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Das ewige Problem mit der Mehrarbeit

erstellt von oops zuletzt verändert: 24.08.2008 10:05
UPS-Mitarbeiter haben deutschlandweit mit der Firmenstrategie in Bezug auf die Vertragsgestaltung und der damit zusammenhängenden Mehrarbeit zu kämpfen.

Gemäß dem Grundsatz „Wer nur 3-6 Stunden arbeitet, der kann nicht müde werden“ und dem Bestreben nach maximaler Flexibilität ist die UPS-Führung bestrebt hauptsächlich nur Teilzeitkräfte mit möglichst geringen Wochenarbeits-stunden ( 7, 12, 15 Std/Woche ) einzustellen. Die Vorteile (für UPS) liegen klar auf der Hand, als da wären:

höhere Flexibilität in der Einsetzbarkeit (ein Vollzeit-Mitarbeiter kann nur an einem Ort eingesetzt werden, Teilzeitler lassen sich aufteilen)

niedrigere Kosten im Krankheitsfall (Anzahl der Lohnfortzahlungsstunden je Erkrankten sind niedriger)

Konkurrenzdruck unter den Mitarbeitern lässt sich leichter auf hohem Niveau halten ( Wenn Du das nicht schaffst, können es 20 andere, die dann halt länger bleiben dürfen.)

Da mit einem 15 Wochenstundenvertrag keine Familie zu ernähren ist, und man auch sonst nicht wirklich davon leben kann, wird Mehrarbeit wie Zuckerbrot zu der sonst üblichen Peitsche unter dem Arbeitervolk verteilt ( Der so genannte „Arschkriecher-Zuschlag“ ) und als disziplinarisches Mittel eingesetzt. (Worauf Du kein Anrecht hast, dass kann ich Dir jederzeit wieder wegnehmen, wenn Du nicht spurst ! )

Durch diese oben erwähnte „Niedrigverdienst-Haltung“ ist die Geschäftsleitung dann auch immer in der Lage Volumens - Spitzen oder -Tiefs durch die Steuerung der Mehrarbeit kostengünstig zu nutzen („Wenn nötig, bleibst Du solange, wie es eben dauert !“ und „Heute gibt es nichts zu tun, mach doch jetzt mal vorzeitig Feierabend !“ ) Das dieses „Arbeiten auf Abruf“ neben der permanenten Unsicherheit aber auch existenzbedrohende Züge annehmen kann und nicht abgetan werden kann mit dem Vorgesetzten-Spruch „ Ihr bekommt ja alles bezahlt, was wollt ihr denn?“ wird jedem klar, der unverschuldet selbst Langzeitkrank wird. Denn dann wird nach 42 Tagen Lohnfortzahlung (mit Durchschnittslohn) das so genannte Krankengeld von der Krankenkasse bezahlt. Dieses Krankengeld beträgt 70 % des vertraglich vereinbarten Einkommens ohne alle Zuschläge oder Mehrarbeitsstunden. Aus 1000,- € netto bei 22,50 Nachtstunden/Woche (LohnStKl 1) werden dann mit einem 15 W/Std.-Vertrag von heute auf morgen ca. 550,- €. Und das bedeutet dann für die meisten ein Schulterzucken vom Arbeitgeber und der Gang zum Sozialamt…viel Spaß in den Mühlen der Bürokratie.

Es liegt in der Natur der Sache, dass die Mitarbeiter sich nur sehr schwer gegen diese Praxis wehren können, denn neben den gegenseitigen täglichen Grabenkämpfen der Mitarbeiter untereinander um die zu verteilenden „Brotkrumen“ macht es ihnen vor allem die konsequente Ausnutzung des “Teilzeit- und Befristungsgesetzes“ durch die Geschäftsleitungen fast unmöglich sich zu widersetzen. Dieses Gesetz zur erklärten “Beschäftigungsförderung“ ermöglicht dem Arbeitgeber eine begründungslose Befristung des Arbeitsver-trages, wenn seine bis zu 3-malige Verlängerung nicht die Gesamtdauer von 2 Jahren übersteigt. Unter dem Strich bedeutet dies eine “2-jährige Probezeit“ für den Mitarbeiter, in welcher er dem Unternehmen fast wehrlos gegenübersteht und “kuschen“ muss, wenn er seinen Job be- und die nächste Verlängerung erhalten will.

Nicht umsonst wird die Umsetzung bei UPS intern als “Durchlauferhitzer-Prinzip“ bezeichnet: Neue Mitarbeiter rein – die Mitarbeiter permanent unter steigenden Leistungsdruck setzen (heiß machen!) – und nach 2 Jahren raussetzen, vor die Tür!

In einer bisher weltweit bei UPS einmaligen Aktion ist es den Mitarbeitern am Flughafen Köln/Bonn in den Nächten des 11./12. April 2001 gelungen, sich gemeinsam gegen diese Praxis aufzulehnen. Getragen von einer übergreifenden Unzufriedenheit in der Belegschaft und einer bisher beispiellosen Solidarität untereinander legte die Mehrheit der Mitarbeiter jede Art von Arbeit pünktlich nach der vertraglichen Arbeitszeit nieder. Da der Schwerpunkt des Vertragsmixes in Köln/Bonn damals bei 15 Wochenstunden lag, war die Sortierung trotz Notmaßnahmen der Geschäftsleitung nicht mehr zu bewältigen und Tausende von Paketen blieben hier liegen. Dem Betriebsrat gelang es folgenden Kompromiss auszuhandeln:

  1. Zusicherung der GL, dass keiner der Beteiligten Nachteile haben wird
  2. Jeder jetzige Mitarbeiter, der es wünscht, erhält eine Vertragsanpassung auf 20 Std. /Woche.( Mit Ausnahme eines einzigen Arbeitsbereiches, in dem die planmäßige tägliche Arbeitsdauer darunter liegt.)
  3. Es werden keine 15 Std. Kräfte mehr neu eingestellt, die Mindeststundenzahl beträgt für Neueinstellungen 17,5 Std./Woche und nach 6 Monaten wird eine Anpassung/ Erhöhung auf 20 Std.geprüft.

Das Solidaritätsprinzip ist also immer noch die wichtigste Waffe des/der kleinen Mannes/Frau. Und die Weisheit „ Viele Hände, schnelles Ende!“ gilt nicht nur für die Arbeit, sondern auch im Arbeitskampf um uns zustehende Rechte.

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