Wien. (hu) Der Linzer Stahlkonzern Voestalpine wird weiter wachsen, allerdings weniger in Europa, sondern in Asien und in Amerika. Als Ziel sieht Voestalpine-Generaldirektor Wolfgang Eder in zehn Jahren einen Umsatzanteil von rund 45 Prozent außerhalb Europas, jetzt sind es 25 Prozent. Europa jedoch bleibt die Technologieführerschaft erhalten.

Das spiegelt sich in den bevorstehenden Investitionen wider: In den kommenden 20 Monaten wird je ein Autozulieferwerk in Deutschland und in Rumänien erweitert, die Schwerpunkte liegen jedoch in China, in den USA und in Südafrika. Von den 100 Millionen Euro an diesen Investitionen fließen drei Viertel in die Werke außerhalb Europas.

Die Voestalpine will in der Autoindustrie stärker mit dem hochfesten, leichten und widerstandsfähigen Stahl "phs-ultraform" punkten. "Wir haben diesen Werkstoff bereits bei Premium-Modellen von Porsche, Mercedes Benz und BMW in die B-Säule eingebaut und die Crash-Eigenschaften wesentlich verbessern können", sagte Eder im Klub der Wirtschaftspublizisten. Jetzt soll diese Technologie auch in Modellen unterhalb der Premium-Klasse eingebaut werden.

Dies sei nur ein Beispiel für die Internationalisierung der Voestalpine, die konsequent fortgeführt werde, sagte Eder. Als weiteres Beispiel für die Bedeutung der Märkte außerhalb Europas nannte er Spezialbleche für Tiefsee-Pipelines für die Öl- und Gasindustrie. "Jetzt liefern wir für Wassertiefen von 3000 Metern, in zwei Jahren können wir Pipelinesysteme für 4000 Meter und mehr anbieten", so Eder. Dabei sei die Beständigkeit gegen Korrosion ebenso wichtig wie die Widerstandsfähigkeit gegen einen Wasserdruck von 400 bar. Auch das dazugehörige Schweißverfahren kommt aus dem eigenen Haus. "Im Golf von Mexiko und im Mittelmeer sind wir schon präsent, ebenso in Brasilien, dort hoffen wir jedoch auf die neuen Öl- und Gasvorkommen im Atlantik", so Eder.

In der Standortfrage spielt die Politik eine wichtige Rolle. Eder kritisiert erneut die europäische Umwelt- und Steuerpolitik. "Minus 20 Prozent CO2-Ausstoß halten wir noch aus, aber die Herstellung von Massenstahl stößt in Westeuropa an die Grenzen der Rentabilität", warnt er. Auch eine Einschränkung der Leiharbeiter-Regelungen und höherer Steuerdruck seien zu nennen.

LD-Verfahren seit

60 Jahren in Anwendung

In Zukunft werde der Massenstahl vor allem aus Russland, der Ukraine oder der Türkei nach Europa kommen, meint Eder. Stahl aus Brasilien oder Ostasien werde wegen der hohen Transportkosten zu teuer. Die Ausrichtung der Voestalpine AG auf Hochtechnologie-Produkte vor allem für die Auto- und die Eisenbahnindustrie habe sich als die richtige Strategie erwiesen, so Eder. "Der hohe Stellenwert der Technologie bei uns ist nicht zuletzt auf den Erfolg des LD-Verfahrens zur Stahlerzeugung zurückzuführen, das heuer 60 Jahre alt wird", betont er, und: "Eine Nachfolgetechnologie ist bis heute nicht in Sicht, das LD-Verfahren hat einen Anteil an der Weltstahlerzeugung von rund 70 Prozent." Das in der Vergangenheit oft propagierte Verfahren in Elektro-Öfen verharre bei einem Anteil von 20 bis 30 Prozent. Denn es basiert auf Schrott, und alter Schrott aus Sowjetzeiten werde knapp.

Voest-Chef Eder hebt die neue Industriepolitik der USA hervor, die im Gleichschritt mit der Wirtschaft wieder die klassische Industrie ins Land holen will. Auch die Voestalpine als Technologie-Führer werde davon profitieren. "Man hat in Washington erkannt, dass es ohne Industrie und nur mit Dienstleistungen nicht gut geht", so Eder.

Die Konjunktur in Europa sieht Wolfgang Eder gedämpft optimistisch. Für die Voestalpine erwartet er für das Geschäftsjahr 2011/12 ein Umsatzplus um knapp 10 Prozent auf 12 Milliarden Euro. Für die Schließung des Werkes Duisburg mit 350 Beschäftigten noch heuer sowie als Vorsorge im laufenden Schienen-Kartellverfahren in Deutschland werden rund 205 Millionen Euro veranschlagt. In Duisburg werden noch Standardschienen für die Bahn hergestellt. Bei den kopfgehärteten Hochgeschwindigkeitsschienen aus Donawitz wird die zweite Generation derzeit getestet, die dritte Generation wird vorbereitet.

Für den Unternehmensbereich Stahl, der etwa ein Drittel der Voestalpine-Aktivitäten ausmacht, erwartet Eder im ersten Halbjahr des soeben angelaufenen Geschäftsjahres eine "deutliche Verbesserung" gegenüber dem vorangegangenen Halbjahr. Das Umfeld sei zwar nach wie vor schwierig, aber in den kommenden sechs Monaten dürfte es besser werden. "Die Aufträge und Preisindikationen sind günstig", so Eder.