Was steckt hinter dem Verkauf vom Bereich Access?
Seitdem es bekannt wurde, daß Anymedia zum 1. März verkauft werden sollte, geht es in Access rund. Ein Meeting jagt das nächste. Im Gang wird ständig diskutiert. Soll ich gehen oder soll ich nicht? Das ist die Frage, für die jeder Mensch in der Abteilung eine Antwort zu finden versucht. Dennoch dürfen alle nicht nur in Hektik verfallen. Es gibt keinen Grund dafür und außerdem müssen wir überlegen, was hier gespielt wird.
Alcatel-Lucent ist letzte Woche überfallartig mit der Nachricht gekommen, dass Access an Wipro verkauft wird. Dass der avisierte Termin für den „Übergang“ der erste März ist, lässt den Betroffenen und dem Betriebsrat kaum Zeit zu reagieren, geschweige denn zu agieren.
Interessanterweise ist diese Vorgehensweise die gleiche, die in Berlin bei Nokia-Siemens Radio Access angewandt wurde. Weder der Berliner Betriebsrat noch der Wirtschaftsausschuss wurden im Vorfeld informiert. Es wurde versucht, alle vor vollendete Tatsachen zu stellen. Das Gleiche gilt für ALU.
Die KollegInnen haben kaum Zeit zu überlegen, ob die neue Firma in Ordnung ist und der Betriebsrat kann den Vorgang nicht vernünftig untersuchen und kann überhaupt nicht fundiert beraten.
Obwohl es vom Management versucht wird, alles schnell durchzupeitschen, müssen und dürfen wir nicht in Hektik verfallen. Die Firma möchte, dass die KollegInnen zu Wipro wechseln und haben panische Angst davor, dass die KollegInnen dem Betriebsübergang widersprechen. Noch eine Pleite wie in Berlin möchten ALU und Wipro nicht erleiden. Daher ist die Verhandlungsposition der KollegInnen stark. Wir haben soviel Zeit für die Entscheidungen und Verhandlungen, wie wir benötigen!
Was steckt hinter dieser Hektik, außer dass ALU die KollegInnen überrumpeln wollen?
Die Antwort wurde, so haben aus Betriebsratskreisen gehört, bereits dort verkündet. Zumindest ein Vorstandsmitglied, Herr Fechner, hat die Vision, dass in Zukunft R&D, sprich Forschung und Entwicklung“ von „third-parties“ übernommen werden soll, sprich Firmen wie Wipro oder TATA. Seine Meinung scheint nicht unumstritten zu sein. Die Präsentation, eine Folie im Betriebsrat, deutet jedoch darauf hin, dass er für diese Linie doch Unterstützung innerhalb von ALU hat. Dies könnte die Marschrichtung sein bzw. werden. Die Argumente, die heute für den Verkauf von Access gelten, können morgen für die Bereiche Optik und Mobility genauso relevant sein. Und außerdem: so eine Vorgehensweise könnte sehr schnell auch für Stuttgart gelten...
Auf jeden Fall passt die Vorgehensweise bei Access gut in die bereits verkündete Strategie für den gegenwärtigen Personalabbau: Freiwilligenprogramm, betriebsbedingte Kündigungen... und jetzt eben Outsourcing. Der Verkauf von Access zählt bereits zu den Abbauzahlen, so die Aussage der Firma.
Interessant am Rande ist auch, daß Wipro betont hat, sie brauche noch mehr Leute als die 33 in Access. Ideal für Wipro wären die Beschäftigte, die während der letzten Monate das „Freiwilligenprogramm“ von ALU in Anspruch genommen haben. Angeblich kennt Wipro die Outplacementfirma nicht, die diese Ex-Beschäftigte betreuen. So war die Auskunft eines Wipro-Vertreters, als ein Betriebsratsmitglied ihn in einer Veranstaltung danach fragte. Das ist seltsam.
Wie dem auch sei, eine grundlegende Frage ist noch nicht beantwortet – genauso war es auch bei NSN in Berlin: Wie sieht das Geschäftsmodell von Wipro aus? Ist es tragfähig? Was bieten sie den möglichen neuen KollegInnen an neuen Projekten an? Ist Wipro die goldene Zukunft und womöglich Ausweg für viele KollegInnen aus der ALU-Entwicklung oder möchte Wipro ledigich das Knowhow der Anymedia KollegInnen ausschlachten?
Die Antwort auf diese Fragen werden entscheidend für viele „noch“ ALU-Beschäftigte sein. Es stinkt gewaltig nach einem Pilotprojekt zum Thema Outsourcing.