"Sie sind gerade dabei, sich von einem Drittel des Talents zu trennen"
Es ist in Nürnberg ungewönlich, daß ein Redner der Geschäftsleitung in der Betriebsversammlung unterbrochen wird. Aber seitdem Alcatel-Lucent vorhat, weltweit 12500 Beschäftigte zu entlassen, 303 davon in Nürnberg, ist die Stimmung anders geworden. Als der anwesende Geschäftsführer die Fähigkeiten der Beschäftigten pries und betonte, wie wichtig diese Talente für die Zukunft der Firma seien, wurde er unterbrochen und daran erinnert, daß die Firma ein Drittel davon entlassen möchte.
In seiner Betriebsversammlung stellte der Betriebsrat seine Arbeit im Vorfeld der Großdemonstration am 15.3.07 in Paris dar, in der es gelungen war, Demonstranten aus vielen Ländern und Standorten zu bewegen. Gemeinsam wurde der Unmut gegen die vom Management angekündigten Massenentlassungen vorgetragen.
Der Betriebsrat dankte ausdrücklich denen, die eine lange Bus-Anreise zur Demo auf sich genommen und der großen Welle der Sympatie, die für die Busfahrt gespendet hatten.
Die ersten Wirkungen dieser Demon wurden beschrieben, die auch aus anderen Aktionen, meist in Frankreich, folgten, u.a. die Zusage gegenüber französischen Regierungsmitgliedern, auf Kündigungen zu verzichten.
An der Auswertung der Demonstration wird noch gearbeitet, über die auch in diesem Projekt viel beschrieben ist.
Interessanterweise wurde auch vom Management daran gezweifelt, ob die Demonstrationen in Frankreich im Zeichen der dortigen Präsidentschaftswahlen ausreichend sind. Das klang so als ob er auch von den deutschen Standorten mehr Eigeninitiativen erwartet.
Die Geschäftsleitung stellte in ihrem Beitrag dar, daß sie es nun auch für vorrangig halte neue Projekte zu bekommen anstatt zu entlassen. Alledings war unklar, ob diese Projekte von Mitarbeitern übernommen werden könnten, die aus Synergieeffekten langfristig keine Arbeit mehr hätten. Ausdrücklich bedauerte er dies früher mit Wegfall von Funktionen umschrieben zu haben.
Tatsächlich wurden in mehreren Folien auch über 40 Projekte genannt, die es zu pflegen gelte. Diskutiert wurde gegensätzlich, warum dennoch in Nürnberg 300 Personen zuviel seien. Angeregt wurde, eine Zielvereinbarung über die Projekte abzuschließen, an der sich das Management messen lassen solle.
Was daraus wird, ist unklar. Am Schluß merkte einer der Betriebsräte, daß es wenig Sinn mache, über einen Interessenausgleich und Sozialplan zu reden, solang es unklar ist, wieviel Leute durch neue Projekte gerettet werden könnten. Das Geld für den Sozialplan sollte man lieber in neue Projekte stecken.