Freitags streiken - Samstags arbeiten
Bericht vom Streik am 21.Oktober
Ab 6 Uhr versammelten sich mehrere Hundert Kollegen vor dem Tor in der Muggenhofer Straße. Das Werk war dicht. "Keiner kommt rein - nichts geht raus" gab BR-Vorsitzender Dix als Losung des Tages aus.
Gerade, als um 7.30 Uhr die Kundgebung beginnen sollte, starteten einige höhere Angestellte eine gezielte Provokation. Unser Ober-Chef Lange führte sie begleitet von zahlreichen Fernseh-Kameras zum blockierten Tor. Es gab einige Rempeleien mit den Streikbrechern. Unser VK-Leiter Roland Weiß bekam einen Ellbogen in die Rippen. Viele aktive Kollegen eilten zur Verstärkung der Blockade herbei. Sie pfiffen lautstark und einige riefen: "Keiner kommt rein!" Dann gab IGM-Sekretär Rudi Lutz übers Mikrofon unverständlicherweise bekannt, dass die Streikbrecher ins Werk gelassen werden.
Auf der Kundgebung sprachen dann BR-Vorsitzender Harald Dix, der frühere Bundestags-Abgeordnete Schmidbauer und sein Nachfolger von der SPD, Oswald Greim von der katholischen Betriebsseelsorge, sein evangelischer Kollege, sowie Jürgen Wechsler und Rudi Lutz von der Verwaltungstelle der IGM.
Mehrfach wurde die Bedeutung des europäischen Aktionstags und der Internationalen Solidarität betont. Heute gab es Aktionen und Streiks in Rothenburg, Frankreich, Spanien, Schweden, allen fünf Werken in Italien und erstmals auch in Ungarn. Das zeige, so BR-Vorsitzender Dix, dass es hier nicht um einen Kampf Ost gegen West geht, sondern aller Electrolux-Kollegen gegen das Management!
An Informationen gab es nicht allzuviel Neues. Die Verhandlungen am 17.Oktober waren ergebnislos. Die Geschäftsleitung fordert, dass 500 Leute jetzt sofort entlassen werden. Unabhängig vom weiteren Fortgang der Verhandlungen zur Standortsicherung. Die IG-Metall lehnt Gespräche über betriebsbedingte Kündigungen ab. Aus den etwas unklaren Formulierungen lässt sich schließen, dass ein Stellenabbau über Abfindung und Beschäftigungs-Gesellschaft Teil des Verhandlunspakets ist. Die Verhandlungen werden am 25.Oktober fortgesetzt.
Dann sprach VK-Leiter Weiß sichtlich empört über die Provokation der Werksleitung. Er betonte, daß wir hier friedlich protestieren. Aber das Management habe aus Spanien nichts gelernt. Das dortige Management verkündete die Schliessung des Werkes. Da hat die Belegschaft sich den Werksleiter gekrallt, und er ist im Krankenhaus wieder aufgewacht. Da brach lauter und begeisterter Beifall und Jubel aus. Roland schilderte weiter, dass wir eine Gasse gebildet und die Streikbrecher reingelassen haben. Trotzdem haben die Manager weiter mit Ellenbogen-Checks provoziert. Sie müssen wissen, wir lassen uns auch dann nicht umwerfen, wenn sie so weiter machen.
Zum weitern Vorgehen sagte Rudi Lutz, daß am 29.Oktober in einer IGM-Mitgliederversammlung eine Entscheidung getroffen, und eine Tarifkommission gebildet wird. Diese könnte dann die Urabstimmung durchführen und den Streik beschliessen. An dieser Stelle gab es starken Beifall und laute Zustimmung. Darüber irritiert meinte Rudi Lutz, dass man jetzt keinen Fehler machen dürfe, und an der bisherigen Doppelstrategie des Verhandelns bei gleichzeitiger Vorbereitung auf einen Streik festhalten müsste.
Die Vk-Leitung hatte vorher beschlossen, dass ab 9 Uhr weitergearbeitet wird. Hier gab es erstmals Buh-Rufe und Pfiffe. Rudi meinte dann, dass die Kundgebung und die Blockade der Strasse bei der Polizei bis 10 Uhr genehmigt sei. "So ist es in einer zivilen Demokratie" meinte Rudi, "deshalb müssen wir um 10 die Strasse räumen. Aber ich weis, dass ihr mich mögt, und das soll ja auch so bleiben. Ich denke, wer will, kann bis 9.30 oder bis 10 Uhr bleiben." Einige schüttelten darüber den Kopf, wenige klatschten Beifall. Kurze Beratung bei der IGM auf der Bühne. Dann verkündet Rudi: "Wir gehen heute nicht mehr arbeiten, der Protest wird bis Schichtende gehen. Also, die Frühschicht geht nach Hause, die Spätschicht muss arbeiten."
"Freitag streiken - Samstags arbeiten. Blöder Streik!" meinte eine Kollegin. Morgen, am Samstag, wird bei der Waschmaschine gearbeitet. Genauso wie schon letzten Samstag.
"Ab 4.00 Uhr früh wurde heute die Arbeit in den Werken des Elektrolux-Konzerns ... niedergelegt. In Nürnberg kam die komplette Frühschicht und harrte ... vor dem Werk aus. (...) Roland Weiss, der Leiter des gewerkschaftlichen Vertrauenskörpers, informierte zwischendurch die Menge über einen Vorfall. Vor dem Tor wurde es plötzlich laut und man hörte einen Tumult. Die Geschäftsleitung wollte sich mit Ellenbogen Zugang verschaffen und kam nicht durch. Sie wurden dann doch rein gelassen. Einer von der Geschäftsleitung meinte, es wäre nun Wochenende und er müsse die Blumen gießen. Roland verwies dann noch kurz auf Spanien und wie es der Geschäftsleitung dort ergangen war, als sie dasselbe versuchte - einer landete im Krankenhaus.
Kritik haben die Kollegen daran, dass immer wieder Samstags zusätzlich gearbeitet wird. Jürgen Wechsler, zweiter IGM-Bevollmächtigter, sagte, dass ab nächste Woche keine einzige Überstunde mehr genehmigt würde. Wenn es die Geschäftsleitung durchsetzen wolle, dann würden aus den Samstagen Aktionstage. Über 100 Solidaritätserklärungen sind eingegangen, drei wurden erwähnt, wenn auch leider nicht verlesen, von Bosch-Siemens-Hausgeräte Berlin, Infineon München und Miele in Gütersloh. (...)
Letzten Montag fanden Verhandlungen des Betriebsrat mit der Geschäftsleitung statt, 35 Stunden sollen gearbeitet und 30 Stunden nur bezahlt werden, die Werksschließung haben sie nicht zurückgenommen. Der Betriebsrat wurde erpresst, wenn er nicht unterschreibe, würden Ende des Monats Kollegen rausgeschmissen. Die IG Metall will einen sogenannten 'Sozialtarifvertrag' abschließen, viele Kollegen wollen jedoch einen unbefristeten Streik im Kampf um jeden Arbeitsplatz und keine Auffanggesellschaft."