„Global organisieren – wir kämpfen für unsere Rechte“ - KEP Aktionstag 9.November
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Unsere Fachgruppe Kurier-, Express- und Paketdienste ruft am 9. November 2006 unter dem Motto „Global organisieren – wir kämpfen für unsere Rechte“ alle Beschäftigten bei den vier großen Integratoren DHL, UPS, FedEx und TNT auf, sich solidarisch mit Ihren Kolleginnen und Kollegen weltweit zu erklären.
Die Unternehmen DHL, UPS, Fedex und TNT sind in über 220 Ländern mit ihren Niederlassungen präsent und somit, wie es neudeutsch heißt, Globalplayer. Hier in der Bundesrepublik Deutschland sind Gewerkschaften durch das Grundgesetz fester Bestandteil in und um das Arbeitsleben. Global sieht das jedoch ganz anders aus, dazu aber später.
Globalisierung war auch ein Grund bei dem Zusammenschluss der am Gründungsprozess von ver.di beteiligten Gewerkschaften aus der Medienbranche, Handel, Banken und Versicherungen, dem Post-, Telekommunikations- und IT-Sektor sowie aus den öffentlichen Diensten. Mit unserer Fusion haben wir auf die Umbrüche in unserer Branche geantwortet, auf den Übergang von einer industriell geprägten Ökonomie zu einer Ökonomie, in der Dienstleistungen, Bildung und Wissen ins Zentrum rücken. Hier bewegen wir uns zunehmend in einem Umfeld, in dem Solidarität nicht mehr aus vergleichsweise ähnlichen Lebenslagen abgerufen werden kann, sondern erst einmal aus Differenz und Vielfalt aufgebaut werden muss. Wir registrieren in unserem Land eine zunehmende Differenzierung von Interessen und Lebenslagen der Beschäftigten im Dienstleistungssektor insbesondere im Bereich von Kurier-, Express- und Paketdiensten. Auch unter solchen Bedingungen, davon sind wir überzeugt, ist der gewerkschaftliche Anspruch auf Beteiligung bei der Gestaltung der Arbeits- und Leistungsbedingungen als Gegenmodell einer weitgehenden Deregulierung eine der Kernfragen einer solidarischen Arbeitsgesellschaft der Zukunft.
Wenn tarifliche Regulierung Akzeptanz finden soll, brauchen wir allerdings differenzierte, an den Bedürfnissen der Beschäftigten ansetzende Gestaltungsoptionen.
In den Gewerkschaften haben wir uns heute einer anderen Realität zu stellen als vor 40 Jahren – das gilt insbesondere für den internationalen Kontext, dem im Zeichen der Globalisierung eine immer stärkere Bedeutung zukommt.
Die beschleunigte Globalisierung ökonomischer Prozesse findet ihren Kern in der Liberalisierung des Kapitalverkehrs. Im Rahmen dieser Liberalisierung schießen seit einigen Jahren Fonds aller Art aus dem Boden. Sie sammeln Geldvermögen ein und legen es zur höchstmöglichen Rendite ihrer Klientel weltweit an – dabei immer auf dem Absprung in attraktivere Engagements und deshalb in der Regel so kurzfristig orientiert, dass langfristig angelegte Projekte kaum zu finanzieren sind. Was zählt, ist der shareholder value, der kurzfristige Erfolg. Deutschlandweit haben unzählige Beschäftigte das Ergebnis zu spüren bekommen, nämlich den Verlust ihres Arbeitsplatzes.
Im Zuge dieser Entwicklung hat sich das Karussell der globalen Finanzmärkte immer schneller zu drehen vermocht – auch auf die Gefahr hin, dass die Mitfahrer ins Schleudern geraten. Die Globalisierung beschleunigt die ökonomischen Prozesse. Natürliche und politische Grenzen der Konkurrenz auf das Kapital Arbeit verschwindet zunehmend.
Dieser sich entwickelnde Kapitalmarkt ist weder sozial noch ökologisch verträglich. Diese Entwicklung geht einher mit globalen Schuldner-Gläubiger-Beziehungen, wachsender sozialer und ökonomischer Ungleichheit. Studien der Weltbank zufolge haben sich die Einkommensunterschiede zwischen und innerhalb nationaler Ökonomien zwischen 1960 und 1997 von 1 zu 30 auf 1 zu 70 mehr als verdoppelt.
Diese Entwicklung hängt mit dem technologischen Fortschritt zusammen. Entscheidende Weichenstellungen sind die zunehmende neoliberale Deregulierungspolitik sowohl auf nationaler als auch europäischer und internationaler Ebene. Hier nur erwähnt die Dienstleistungsrichtlinie, hier hat es sich gezeigt, dass durch die Proteste der Beschäftigten das Schlimmste verhindert werden konnte.
Müssen wir uns nicht fragen, ob vor dem Hintergrund solcher Erfahrungen - und die Beispiele könnten beliebig ergänzt werden – ob das, was gegenwärtig so gern als einzige taugliche Medizin gegen alle ökonomischen Krankheiten der Welt ausgegeben wird – die Doktrin von Liberalisierung, Deregulierung und Marktöffnung nicht die eigentliche Krankheit ist?
Auch deshalb stehen wir vor der Aufgabe, im Globalisierungsprozess für Regelungen zu sorgen, welche notwendige Entwicklungsspielräume sichern oder überhaupt erst wieder herstellen.
Wir sollten uns gemeinsam einsetzen für:
- Bezahlungsgrundsatz: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit - keine Lohndiskriminierung
- Das Recht auf Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer/-innen
- Förderungen der beruflichen Qualifizierungsmöglichkeiten
- Einhaltung von Gesundheits- und Arbeitschutzbestimmungen
- Chancengleichheit für Frauen
„Wir sollten eines mal klar sehen: Beschäftigte haben überall auf der Welt Grund zum Misstrauen. Die Liberalisierung der Kapitalmärkte in Südostasien hat nicht den Nutzen gebracht, den man sich davon erhofft hatte – außer ein paar vereinzelten Superreichen. Viele verarmten jedoch, wegen niedrigerer Löhne und steigende Arbeitslosenzahlen. Viele von den sogenannten Heuschrecken warten doch nur darauf, dass der Kombilohn eingeführt wird, um dadurch eine Gewinnmaximierung herbei zu führen. Ich glaube, dass die Chance besteht, die Beschäftigungsbedingungen in der KEP Branche zu verbessern, wenn alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemeinsame Aktivitäten entwickeln und sich miteinander zu vernetzen.
Unsere Aufgabe ist es, die sozialen Bedingungen in unseren Gesellschaften und dafür eben auch die Machtverhältnisse zu verändern. Starke Organisationen können die Verhältnisse verändern – humanitäre Hilfeleistungen lindern das bestehende Elend. Unsere Aufgabe ist, nicht mit Bettelorden zu konkurrieren, sondern die Strukturen zu ändern – und das kostet viel Geld und ist harte Knochenarbeit.
Die Macht des Kapitals beruht auf Geld, sehr viel Geld, unsere im Kern auf Organisation. Tatsächlich sind jedoch nur etwa 13 Prozent der Lohnempfänger weltweit gewerkschaftlich organisiert. Die Länder, in denen der Organisationsgrad über 50 Prozent liegt, sind ein knappes Dutzend.
Zu unseren vordringlichen Aufgaben gehört deshalb ganz sicher die Organisierung!
UNI betont in diesem Zusammenhang zu Recht die strategische Bedeutung, die dabei den transnationalen Konzernen zukommt. Es muss uns gelingen, zumindest die großen Konzerne unseres Organisationsbereichs flächendeckend zu organisieren.
Weltweit ist die Frage der gewerkschaftlichen Organisation zugleich im höchsten Grad auch eine Frage der Menschenrechte.
In vielen Ländern werden Gewerkschaftsrechte missachtet und unterdrückt. Laut ICFTU wurden im letzten Jahr weltweit 140 Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftler ermordet und 12000 wegen ihrer gewerkschaftlichen Tätigkeit entlassen. Die Verteidigung der Menschenrechte und die Verteidigung demokratischer Rechte sind entscheidende Fragen für uns – da können keine Kompromisse gemacht werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zusammen mit ITF und UNI bilden Gewerkschaften das Rückgrat der Gesellschaft. Der heutige weltweite Aktionstag soll dazu führen, national zu denken und international zu handeln.
„Die Welt ist keine Ware“ – für diese Losung finden wir viele Mitstreiter!
Vernetzen wir uns mit unseren Kolleginnen und Kollegen : Für eine internationale Zusammenarbeit, die sozialverträglich und umweltverträglich ist – für alternativen zum Casino-Kapitalismus!
Die Marktwirtschaft ist kein Selbstzweck. Sie muss im Dienste der Bedürfnisse der Menschen stehen und nicht umgekehrt.
Das aber muss noch gegen viele Widerstände durchgesetzt werden. Stärken wir unsere internationale Gewerkschaftsbewegung! Stärken wir ver.di! „Global organisieren- Wir kämpfen für unsere Rechte“
Kolleginnen und Kollegen, arbeiten wir für einen solidarischen Kampf für diese eine, eine gemeinsame, eine für alle Menschen lebenswerte Welt!!
"Hier in der Bundesrepublik Deutschland sind Gewerkschaften durch das Grundgesetz fester Bestandteil in und um das Arbeitsleben." -aber nur, wo die Unternehmer das wollen oder die Gewerkschaften sich wirklich wehren! Bei UPS in Deutschland jedenfalls nicht.