3000 Entlassungen bei COM
erstellt von dave
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zuletzt verändert:
25.08.2008 15:47
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Das engeschränkte Streikrecht ist ein Teil der sozialen Marktwirtschaft und hat über Jahrezehnte den wirtschaftlichen Aufschwung mitgetragen. Dieser sozialer Konzezens würde in den letzten Jahren von den Arbeitgebern mit dem puren Gewinnstreben total aufgekündigt. So wie Kleinfeld die Beschäftigten an die "deutschen" Tugenden erinnert, um noch mehr Profikt zu erhalten, müssen wir die Arbeitgeber an ihre gesellschftliche und soziale Verantwortung erinnern. Streiks sind ein gutes Mittel dazu.
Aber auch ein verantwortliches Handeln kann beitragen. Gesetzliche Auflagen wie z.B. die Arbeitszeiten einhalten. Gegen Arbeitsverdichtung und damit gegen Personalabbau z.B. mit "Dienst nach Vorschrift", wie es einmal die Fluglosten praktiziert haben. Kleine Schritte des zivilen Ungehorsams und des inneren Protests. Das hat jeder selbst in der Hand? Für sich in kleinen und Organisiert in großen?
[quote:Friederike format="text/plain"]Es gehört ein richtiges Streikrecht her, so daß man auch auf die Politik, die mit uns gemacht wird richtig antworten kann, bzw. daß auch Solidaritätsstreiks, wie sie immer wieder stattfinden und auch müssen, nicht als "illegal" oder "wild" bezeichnet werden können, sondern gesetzliches Recht sein müssen.[/quote]Ich glaube nicht, dass uns ein erweitertes Streikrecht sehr viel weiterhelfen würde. Ein Streik ist in der heutigen Situation genau wie eine Demonstration eine relativ stumpfe Waffe geworden. Es gibt doch so viele Demos, wer schaut da noch hin? Die Firma X entlässt 5000 Mitarbeiter, Firma Y 2500, … dagegen demonstrieren die Mitarbeiter, es gibt eine Schlagzeile in den Tageszeitungen, wenn es hoch kommt berichtet das Fernsehen darüber und am nächsten Tag ist es vergessen, weil dann die nächste Firma ihre Horrorzahlen bekannt gibt. Damit verpufft die ganze Energie, die in die Demonstration hineingesteckt wurde. Mit Streiks ist es ähnlich, nur dass da die Angst der Kollegen um ihren Arbeitsplatz (zu recht) an erste Stelle vor den Streikwillen tritt.
Was wir brauchen ist eine Methode um sich gegen den Arbeitsplatzabbau durch die Hintertür (Ausgliederung in eigenständiges Unternehmen + Schließung dieses Unternehmens in naher Zukunft) wehren zu können. Die Widerspruchsmöglichkeit gegen einen Betriebsübergang wie ihn §613a BGB vorsieht ist nicht praktikabel. Sie läuft ins leere, wie wir gerade am Beispiel MD -> BenQ gesehen haben. Das Unternehmen wird den übergehenden Bereich vor dem Übergang in einen eigenständigen Betrieb umwandeln (z.B. wie im Fall MD und CPE durch eine Betriebsaufspaltung), sodass dann der gesamte Betrieb in das neue Unternehmen übergehen kann. Beim Widerspruch des Mitarbeiters bleibt daher kein Restbetrieb übrig, eine Sozialauswahl entfällt. Ein leichtes für den Arbeitgeber, eine betriebsbedingte Kündigung durch zubekommen.
Was wir also brauchen ist eine gesetzliche Regelung in Form eines verbesserten Widerspruchsrechts gegen den Betriebsübergang oder einer Rückkehrmöglichkeit in den ursprünglichen Betrieb, falls die neue Firma innerhalb einer gewissen Frist Insolvenz anmeldet oder eine Betriebsschließung durchführt.
Ich denke zu unterschätzt den Streik als Waffe. Du hast gesehen, wie in Frankreich die Leute rausgegangen sind und gestern Generalstreik in Belgien. Zum einen drückt das eine große Vereinheitlichung des Protestes gegen die Regierungspolitik aus - wie sie bei uns erst noch entwickelt werden muß, zum anderen trägt jeder Streik dazu bei, daß auch die anderen Belegschaften genau die Erfahrungen der Kollegen studieren und ihre Schlüsse ziehen. Sowohl aus Niederlagen wie auch aus Erfolgen.
Außer also, daß man die Geschäftsleitung an der empfindlichen Stelle des Profitmachens trifft, wird in einem solchen Streik eine Menge gelernt. Man lernt auch seine eigenen Kollegen besser kennen: plötzlich steht neben dir einer mit draußen, von dem du es nie gedacht hättest.
Die wichtigste Erfahrung ist aber: selber den Takt des Geschehens bestimmen zu lernen.
Das wird "von oben" durchaus gefürchtet. Schafft es doch solide Grundlagen fürs Weitergehen.
Was die Tricks mit der Ausgliederung anlangt, bin ich auch deiner Meinung, daß hier ein Riegel vorgeschoben gehört, wenn dauernd die Rechte der Kollegen ausgehebelt werden.
Das beißt sich beides nicht.
Gruß Friederike
Die betriebswirtschaflich sinnvolle Möglichkeit der Betriebsabspaltung und Ausgliederung wird schon seit einiger Zeit dazu mißbraucht Kündigungen durchzuführen. Die abgebende Firma überläßt dies der übernehmenden Firma, die dazu eine eigenständige GmbH oder sowas gründet. Schaut euch als Beispiel den Siemens eigenen Schulungsbetrieb L + S Trainings an. Erst an die österreichische BIT GmbH verkauft. Ein Jahr später Konkurs angemeldet und den Betrieb derzeit reduziert mit Insolvensgeld an laufen gehalten. Mitarbeiterabbau auf Raten ohne das Siemens die weiße Weste sich beschmutzt.
Nur wer sich die österreichische BIT GmbH näher anschaut, kann feststellen, dass an dieser zu 50 % die Siemens Austria beteiligt ist.
Snitec ist ein weiteres Beispiel, MD/BENQ und CPE/SHC folgen nur. Wie kann eine Firma die einen Jahresgewinn von 12 Mio. hat, MD kaufen, der angeblich pro Tag 1 Mio miese macht? Die 250 Mio Mitgift reichen bei Sparmaßnehmen z.B. Kurzarbeitergeld ein Jahr. Was dann? Auch Insolvenzgeld?
Die Politik ist zu träge oder desinteressiert diese Bereicherung auf Kosten der Arbeitnehmer und der Sozialkassen zu unterbinden.
Ich denke Ihr habt beide recht.
Ja, Streik ist eine stumpfe Waffe geworden, zumindest wenn es nur mal eben
schnell ein Demo-Kurz-Streik von ein paar Stunden ist, juckt das genauso wenig
wie eine Demo. Nur langfristige breit angelegte Streiks, die einer Firma richtig
weh tun, können überhaupt etwas bewirken, und das klappt nicht überall.
Die Forderung "verbessertes Widerspruchsrechts gegen den Betriebsübergang oder einer Rückkehrmöglichkeit in den ursprünglichen Betrieb, falls die neue Firma innerhalb einer gewissen Frist Insolvenz anmeldet oder eine Betriebsschließung durchführt" finde ich aber auch sehr sehr berechtigt, in jedem Falle haben
sich die Arbeitgeber neue Methoden zur Umgehung eines Gesetzes (des KSchG)
ausgedacht, und darauf muss der Gesetzgeber schleunigst reagieren.
Es gibt aber m.E. noch eine weitere Ebene, wo wir alle etwas tun könnten
und uns dieser Macht noch gar nicht so recht bewusst sind:
Es ist die Macht des Verbrauchers. Ein gut organisierter Kaufboykott
kann wahre Wunder wirken !
Natürlich ist der Streik eine stumpfe Waffe, wenn er nicht konsequent und zielgerichtet eingesetzt wird. Sozusagen nur zum Danpf ablassen.
Trotzdem ist jede Streikerfahrung wertvoll - insbesondere wenn seit 20 Jahren diese Erfahrung nicht gemacht wurde.
Zur Frage des Kaufboykotts: Ich denke, das ist durchaus ein Mittel, um seinen Protest zu äußern.
Aber ich sehe es als ein sehr beschränktes Mittel - denn Leute wie ich, die arbeitslos sind, befinden sich in einem Dauerboykott, die sowieso nur das Nötigste kaufen.
Gruß Friederike
@wolfgang
von einer Seite gesehen hast du Recht, aber überlege mal, dieses Argument zieht auch bei jedem Streik. Weniger produzierte Produkte = weniger Verkauf = weniger Gewinn = weniger Arbeit
Aber Streiks waren in der Vergangenheit und sind heute noch ein sehr wirksames Mittel um berechtigte Anliegen der Arbeitnehmer gegen den wirtschaftlich stärkeren Arbeitgeber durchzusetzen.
Ergo gilt das auch für den Boykott von Produkten, nur muss dieser auch an die Öffentlichkeit getragen werden, so dass der Arbeitgeber auch sieht wieviel Gewinn ihm durch seine verwerfliche und asoziale Handlungsweise entgeht. Dann wird er überlegen und im Sinne der Gewinnmaximierung reagieren und sein Verhalten abstellen.
Wir als Arbeitnehmer und Verbraucher müssen uns nur einig sein.
Als die SEL den Prozeß, den ich gegen meine Kündigung geführt hatte, verloren hat, mußten sie mir eine Menge Lohn nachzahlen. Einen großen Teil fraß die Steuer, weil sie es mir in einem Monatslohn zurückgezahlt haben. Vom Rest habe ich mir den ersten Computer meines Lebens gekauft. Es war ein Olivetti - und mein Abteilungsleiter war ziemlich ungehalten, als er das hörte.
Gruß Friederike
[quote:ChrisR format="text/plain"](...) Beim Widerspruch des Mitarbeiters bleibt daher kein Restbetrieb übrig, eine Sozialauswahl entfällt. Ein leichtes für den Arbeitgeber, eine betriebsbedingte Kündigung durch zubekommen[/quote]
WOUW, Chris, Du solltest Dich als Consultant bei der PA bewerben. Ist doch Super, betriebsbedingt kuendigen, ohne Sozialauswahl, Sozialplan, teure beE und teure Abfindungsangebote. Ich sagte schon, dem Lieblingsprojekt meines Chefs - die beE - werden bald viele nachweinen.
kampfschaf wrote:
Ergo gilt das auch für den Boykott von Produkten, nur muss dieser auch an die Öffentlichkeit getragen werden, so dass der Arbeitgeber auch sieht wieviel Gewinn ihm durch seine verwerfliche und asoziale Handlungsweise entgeht. Dnn wird er überlegen und im Sinne der Gewinnmaximierung reagieren und sein Verhalten abstellen.
Wir als Arbeitnehmer und Verbraucher müssen uns nur einig sein.
-> Bingo. Das ist genau meine Meinung. Doch das Brainstorming dazu sollen wir besser unter uns(!) diskutieren.
Ja, wir als Arbeitnehmer und Verbraucher müssen uns einig sein. Ich denke aber, daß wir weitergehen müssen. Es geht ja nicht nur darum, daß der Arbeitgeber aus Profitgründen eine andere Taktik wählt. Es geht um mehr: Es geht darum, ob dieses, am maximalen Profit ausgerichtete Denken, weiterhin das Herrschende bleibt - oder ob sich die Denkweise, wie sie sich bei NCI entwickelt hat - und ständig weiterentwickelt, als das Vorherrschende zumindest bei den Kolleginnen und Kollegen durchsetzt.
Der Zustand unserer Regierung zeigt eher, daß wir auf dem Vormarsch sind. Dann muß man auch unbedingt weitergehen - wir haben nun mal die besseren Karten. Die andere Seite hat die Macht, jawohl, aber sonst hat sie auch nichts mehr zu bieten.
Gruß Friederike
Liebe Frederike,
du hast Recht, bei NCI hat sich etwas anderes entwickelt. Aber das gibt es nicht nur bei NCI. Es gibt viele Leute, die so denken, aber sich nicht so recht trauen, es zu äußern.
Es gibt –leider auch bei Siemens– genauso viele Mitläufer, die nur an sich denken und erst mal ihre Schäfchen ins Trockene bringen, getreu dem Motto „Jeder ist sich selbst der Nächste“. Diese unterstützen diese scheinbare „Macht“ neben der Lobby in der Politik.
Meiner Meinung nach können wir mit den richtigen Konzepten diesen Kokon, der sich gebildet hat, und öffentlich alles als unabwendbar darstellt, schon aus dem Konzept der scheinbaren Macht und finanziellen reichlichen Ausgleichs für all diese Mühe (z. B. als Konzernlenker Leute rauszuschmeißen statt Managementfehler einzugestehen, als Politiker mit allen Goddys, dies als unabänderliche Tatsache hinzustellen, statt genau hinzusehen) torpedieren.
Wenn man zwischen den Zeilen lesen kann, erkennt man die Strategie.
Gruß
Flo
Auf Basis von Ploneboard