Philips verkauft seine Halbleitersparte - Philips : no Sense, no Simplicity
Seit etwa 3 Jahren ist Philips dabei, sein Image nachhaltig zu verändern und aufzupolieren. Nicht mehr „Let's make things better“ ist die Devise, sondern „Sense and Simplicity“: es geht nicht mehr darum, Sachen besser zu machen, sondern nur noch einfacher.
Health-Care, Lifestyle und Medizintechnik sind die Geschäftsfelder, die frischen Wind in die nicht mehr prallen Segel der Philips Yacht blasen sollen. Die Senseo Kaffemaschine für den übernächtigten Manager, die gekühlte Bierzapfanlage „Perfect Draft“ für den gestylten Prolo, das versteht jeder und ist trendig.
Vor allen aber versprach man sich viel von der sauberen Medizintechnik. Hier investierte Philips in den letzten Jahren stark. Um allerdings mit den Großen in der Branche (General Electrics und Siemens) mithalten zu können, fehlte es ein wenig an Kleingeld. Doch dem könnte Abhilfe geschaffen werden ...
In dieses neue sterile Hochglanz-Arrangement passte die staubige Technolgie nicht mehr so recht rein. So wird sie nicht nur aus dem Namenszug von Philips gestrichen, nein, man will sich gewinnbringend von der Halbleitersparte trennen. Nun war Philips Semiconductors – die Halbleiterschmiede von Philips – seit längerem ein Dorn im Auge von den Philips Bossen. Sie spülte zwar immer wieder einen warmen Gewinnregen in die Kassen von Philips, allerdings war das Geschäft mit den Chips sehr wechselhaft und unvorhersehbar. Die von anderen Geschäftsfeldern geforderten 10% Gewinn vom Umsatz waren nicht immer zu halten. Und gab es „Gewinnwarnungen“ bei Philips Semiconductors, so riß dies auch den Aktienkurs von Philips mit runter. Der Entschluß war klar, eine Trennung mußte bis zum 01. Oktober 2006 her und Geld in die Kasse.
Trennungen sind bekanntlich schmerzhaft. Damit aber diese Trennung nicht in einem Jammertal endet, redete man den Managern von Philips Semiconductors (PS) und diesen den Mitarbeitern/innen ein, dass dies ein hervorragender Neuanfang sei. Neuanfänge bieten ganz neue Chancen, allein - ohne Philips - sei man unabhängiger und könne sein gesamtes Potential viel besser ausschöpfen. Und nebenbei entledige man sich der Zahlungen für die nicht mehr aktiven Rentner und Pensionäre, die dann bei Philips blieben.
Plan A sah vor, bis zum 01. Oktober 2006 für diese neu zu schaffende Gesellschaft (hier fortan NewCo genannt) einen Industriepartner aus dem Halbleiterbereich zu finden. Das Credo war, daß nur durch Größe ein Überleben in dem hart umkämpften Halbleitergeschäft möglich sei. Man strebe mit dem neuen Partner eine „8 Milliarden € Company“ an und wolle im Konzert der ganz Großen mitspielen. Schade war allerdings, daß niemand mit Philips da mitspielen wollte. Seien es finanzielle Vorstellungen, sei es der anspruchsvolle Zeitplan,
Industriepartner gingen bei Philips ein und vor allen wieder aus. So war es vorerst nichts mit dem Partner und Plan B und C wurden aktiviert. Philips suchte nun nach einem Finanzinvestor, der die NewCo übernehmen solle bzw. man überlegte sich als Alternative die NewCo an der Börse zu verscherbeln.
In dieser Phase verkündete Philips, daß nur noch eine Minderheitenbeteiligung bei der NewCo angestrebt wird. Außerdem seien Finanzinvestoren ja eigentlich ganz nette Menschen (und keine Heuschrecken!) mit durchaus auch langfristigen Strategien und die auch über viel Sachverstand in der Halbleiterbranche verfügen. Kurz darauf wurde bekannt, daß Philips mit drei verschiedenen Finanzinvestor-Konsortien redete und das es um einen Deal mit mehr als 8 Milliarden € ginge.
Das Geschäft machte dann die Gruppe um KKR (KKR mit Alpinvest und Silver Lake Partners) und stach die Texas Pacific Group mit der Blackstone Group und das Konsortium um Bain Capital LLC und Apax Partners aus. Kenner der Szene würden mit der Zunge schnalzen. Alle diese Gruppen bilden die Creme-de-la-Creme der Finanzinvestor Branche. Der Sachverstand dieser Gesprächspartner beruht allerdings auf den erwiesenermaßen erfolgreichen und teilweise skrupellosen Handel mit Unternehmen (-steilen) denn auf detaillierten Kenntnissen des Halbleitermarktes.
KKR wird nun 80,1% der NewCo für 3,4 Mrd. € erwerben und Philips wird 19,9% der Anteile an der NewCo behalten. Der Wert der neuen Gesellschaft wird mit mehr als 8 Mrd. E veranschlagt. Sauer Aufstossen bei den Beschäftigten wird allerdings, dass die NewCo mit 4,5 Milliarden Schulden starten wird.
Da fragt man sich doch, wie das sein kann, wie eine quasi jungfräuliche NewCo mit dermaßen hohen Schulden starten kann ? Auch merkwürdig erscheint der Kaufpreis von nur 3,4 Mrd. € bei einem Wert von über 8 Mrd. €. Selbst 80% davon machen noch 6,4 Mrd €, wie kann also Philips mit diesem Preis zufrieden sein ? Auf diese Fragen blieben die Manager eine schlüssige Antwort schuldig.
Vermutet kann nur folgendes Szenario werden: es ist übliche Praxis unter den Finanzinvestoren, bei einem Unternehmenskauf nur einen geringen Teil aus eigenen Mitteln - aus dem Eigenkapital – zu finanzieren. Der weitaus größte Teil wird als Kredit von Banken oder anderen Geldgebern aufgenommen. Dieser Kredit wird wiederum dem gekauften Unternehmen aufgehalst, welches fortan für die Begleichung der Schuld aufkommen muß. Nur so lassen sich die enormen Renditen dieser Finanzinvestoren realisieren.
Wie wäre es nun, wenn Philips in einem Abkommen mit KKR ausgehandelt hat, dass KKR nur 3,4 Milliarden an Philips zahlt und den Rest als Fremdkapital von Philips geliehen bekommt. Diese Schuld wird nun direkt auf die NewCo übertragen. So wird Philips um etwa 7,4 Mrd. € reicher, aber KKR muß dafür nur 3,4 Milliarden aus eigenen Mitteln zahlen. Im Endefekt resultiert daraus genau der oben beschriebener Effekt: geringer Eigenkapitaleinsatz des Finanzinvestors bei hohem Kaufwert.
Die Rechnug bezahlen dürfen die Beschäftigten der NewCo, die durch ihre Arbeit zusätzlich die Kreditschuld erwirtschaften müssen und dadurch unsicheren und schlechteren Arbeitsverhältnissen entgegenschauen. Aber man muß sich ja nicht alles gefallen lassen, oder ?!
Philips: No (human) Sense, No Simplicity!