Die PSE ist tot - es leben die KollegInnen!
Am vergangenen Montag dem 30.03.2009 erklärte das Siemens-Management ihren Software-Entwicklungsbereich "SIS PSE" auf einer Wiener Veranstaltung für PSE-MitarbeiterInnen zur "Neuausrichtung der Entwicklungskompetenzen in Österreich" ab April 2009 offiziell für tot. Aber die österreichische Ex-PSE-Belegschaft lebt anscheinend noch ungekündigt weiter - zwar zerschlagen in einen großen Teil und zwei kleinere Teile - doch die etwa 2.000 anwesenden KollegInnen der Veranstaltung stimmten nahezu geschlossen einer weiterhin einheitlichen Vertretung durch den bisherigen SIS PSE Betriebsrat zu. Wir berichten über die Ereignisse auf dieser Veranstaltung und den folgenden Entwicklungen.
Einheit der PSE fällt Beschlüssen der Konzernzentrale zum Opfer
Aufgrund der Beschlüsse der Siemens-Konzernzentrale - Konzentration auf die Sektoren Industrie, Energie und Gesundheitswesen, Verzicht auf den Bereich Telekommunikation - und wegen reduzierter Aufträge vor allem der Autoindustrie gelte es nach über 40 Jahren Erfolgsgeschichte von der PSE "Abschied zu nehmen" und einen "Neustart" zu tätigen verkündeten die österreichische Siemens-Vorstandsvorsitzende Ederer und SIS CEO Dr. Christoph Kollatz. Aus den gezeigten Folien der Geschäftsführung ging hervor, dass die alte SIS PSE mit ca. 2.400 MitarbeiterInnen in dem bisherigen Siemens-Bereich SIS CEE mit dann rund 3.300 MitarbeiterInnen und dem neu gegründeten Bereich CT CEE mit dann rund 270 MitarbeiterInnen in Österreich aufgehen soll. Aus Informationen des Betriebsrats ergibt sich, dass rund 1.800 PSE-KollegInnen in die neue Abteilung SDE und rund 230 PSE-KollegInnen in die bisherigen Abteilungen PRO und PS der SIS CEE in Österreich versetzt werden.
Siemens-Veranstaltung für österreichische PSE-MitarbeiterInnen am 30.03.2009 in der Messe Wien
Trotz "hervorragender Leistungen" weiterer "Personalabbau"
In schwülstigen Reden "bedankten" sich die VertreterInnen des Managements für die "hervorragenden Leistungen" der PSE-MitarbeiterInnen aber bedauerten gleichzeitig ihr eigenes "Misslingen", das Geschäft mit den verbleibenden Siemens-Sektoren zu entwickeln. Wegen der daraus resultierenden schwachen Auslastung seien weitere Restrukturierungen und Personalabbau notwendig. Das gelte es, in den nächsten Wochen mit der Belegschaftsvertretung zu besprechen, erklärte Frau Ederer. Der Frage eines Mitarbeiters, ob dabei auf betriebsbedingte Kündigungen wie in Deutschland verzichtet werde, wich sie aus.
Betriebsrat: "Schmerzensgeld" für die Fehlleistungen des Managements!
Der Betriebsratsvorsitzende Samadani empfahl den versammelten PSE-KollegInnen, sich an den Betriebsrat zu wenden, wenn sie für die Fehlleistungen des Managements in den letzten zwei Jahren Schmerzensgeld verlangen wollen. Er könne der mangelhaft durchgeführten Organisationsänderung bei der SIS CEE aus heutiger Sicht nicht zustimmen.
Trotz Entschuldigung des BR-Vorsitzenden weiterer Vertretungswunsch
Sichtlich bewegt folgte eine Entschuldigung des Betriebsratsvorsitzenden, dass es trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen sei, die Einheit der PSE zu erhalten. Er persönlich und die PSE-BetriebsrätInnen wollten weiterarbeiten. Wer weiterhin vom SIS PSE Betriebsrat vertreten werden wolle, möge aufstehen bzw. die Hand erheben. In einem beeindruckend geschlossenen, eindeutigen Votum demonstrierten die versammelten KollegInnen gegenüber der Geschäftsführung am Podium ihren fortgesetzten Vertretungswunsch durch den bisherigen Betriebsrat.
Betriebsratsvorsitzender Samadani auf der MitarbeiterInnen-Veranstaltung am 30.03.2009
KollegInnen klagen über Management- und Kommunikationsfehler
In den anschließenden fast 30 Fragen an das Management brachten die KollegInnen immer wieder ihr Unverständnis über die Organisations- und Kommunikationsmängel der Leitung zum Ausdruck. Die Antworten enttäuschten viele KollegInnen über die Qualitäten ihrer Geschäftsführung.
Medienberichte über bevorstehende Kündigungswelle
Bereits in den beiden folgenden Tagen erschienen in Kurier und ORF Presseberichte über den geplanten Abbau weiterer 870 MitarbeiterInnen in der PSE, was zu weiterer Verunsicherung unter den KollegInnen führte. Gleichzeitig versuchen daraus zur Zeit Parteien vom rechten Rand für die bevorstehenden EU- und Wien- Wahlen politisches Kapital mit untauglichen Lösungen zu schlagen.
Betriebsrat: Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz!
Laut Betriebsrat gebe es ...
... von Firmenseite ... im Moment niemanden, der hier klare und belastbare Aussagen abgeben will. Der Betriebsrat hat das gewerkschaftliche Aktionskommitee ... vorsorglich "in Bereitschaft" versetzt. Sollten sich die bisher unbestätigten Medienberichte als richtig herausstellen, werden wir jedenfalls die geeigneten Antworten parat haben ... Wenn die SIS-Führung an den Kündigungsplänen festhält und ihren Konfrontationskurs weiterfährt, dann werden wir mit eurer Unterstützung und der Hilfe der GPA-djp so entschieden wie bisher diese Pläne bekämpfen ... Wir sind bereit. Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz.
Verantwortungsvolles Handeln der Siemens AG?
Wir werden sehen, ob sich Siemens in den nächsten Wochen und Monaten wirklich so verantwortungsvoll gebärdet wie die Firma in ihren Werten und Visionen vorgibt. Ob der Arbeitsmarkt mit jetzt rund 2.000 arbeitslosen EDV-TechnikerInnen bei nur rund 400 offenen Stellen in Österreich(wir berichteten) weitere 870 EDV-Arbeitslose von Siemens ohne politischen Rechtsruck verträgt, wagen wir zu bezweifeln.