Düsseldorf/Frankfurt Seit einem Jahr steht Heinrich Hiesinger an der Spitze des Essener Traditionskonzerns Thyssen-Krupp. Im Januar 2011 hat der 51-jährige Elektroingenieur eine fast unmögliche Mission übernommen.
Im Auftrag von Berthold Beitz, dem Testamentsvollstrecker der Industriellenfamilie Krupp, soll der ehemalige Siemens-Vorstand das stahllastige Industriekonglomerat in einen modernen Technologiekonzern umbauen. Hiesingers Vorbild bei dieser Transformation ist sein früherer Arbeitgeber Siemens.
Aber so, wie es aussieht, wird der im vergangenen Mai angekündigte radikale Umbau des Konzerns schwieriger werden als gedacht – und vor allem länger dauern als ursprünglich geplant.
Hiesinger wird kaum eine andere Alternative bleiben, als weitere Geschäftsfelder des Konzerns zum Verkauf zu stellen. Im Gespräch ist ein Teil- oder sogar der Komplettausstieg aus der gerade fertig gebauten Hütte in Brasilien. Mit dieser Rolle rückwärts käme Hiesinger an das für die Expansion nötige Geld.
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Anders wird er keine teuren Übernahmen in den von ihm definierten Wachstumsfeldern Aufzüge, Anlagen und Komponentenfertigung stemmen können.
Denn die Finanzverschuldung von Thyssen-Krupp ist schon jetzt mit 3,6 Milliarden Euro bedenklich hoch. Außerdem muss sich der Ruhrkonzern mit der Note „BB+“ begnügen, ein Rating auf Ramschniveau. Das macht die Aufnahme neuer Schulden teuer. Und eigentlich soll der Weg auch in die entgegengesetzte Richtung gehen. Thyssen-Krupp strebt durch Schuldenabbau ein besseres Rating an.
Mit dem bislang angestoßenen Umbauprogramm und den soliden Einnahmen im laufenden Geschäftsjahr könnte das Unternehmen zwar einen Teil der Schulden bis zum Jahresende tilgen. Eine Kriegskasse hätte Hiesinger dann aber nicht.
Die naheliegende Option, über die Ausgabe neuer Aktien die Kasse aufzubessern, scheidet im konkreten Fall aus. Denn dem Großaktionär, der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, fehlen die finanziellen Mittel, um bei einer Kapitalerhöhung mitzumachen. Der Patriarch von der Villa Hügel, Berthold Beitz, würde es wohl niemals akzeptieren, dass der Aktienanteil der Stiftung unter 25 Prozent sinkt. Denn dann würde der Einfluss der Stiftung auf das Unternehmen entscheidend verringert.
So bleibt nur der Verkauf weiterer Unternehmensteile. Hiesinger hatte bereits im vergangenen Mai angekündigt, sich von Aktivitäten mit einem Jahresumsatz von mehr als zehn Milliarden Euro zu trennen. Jeder Fünfte der weltweit 180.000 Mitarbeiter des Konzerns wird damit künftig einen neuen Arbeitgeber bekommen. Der Umbau ist der größte seit der Fusion von Thyssen und Krupp im Jahr 1999.
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