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Sinn und Unsinn von Gewerkschaftsboni

erstellt von INTR zuletzt verändert: 19.07.2013 19:12
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Re: Sinn und Unsinn von Gewerkschaftsboni

Abgeschickt von Anonymous User am 18.Juli 2013 09:46
Nun, ohne die Gewerkschaft hätte ich heute meinen Job noch. Ich habe mich bei allen Arten von Unternehmen beworben, klein, mittel und groß. Einen Job bekomme ich natürlich nicht, da mit 50+ zu alt. Die Firmen, die nicht im Tarifvertrag sind, zahlen 30% weniger bei gleichzeitiger Anhebung der Arbeitszeit von 35 auf 40h pro Woche. Die, die nach Tarifvertrag zahlen, stufen einen 4 Gehaltsstufen unter der letzten ein, also EG8 statt EG12. Finanziell kommt das auf's gleiche raus: Reduzierung des Gehalts um etwa 40%. Die IGM hat mich allein an Abfindung etwa 150.000 Euro gekostet. Bis zur Rente dürfte der Schaden den die verursacht haben etwa 500.000 Euro ausmachen und an die Rente, die ca. 1.000 Euro pro Monat niedriger sein wird, als wenn ich weitergearbeitet hätte, darf ich garnicht denken, da wird's mir schlecht. Ein IGM-Bonus oder irgendwelche tariflichen Gehaltserhöhungen können diesen Schaden niemals wettmachen. Und übrigens hatten wir nie die Chance, uns an einem Streik zu beteiligen. Schade, dass man die Schweine nicht zur Rechenschaft ziehen kann!

Re: Sinn und Unsinn von Gewerkschaftsboni

Abgeschickt von Anonymous User am 18.Juli 2013 10:19
Gewerkschaftsboni müssen die Arbeitgeber abnicken. Warum sollten Sie das tun?
1. In den USA gibt es sogenannte "closed shops", o.k. da haben die Unternehmer keine Wahl. Der "Bonus" ist dann natürlich auch kein Bonus mehr.
2. Wenn es einen echten Bonus für Gewerkschaftsmitglieder gibt, dann muss der Unternehmer einen Grund haben diesen zu gewähren (Altruismus ist im Kapitalismus eher selten ...). Bisher haben die Unternehmer darauf geachtet, dass es eben keinen Bonus für Mitglieder gab, auch auf die Nicht-Gewerkschaftsmitglieder wurden die Tarifverträge angewendet.

Was kriegt der Unternehmer also als Gegenleistung für den Gewerkschaftsbonus? Wohlverhalten? Disziplinierung der Belegschaft? Namenslisten?

Meine Meinung: Gewerkschaftsboni führen zu Unmoral und Verrat an den Arbeitnehmerinteressen!

Re: Sinn und Unsinn von Gewerkschaftsboni

Abgeschickt von Anonymous User am 18.Juli 2013 10:36
INTR hat geschrieben:
Tatsache ist, dass zumindest kurzfristig die Bonusregelung der IGM-Fraktion in Mch M nicht geschadet hat - sie hat die BR-Wahl haushoch gewonnen und der Organisationsgrad dürfte immer noch höher sein als vor der Regelung. Mein Ansinnen aber war die langfristigen Konsequenzen einer möglichen flächendeckenden Bonusregelung zu diskutieren. Gibt es überhaupt ein offizielles Papier irgendeiner Gewerkschaft, wo eine flächendeckende Bonusregelung gefordert wird?

--- nein,habe es nie geshen, aber im damaligen Panoramabeitrag, gab es Beispiele - ich glaube, man ist in der Testphase bevor man es offiziell versucht. München ist damit kein Einzelfall - nur München war der ungeeigneteste Fall dies auszuprobieren. In München gab es einen Masseneintritt in kürzester Zeit und der wäre ausbaufähig gewesen. Es gab generell von ALLEN eine hohe Beteiligung und Solidarisierung. Es gab eine große Wirkung nach Siemens und die Betriebe in der Region. Nun hat ML das wohl in den Sand gesetzt und obwohl nach Augsburg weg gelobt und das Ma.. zu halten hat er heute in der SZ kurz und prägnant, wie man das so in Rhetorikkursen als Funktionär lernt, den Rest des Porzelans zerhauen. Als IGMler bin ich bald am verzweifeln.

Re: Sinn und Unsinn von Gewerkschaftsboni

Abgeschickt von Anonymous User am 18.Juli 2013 10:45
@9:46 - hättest du wirklich noch deine Arbeit ohne IGM? Gäbe es noch Betriebe in Mch M? Wieso glaubst du, nach dem Verkauf von ON hätten die den Laden nicht dicht gemacht?

Re: Sinn und Unsinn von Gewerkschaftsboni

Abgeschickt von INTR am 18.Juli 2013 10:47
Eine kurze Recherche im Internet zum Thema Gewerkschaftsbonus hat folgendes ergeben.
http://www.betriebsratspraxis24.de/news/?user_aktuelles_pi1%5Baid%5D=271820&cHash;=0601022db52ceb220630fde2aefad271
„Die Exklusivität eines Anspruchs für Gewerkschaftsmitglieder kann nicht durch eine Abstandsklausel (auch „Spannensicherungsklausel“) abgesichert werden, so die Richter am BAG. Eine solche Klausel überschreitet laut BAG die Tarifmacht der Koalitionen und ist daher unwirksam (BAG, Urteil vom 23. März 2011 - 4 AZR 366/09).
Konkret heißt das: Gewerkschaften können zwar Bonuszahlungen für Ihre Mitglieder aushandeln. Dem Arbeitgeber steht es aber frei, diese über Gleichstellungsabreden auch Nicht-Gewerkschaftsmitgliedern zukommen zu lassen.“

Die Kommentare von Gewerkschaften dazu sind auch interessant:
http://labournet.de/diskussion/gewerkschaft/tarifpolitik/boni.html
„…Es ist also davon auszugehen, daß sich ver.di durch das BAG-Urteil nicht davon abhalten läßt, weitere der erlaubten Vereinbarungen zu treffen. Ohnehin kein Problem ist die Entscheidung aus Sicht der IG Metall. Diese habe wegen der problematischen Rechtslage nirgendwo »Spannensicherungsklauseln« verabredet, erklärte deren Sprecher Jörg Köther auf jW-Nachfrage. »Die Gewerkschaftsmitglieder leisten einen Solidarbeitrag dafür, daß die Arbeitsverhältnisse besser werden – und das zum Teil über Jahrzehnte«, begründete der IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber die Regelungen gegenüber jW. »Warum sollen diese Kollegen nicht ein Stück davon über Bonuszahlungen wiederbekommen?« Die IG Metall hat insgesamt 120 solcher Vereinbarungen geschlossen – vor allem in Nordrhein-Westfalen unter dem seinerzeitigen Bezirksleiter, dem jetzigen Gewerkschaftsvize Detlef Wetzel. In ihren Flächentarifverträgen aber gibt es bislang keine Differenzierungsklauseln. »In der Regel haben wir das bei ergänzenden Tarifregelungen wie Sanierungstarifverträgen gemacht, bei denen solidarische Opfer gebracht werden müssen, um Arbeitsplätze zu erhalten«, erläuterte Huber. »Das ist kein kontinuierlicher Bestandteil der Tarifpolitik der IG Metall.«…“

Das bedeutet für mich, dass die Gewerkschaften gerne eine generelle Besserstellung von Mitgliedern hätten („Spannensicherungsklausel“), aber diese nur möglich wäre, wenn die Arbeitgeber (freiwillig) mitziehen. Noch wollen sich die Gewerkschaftsbosse auf diesen Deal nicht einlassen und versuchen es nur punktuell in Sondertarifverträgen (wie z.B. in Mch M). Wie weit diese Differenzierung gehen darf wird gerade rechtlich ausgelotet.

Was passiert, wenn auch hier die erlaubte Differenzierung so gering ausfällt, dass kein Mitgliederzuwachs zu erwarten ist? Werden sich dann die Gewerkschaftsbosse nur mit dem „Nachteilsausgleich“ für Mitglieder zufrieden geben? Oder werden sie dann den von mir befürchteten Deal („Spannensicherungsklausel“ gegen Stillhalten) doch noch mitmachen? Das letztere ist nicht von der Hand zu weisen, weil es in der IGM demnächst den Wechsel von Huber zu Wetzel an der Spitze geben wird. Und dann kann die „Spannensicherungsklausel“ (und der dazugehörige Deal) doch zum „kontinuierlichen Bestandteil der Tarifpolitik der IG Metall“ werden :(

Re: Sinn und Unsinn von Gewerkschaftsboni

Abgeschickt von Anonymous User am 18.Juli 2013 11:03
@8:34 Tarifverhandlungen sind wie auf dem Viehmarkt, um den möglichst besten Preis auszuhandeln, muß man sich erst beschimpfen, notfalls weggehen und irgendwann den Handel zu machen und zusammen eine halbe Flasche Enzian zu lehren. Hat aber nichts mit Boni zu tun.Die Gewerkschaften haben in den schwierigen Jahren über Lohnverzicht (in Deutschland hatten wir über 10 Jahre als einzige europäische Nation Nettoeinbußen beim Lohn, hat sich dann auch bis heute trastisch auf die Renten ausgewirkt). Falls die Arbeitgeber die Gewerkschaften bei Laune halten wollen, müssen sie in anderen Punkten den Gewerkschaften entgegenkommen - das kann auch ein Boni sein. Die Koalitionfreiheit muß aber hierbei gewahrt werden und das ist wohl wie in München die Frage, wann und wieviel?

Re: Sinn und Unsinn von Gewerkschaftsboni

Abgeschickt von Anonymous User am 18.Juli 2013 11:41
Worum geht es bei der Boni-Regelung: Die Gewerkschaften leiden seit den 70igern unter Mitgliederschwund - ist ein schleichender Vorgang - hat auch etwas mit der Umstrukturierung der Wirtschaft zu tun. Die alten Montan und Produktionsbetriebe mit einem hohen Anteil an organisierten gewerblichen Mitarbeitern gibt es nicht mehr. Im Angestelltenbereich besonders bei Ingenieuren und Naturwissenschaftlern hat es die Gewerkschaft versäumt Fuß zu fassen - siehe ursprüngl. Orggrad Martinstrasse. Seit Schröder und seiner New Labour-Politik hat die Gewerkschaft ihren historischen politischen Partner in der SPD verloren - und dies hat was mit der Mitgliederzahl zu tun - Schröder, der Kanzler der Bosse, hat sie für die neue SPD nicht mehr als relevant gesehen - auch deshalb ist Oskar damals gegangen. Die Gewerkschaften sind heute auf der Suche nach Wegen, dem gegen zu steuern. Boni ist ein Versuch - kann aber doch nur ein Notpflaster sein. In ihrer Organisation muß sich die Gewerkschaft der Informationsgesellschaft mit ihrer geänderten Berufswelt und Einstellungen stellen. M.M. hätte die IGM Plattformen wie NCI stärker einbinden müssen - die Gewerkschaften müssen sehr viel pluralistischer werden.

Re: Sinn und Unsinn von Gewerkschaftsboni

Abgeschickt von Anonymous User am 18.Juli 2013 12:57
@11:41 - wirklich gute Analyse.
Der Mauschelverein, der die Gewerkschaft heute ist, ist mit mündigen Mitgliedern, die sich nicht einfach wie eine Schafherde führen lassen, einfach nicht mehr zeitgemäß.
Es geht nicht an, dass ein Funktionär pfeift und dann tanzen alle (oder setzen sich wieder hin). Auch die innergewerkschaftliche Demokratie ist ein Witz (z.B. vorgefertigte Vertrauenskörperlisten, die man nur noch im Ganzen abnicken kann. oder keine offene Listenplatzwahl für BR-Listen)
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