Betriebsräte lassen 3000 PSE-KollegInnen über Maßnahmen gegen Ausgliederung abstimmen
Nachdem sich die KollegInnen der österreichischen Siemens-Bereiche COM E, S, itworx und RINGO bis 30.09.06 zwischen Ausgliederung mit bis zu 20% Gehaltsverlust und Ausscheiden aus der Siemens AG per Sozialplan entscheiden müssen, wollen Betriebsrat und Belegschaft der PSE einen anderen Weg gehen: In 6 Betriebsversammlungen Anfang September votierten die PSE-KollegInnen in Österreich nahezu geschlossen gegen die geplante Ausgliederung von 150-200 ihrer KollegInnen im Bereich der COM E Entwicklung und für den Erhalt der PSE in ihrer jetzigen Größenordnung. Die PSE-Betriebsräte von Wien, Salzburg, Linz und Graz wollen nun auf einer gemeinsamen Betriebsversammlung im Wiener "Austria Center" am kommenden Donnerstag den 28.09.06 über das Wirtschaftsgespräch mit der Firmenleitung am Vortag informieren und, wenn notwendig, über Abwehrmaßnahmen erzwungener Ausgliederungen urabstimmen lassen.
Maßgebend für die skeptische Haltung vieler PSE-KollegInnen gegenüber der Ausgliederung sind folgende Erfahrungen:
- Noch im Dezember 2005 erklärten PSE-Leitung und -Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung, dass "ein wichtiger Grundsatz der PSE-Strategie ... die ... Stabilisierung des Mitarbeiterstandes in der derzeitigen Größenordnung (ist)." Davon will jetzt in der Firmenleitung niemand mehr etwas wissen.
- Die Beauftragung vieler PSE-KollegInnen bei COM E läuft bis Geschäftsjahresende aus. Neue Beauftragungen des weltweit ausgegliederten COM Enterprise Bereichs von Siemens sind unsicher, weil sich bisher kein seriöser Käufer für dieses Geschäft gefunden hat.
- Die Beauftragung vieler PSE-KollegInnen im weit größeren Festnetzbereich läuft ebenfalls bis spätestens Ende des nächsten Geschäftsjahres aus. NSN hat bereits angekündigt, die Beauftragung für die PSE um 32% bis 2009 zu reduzieren. Es ist zu befürchten, dass ähnliches auch bei den Stundensätzen passiert. Seit Jahren werden daher Entwicklungs- und Testarbeiten in billigere Länder ausgelagert.
- In der Job-Börse der PSE werden zwar fast jeden Tag zum Teil mehrere MitarbeiterInnen für "dringend" notwendige Arbeiten in andereren Bereichen gesucht. Man hat aber den Eindruck, dass diese Angebote im wesentlichen für Singles und frische HochschulabsolventInnen gedacht sind, die ohne familiäre Verantwortung länger in's Ausland gehen können und das geforderte Know How für neue Technologien bereits mitbringen.
- Der Einsatz freiwerdender PSE-MitarbeiterInnen z.B. im Bereich der von Klaus Kleinfeld propagierten "Megatrends" geht zwar nur schleppend voran. Doch die Größe der PSE erlaubte in der Vergangenheit immer, größere Einbrüche in einem Geschäftgebiet durch wachsende Nachfrage nach MitarbeiterInnen in einem anderen Geschäftsgebiet auszugleichen. Längeres Kontieren auf Gemeinkosten konnte so vermieden werden. Diese Erfolgsstrategie soll jetzt durch die Ausgliederung von nahezu 700 PSE-KollegInnen im In- und Ausland verlassen werden.
- Die Forderungen vom Betriebsrat nach Freiwilligkeit und Rücknahmegarantie bei der geplanten Ausgliederung werden von der Firmenleitung abgelehnt. Man hat daher den Eindruck, dass auch die Firmenleitung dem COM E Bereich wenig Überlebenschancen gibt und deswegen durch Ausgliederung Kosten von Abfertigungen und Sozialplänen sparen will.
Daher bittet der PSE-Betriebsrat in einer Rundmail an alle PSE-KollegInnen in Österreich, folgendes zu bedenken: "Anhand der Teilnehmerzahl wird die Firma unsere Entschlossenheit in dieser Sache ableiten. Daher die eindringliche Bitte, auch an alle derzeit nicht direkt betroffenen KollegInnen, ihr Interesse und Ihre Unterstützung durch den Besuch dieser Betriebsversammlung zu beweisen."
Der Standard berichtete bereits am 14.09.2006 über den "programmierten Arbeitskampf" bei PSE.
Nur werden es wohl nicht 3000 sondern maximal die Hälfte sein, die zur gemeinsamen Betriebsversammlung kommen (laut heutigen Infos). Über die Gründe kann man lange spekulieren. Ich persönlich finde, der Betriebsrat hat den Fehler gemacht, das er in einer Gewaltaktion ein Zeichen der Stärke setzen will, das könnte aber nach hinten losgehen. Wie sollen die Mitarbeiter morgen ernsthaft über ev. Streikmaßnahmen abstimmen, wenn sie erst 2 Stunden vorher erfahren, was die Firmenleitung eigentlich vorhat. Es steht keine Zeit für eine ernsthafte Diskussion, Auseinandersetzung und Bewertung der Details zur Verfügung. Wobei ja die Details wahrscheinlich noch gar nicht fixiert sind. Und wenn nicht einmal die Hälfte der Mitarbeiter kommen, was hat dann eine solche Urabstimmung überhaupt für einen Wert.