Abstimmungsergebnisse vorausbestimmen
Versuch den Tarifvertrag zu unterlaufen
Abstimmungsmanipulation wie in den USA und der Ukraine in Deutschland? Auch bei der Opel-Informations-Fortsetzungsabstimmung soll mit einer Doppelfrage das Ergebnis verfälscht worden sein. Wie kann eine Abstimmung beeinflusst werden und hat eine derartige Vorgehensweise überhaupt eine Aussagekraft? Nachfolgend der Originaltext einer Vorlage der Geschäftsführung an eine Belegschaft der Landmaschinenproduktion:
Wie auf der Belegschaftsinformation vom 01. November 2004 mitgeteilt, steigen die Materialpreise weiter dramatisch an. Die Kostenvorteile, die sich das Unternehmen in den letzten Jahren erarbeitet hat, werden dadurch aufgezehrt.
*Die Auftragslage von Wxxxxx entwickelt sich trotz der Preiserhöhung positiv. Die Deckungsbeiträge hingegen sinken dramatisch, weil die Materialeinsatzquote ständig steigt. Zur Kompensation müssen wir die gute Auftragslage nutzen und mehr Maschinen als geplant produzieren. Dafür allerdings benötigen wir mehr Flexibilität, um das von den Märkten geforderte und zur Sicherung des Standortes Wxxxxxxxxxxx notwendige Volumen an Maschinen auch tatsächlich produzieren zu können.*
*Die Geschäftsleitung bittet alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber abzustimmen, zur Gewinnung der notwendigen Flexibilität bei Vermeidung von zusätzlichen Kosten ab dem 01. November auf die bisherige Gleitzeitregelung zu verzichten. Die neue Regelung würde die Arbeitszeiten an einer notwendigen wöchentlichen Ausbringung von zur Zeit 50 Maschinen aus dem Bereich Landtechnik flexibel anpassen. Sollte eine Wochenarbeitszeit von größer 32 Stunden notwendig sein, würden diese Stunden am Monatsende verfallen.*
*Die per 31. Oktober 2004 aufgelaufenen Stundenguthaben bleiben erhalten. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag, die Wettbewerbsfähigkeit der Wxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx zu verbessern.*
*Ich bin bereit, bei Erreichen einer 2/3 Mehrheit dem Vorschlag der Geschäftsleitung zu folgen und einer Neuregelung der Gleitzeit zuzustimmen. JA # / Nein # *
Gehen wird einmal direkt zur Abstimmungsfrage oder besser zur verquickten Abstimmungsdoppelfrage. Bin ich nur bereit wenn mehr als 2/3 zustimmen oder stimme ich bereits einer Neuregelung zu und bin damit einer der Mehrheitsbeschaffer? Ganz einfach, ich stimme mit JA einer Neuregelung zu, obwohl ich mich vielleicht nur der Mehrheitsmeinung beugen will. Durch die Schreibweise „JA“ wird dies optisch zusätzlich unterstützt.
So und nun zum Beiwerk und Wegbereiter im Einzelnen:
Die Materialpreise z.B. Stahl steigen oder fallen, dies hängt von der Nachfrage und der Produktionsmenge auf dem Weltmarkt ab. Diese Auf und Ab erleben wir bei jedem Tanken an der Tankstelle, also eine Binsenweisheit. Die günstige Materialbeschaffung ist Aufgabe des Einkaufs und der Vertragsgestaltung. Kostenvorteile wurden hauptsächlich in den letzten Jahren durch Senkung der Personalkosten und durch Erhöhung der Arbeitsergebnisse pro Mitarbeiter erreicht.
Trotz der Weitergabe von Kosten an die Käufer werden mehr Maschinen bestellt. Dies ist sehr erfreulich und eine positive Aussage. Eine Quote ist ein Verhältniswert und sagt ohne Grundlage absolut nichts aus. Der Anteil der Materialkosten pro Maschine steigt wenn z.B. ein größeres Firmenschild oder zusätzliche Streben angebracht werden bzw. wenn die Personalkosten durch geringere Bezahlung oder weniger Zeitaufwand sinken. Eine schöner Versuch eine Notwenigkeitsgrundlage für die Zustimmung vorzubereiten. Die wird doch „Kompensation müssen wir die gute Auftragslage nutzen und mehr Maschinen als geplant produzieren“ gedopt. Denn es müssen mehr Maschinen als geplant mit einer reduzierten Mannschaft erzeugt werden, weil der Markt mehr Maschinen fordert als z.Z. produziert werden kann.
Jetzt zur Kennforderung, Abschaffung der Gleitzeit und Festlegung der Arbeitsleistung an einer Anzahl von erzeugten Maschinen. Übergang des Unternehmerrisikos auf die Arbeitnehmer, wenn z.B. wegen Produktionsmittelschäden die Produktion steht. Auch wird dadurch eine Möglichkeit eröffnet teuere Materiallösungen durch zeitintensive Lösungen zu ersetzen, was die o.g. Materialquote beeinflusst. Beispiel: Warum einen teueren schnelltrocknenden Lack einsetzten. Eine undefinierte Ausweitung von personalkostenlosen Arbeitszeiten, auch über die 40 Stunden hinaus, bis zum gesetzlichen Maximum. Vier Tage nur bezahlen und dafür sechs Tage arbeiten?
Die wegen dem Personalmangel durch Kündigung schon geleisteten Mehrarbeitstunden bleiben. Wie großzügig, bleibt der Geschäftleitung auch nicht viel anderes übrig, wenn man § 611 BGB anschaut. Und danach noch mal ein Appell mit der Unterstreichung der Erwartung – „Sie leisten damit“. Also wer es ablehnt gefährdet den „wichtigen Beitrag“. Ja, kein schlechtes Gewissen deswegen einreden lassen.
Es sollen übrigens über 60 Zettel mit "JA" abgegeben worden sein, was zu Glück knapp unter 50 % der abgegebenen Stimmen lag.