Union Busting und Kampf gegen Betriebsräte
Nach ein paar Jahren im Betrieb stellst du fest, dass der Laden einen Betriebsrat brauchen könnte. Oder du meinst gar, gewerkschaftliche Organisierung täte der Belegschaft ganz gut. Dann ist der Fall eigentlich klar: Gewerkschaftliche Betätigung im Betrieb ist durch das Grundgesetz und das Betriebsverfassungsgesetz geschützt. Die Manipulation von Betriebsratswahlen, Be- oder Verhinderung von Betriebsratsarbeit oder der Installation eines Betriebsrates sind gesetzlich verboten. ...und selbstverständlich beteuert jedes in der BRD tätige Unternehmen seine Gesetzestreue und Integrität. Du kannst also problemlos loslegen, oder?
Wohl eher nicht, denn es könnte sich vor dir die wunderbare Welt des Union Busting auftun. Immer mehr Unternehmen finden dein Engagement für die Belegschaft nämlich gar nicht gut und haben Spezialisten in den eigenen Reihen, um mit Leuten wie dir fertig zu werden. Falls Antigewerkschaftsexperten nicht im Haus sind: Macht nichts! Denn hunderte von einschlägigen Beratungsfirmen warten darauf, von deiner Geschäftsleitung engagiert zu werden, um gewerkschaftliche Aktivitäten zu zerschlagen, Betriebsratsgründung zu verhindern oder wenigstens den Betriebsrat unter Kontrolle zu bringen. Deswegen hier eine kleine Sammlung gängiger Union Busting Methoden. Wir laden dich selbstverständlich ein, sie zu ergänzen und zu kommentieren.
Viel Spaß!
- Gewerkschaftliche Aktivitäten frühzeitig erkennen
Lieber Manager,
Deine Arbeiter treiben sich öfter als früher in den Pausenräumen und auf den Klos herum? Leute, die früher wenig Kontakt miteinander hatten, führen plötzlich längere Gespräche? Deine Untergebenen verstummen, wenn du aufkreuzt und sehen dich neuerdings so seltsam an? Es liegt etwas in der Luft und du weisst nicht genau, was? Ganz einfach: Die Belegschaft organisiert sich und dir steht Ärger ins Haus.
Bis jetzt konntest du jeden Mitarbeiter einzeln unter Druck setzen. Du konntest die Konkurrenz innerhalb der Belegschaft nutzen und dich darauf verlassen, dass bei all deinen Schweinereien die einen nur fluchen und die anderen froh sind, dass es diesmal nicht sie selber getroffen hat. Alles war wunderbar unsolidarisch. Diesen Zustand musst du unbedingt wieder herstellen.
- Finde die Rädelsführer heraus.
Irgendwer wird sich bei dir einschleimen oder wichtig machen und sie dir nennen. Falls nicht, mußt du dich auf deine Beeobachtungsgabe und Menschenkenntnis verlassen.
Dein erstes Angriffsziel: Die Aktivistinnen und Aktivisten
Am besten du feuerst sie gleich. Wenn nicht alle, dann wenigstens die aktivsten unter ihnen - als abschreckendes Beispiel. Wenn du ein paar der schwarzen Schafe schlachtest, bedeutet das auch eine ganz praktische Schwächung der Gewerkschaft im Betrieb. Falls das nicht geht, mußt du sie im Betrieb bekämpfen, und zwar folgendermaßen:
- Der Boss bin ich!
Du entscheidest darüber, wer welche Tätigkeit ausführen muß. Nutze das, um die aufsässigen Mitarbeiter abzustrafen und loyale Leute zu belohnen. Die Belegschaft wird diesen Wink verstehen.
- Stunden kürzen
Bis zu einem gewissen Grad kannst du oft auch entscheiden, wie lange jemand arbeiten darf/muß. Wenn jemand beispielsweise einen 3-Stunden-Vertrag hat, aber zwischendurch immer mal wieder 4 bis 5 Stunden pro Tag arbeitet, wirst du ihn empfindlich treffen, wenn du ihn konsequent nach 3 Stunden heim schickst. Noch besser ist es, wenn Mitarbeiter ab und zu Doppelschichten gemacht haben. Nimm ihnen dann unter einem Vorwand die zusätzliche Schicht, und du bringst ihr Leben gehörig durcheinander. Umgekehrt hast du auch die Möglichkeit, Leute dann, wenn es ihnen gerade überhaupt nicht paßt, länger bleiben zu lassen. Damit bringst du sie vielleicht dazu, Fehler zu machen, etwa dich vor Zeugen zu beleidigen oder einfach zu gehen.
- Geld nicht zahlen
Wer sorgt eigentlich dafür, dass deine Leute ihren Lohn überwiesen bekommen? Richtig, die Lohnbuchhaltung. Die kann entweder selber was drehen oder muß nicht alle Daten rechtzeitig bekommen - Hauptsache, das Resultat sind Unregelmäßigkeiten und Verspätungen in der Lohnzahlung für gewisse Mitarbeiter. Auch das zermürbt.
- Krankmeldung ist nicht angekommen
Wo wir gerade dabei sind: Wenn du behauptest, eine mit der Post geschickte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht erhalten zu haben, hast du nicht nur einen prima Vorwand, für den entsprechenden Zeitraum keinen Lohn zu überweisen, sondern kannst, wenn du den Trick ein, zwei mal wiederholen kannst, eine Abmahnung rausschicken. Dein Opfer muß also jedesmal vom Arzt eine zweite Bescheinigung einholen, auf sein Geld warten und schließlich die gelben Zettel per Einschreiben schicken. Derartige Schikanemöglichkeiten gibt es viele. Sei kreativ!
- Erschwerte Kommunikation
Verweigere oder verzögere die Aushändigung von Dokumenten. Wenn sich Gewerkschafter und unbequeme Betriebsräte jede Kleinigkeit vor Gericht erstreiten müssen, kannst du sie zudem als Prozeßhansel hinstellen. Verwehre ihnen auch konsequent den Zugang zum Intranet, zu Computern und sonstigem Arbeitsmaterial. Unterbinde auf jeden Fall die ungestörte Kommunikation der Gewerkschafter mit dem Rest der Belegschaft. Schließlich willst du, dass deine Botschaft unter die Leute kommt, nicht die der anderen. Zu deinem Glück kannst du aushängen und verteilen, was du willst - und wo und wann du es willst. Dieses Recht darfst du engagierten Mitarbeitern auf keinen Fall geben.
- Von Pontius zu Pilatus
Sicher, die Gesetze verpflichten dich zu so manchem, was dir nicht gefällt. Eine bewährte Methode, deine Pflichten zu umgehen: Leugne deine Zuständigkeit! Wenn du Div. Manager bist, schick deine Gegner zum HR Manager. Dieser verweist dann auf den Labour Manager und der wiederum auf den Center Manager. Bis dieser dann erklärt, dass der Div. Manager zuständig ist, ist schon mal viel Zeit vergangen.
- Psychischer Druck
Mach die kritischen Mitarbeiter vor ihren Kollegen schlecht. Fördere jede Art von Mobbing gegen Gewerkschafter.
- Urlaubsvergabe
Du kannst durchaus nein sagen, wenn ein Gewerkschafter dringend Urlaub braucht. Lass dir außerdem mit deiner Entscheidung immer Zeit. Selbst wenn dir durch Betriebsvereinbarung o.ä. hierbei wenig Spielraum bleibt - du kannst ja mal was vergessen.
- Ein Angebot, das Du nicht ablehnen kannst...
Wenn du die aktivsten Gewerkschafter nicht anders loswerden kannst, dann versuche sie zu kaufen. Einige werden vielleicht die Firma verlassen, wenn die Abfindung hoch genug ist oder die Seite wechseln und in Zukunft gegen ihre Kollegen arbeiten. Führe die entsprechenden Gespräche aber ohne unabhängige Zeugen. Denn falls die Gewerkschafter standhaft bleiben, mußt du natürlich alles abstreiten oder besser noch... - doch dazu später.
Fallen
- Gewerkschafter stehlen
Bastle dir die Gründe für eine fristlose Entlassung am besten selber. Selbst wenn du vor Gericht nicht durchkommst: Wenigstens sind die unbequemen Elemente für ein paar Monate raus aus dem Betrieb und ihr Ruf beschädigt. Zum Beispiel könnte sich bei der Torkontrolle Firmen- oder Kundeneigentum in der Tasche eines Gewerkschafters finden. Wie das Zeug da rein gekommen ist weiß er, weißt auch du, aber vor Gericht hat der „Dieb“ schlechte Karten.
- Gewerkschafter erpressen die Firma
Wenn du jemanden nicht kaufen kannst, dann dreh die Sache einfach um und behaupte, dass der Typ von dir Geld oder eine Beförderung verlangt hat. Im Gegenzug würde er bestimmte Handlungen unterlassen oder verschwinden. Besorge dir zuverlässige Zeugen, die bereit sind vor Gericht zu lügen!
- Hilfe, er hat mich bedroht!
Wo wir gerade bei Zeugen sind: Bestell einen Gewerkschafter zu einem Gespräch oder pass ihn irgendwo ab, wo er alleine ist. Du mußt natürlich einen Zeugen dabei haben. Du kannst jetzt versuchen, den unliebsamen Mitarbeiter zu unvorsichtigen Äußerungen oder Taten zu reizen, aber eigentlich ist es egal, wie er reagiert, denn du hast ja einen Zeugen - er nicht!
- Ein falsches Wort
Natürlich sorgst du dafür, dass deine Aktionen dir nicht nachgewiesen werden können. Wenn deine Gegner empört an die (Betriebs-) Öffentlichkeit gehen und dich beschuldigen, ohne Beweise zu haben, kannst du das als Verleumdung und Beweis für ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis hinstellen.
Die harte Tour
- Wir wissen, wo Du wohnst!
Lass deine problematischen Mitarbeiter ruhig von Detektiven beschatten. Wenn sie´s mitkriegen - um so besser! Denke auch daran, ihre Familienangehörigen mit einzubeziehen.
- Telefonterror
Ruf deine Gegner doch öfter mal nach Feierabend an. Du hast ihre Telefonnummer ja. Wenn sie einen Zweitjob haben, vergiß nicht, dich auch dort mal zu melden.
- Mit Gewalt geht alles besser.
Gewalt oder Gewaltandrohung solltest du nach sorgfältiger Überlegung einsetzen. Auf keinen Fall darf dir dabei etwas nachgewiesen werden können. Ausführen müssen so etwas besonders loyale Untergebene, die bereit sind, falls doch was bewiesen werden kann, sich zunächst für dich zu opfern. Du belohnst sie, sobald Gras über die Sache gewachsen ist. Wenn dein Unternehmen in Kolumbien oder einem ähnlichen Land ansässig ist, ist dein Spielraum natürlich sehr viel größer...
Subtile Wege
- Isolation
Immer mehr Kolleginnen und Kollegen sympathisieren mit der Gewerkschaft? Dann hast du etwas falsch gemacht. Du kannst, je nach Situation, alle Gewerkschafter in einer Abteilung konzentrieren, oder du zerstreust rebellische Abteilungen in entlegene Ecken des Betriebs. Ziel ist dabei, den Zusammenhalt, die Dynamik und vor allem die Kommunikation der Gewerkschafter zu schwächen und sie zu isolieren.
- We are family...
Deine Mitarbeiter dürfen unter keinen Umständen auf den Gedanken kommen, dass die Unternehmenseigner von der Arbeit der Belegschaft leben und deshalb andere Interessen haben als sie selber. Nämlich möglichst wenig von dem, was erwirtschaftet wurde, denen zu überlassen, die es erwirtschaftet haben und möglichst viel aus ihnen herauszupressen. Leugne also Interessensgegensätze - auch da, wo sie offen zu Tage treten- und beschwöre das Sitzen im selben Boot, das Ziehen an einem Strang usw. Du wirst staunen, welchen Quatsch du den Leuten erfolgreich eintrichtern kannst
- Bonbons
Schaffe firmeneigene Komitees und Einrichtungen, die nach Mitbestimmung aussehen, aber völlig machtlos sind. Beseitige einige der hervorstechendsten Mißstände. Achte aber darauf, dass du dabei die Personen und Abteilungen, die dir gegenüber loyal sind, bevorzugst. Gut, das kennst du schon. Vergiß aber nicht, auch deinen Gegnern ein wenig den Wind aus den Segeln zu nehmen. Bei dieser Methode besteht allerdings die Gefahr, dass deine Belegschaft sich folgendes fragt: Wenn schon unsere ersten Ansätze, uns zu organisieren, zu positiven Resultaten führen, was könnten wir dann erst erreichen, wenn wir erst richtig organisiert wären.
- Stock und Möhre
Der Esel zieht deinen Karren, wenn du ihm eine Möhre vor die Nase hältst. Um loyale Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten, brauchst du keine Karotte, sondern permanente Beförderungsversprechen.
- Teile und herrsche
Spiele alle gegeneinander aus: Die Belegschaft, den VK, die Gewerkschaft. Ruf zum Beispiel in der Rolle des besorgten Gewerkschaftsmitglieds bei den Hauptamtlichen an und erzähle ihm anonym, dass der VK im Betrieb aus verantwortungslosen Radikalen besteht. Oder du rufst die Ehefrau eines Mitarbeiters an, gibst dich als Gewerkschafter aus und erzählst ihr von einer Affäre, die ihr Mann mit einer Kollegin hat. Natürlich mußt du nicht unbedingt zum Telefonhörer greifen. Lass deine Leute im Betrieb die entsprechenden Desinformationen streuen. Wenn du offiziell kein leitender Angestellter bist, tritt unter Umständen in die Gewerkschaft ein. So kannst du im gewerkschaftlichen Lager leichter Verwirrung stiften und Mißtrauen säen.
Propaganda
- Gewerkschafter sind faul
Ruiniere den Ruf der Gewerkschafter im Betrieb. Unterstelle ihnen eigennützige Motive, Faulheit, Drogensucht... lass dir was einfallen und heize die Gerüchteküche an! Irgendwas bleibt schon hängen
- Propaganda gegen die Gewerkschaft oder: Warum die Gewerkschaft schlecht für uns ist.
Schicke Supervisor, Manager und zuverlässige Mitarbeiter an die Front (d.h. ran an die Belegschaft), auf dass sie deine Botschaft verkünden. Deine Mittel: „Aufklärung“ in Flugblättern, Besprechungen, Betriebsversammlungen, informellen Gesprächen... Die Argumentation ist vorgefertigt und wird mit System weitergegeben. Deine Botschaft lautet: Dunkle Mächte von außen (z.B. die Gewerkschaft) mischen sich in die Belange unserer glücklichen Firmenfamilie ein. WIR können unsere Angelegenheiten viel besser selber regeln. Bringe Negativbeispiele über die Arbeit der Gewerkschaft unter die Leute. Stifte Verwirrung und laß durchblicken, daß schon so mancher Standort geschlossen werden mußte, weil gewerkschaftlich organisierte Belegschaften unvernünftige und überzogene Forderungen gestellt haben. Wenn deine Arbeiter hinterher glauben, die Gewerkschaft wolle ihnen den Lohn kürzen und die übertariflichen Leistungen wegnehmen, dann hast du deine Sache richtig gemacht.
- Argumentationsbeispiele: Unser Unternehmen gewährt übertarifliche Leistungen
Aber festgeschrieben werden (z.B. über Betr.vereinbarungen oder Haustarifvertrag) sollen diese Leistungen natürlich nicht. Hier solltest du gegebenenfalls darauf vertrauen, dass deine Mitarbeiter nicht rechnen können. Ein paar Kuchen- oder Pfeilerdiagramme fürs Auge, eine verdrehte Statistik, ein faules Beispiel... abgekauft wird dir fast alles.
- Die Gewerkschaft hat beim Konkurrenzunternehmen XY schlechte Bedingungen für die Beschäftigten ausgehandelt.
„Realistische“ Forderungen und Kompromißbereitschaft seitens der Gewerkschaften forderst du zwar sonst ununterbrochen, wenn die Gewerkschaften aber mal wieder irgendwo nachgiebig waren, kannst du das als Beleg dafür nehmen, dass sie den Beschäftigten nichts bringen. Niemand verlangt, dass deine Argumentation folgerichtig ist, tu dir also keinen Zwang an.
- Die Gewerkschaft favorisiert das Konkurrenzunternehmen XY und will unserer Firma schaden.
Warum sie den bei uns gewerkschaftlich Organisierten schaden will und alle hier um ihre Arbeitsplätze bringen will, leuchtet zunächst nicht jedem ein. Deine schlüssige Erklärung: In der Firma XY sind mehr Mitarbeiter Gewerkschaftsmitglieder. Mehr Arbeitsplätze dort bedeuten mehr Geld in der Gewerkschaftskasse.
- Die Gewerkschaft ist...
träge, verkrustet, mafiotisch, kommunistisch oder faschistisch. Sie orientiert sich nicht an den Interessen der Beschäftigten, sondern an denen ihres eigenen krakenartigen Apparats. Jeder Fehler, jede Sauerei dieses Apparats sollte sorgfältig registriert, verallgemeinert und ausgeschlachtet werden. Selbstverständlich muß der Belegschaft vor allem klargemacht werden, dass die Gewerkschafter in deinem Betrieb zu den schlimmsten überhaupt gehören.
Auf ein ungestörtes Aubeuten!
Deinen eigenen Leuten gestehst du zwei, drei, vier Rauchpausen pro Schicht zu.
Auch das ist ein deutliches Signal.