Arbeitsamt zahlt kein Strukturkurzarbeitergeld
erstellt von dave
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zuletzt verändert:
25.08.2008 15:48
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Wie auf der BR Mch H Homepage zu lesen ist, weigert sich die Agentur für Arbeit Strukturkurzarbeitergeld für diejenigen Kollegen zu übernehmen, die von der beE wieder in einen COM Bereich in Mch H oder Mch P wechseln möchten.
Ich meine zu Recht !!
Es kann doch nicht sein, daß Siemens auf Kosten des Arbeitsamtes (und somit der Allgemeinheit !!) eine großangelegte Versetzungs- und Entsorgungsaktion durchführt, den Mitarbeitern großzügige Abfindungen verspricht und diese sich dann vom Arbeitsamt zahlen lässt.
Auch zeigt diese Aktion, daß doch die ganze FN Restrukturierung eine Farce ist, wenn jetzt die Mitarbeiter plötzlich nach nur einem Monat wieder neue Arbeitsplätze in COM Bereichen in Mch H und Mch P finden.
Äußerst seltsam finde ich, daß der BR das Verhalten der Betriebsleitung nicht missbilligt, nein der BR "bedauert" sogar die Weigerung des Arbeitsamtes, das Strukturkurzarbeitergeld zu bezahlen.
Es wäre besser gewesen, der BR hätte schon während der FN Restrukturierung diese offenen Arbeitsplätze bei COM aufgedeckt, und eine Versetzung der Kollegen direkt ohne den Umweg über die beE ermöglicht.
Ein weiteres Beispiel für diesen Missbrauch des Strukturkurzarbeitergeldes zeigt sich bei denjenigen Kollegen, die nur in die beE wechseln, um eine höhere Abfindung zu kassieren (die natürlich teilweise vom Arbeitsamt und somit wieder von der Allgemeinheit !) bezahlt wird, obwohl die Kollegen schon eine neue Beschäftigung haben.
Der Grund hierfür liegt eindeutig in den Vereinbarungen des BR mit der BL, bei einem beE-Umweg höhere Abfindungen zu bezahlen als bei einem Aufhebungsvertrag.
Die Sichtweise der BL für diese Vereinbarung kann ich ja verstehen (die "arme" Siemens AG lässt sich somit wieder einen Großteil der Abfindungssumme von der Allgemeinheit bezahlen), aber warum stimmt der BR solchen Vereinbarungen zu, die eindeutig zu Lasten der Allgemeinheit gehen ??
Wurde da etwa ebenfalls großzügig geschmiert - siehe VW ??
Du hast in vielen Punkten recht; aber andererseits, versetze Dich doch auch mal in
die Lage eines in die beE gepressten Kollegen: Der ist doch sicherlich froh,
dass er nicht nur extern vermittelt wird, sondern doch noch eine Chance bekommt
aus der beE heraus wieder auf eine Siemens-Stelle oder gar Com-Stelle versetzt zu
werden. Die Arbeitsagentur hat natürlich auch recht, wenn sie nicht bereit ist
für solche Spielchen zu löhnen, aber umgekehrt würde der Betriebsrat den beE-Kollegen
in sehr schmerzlicher Weise in den Rücken fallen, wenn er fordern würde solche
internen Versetzungen zu unterbinden. Also: Überlassen wir es doch der Arbeits-
agentur, selber "nein" zu sagen, den Hut brauchen wir uns nicht aufzusetzen.
Und darf sich insbes. nicht der Betriebsrat aufsetzen, denn der ist nicht für die
gesamte Volkswirtschaft, sondern primär für die Interessen der eigenen Belegschaft da.
Die von Dir angesprochene betriebsrätliche "Missbilligung" hätte doch nicht zur
Folge, dass die Kollegen gar nicht erst in die beE entsorgt werden, sondern allenfalls
dass sie dann nur noch extern vermittelt werden, und das wäre aus Sicht der
Belegschafts-Interessen kontraproduktiv.
Ist doch logisch, das sich das Arbeitsamt sich wehrt, wenn reiche Firmen versuche es auszunehmen. Schaut doch einfach mal in das Projekt MAN. Erst werden die Mitarbeiter bei der Busproduktion NEOMAN gekündigt und eine Beschäftigungsgesellschaft angeboten, um sie später dann im MAN LKW-Bau wieder einzustellen. NEOMAN ist eine Tochtergesellschaft der MAN AG. Mittels Vergleich war zwangsweise eine Pause von bis zu einem Jahr auf Arbeitslosengeld vorgesehen. Die Leute wurde auf Kosten der Allgemeinheit zwischengeparkt. Selbiges hat Siemens auch gemacht. Weil Leute gekündigt worden sind, die sie wieder brauchen.
Die Beschaeftigungsgesellschaft dient dazu, Arbeitslosigkeit zu verhindern. Deswegen muß der Staat auch dafuer mitzahlen. Sie sind auch ein typisch deutsches Produkt und Ergebnis des uebertriebenen Kuendigungsschutzes. Es muss wie in den USA moeglich sein, Leute problemlos zu entlassen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, und bei Bedarf wieder einzustellen.
DC sagt: Die beE dient dazu, Arbeitslosigkeit zu verhindern.
Stimmt nicht: Die beE ist keine Erfindung der Regierung, sondern von Firmenmanagern,
und denen ist die Arbeitslosigkeit wurscht. Meiner Meinung nach diente die beE dazu,
Kündigungsschutzgesetz $1 Abs.2 (Versetzung statt Entlassung) und Abs.3 (Sozialauswahl)
zu umgehen; zumindest was Letzteres betrifft, hat die Firma dank der Abfuhr vor Gericht
dazugelernt.
DC sagt weiter, in DEU wäre der Kündigungsschutz übertrieben und man müsse wie in
Deutschland Leute entlassen können, wenn man sie nicht mehr braucht.
Abgesehen davon, dass amerikanische Gesetze nur dann sinnvoll sind, wenn man auch
amerikanische Verhältnisse haben will (und die will ich bestimmt nicht),
und abgesehen davon dass wir auch das deutsche Grundgesetz zu beachten haben
(Eigentum verpflichtet), bietet das deutsche Arbeitsrecht doch wesentlich mehr
Möglichkeiten als immer dargestellt: Jeder Arbeitgeber kann zu jedem Zeitpunkt
trotz Milliardengewinnen so viele Leute entlassen wie er will.
Nur: Wenn er dazu gerade die dümmste alle Methoden auswählt, nämlicn die betriebs-
bedingte Kündigung, muss er sich eben auch gefallen lassen, dass er dann die
AUSWAHL, wer gehen und wer bleiben soll, nicht alleine treffen darf, sondern dann
bestimmte Spielregeln zu beachten sind. Und sowas nennt man Sozialauswahl.
Dass wiederum niemand gekündigt werden darf, den die Firma auf eigenen freien
Stellen weiterbeschäftigen könnte, entspricht dem Selbsthilfeprinzip des deutschen
Staates, wie es ja auch bei HartzIV zur Anwendung kommt (keine Familie, die sich noch
selbst helfen kann, kriegt ALGII): Kein Unternehmen darf jemanden entlassen (was
damit gleichbedeutend ist, dass der Staat dann für ihn sorgen darf), den es selbst
(auf einer anderen Stelle) weiterbeschäftigen könnte.
Und für so eine Weiterbeschäftigung braucht man keine beE, dazu ist das Unternehmen
nach §1(2) wie gesagt ohnehin gesetzlich verpflichtet. Warum sollte der Staat dann
noch freiwillig dafür etwas zahlen?
Der Staat ist kein abstraktes Etwas - wie drückte es Louis XIV so schön aus: "L'etat c'est moi".
Wir sind der Staat, es sind unsere Steuergelder, von denen das Strukturkurzarbeitergeld bezahlt wird. Also dürfen wir selber auch noch dafür zahlen, dass wir über die beE entsorgt oder dort geparkt werden. Normal ist das nicht.
[quoteC format="text/plain"]Es muss wie in den USA moeglich sein, Leute problemlos zu entlassen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, und bei Bedarf wieder einzustellen.[/quote]In den USA ist es im Gegensatz zu unserem Land nicht nur gebräuchlich, die Leute zu feuern, sondern wie du schreibst sie auch wieder einzustellen.
Hierzulande ist nur das Feuern üblich. Wieder eingestellt werden die Wenigsten und was bleibt für die anderen? In USA könntest du dich wenigstens als Tellerwäscher oder bei McDonalds verdingen. Bei uns bekommst du einen solchen Job nicht – überqualifiziert. Du kannst auch nicht sagen, ich mache mein Hobby zum Beruf und arbeite eben als Handwerker – schließlich hast du keinen Meisterbrief. Wenn du nicht zufällig genau das Profil hast, das gesucht wird (und das ist gewöhnlich die eierlegende Wollmilchsau) und dazu noch unter 35 bist, wird es schwierig.
So viele Probleme mit dem Kündigen haben die Firmen übrigens gar nicht, wie unsere Arbeitslosenstatistik beweist. Wenn sich eine Firma an die Regeln hält, hilft den Arbeitnehmern auch das Kündigungsschutzgesetz nichts. Es ist ja auch kein Kündigungsverhinderungsgesetz, es soll nur sicherstellen, dass niemand willkürlich seinen Arbeitsplatz verliert.
Auch eine Firma, die bestimmte Arbeitnehmer loswerden will schafft das. Bei älteren MA bieten sie ja oft genug Vorruhestandsregelungen an – das ist eine Möglichkeit. Wenn die Abfindungen hoch genug sind werden sich auch andere dazu bewegen lassen, ihren Arbeitsplatz zu räumen.
Ich sehe jedenfalls keinen Grund, das Arbeitsrecht zugunsten der Arbeitgeber zu ändern.
In einem Punkt muß ich ChrisR widersprechen: Es sind zwar unsere Gelder, die verbraten werden, aber "der Staat bin ich", das kann allenfalls ein H.v. Pierer und seinesgleichen sagen. Du nicht und ich auch nicht.
Daß der Staat "das Unterdrückungsinstrument der jeweils herrschenden Klasse" ist, halte ich nach wie vor für eine exakte Analyse. Und er ist weiß Gott nichts Abstraktes, da hast du recht: Polizei, Militär, Schulwesen, wo überhaupt noch staatlich, Gesetzgebung, leider auch die Justiz. Überall kannst dus greifen und hast ja selber analysiert, wie es funktioniert z.B. anhand des CDU-Wahlprogramms.
Zugeständnisse an uns, wie z.B. Gerichtsurteile, die uns recht geben sind stets auch Ausdruck davon, daß, wo Unterdrückung herrscht auch Widerstand da ist. Zugeständnisse also, die mit unserer Kampfkraft zusammenhängen und unsere Erfolge sind aber auch darauf abzielen, daß die gesamte Ordnung nicht in Frage gestellt wird. (Sie haben einen Doppelcharakter).
Liebe ChrisR,
ein Staat, in dem wirklich wir das Sagen haben, der sieht ziemlich anders aus, denke ich.
Wir würden bestimmt nicht haufenweise wertvolle Kräfte und Güter verschleudern und Familien besonders Frauen das Leben schwer machen.
Gruß Friederike
[quote:ChrisR format="text/plain"]In den USA ist es im Gegensatz zu unserem Land nicht nur gebräuchlich, die Leute zu feuern, sondern wie du schreibst sie auch wieder einzustellen.
Hierzulande ist nur das Feuern üblich. Wieder eingestellt werden die Wenigsten und was bleibt für die anderen? In USA könntest du dich wenigstens als Tellerwäscher oder bei McDonalds verdingen. Bei uns bekommst du einen solchen Job nicht – überqualifiziert. Du kannst auch nicht sagen, ich mache mein Hobby zum Beruf und arbeite eben als Handwerker – schließlich hast du keinen Meisterbrief. [/quote]
Besser kann man es eigentlich gar nicht formulieren. Wer hierzulande glaubt, die Aufweichung des Kündigungsschutzes könnte den Arbeitsmarkt beleben, der zäumt das Pferd von hinten auf. Zunächst müssen die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit der Kündigungsschutz fallen kann! Und davon sind wir in Deutschland noch meilenweit entfernt.
[quote:BT format="text/plain"] Die Arbeitsagentur hat natürlich auch recht, wenn sie nicht bereit ist
für solche Spielchen zu löhnen, aber umgekehrt würde der Betriebsrat den beE-Kollegen
in sehr schmerzlicher Weise in den Rücken fallen, wenn er fordern würde solche
internen Versetzungen zu unterbinden. Also: Überlassen wir es doch der Arbeits-
agentur, selber "nein" zu sagen, den Hut brauchen wir uns nicht aufzusetzen.
Und darf sich insbes. nicht der Betriebsrat aufsetzen, denn der ist nicht für die
gesamte Volkswirtschaft, sondern primär für die Interessen der eigenen Belegschaft da.
Die von Dir angesprochene betriebsrätliche "Missbilligung" hätte doch nicht zur
Folge, dass die Kollegen gar nicht erst in die beE entsorgt werden, sondern allenfalls
dass sie dann nur noch extern vermittelt werden, und das wäre aus Sicht der
Belegschafts-Interessen kontraproduktiv. [/quote]
Ein BR hat auch gesellschaftlich Verantwortung, nicht nur betriebliche. Die Siemens AG versetzt Mitarbeiter auch ohne beE, wenn sie sie behalten will. Die Kollegen, die innerhalb kürzester Zeit über die beE wieder einen Arbeitsplatz bei Siemens bekommen haben, hätten diesen auch ohne die beE bekommen - schlicht und einfach deshalb, weil die Firma sie behalten möchte! Würde Siemens nicht ständig Versetzungssperren verhängen (gegen die der BR auch mal etwas lauter protestieren dürfte), dann könnte die Bundesagentur für Arbeit viel Geld und die Kollegen viel Nerven sparen.
Statt die beE sofort abzunicken und auch noch anzupreisen, sollte der BR über ein Versetzungskonzept (ohne beE) nachdenken. Wenn in der beE nur externe Versetzungen laufen, würden manche vielleicht nicht so leicht ihren Arbeitsplatz aufgeben und für ihn kämpfen, und ihre Arbeitnehmerrechte wahrnehmen. So aber wird die beE getragen von der Hoffnung, ach ich werde schon bei Siemens wieder was finden. Und für manche gibt es eben dann das böse Erwachen beim Arbeitsamt.
Mich macht es wütend, dass dieses Geld, den ALG I und ALG II Empfängern weggenommen wird, die es wahrlich dringender brauchen als Siemens. Ursprünglich war das beE-Konstrukt im SGB für Betriebe in Notlagen oder Insolvenz gedacht. Da macht es Sinn, aber nicht für einen reichen Konzern. Ein Konzern, der entlässt, obwohl er Gewinne schreibt, sollte überhaupt keine beE finanziert bekommen. Dann muss er sich nämlich andere Wege ausdenken. Kündigen will er nicht in erster Linie (sonst täte er es nämlich). Hier ist meines Erachtens der Gesetzgeber gefragt. Es liegt nämlich ein massiver Missbrauch von staatlichen Leistungen vor! Deshalb begrüße ich es sehr, wenn die Arbeitsagentur sich weigert zu zahlen.
[quote:BT format="text/plain"] Also: Überlassen wir es doch der Arbeits-
agentur, selber "nein" zu sagen, den Hut brauchen wir uns nicht aufzusetzen.
Und darf sich insbes. nicht der Betriebsrat aufsetzen, denn der ist nicht für die
gesamte Volkswirtschaft, sondern primär für die Interessen der eigenen Belegschaft da.
[/quote]
Aber die Siemens AG soll wohl Verantwortung für die gesamte Volkswirtschaft übernehmen und nicht primär für ihre betriebswirtschaftlichen Interessen? Nicht, daß ich das Verhalten von Siemens billige, aber der Betriebsrat darf (Geld fordern) was Siemens nicht tun soll?
Man kann von der Siemens AG keinerlei Verantwortung erwarten (außer gegenüber den Aktionären), deshalb muß man seine Geldforderungen auch direkt an die Siemens AG stellen und nicht an das Arbeitsamt, das wir bezahlen. Wenn die Siemens AG bezahlt, dann nicht aus Verantwortungsbewußtsein, sondern auf puren Druck der Kollegen und der Befürchtung, daß sie noch viel mehr lernen als sie bisher schon gelernt haben.
Es ist Donnerstag, der 21. Juli 2005 um 20 Uhr45
Was für eine Inszenierung der Köhler-Ansprache!
Dieser IWF-Mann beherrscht die Kunst der Show durchaus. Geheucheltes Verantwortungsbewußtsein, den Eindruck des tiefen Nachdenkens und Abwägens hinterlassend, will er den Leuten mit seiner Ansprache das Gefühl geben, er nehme sie ernst.
Worüber er sich besonders freut: Daß die Leute "das Grundgesetz ernst nehmen".
In dem der Eigentumsparagraf immer noch die erste Geige spielt.
Die Diskussionen hier werden immer spannender.
Gruß Friederike
Auf Basis von Ploneboard