollegin Fr. H. habe um die Mittagszeit bei K.O. Müller angerufen. Danach werden Fragen mit der Namensliste und der Abzeichnung und Unterschriften geklärt. Die zusätzlichen Abzeichnungen durch GF und BR dienten nur der Kontrolle. Die BR-Anhörung soll ordnungsgemäß erfolgt sein, auch wenn die Zustimmung des Integrationsamtens nicht vorgelegen haben soll. Die Eigenschaft der Schwerbehinderung war dem BR aus der Namensliste ersichtlich.

Auf die Frage der RIin erklärt Frank, dass er 1966 mit der Lehre bei Welger angefangen hat und seit 1969 in der Versuchsabteilung beschäftigt sei. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag liege nicht vor, dass war zur damaligen Zeit nicht üblich. Also knapp 40 Jahre im Betrieb beschäftigt sei. Weiter erklärt er den vollen Tätigkeitsumfang, auch für Kleinserien, welcher in der Produktion separiert erfolgt.

Jetzt geht die RI auf die Sozialauswahl ein und stellt fest, dass diese etwas knapp im Sachvortrag ausgefallen ist und das 5 Mitarbeiter von der Auswahl ausgenommen wurden. Aufgrund der Namensliste prüft die Kammer nur auf grobe Fehler. Seit 1966 in der Firma und kein Leistungsträger?

RA erklärt, dass der Kl an alle Maschinen tätig ist und alle Tätigkeiten der Produktion ausführt. Er ist dadurch in der Lage auch Einzeltätigkeiten in der Produktion auszuführen. Dies wurde bei der Sozialauswahl nicht berücksichtigt. Ass. meint, dass dazu ggf. eine Stellungsnahme erforderlich sei und weißt gleich auf die geänderte Beweispflicht hin. Dies gelte auch bei vergleichbaren Tätigkeiten in der Produktion.

Die RI wechselt auf die Auftragslage über, anscheinend würde in den Schriftsätzen darauf bezug genommen. Es werden mehrere Großaufträge genannt. Dafür werde zusätzliches Personal gebraucht. Auch sollen bereits Ausgeschiedene angeschrieben und öffentlich geförderte Kräfte angefordert worden sein. Der GF erklärt dies mit dem normalen Zyklen der Aufträge und der strategischen Entscheidung, entgegen andersartigen früheren Planungsüberlegungen, einmalig noch 20 Großpressen zu bauen, weil dies der Markt fordere. Im übrigen will er die Angaben nicht bestätigen und will die Herkunft der genannten Zahlen von Frank L. wissen. Diese wurden von der GF auf der letzten Betriebsversammlung vorgetragen! Das mit dem Anschreiben und Verlängerungen von befristet Beschäftigten wird weiter vertieft. Auch die Wiederintegration von Gekündigten aus der Beschäftigungsgesellschaft, neben Fremdauftragsvergaben wird differenziert diskutiert.

Die RI übernimmt wieder die Gesprächsführung um einen Vergleich auszuloten. Auch hier die gleiche Situation mit den unterschiedlichen Ansichten. RA stellt gezielt Fragen zu einer Tochterfirma in Hannover. Es wird eine Beschäftigungsmöglichkeit dort vorgeschlagen bzw. eine bevorzugte Arbeitzuweisung bei Welger. Ein roter Faden ist für mich nicht erkennbar, aber die Parteien erbitten eine Auszeit um 11:35.

Um 12:05 wird fortgesetzt, nachdem ein zuvor unterbrochener Termin zwischengeschoben wurde.

Ass. erklärt, dass die Bekl über die diskutierten Vergleichsvorschläge hinausgeht und Hr. Frank L., bei allem dabei eingehenden Risiko, weiter im Versuchsbau beschäftigt. Er muss aber bereit sein, auch andere Tätigkeiten außerhalb des Versuchsbaus auszuführen.

RA erklärt hocherfreut dies als Selbstverständlich. Nachdem die Parteien auch auf eine Widerspruchfrist verzichten, nimmt die RIin diese Angebot als unwiderruflichen Vergleich auf. Vorgespielt und genehmigt, das Verfahren ist damit erledigt. Herr Frank L. ist nicht gekündigt.

Dauer: 35 Minuten ohne Pausen.
(wb)

(1) Kommentare

Anonymer Benutzer 01.12.2004 17:15
Unter www.nci.migm.de kann folgender Beitrag zu Namenslisten gelesen werden:

Do, 25.11.04: Betriebsräte als Handlanger der Arbeitgeber

Betriebsräte und Geschäftsführung machen gemeinsam Namenslisten. Die Mitarbeiter fühlen sich von beiden Seiten verraten. Auch rechtlich gesehen hat der Arbeitnehmer damit deutlich schlechtere Karten vor dem Arbeitsgericht: Das Gericht kann nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit prüfen und die Beweislast kehrt sich um. Der Arbeitnehmer muss beweisen, dass die Sozialkriterien verletzt wurden. An einen Betriebsratswiderspruch, der die Weiterbeschäftigung und damit das Gehalt bis Prozessende sichert, ist bei solchen Betriebsräten nicht zu denken.
zum Artikel (SZ)(jp)

Es wird auf folgenden Artikel verwiesen:

http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/erfolggeld/artikel/650/43607/