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Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

erstellt von jackpeter — zuletzt verändert: 25.08.2008 16:03
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Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von jackpeter am 2.Juli 2006 21:48
Hallo INTR, du stellst eine interessante Frage: Wie können aus Individuen Gruppen entstehen? Man kann natürlich biologisch argumentieren, dass der Mensch von Natur aus ein Herdentier ist und daher zur Gruppenbildung neigt. Aber das reicht nicht als Erklärung für die Enstehung und den Zusammenhalt größerer Gruppen wie z.B. Gewerkschaften. Hier geht es meiner Meinung nach in erster Linie um gemeinsame Interessen, die von einer Gruppe besser durchgesetzt werden können als von einem Einzelnen. Das ist zumindest der ursprüngliche Sinn und Zweck der Gewerkschaften: Die Wahrung der Arbeitnehmerinteressen gegenüber den Arbeitgebern. Es handelt sich also um eine Zweckgemeinschaft. Und funktionieren kann diese nur so lange, wie auch gemeinsame Interessen da sind! Wenn die Interessen der einzelnen Mitglieder auseinanderlaufen, wird es unweigerlich zu einer Zersplitterung kommen - es sei denn, die Ziele werden neu definiert, so dass wieder eine gemeinsame Basis entsteht. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Funktionäre an der Spitze auch wirklich auf die Basis hören! Wenn Kritik und Änderungswünsche nicht genügend Beachtung finden, dann werden einige Mitglieder nach neuen Möglichkeiten suchen, ihre Interessen zu vertreten. Sie werden neue Verbündete suchen und neue Gruppen gründen. Gruß, Heidi

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von Theorie am 3.Juli 2006 02:37
Teil 1 der Antwort auf die Beiträge von INTR vom 01.07.2006 Hallo INTR, nach Deiner umfassenden Antwort kann ich die Hintergründe für Deine Grundsatzfrage nach der Zeit der großen Einheitsgewerkschaften wesentlich besser erkennen und Dir damit natürlich bedeutend zielgerichteter antworten. [em] meine Abneigung gegen die realexistierenden Einheitsgewerkschaften beruhen auf persönlichen Erfahrungen. Es gibt bei der IGM wunderbare Beschlüsse und Erklärungen, z.B. zu mehr Mitgliederbeteiligung oder zu Integration der Angestellten. Aber sobald ich und ein paar Kollegen daran gingen es umzusetzen und einzufordern, wurden wir durch ein paar Funktionäre ausgebremst und kaltgestellt. Da habe ich eingesehen, dass es bei den Funktionären schlicht am Willen zu Änderungen fehlt und sie innerhalb der existierenden Organisationsstrukturen auch die Macht haben es zu verhindern. Dieses Verhalten scheint allgegenwärtig zu sein (Parteien, Gemeinden, Staaten). Deswegen mein grundsätzliches Interessen an der Frage warum das so ist (ist es etwa ein „Naturgesetz“?), und wie die Strukturen einer Organisation/Gruppe sein müssten, um es zu verhindern. [/em] Deine obige Beschreibung erinnert mich sowohl an meine eigenen Erfahrungen als auch an Beiträge von Friederike und Heidi. Derartiges kann man aber eigentlich bei jedem größeren Verein erleben, und es ist kein typisches Erkennungsmerkmal für große oder gar Einheitsgewerkschaften. Einzelne Menschen haben Dich nach deren Definition für nicht teamfähig genug gehalten und Dich mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln deshalb kaltgestellt. Eine ganz einfache Fragestellung hierzu: Was hätte denn die aktive Beteiligung von Dir und Deinen Kollegen den bremsenden Funktionären für PERSÖNLICHE VORTEILE gebracht? Abgesehen von ein paar unterschriebenen Beitrittserklärungen fällt mir jetzt spontan nichts ein. Das Höchste, was Ihr hättet erwarten können, dass man Euch Neulingen bei einer Demonstration ein vorgedrucktes Plakat in die Hand drückt und Euch in einer der hinteren Reihen als Füllmaterial zu Werbezwecken mitmarschieren lässt. Vielleicht hättet Ihr noch Eure fachlichen Kenntnisse und Euren Arbeitseifer in Bereichen der Informationstechnik einbringen und vor einer Versammlung die Lautsprecheranlage aufbauen dürfen oder gar einen Beamer beistellen können. Zuerst ausgenutzt und dann kaltgestellt werden, dass hat natürlich fatale Folgen für die oft mühsam aufgebaute und bisweilen hart erarbeitete Motivation. Meine negativen Erlebnisse kann ich fast ausschließlich auf das Unterliegen gegenüber den rein persönlichen Interessen einzelner Personen oder höchstens kleiner Gruppen zurückführen. Somit konnte ich in Bereiche, die zu den wesentlichen Zielsetzungen einer Interessenvertretung gehören, nicht einmal näherungsweise vordringen. Euer Scheitern ist vermutlich in erster Linie auf Ursachen von ganz grundsätzlicher Natur zurückzuführen, und es wäre ein Fehler zu glauben, in einer homogenen Gruppe, bestehend aus hinsichtlich der Berufsausbildung oder des Tätigkeitsbereiches ähnlichen Menschen, wäre ein derartiges Ausgrenzen unwahrscheinlicher oder bereits in seiner Entstehung rechtzeitig erkennbar und damit abwendbar. Mich haben unabhängige Ingenieure kaltgestellt und nicht etwa Lohnempfänger mit Gewerkschaftszugehörigkeit. Man wird leicht unvorsichtig gegenüber Menschen, bei denen man nahezu unbesehen der Überzeugung ist, einen Großteil ihrer Interessen, Gefühle und Meinungen ausreichend gut zu kennen. Zu Deiner Frage nach dem Warum beziehungsweise dem „Naturgesetz“: Nenne es ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb oder einfach puren Egoismus. Zuerst denkt man an den Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes oder des eigenen Funktionärsposten. Erst wenn im eigenen Bereich alles zur ausreichenden Zufriedenheit ist, denkt man an entferntere Bereiche in denen man vielleicht etwas toleranter oder aufgeschlossener ist. Ihr habt vermutlich unbewusst und ohne Erlaubnis bereits innere Gebiete der anderen betreten gehabt. Wie die Strukturen einer Organisation/Gruppe sein müssten, damit ein derartiges Verhalten verhindert werden kann, würde ich auch gern wissen, und dieses ist auch einer der Gründe dafür, warum ich ein eifriger Leser der Forumsbeiträge bin und selbst meine Meinungen äußere. Ich bin davon überzeugt, dass es gerade für kleinere Gruppierungen kein Patentrezept geben wird, denn hier spielen die menschlichen Faktoren eine einfach zu große Rolle. Hier muss man individuelle und situationsbezogen rasch veränderbare Strukturen finden, bei der die Mitglieder - hinsichtlich der Erreichung GEMEINSAMER Ziele - möglichst optimal ihre Fähigkeiten einbringen können. Allein aufgrund der inneren Veränderbarkeit beziehungsweise Anpassungsfähigkeit kann eine derartige Gruppe zwar einen außerordentlich hohen Wirkungsgrad erreichen, ist aber zugleich sehr leicht anfällig für ein instabiles Verhalten. Zur Verbesserung der inneren Stabilität kommen deshalb bei großen Gruppierungen genau festgelegte und nahezu unveränderbare Strukturen mit entsprechenden Satzungen zur Anwendung. Man besitzt dann eine Macht die nahezu proportional zur Anzahl der Mitglieder und eine Kraft die proportional zur Summe aus Mitgliedsbeiträgen und anderweitiger Einnahmequellen ist. Der äußere Wirkungsgrad ist sehr mäßig, da die intern vorhandenen Potentiale häufig für das Erreichen der nächsthöheren Hierarchieebene innerhalb der Interessenvertretung eingesetzt werden. [em] Die Manager-Schulen beschäftigen sich sehr viel mit Gruppendynamik, um die Unternehmenseffizienz zu steigern (s. z.B. http://www.ftd.de/karriere_management/management/86641.html ). Würde mich sehr interessieren, ob es solche Forschungen auch bezüglich der Gewerkschaften gibt. [/em] Am Seitenanfang des obigen Links steht folgendes: [STRONG]Organisationspsychologie: Menschen im Arbeitsleben besser verstehen Mitarbeiter sind vor allem Menschen und handeln entsprechend ihrer persönlichen Ziele, Bedürfnisse, Wünsche und Gefühle. Um das Wirken und Zusammenwirken von Menschen im Unternehmen zu gestalten, muss man auch die psychologischen Aspekte erkennen und verstehen.[/STRONG] Bereits in meinem ersten Forumsbeitrag habe ich die Gewerkschaften mit einer besonderen Art von Unternehmen verglichen, wogegen Friederike sogleich protestiert hat. Mir ist allerdings auch kein funktionierendes Unternehmen bekannt, bei dem die große Mehrheit der Belegschaft nahezu tatenlos ist, aber aufgrund demokratischer Mehrheitsbeschlüsse dennoch einen gewaltigen aber von anderen leicht zu missbrauchenden Einfluss besitzt. Ich denke die Organisationspsychologie wird vorwiegend in den oberen Ebenen mit hauptberuflich in der Organisation tätigen Mitarbeitern von Bedeutung sein. [em] „...Wir behandeln aber hier im Forum unsere Einschätzung des Werdegangs der Einheitsgewerkschaften in einer für die Arbeitswelt vorerst nicht besonders rosig aussehenden Zukunft...“ Da gebe ich Dir Recht. Und deswegen denke ich, wenn die Einheitsgewerkschaft den Frontalangriff nicht abwähren kann (aus externen und internen Gründen), müssen andere Strategien her, z.B. wird bei Militär auf den Partisanenkrieg ausgewichen (mit dem Ziel die Kräfte des Gegners zu binden und zu zersplittern). NB. Hier könnte man noch trefflich darüber diskutieren, wie die Organisationsstrukturen auf der Gegenseite (Arbeitgeber/Kapitalseite) heutzutage funktionieren. Sind es Einheitsstrukturen, oder gibt es einzelne Gruppen, konkurrieren oder kooperieren sie dann miteinander usw. [/em] Wer greift hier wen an? Außer ein paar mickrigen Schaukämpfen ist mir nichts bekannt. Die Interessenverbände der Arbeitnehmer kämpfen vielleicht indirekt um das Wachstum ihrer Mitgliedsbeiträge, mehr aber auch nicht. Bei richtigen Kämpfen mit den Arbeitgebern könnte man nämlich zumindest teilweise unterliegen, und das könnte wiederum den Mitgliederzahlen abträglich sein. Man sollte sich möglichst auf Augenhöhe mit einem Verhandlungspartner befinden, und dafür benötigt man eine ausreichend hohe legale Kraft beziehungsweise Macht. Die Mitglieder der Arbeitgeberverbände sind bestimmt unterschiedlich, aber sie erreichen zumindest nach außen ein geschlossenes Auftreten, was andere Interessenverbände scheinbar durch das Kaltstellen oder Rausschmeißen von selbständig denkenden und sich nicht an die internen Spielregeln haltenden (nicht genug teamfähigen) Mitgliedern erreichen wollen. Eine offene Solidarisierung der Arbeitnehmer halte ich insgesamt für den erfolgversprechenderen Weg, möchte das aber an dieser Stelle nicht weiter ausführen. Nur soviel dazu: Partisanenkrieg –nein danke. [em] „...Welche Kooperations- und Durchsetzungsstrategien meinst Du genau: Die innerhalb einer Ebene, die zu anderen Ebenen oder alle beide?...“ Ich habe hier nur an ein Beispiel gedacht: wenn zwei Kinder anfangen zu toben, um ein Eis zu bekommen, wird es bei manchen Familien funktionieren und bei anderen nicht, aber diese Strategie wird mit Garantie nicht in einem Tarifkonflikt funktionieren. [/em] Unsere Kinder fragen vorwiegend „Können wir ein Eis bekommen?“ und schreien nicht getrennt nach ihrem jeweiligen Lieblingseis. Sollte dann meine Frau oder ich dem gemeinsamen Begehren der Kinder nicht nachgeben, dann ist nicht ein einzelner von ihnen etwa daran schuld, und sie können gemeinsam ihren Misserfolg etwas leichter ertragen anstatt sich gegenseitig Vorwürfe zu machen. Versuchen sie aber mit großem Geschrei ihren Wunsch durchzusetzen, dann müssen sie oft mit Erstaunen feststellen, wie sich auch Mama und Papa im Nu gegen sie verbünden können, und somit der Kühlschrank vorerst geschlossen bleibt. Ich glaube schon, dieses Beispiel auch auf einen Tarifkonflikt übertragen zu dürfen.

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von Theorie am 3.Juli 2006 03:08
Teil 2 der Antwort auf die Beiträge von INTR vom 01.07.2006 [em] „...Nach meinem Eindruck, scheinst Du geradezu wissenschaftlich nach einem persönlichen Optimum zu suchen, also nach einer möglichst individuell für Dich maßgeschneiderten Interessenvertretung, die Deine beruflichen Probleme und Bedürfnisse versteht....“ Ja, ich bin Ingenieur und es ist eine Berufskrankheit von uns nach optimalen Lösungen zu suchen (egal für welches Problem). Aber sucht nicht jeder Mensch nach einer „optimalen“ Lösung für sich (bewusst oder unbewusst)? Wie sich unter diesen Voraussetzungen stabile Gruppen ausbilden, ist für mich eine sehr interessante Frage. [/em] Zu Beginn meines Berufslebens habe ich mich im Rahmen meiner fachlichen Aufgaben intensiv mit Optimierungsverfahren beschäftigt und auch entsprechende Seminare zu diesem Themengebiet besucht. Bereits die vorwiegend theoretischen Kenntnisse haben bei mir rasch dazu geführt, dass ich seitdem das Wort Optimum nur noch recht sparsam verwende. Bereits bei Systemen mit nur wenigen und unterschiedlich zu gewichtenden Zielgrößen ist es in der Regel schwierig ein sogenanntes Optimum zu ermitteln. Durch welches Fahrverhalten erreiche ich bei einer Autofahrt das Optimum hinsichtlich Fahrtzeit, Benzinkosten, Unfallrisiko sowie Bußgeld? Bei Entwicklungsprojekten sind häufig „nur“ Größen wie Leistung/Qualität, Realisierungsdauer und Entwicklungskosten zu optimieren, und bereits dabei sieht man sich oft mit scheinbar unlösbaren Problemen konfrontiert. Also versucht man ein komplexes System in Einzelsysteme mit jeweils nur wenigen zu optimierenden Größen zu zerlegen, in der Hoffnung das dann Gesamtsystem nach dem Zusammenbau auch optimal funktioniert. Man nehme einen Spitzentorwart, zwei weltklasse Stürmer … und schon erhält man eine unbesiegbare Fußballmannschaft. Ein anderer Weg, der deshalb oft eingeschlagen wird, ist die bewusste Beschränkung auf ganz wenige Faktoren oder im Extremfall gar nur eine Größe, wie zum Beispiel dem Stundenlohn der Arbeitnehmer. Bereits hierbei bieten sich den Arbeitnehmervertretungen ganz vielfältige Variationsmöglichkeiten: Erhöhung des Monatslohns, Verringerung der Wochenarbeitszeit, neue Eingruppierung, … Ja, dass mit der Erhöhung klappt hundertprozentig, solange verloren gegangene Arbeitsplätze oder die Stundenlöhne von Fremdanbietern weiterhin unberücksichtigt bleiben. Jetzt kommen aber die Ingenieure mit zusätzlichen Kenngrößen daher, die sie individuell optimieren möchten. Sollte es wider Erwarten funktionieren, dann bestimmt nicht so, wie wir uns das vorstellen. Außerdem passiert gerade den optimierenden Ingenieuren häufig ein ganz trivialer Fehler, wenn man sie zu lange in ihrer idealisierten Gedankenwelt mit sich allein lässt. Sie vernachlässigen bei ihren Berechnungen das in der realen Welt vorhandene Rauschen, wobei der Anteil beim menschlichen Verhalten bereits im Mittel sehr hoch ist und starken und schwer vorhersehbaren Schwankungen unterliegt. Das Finden und Erreichen eines Optimums kann auch dadurch vereinfacht werden, indem man versucht, möglichst voneinander unabhängige Einflußgrößen zu erhalten, an denen man in weiten Bereichen drehen kann. Durch welches Fahrverhalten erreiche ich bei einer Autofahrt das Optimum hinsichtlich Fahrtzeit, Benzinkosten, Unfallrisiko sowie Bußgeld? Das Ergebnis auf obige Frage wird zumindest bei mir ein deutlich anderes sein, wenn die Familie mit im Auto sitzt. Ein Mensch, der nach SEINER optimalen Lösung sucht, wird bei einer Vielzahl von Aufgabenstellungen selbst zu dem Ergebnis kommen: Kein Ehepartner, keine Kinder, keine Gewerkschaft, … keine Kompromisse - aber dafür jede Menge Freiheitsgrade. Bei den nachfolgenden Zeilen handelt es sich zugegebenermaßen nur um den Schluss des ursprünglichen Zitats (Werbung der Firma ABB), aber er ist für mich oft hilfreich gewesen. [STRONG] Such nicht das, was Du für perfekt hältst. Fang an zu machen. Lieber nur 98,5 % als 1,5 Jahre zu spät - oder zu teuer. Perfektion ist Zeitlupe, Phantasie ist Lichtgeschwindigkeit. Wie schnell warst Du heute?“ [/STRONG] Diese Berufskrankheit, der Suche nach optimalen Lösungen, habe ich nach wie vor, aber sie bricht nur noch ganz selten durch, nämlich in der Regel dann, wenn ein nachhaltiger Nutzen durch den Optimierungsaufwand ziemlich zweifelsfrei feststeht. Bei der Gefriertruhe beschränke ich mich mittlerweile lediglich auf das jährliche Enteisen. Meine von mir als sinnvoll betrachteten Einteilungen für das Gefriergut gibt es schon seit Jahren nicht mehr und der aktuelle Zustand der auf dem Computer meiner Frau ursprünglich sorgfältig eingerichteten Verzeichnisstruktur ist mir zwischenzeitlich auch ziemlich egal. Es wird Dich bestimmt nicht wundern, dass ich mich unter anderem auch für Chaostheorien und die unscharfe Logik (die z.B. als sogenannte Fuzzy Control in der Programmsteuerung von Waschmaschinen eingesetzt wird) interessiere. Mit solchen Dingen hält sich meine Frau zum Glück gar nicht erst auf, denn für sie zählen lediglich Ergebnisse: Ein aufgeräumtes Arbeitszimmer und saubere Wäsche. Wie sollte ich eigentlich meine aktuelle Lebenssituation hinsichtlich eines Optimierungsgrads einstufen: Verheiratet (Frau nicht erwerbstätig), zwei schulpflichtige Kinder und ein Haus, das praktisch noch der Bank gehört? Unter zusätzlicher Berücksichtigung meines Tätigkeitsgebiets dürfte ich damit wohl nahe am Optimum liegen, zumindest wenn ich das Ganze aus der Sicht meines Arbeitgebers betrachte.

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von Theorie am 3.Juli 2006 03:16
Teil 3 der Antwort auf die Beiträge von INTR vom 01.07.2006 [em] „...Zugegeben, auf den ersten Blick könnte eine Berufsgruppenvertretung für die Ingenieure mit ihrem ausgesprochenen Organisationsgeschick und ihrer ausgeprägten Teamfähigkeit als die zweckmäßigste Lösung erscheinen. Usw.“ Ja, so etwas schwebt mir vor. Aber nicht mit der Organisationsstruktur des MB (auch hier gibt es keine direkte Demokratie). [/em] Wenn wir gemeinsame Ziele verfolgen, dann können wir Ingenieure außerordentlich teamfähig sein, aber wenn wir unseren individuellen optimalen Lösungen nachgehen können, dann ist unsere Kompromissbereitschaft manchmal verdammt gering. [em] „...Wenn automatisch mit Vollendung des 40. Lebensjahres die Mitgliedschaft enden würde, aber dafür zu vergünstigten Konditionen in einer Art angeschlossenen beE vielleicht für drei Jahre weitergeführt werden könnte, dann könnte das für junge Mehrleister zumindest für einen gewissen Zeitraum eine interessante Organisation sein...“ Diese Bemerkung habe ich nicht verstanden. Geht es Dir um den Generationenkonflikt? [/em] Als Generationenkonflikt möchte ich es nicht bezeichnen, denn das würde nur unnötig ablenken. Stark vereinfacht ausgedrückt, sehen die Gewerkschaften zum Beispiel die Höhe des Stundenlohns als eine zu optimierende Größe an. Jetzt könnte aber eine andere Interessenvertretung sich als Ziel gesetzt haben, das Preis/Leistungsverhältnis für seine Mitglieder optimieren zu wollen, um besonders für junge Berufsanfänger interessant zu sein. Die Mitarbeiter werden also fast ausschließlich nach ihrer Leistung und nicht nach ihrer Anwesenheitszeit bezahlt. Dieser Prozess hat ja eigentlich auch schon lange begonnen (Vertrauensarbeitszeit, Zielvereinbarung, ERA-TV) und wenn er wirklich konsequent umgesetzt werden würde, dann können zum Beispiel Arbeitnehmer mit familiären Verpflichtungen, also bei denen die Verknüpfung von Freizeit und Arbeitszeit nicht optimal gelingt, von den anderen Mitgliedern sehr schnell als überbezahlte und unnötig belastende Minderleister empfunden werden. [em] ...Deine (Heidis) Beispiele für die Inhomogenität bei den Ingenieuren sind sehr zutreffend, wo doch gerade die Ingenieure im Laufe ihres Berufslebens deutliche Änderungen in ihrem Tätigkeits- und Aufgabenbereich bewältigen müssen. Gestern Entwicklungsingenieur – heute Projektleiter – morgen Vertriebsbeauftragter – übermorgen teurer Kostenfaktor. Derartig hohe Anforderungen an die fachliche und aufgabenbezogene Flexibilität sind mir bei den Ärzten bislang nicht bekannt. Ich bin schon gespannt, was INTR wohl dazu meint...“ Ich bin mir ziemlich sicher, dass das bestehen einer Gruppe viel mehr von den psychologischen Voraussetzungen der Mitglieder abhängt als von deren (beruflichen) Fertigkeiten. Was die Ingenieure zusammenhalten könnte, hat TheoRie als Beispiel selber gegeben: „...die Abstraktion zur Erkennung von Gesetzmäßigkeiten und die Anwendung auf neue Aufgabenstellungen im technischen Bereich gehören für mich als Ingenieur zu meiner täglichen Arbeit....“ [/em] Dass die psychologischen Voraussetzungen für das Bestehen einer Gruppe von entscheidender Bedeutung sind, dem kann ich nur zustimmen, einen besonderen Bezug zu der Berufsgruppe der Ingenieure kann ich jedoch nicht erkennen. Willst Du vielleicht ganz vorsichtig damit andeuten, wir hätten in unserer Berufsgruppe so speziell ausgeprägte Denkstrukturen, dass nur wir unsere besonderen Probleme und Sorgen gegenseitig richtig verstehen würden und somit auch nur wir Ingenieure unsere Interessen selbst am besten vertreten könnten? Folglich müssten wir auch unbedingt zusammenhalten und uns eine Interessenvertretung suchen, die ausschließlich für uns da ist? Hoffentlich liest das jetzt außer unserem Kreis keiner, der es falsch verstehen könnte. Deine Gedanken und Beispiele, INTR, verstehe ich nur allzu gut, vermutlich weil ich selbst Ingenieur bin. Aber nicht allein aufgrund meiner jüngsten Erfahrungen bezweifle ich dennoch die Erreichung eines hohen Wirkungsgrads und einer ausreichenden Stabilität für eine nur aus Ingenieuren und Naturwissenschaftlern bestehenden Interessenvertretung, sofern sie mehr als nur nach der Erreichung möglichst hoher Stundenlöhne strebt. Bei meinen Betrachtungen beschränke ich mich aber in der Regel auf „normale“ Industrieunternehmen mit einer hinsichtlich Alter, Ausbildung und Tätigkeitsbereichen ausreichend gemischten Belegschaft. „Sonderfälle“ wie Landwirte, Lehrer und Ärzte lasse ich deshalb bei meinen Betrachtungen weitgehend unberücksichtigt. Gleichermaßen halte ich den Wirkungsgrad der bestehenden homogenen Interessenvertretungen für stark verbesserungswürdig und für ständig weiter abnehmend, sofern sie sich nicht endlich aufrichtig für SELBSTÄNDIG DENKENDE AKTIVE Angehörige anderer Berufsgruppen öffnen. Ich muss zugeben, dass ich mich mit den möglichen Ursachen für speziell bei homogenen Gruppen auftretenden psychologischen Problemen nicht intensiv beschäftigt habe, da der Einfluss des nur schwer einschätzbaren individuellen Verhaltens bei kleinen Gruppen einfach viel zu groß ist, um nutzbare „Gesetzmäßigkeiten“ aufstellen zu können, nach denen Du vielleicht noch auf der Suche bist. Mir fallen jetzt keine „typischen“ standortunabhängigen Probleme von Naturwissenschaftlern oder Ingenieuren ein, für deren Behebung sich eine größere Interessenvertretung einsetzen sollte, aber bestimmt kannst Du uns da ein paar Beispiele nennen. Die möglichen Ziele einer Interessenvertretung, die mir einfallen, betreffen eigentlich alle Berufsgruppen. Vermutlich beziehst Du die Unterschiede bei den Berufsgruppen vielmehr auf psychologisch begründete Unterschiede bezüglich der Wahrnehmung von Problemen und der unterschiedlichen Vorgehensweise bei der Suche und Umsetzung von möglichen Lösungen. Diesbezüglich sind natürlich gewisse Eigenheiten vorhanden und manche der klischeehaften Vorurteile finden sich oftmals bestätigt. Viele der Probleme im Berufsleben, die sich nicht allein auf ein Tätigkeitsfeld beschränken, erfordern aber eine Vielzahl von Fähigkeiten und Taktiken im Hinblick auf eine erfolgreiche Lösung. Bei meinen eigentlichen Arbeitsaufgaben habe ich oft genug ausreichend große Entscheidungsspielräume, um vorwiegend eigenverantwortlich vergleichsweise schnelle und der Problemstellung genügende Lösungen zu finden und realisieren zu können. In diesem Bereich bin ich sehr verwöhnt, und dieser Freiraum ist auch mit einer der Hauptgründe dafür, warum mir meine fachliche Arbeit so viel Spaß macht. Daraus entsteht aber auch ein erhöhtes Risiko, dass man mit einer besonders hohen Geschwindigkeit versucht eine Wand zu durchbrechen, deren Dicke einem vorher nicht bekannt ist. In Deiner Antwort hast Du mich nicht ganz vollständig zitiert gehabt : [em] die Abstraktion zur Erkennung von Gesetzmäßigkeiten und die Anwendung auf neue Aufgabenstellungen im technischen Bereich gehört für mich als Ingenieur zu meiner täglichen Arbeit. In manchen Bereichen des menschlichen Zusammenlebens lassen sich zumindest unter ausreichender Beachtung von Randbedingungen ebenfalls gewisse gemeinsame Gesetzmäßigkeiten herausfinden, die man dann wiederum auf die Gebiete überträgt, in denen man vorher keine eigenen Erfahrungen sammeln konnte. Aber das funktioniert nur in den Bereichen einigermaßen, in denen man ausreichend stark verallgemeinern kann, also quasi von einem Durchschnittsverhalten ausgehen darf. Bei konkreten zwischenmenschlichen Beziehungen ist dieses gewohnte abstrakte Denken eher von Nachteil, weil es einen oftmals vom Erkennen des Wesentlichen ablenkt. Das führt vielfach zu einem enttäuschten „Aber eigentlich hätte ich erwartet, dass …“. [/em] Welcher Vorteil sollte darin bestehen, wenn für ein Problem viele Menschen einen gleichen aber vielleicht sogar falschen Lösungsansatz finden? Ich finde es daher bedeutend aussichtsreicher und risikoärmer, wenn bei einer Interessenvertretung auf ALLEN Ebenen eine gesunde Mischung vorhanden ist. Damit erhöht man die Phantasie und gemäß obigem Zitat auch die Geschwindigkeit. Viele Grüße an die Forumsrunde TheoRie

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von jackpeter am 7.Juli 2006 23:08
Ich glaube fast es wäre besser wenn sich NCI um den Status einer Gewerkschaft bemühen würde(Konkurenz belebt das Geschäft). Außerdem könntet ihr dann evtl. euere finanziellen Probleme lösen. Ich jedenfalls seit über 25 Jahren IGM-Mitglied würde sofort zu euch übertreten. Ich befürchte, dass wir "die IGM" schneller verschwinden als uns lieb ist, ohne das die Arbeitgeber bzw. die Politik dazu große Anstrengungen unternehmen müssen. Wir erscheinen nicht mehr in der Öffentlichkeit (Opel, Bocholt, Harz4 usw.usw.), wir schließen mit Siemens Sondertarifverträge, Arbeitszeitverlängerung, Beschäftigungsvereinbarungen usw. usw. ab und schweigen still wenn sich Siemens nicht daran hält. Wir (IGM) sind aus diesem Grund nicht mehr Glaubwürdig. Wir setzen der verfehlten Politik nichts entgegen, die Mehrheit unserer Mitglieder (gewerblichen) werden immer mehr geschröpft und diese werden in der nächsten Zeit auf Grund ihrer finanziellen Belastungen sich die IGM nicht mehr leisten können. Hat den schon mal jemand vom Vorstand ein Programm aufgelegt um z.B. fest zustellen wieviele Leiharbeiter in der Siemens AG beschäftigt sind? Wie viele Standorte die 13 Prozent der 40 Std. gewaltig überschreiten? Und das alles mit Duldung der IGM-Verwaltungsstellen!! Und jetzt kommt noch (der zweifellos gut gemeinte ERA), der von den Arbeitgeber zur Kosteneinsparung genutzt wird. Siemens spricht öffentlich von 30 - 40 Prozent Kostenreduzierung. Für die Betriebsräte vor Ort lässt sich da nichts mehr aufhalten und von der IGM hört man nichts, da ist es nicht verwunderlich das man immer öffter hört:"Für was brauch ich da noch eine Gewerkschaft".

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von jackpeter am 7.Juli 2006 23:49
Ich halte das nach wie vor für falsch. 1. Es hindert niemand daran, Mitglied bei NCI zu werden. Man muß dazu nicht aus der IGM austreten. Im Gegenteil, man muß dazu die Prinzipien der IGM ernst nehmen. 2. Warum soll man eine gesellschaftliche Kraft, die durchaus in der Lage ist, bestimmte Kräfteverhältnisse herbeizuführen, ad Acta legen? Daß die Führung nicht unbedingt macht, was die Mitglieder wollen, ist den Mitgliedern wohlbekannt und ein alter Hut. Daß die Mitglieder selber entscheiden, wann und wie sie handeln, ist ebenfalls bekannt - und ein alter Hut. Es kommt darauf an, die Mitglieder eben zum selbständigen Handeln zu ermutigen. Das kann mithilfe von NCI geschehen und mithilfe von IG-Metallern. Nix Stellvertretertum - selber ran! Das ist das Gebot der Stunde! Gruß Friederike

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von jackpeter am 8.Juli 2006 10:52
[quote:Anonymous User format="text/plain"]Ich 1. Es hindert niemand daran, Mitglied bei NCI zu werden. Man muß dazu nicht aus der IGM austreten. Im Gegenteil, man muß dazu die Prinzipien der IGM ernst nehmen. [/quote] Da hat Friederike schon recht. NCI lebt die Prinzipien die die IGM sich mal irgendwann auf die Fahnen geschrieben hat. Doch diese Prinzipien scheinen heute bei den oberen Funktionären komplett vergessen zu sein. Bei denen ist auch nur wichtig, dass ihr eigener Geldbeutel gut gefüllt ist. Und die "kleinen" IGM'ler die heute im BR versuchen etwas zu bewegen, können es nicht glauben, dass das große Dach der IGM nicht mehr so schützend ist, wie es vielleicht mal gewesen sein mag. Unser NCI-Dach dagegen ist immer noch sehr wind und wetterfest - denn dort werden die Prinzipien gelebt, nicht nur totgeredet!!!! Dort kann jeder der mitarbeiten will auch aktiv werden und ihm werden keine Prügel zwischen die Beine geworfen. Schöne Grüsse Muck

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von Theorie am 14.Juli 2006 23:33
Liebe Forumsrunde, es ist etwas ruhig hier geworden, und ich möchte deshalb speziell auf die letzten Beiträge von Anonymous User, Friederike und Muck antworten, die ein Thema gemeinsam ansprechen: [STRONG]NCI als Gewerkschaft[/STRONG] Zunächst möchte ich dem Widerspruch von Friederike und Muck gegenüber einem Austritt aus der Gewerkschaft beipflichten und gleichzeitig auch die ungenügenden oder gar boykottierten Einflussmöglichkeiten der Mitglieder an der Basis bestätigen. Was ich unbefriedigend finde, dass einem langjährigen Gewerkschaftsmitglied keine Möglichkeiten aufgezeigt wurden oder gar werden konnten, wie ein Beitragszahler innerhalb seiner macht- und kraftvollen Organisation trotz der vorhandenen Stellvertreterstruktur und ohne gleich totgeredet zu werden, neue Impulse einbringen kann. Mit diesem Problem der scheinbaren Ohnmacht des Einzelnen sehen sich sehr viele aktive Mitglieder konfrontiert und werden deshalb entweder passives Mitglied oder geben ihre Gewerkschaftszugehörigkeit gleich ganz auf. Ganz wenige bleiben zwar weiterhin Mitglied, engagieren sich aber dann vorwiegend außerhalb der Gewerkschaft, wodurch häufig der falsche Eindruck einer Konkurrenz entsteht, der vielfach noch von Unbeteiligten im Sinne deren Interessen unterstützt wird. Die Kandidatur eines Gewerkschaftsmitglieds auf einer fremden Liste bei der Betriebsratswahl ist für mich so ein Paradebeispiel, wo oft die Rüge oder gar der Ausschluss als erzieherische Mittel zur Einhaltung der Ordnung herangezogen werden. Welche realistischen Möglichkeiten bieten sich also für das einzelne Mitglied zum Aufstehen, ohne von den anderen Mitgliedern gleich wieder auf seinen Platz runtergedrückt zu werden, bevor es überhaupt die Gelegenheit hat, um auf sich aufmerksam zu machen und um die Unterstützung weiterer Mitglieder zu erhalten? Als sogenannter Unabhängiger hat man es beim Aufstehen zunächst vielleicht etwas einfacher, aber dafür ist das Stehenbleiben ohne jede Unterstützung bedeutend schwerer. Ein kurze Anmerkung zu den von Muck erwähnten Löchern im Dach der IGM: Vermutlich ist nur ein kleiner Teil der Löcher durch äußere Umwelteinflüsse entstanden, während der Großteil der Schäden wohl auf einen sogenannten Sanierungsstau und interne Abbruchmaßnahmen wie zum Beispiel die unterdrückte Einflussnahme der Mitglieder zurückzuführen ist. Wenn die selbst verschuldeten Löcher weiter so zunehmen, wird man – allerdings auch bei manch anderer Interessenvertretung - fast ausschließlich nur noch mit Reparaturen beschäftigt sein. Viele Grüße TheoRie

IGM in der Machtfalle - von DC

Abgeschickt von jackpeter am 17.Juli 2006 12:40
Nun, der DGB und auch IGM haben auch schon mehrer Grossskandale hinter sich, nicht nur beim COM Kunden D2 (ehemals Mannesmann). Hier ermittelte sogar schon die Staatsanwaltschaft. Die Gewerkschaft ist ein Elefant mit eigenen Machtinteressen. Dazu gehoert das Kungeln in der Politik, mit dem Arbeitgeberverband, in den Aufsichtsraeten, mit den Betriebsleitungen. Bei vielen grossen Dingen ziehen Management und Gewerkschafter haeufig an einem Strang, siehe Mannesmann, insbesondere, wenn die privaten Kassen dabei gut klingeln. Der NCI hingegen ist ein loses Netzwerk betroffener Mitarbeiter, ohne eigene Machtinteressen (bis jetzt) und komplexe Strukturen. Hier geht es mehr um Informationen sowie ideelle und psychologische Betreuung unter Kollegen. Die Bewaehrungsprobe der IGM steht jetzt bevor. Fuer den Nosine Deal muss der GBR ein Interessenausgleich aushandeln, und hier kann er sehr viel fuer die Mitarbieter tun, wie z.b. Arbeitsplatzgarantie fuer gewisse Zeit, Ausgleich fuer den Verlust von Privilegien wie Mitarbeiteraktien oder die Change, moeglichst lange als interner Bewerber zu gelten. Tipps fuer professionelle Verhandlung und Ideen nimmt die IGM sicher gerne entgegen.

DC, es besteht Erklärungsbedarf

Abgeschickt von Theorie am 17.Juli 2006 21:06
Vielleicht könnte uns DC zunächst einmal erklären, was er nun wirklich meint: [quote:DC format="text/structured"]Die Bewaehrungsprobe der IGM steht jetzt bevor. Fuer den Nosine Deal muss der GBR ein Interessenausgleich aushandeln, und hier kann er sehr viel fuer die Mitarbieter tun, wie z.b. Arbeitsplatzgarantie fuer gewisse Zeit, Ausgleich fuer den Verlust von Privilegien wie Mitarbeiteraktien oder die Change, moeglichst lange als interner Bewerber zu gelten. Tipps fuer professionelle Verhandlung und Ideen nimmt die IGM sicher gerne entgegen. [/quote] [quote:DCxxxxx format="text/structured"]... Die IGM und der von ihr beherrscht GBR, BR, Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sind die besten Verbuendeten von Siemens. Wenn das Management zurueckpfeift, kuscht die IGM. Endlich eine Gewerkschaft, die das tut, was richtig ist: Arbeitgeberinteressen bei den Arbeitnehmern vertreten! Oder sind die lokalen BRs bzw. Gewerkschafter bei den grandiosen GBR IAs/SPs konsultiert worden?[/quote]

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von jackpeter am 21.Juli 2006 12:36
DC Antwort: Wegen des letzen im Siemens Dialog zitierten Beitrages hat mich die IGM einfach gesperrt. Die Gewerkschaft steht unter Druck, kann Kritik ueberhaupt nicht vertragen. Skandale hat die IGM ja genug. Im Jahre 2003 liess das Landgericht Duesseldorf eine ANKLAGE der Staatsanwaltschaft gegen den damaligen IGM Chef Klaus Zwickel zu. Vorwurf: Untreue zu Lasten der frueheren Mannesmann. Der Gewerkschaftsboss unterstuetze eine Millionenabfindung an den damaligen Vorstandsvorsitzenden Esser. Mit auf der Anlagebank: Ackermann, Chef der Deutschen Bank. So ist es eben, Grosskapital geht mit Gewerkschaft Hand in Hand, wenn es um persoenliche Interessen bzw. Machtinteressen geht. Ist es heute anders ... bei Siemens? Auch hier wird der IGM und dem GBR mangelnde Transparenz vorgeworfen. COM wird ausverkauft, genauso wie vor zwei Jahren von der IGM in Bocholt/Kamp Limpfort die 35 Stunden woche und andere tarifliche Errungenschaften verkauft wurden.

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von jackpeter am 21.Juli 2006 23:43
[quote:Anonymous User format="text/plain"]DC Antwort: Wegen des letzen im Siemens Dialog zitierten Beitrages hat mich die IGM einfach gesperrt. Die Gewerkschaft steht unter Druck, kann Kritik ueberhaupt nicht vertragen. [/quote] DIESE Art von Kritik kann wirklich nicht jeder vertragen! Das war etwas, naja, sagen wir, undiplomatisch. Wer sich als ERA-Berater selbständig machen möchte, sollte so etwas lieber vermeiden. Das macht keinen guten Eindruck auf mögliche zukünftige Kunden. Im Prinzip wird hier sicher keiner widersprechen. Die Gefahr, dass hohe Funktionäre ihre eigenen Interessen über die der Mitglieder stellen, besteht immer. Und es hat in der Tat schon etliche üble Skandale gegeben. Aber die Redaktion des Siemens Dialog ist bestimmt nicht schuld daran! Da triffst du eindeutig die Falschen. Meine Position: Kritik ja, aber bitte nicht wie wild draufhauen, egal wen es trifft! Genau dafür gibt es ja diese Diskussion hier. Es geht darum, ob so große Gewerkschaften überhaupt eine Zukunft haben oder ob sie unweigerlich zerfallen, weil die Spitze den Kontakt zur Basis verliert. Eine klare Antwort auf diese Frage haben wir noch immer nicht, aber jeder hat interessante Denkanstöße bekommen. Gruß, Heidi

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von jackpeter am 22.Juli 2006 00:15
Hallo Diskussionsteilnehmer (außer dem Troll DC), ich habe mich in der letzten Zeit auf NoSieNet konzentriert, weil ich auch betroffen bin. Jetzt aber melde ich mich zurück. Mit Siemens Com haben wir einen wunderbar aktuellen Fall, um unsere theoretische Diskussion an der Realität zu messen. Zumindest das Verhalten und die Erfolge der zwei existierenden Gruppen (IGM und NCI) gegeneinander zu bewerten. Zwei Bewertungskriterien stelle ich mir vor: - was wurde für die Mitarbeiter bei den Betriebsübergängen erreicht - was wurde für die Organisationen erreicht. Eine endgültige Bewertung insbesondere aus der Sicht der Mitarbeiter wird man erst nach der Veröffentlichung der Übergangsvereinbarungen vornehmen können. Darüber können wir danach diskutieren. Aber was die IGM-Funktionäre für sich erreicht haben, kann man im Lichte deren hochjauchzender Pressemitteilung schon jetzt sagen. Hier stimme ich mit der Beurteilung auf den NCI Homepage im wesentlichen überein. Es ist schon erstaunlich wie schnell, agil und zielstrebig die Funktionäre ihren Machbereich gesichert haben (paritätischer Aufsichtsrat, GBR, Verbleib im Tarifbereich, schnelle BR-Wahlen). Für den NCI (als Organisation/Netzwerk) ist nur noch die Rolle des Meckerers übrig geblieben. Auch die Solidarisierung der Mitarbeiter (mit der Gefahr einer unkontrollierten Bewegung) wurde geschickt verhindert: wir (IGM=Mitglieder) haben alle unsere (?) Ziele erreicht, also brauchen wir nicht mehr zu Streiken. Damit hat man geschickt dem NCI den Boden entzogen (wobei die Frage leider unbeantwortet bleibt, ob NCI eine entscheidende Mobilisierung überhaupt zustande gebracht hätte). Als Fazit aus meiner Sicht was den Organisationserfolg betrifft kann ich nur Sagen: voller Sieg der IGM und ein gehöriges Versagen des NCI-Netzwerks (es gab keine nenneswerten Diskussionen oder Mobilisierung). NCI hat zwar explizit keine Forderungen gestellt (an denen er gemessen werden könnte), aber ob die kritisierten Schwachpunkte bzw. handwerklichen Fehler in den vorliegenden Vereinbarungen bei zukünftigen Verhandlungen berücksichtigt werde, können wir bald (spätestens Ende August) beurteilen. Ich freue mich schon auf Eure Sichtweise. Schöne Grüße INTR

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von Theorie am 22.Juli 2006 00:31
Hallo INTR, bin froh, dass Du Dich wieder bei uns gemeldet hast! Auf Deinen Beitrag werde ich Dir aber erst heute abend antworten können. Herzliche Grüße an Dich und die anderen ForumsteilnehmerInnen TheoRie

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von Theorie am 22.Juli 2006 13:03
Hallo INTR und die anderen Forumsteilnehmer, Deine Nachricht mit der aktuellen Bewertung von IGM und NCI finde ich aus vielerlei Gründen sehr interessant, allerdings kann ich als Außenstehender manche der Sachverhalte, die sich vor Ort abgespielt haben, natürlich nicht einschätzen, und muss mich bei lokalen Themen deshalb etwas zurückhalten. Das erste, was mir bei Deiner Nachricht aufgefallen ist, dass Du bei Deinem Vergleich die unterschiedlichen Zielsetzungen der beiden Organisationen praktisch unberücksichtigt lässt. Er wäre ja auch nicht korrekt die Leistungen einer politischen Partei und zum Beispiel der Caritas hinsichtlich der Schaffung von Arbeitsplätzen miteinander zu vergleichen. Da sie leicht zu finden und auch jedem zugänglich sind, möchte ich zunächst die Ziele des NCI näher betrachten: Ziele von NCI sind: a) Arbeitnehmer und Betriebsräte über ihre Rechte aufzuklären und sie zu ermutigen diese anzuwenden. b) Sich miteinander zu vernetzen, z.B. per eMail und Homepage und dadurch den Informationsaustausch zu fördern und Isolierung aufzuheben. c) Die Möglichkeit zu bieten Fragen stellen zu können, Antworten zu bekommen, Ideen zu entwickeln, Hilfe zu suchen und zu finden. d) Menschliche Begegnung zu fördern, um mit Problemen im Arbeitsleben besser umgehen zu können. Über Gefühle und Ängste zu reden, sehen wir nicht als Schwäche, sondern als Stärke an, denn es gehört Mut dazu, Gefühle anzusprechen. e) Solidarität untereinander, um gemeinsam wirkungsvoller handeln zu können. f) Stellungnahme zu arbeits- und sozialpolitischen Themen g) Verbreitung der Idee, die hinter NCI steht Der Verfolgung welcher Ziele sind der NCI und seine Mitglieder nur unzureichend nachgekommen? Dabei gilt es zu bedenken, dass es sich beim NCI um keine Organisation mit einer Vertreterstruktur handelt sondern die Mitglieder selbst aktiv mitwirken können und dieses auch müssen. Bezüglich obiger Ziele habe ich deshalb die auch Nichtmitgliedern zugänglichen Veröffentlichungen von Organisationen wie IGM, ver.di, AIN und AUB beurteilt, deren Auftritte ich speziell im Internet seit vielen Monaten verfolge. Mein rein persönliches Ergebnis muss ich in diesem Forum bestimmt nicht weiter ausführen. Die Erfolge des NCI und seiner Mitglieder hinsichtlich obiger Ziele können aber nicht mit Zahlen wie Arbeitsplätze, Lohnsteigerungen etc. gemessen werden. Ich kann ja die Leistungsfähigkeit eines Arztes und eines Psychologen auch nicht anhand der Lebenserwartung ihrer Patienten miteinander vergleichen wollen. Im beruflichen Tätigkeitsbereich, und hierbei sind von mir natürlich besonders die Ingenieure und Naturwissenschaftler gemeint, benötigt man aber vielfach harte Fakten für einen Preis/Leistungsvergleich und objektiv messbare Größen um den Erfolg einer Verbesserungsmaßnahme beurteilen und nachweisen zu können. Die Mobilisierung der Mitglieder kann ich mir schon als schwierig vorstellen. Aber hier muss man berücksichtigen, dass sich die Mitgliedschaften von IGM und NCI zum Glück nicht gegeneinander ausschließen, aber man sich als Doppelmitglied bei Auftritten in der Öffentlichkeit einfach nicht zerteilen kann. Du hast Deine Eindrücke sehr gut und nachvollziehbar geschildert. Die Berücksichtigung von sozialen Faktoren haben erneut den Interessen von materiellen Faktoren unterlegen. Beschweren wir uns also nicht weiter über den Abbau und die Verlagerung von Arbeitsplätzen, welche von den Unternehmensleitungen mathematisch stets sehr gut begründet werden können. Mit den auch bei uns Arbeitnehmern vorherrschenden Denkweisen sollten wir von einem Firmenchef nicht unbedingt die Berücksichtigung einer Fürsorgepflicht einfordern und es ist deshalb oftmals geradezu unsinnig von uns, den Führungskräften mangelnde soziale Kompetenz zu unterstellen. Viele Grüße TheoRie

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von Theorie am 22.Juli 2006 15:39
Eingeschobene Antwort auf einen Beitrag, der eigentlich nicht in das Forumsthema gehört, aber von DC hier nun einmal eingebracht wurde.) Hallo DC, noch vor wenigen Wochen hätte ich mich über Deinen Ausschluss aus dem Siemens Dialog der IGM vermutlich ohne größeres Nachdenken gefreut, und diesen Rausschmiss in Anbetracht Deiner vielfach oberflächlich und verletzend wirkenden Beiträge mehr als nur gerecht empfunden. So eine klare Meinung habe ich zwischenzeitlich aber nicht mehr, und meine diesbezügliche persönliche Veränderung beunruhigt mich. Eigentlich dürften für viele Forumsbesucher weniger die Inhalte Deiner Beiträge von Interesse sein, sondern vielmehr die Reaktionen auf Deine „Denkanstöße“. Bei der sich zurückhaltenden und schweigenden Mehrheit von Lesern, werden aber vermutlich zunehmend viele zu finden sein, die grundsätzlich ähnliche und oberflächliche Sicht- und Denkweisen haben und die vielleicht sogar gedankenlos schlucken, was Du schreibst, obwohl sie vermutlich nicht einmal zu Deiner Zielgruppe gehören. Wie groß der Anteil von Individuen in der Gesellschaft ist, die ähnlich so denken, wie Du zumindest schreibst, kann ich nicht abschätzen, aber gemessen an den selbst beobachteten Verhaltensweisen muss er wohl sehr groß sein. Irgendwer hat einmal im Forum geschrieben „DC, Du gehörst einfach zu uns.“ und wollte das vermutlich eher bezogen auf DC als einen provozierenden Beitragslieferanten verstanden wissen. Ich werde einfach nicht das Gefühl los, dass wir schon mehr DCs in unseren Reihen haben, als uns eigentlich lieb sein dürfte, wobei uns aber der Original-DC bereits seit Jahren gewollt oder ungewollt auf diese Gefährdung aufmerksam gemacht hat. Wahrscheinlich würde ich die Beiträge von DC in diesem Forum sogar vermissen und selbst die Gefährdung von Neueinsteigern oder anderen Forumsteilnehmern betrachte ich mittlerweile wesentlich entspannter. Denn wer bereits die Beiträge von DC nicht richtig versteht, der wird vermutlich auch viele Beiträge in der Tagespresse sowie in den Nachrichtensendungen des Rundfunks und des Fernsehens für die absolute Wahrheit halten. Grüße an den einzigartigen und den wahren DC TheoRie

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von jackpeter am 29.Juli 2006 00:19
Hallo TheoRie, meine Idee war nicht die Ziele (und deren Erreichung) von NCI und IGM gegeneinander zu vergleichen, sonder jede Organisation/Gruppe für sich zu betrachten. (Auch NCI ist eine Organisation, nur nicht hierarchisch strukturiert, sondern als Netzwerk). Die jeweiligen Ziele habe ich in zwei Kategorien eingeteilt: bezogen auf die Organisation und bezogen auf die Mitglieder. Auch NCI hat organisationsbezogene Ziele: Punkte b), d) e) und g). Hier hat NCI viel weniger erreicht (für sich) als die IGM (für sich). Vielleicht täusche ich mich, das werden wir aber bald bei den anstehenden BR-Wahlen feststellen könne. Werden sich genügend Kandidaten finden, wie wird der Wahlerfolg? Was IGM und NCI für ihre Mitglieder und die Mitarbeiter erreicht haben, können wir die nächsten Tage diskutieren, weil die Überleitungsvereinbarungen schon veröffentlicht sind. Hier bin ich mir ziemlich sicher, dass NCI die Nase vorn hat. Die Sperrung der HP ist das beste Indiz. Schöne Grüße INTR

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von Theorie am 29.Juli 2006 16:35
Hallo INTR, Deine nachträglichen Präzisierungen zu Deinem Vergleich finde ich ganz hilfreich, obwohl bei dem von Dir am 22. Juli vorgestellten „Leistungsvergleich“ die eigenen Emotionen schon in Richtung Anschlag bei mir gewandert sind, und ich mich beim Antworten auf Deinen Beitrag bereits mächtig beherrschen musste. Du solltest meine Reaktion aber ebenfalls bitte nicht persönlich nehmen. Wir hatten in der gleichen Woche eine typische und langweilige Betriebsversammlung gehabt, in deren Verlauf wesentliche aber einfache Fragen engagierter Mitarbeiter einfach nicht beantwortet werden konnten, weil sich die Interessenvertreter wohl mit anderen Dingen hauptsächlich beschäftigen. Nach so viel Oberflächlichkeit ist mir Dein objektiver Vergleich gerade noch recht gekommen, obwohl dieser bereits wesentlich tiefergehende Betrachtungen enthält, die ein Großteil der Bürger überhaupt erst nur beim Autokauf berücksichtigen würde, aber nicht im Vorfeld von irgendwelchen Wahlen. Bevor ich jetzt aber wieder die Thematik des Erfolgs der Organisationen aus falschen Richtungen betrachte, sollte ich bei Deiner Fragestellung lieber noch einmal von vorne beginnen, bei der Du ganz gezielt zwischen den Erfolgen für die Mitarbeiter beziehungsweise für die Mitglieder und den Organisationen selbst unterscheiden möchtest. Eine derartige Trennung herzustellen, gelingt mir aber auch nach mehrmaligem Nachdenken leider höchstens in Teilbereichen und dadurch besteht auch weiterhin das große Risiko, dass meine Antworten einfach nicht zu Deinen Fragen passen werden. Als Außenstehender habe ich folgenden Eindruck gewonnen: Beide Organisationen haben bei den Wahlberechtigten scheinbar Pluspunkte gesammelt, wobei die IGM dabei insgesamt wohl erfolgreicher gewesen ist. Würden jetzt nur diese beiden Organisationen als Konkurrenten zur Wahl stehen, so könnte das NCI also ungeachtet seiner Erfolge dennoch mit Verlusten zu rechnen haben. So einfach kann man das Ganze betrachten, und so einfach macht es sich auch die Mehrzahl der Wähler. Eigentlich könnte ich an dieser Stelle meine Stellungnahme beenden, zudem die Betriebsratswahlen für mich noch in weiter Ferne liegen. Du hast aber Deinen Beitrag bestimmt nicht geschrieben, um lediglich eine derart oberflächliche Antwort zu erhalten. Betrachten wir das Punktesammeln vielleicht weiterhin von der mathematischen Seite, um eine etwas differenziertere Betrachtung zu erhalten. Als nächstes stellt sich mir die Frage, wie viele Punkte jede der Organisationen denn überhaupt in den unterschiedlichen Disziplinen hätte maximal erreichen können? ________________________[STRONG]Punktzahlen Soll/Ist für: IGM NCI AIN AUB … Tätigkeitsfeld[/STRONG] - Verhinderung der Aufteilung und des Verkaufs von Unternehmenseinheiten - Paritätisch besetzter Aufsichtsrat - Verbleib im Tarifbereich - Umgehende Betriebsratsneuwahlen - Offenheit der Tätigkeiten der Organisation gegenüber Mitgliedern / Nichtmitgliedern - Erreichung geldwerter Vorteile für Mitglieder / Nichtmitglieder - Erhalt von Arbeitsplätzen und Standorten für Mitglieder / Nichtmitglieder - Einsatz von Maßnahmen des Arbeitskampfes von Mitgliedern / Nichtmitgliedern - Akzeptanz und Toleranz gegenüber anderen Organisationen - a) Rechtsberatung für Mitglieder / Nichtmitglieder - b) Förderung des Informationsaustausches zwischen Mitgliedern / Nichtmitgliedern - c) Hilfestellung bei Fragen von Mitgliedern / Nichtmitgliedern - d) Förderung menschlicher Begegnungen zwischen Mitgliedern / Nichtmitgliedern - e) Förderung der Solidarität zwischen Mitgliedern / Nichtmitgliedern - f) Öffentliche / nicht öffentliche Stellungnahme zu arbeits- und sozialpolitischen Themen - g) Interne / Externe Verbreitung der Organisationsidee usw. Im Anschluss an die Auswertung einer ausgefüllten Tabelle sollte es zumindest möglich sein, eine Art differenziertes Arbeitszeugnis für die Organisationen mit den dazugehörigen Noten für Arbeitsqualität, Arbeitsquantität, Sparsamer Umgang im Verbrauch von Mitgliedsbeiträgen, etc. auszustellen. Dann dürfte es die eine oder andere renommierte Organisation nicht weiter verwundern, lediglich die Formulierung „… hat sich bemüht …“ in seiner Gesamtbewertung zu finden. Dürfte bereits die obige mathematische Aufteilung zu großen Schwierigkeiten führen, so stellt die unterschiedliche Gewichtung der einzelnen Kategorien einen noch höheren Schwierigkeitsgrad dar. Den Jobverlust in einem tarifgebundenen Unternehmen werde ich vermutlich höher gewichten als den Arbeitsplatzerhalt in einem künftig tariflich ungebundenen Betrieb. Dieses ist jetzt nur ein ganz plattes Beispiel von mir, und sollte deshalb nicht als Ausgangspunkt für weitergehende Diskussionen verstanden werden. Den Erfolg des NCI an einem Wahlergebnis beurteilen zu wollen, halte ich für ein typisches Wählerverhalten, wie es aber bei den Befürwortern des NCI wohl zur seltenen Ausnahme gehören dürfte. Damit will ich natürlich auch viele Nichtmitglieder oder die Mitglieder - zumindest bei den Betriebsratswahlen scheinbar konkurrierender - Organisationen ganz bewusst nicht von einer überdurchschnittlichen Kritikfähigkeit ausschließen. Abschließend noch ein einfaches Beispiel von mir: Ein Betrieb verschickt an A% seiner Belegschaft sogenannte blaue Briefe, und durch den Einsatz einer Organisation verlassen nur B% letztlich den Betrieb. Bei dieser Thematik kann man die im Betrieb verbleibende und damit weiterhin wahlberechtigte Belegschaft in zwei Bereiche aufteilen: I) 100% - A% : Die Gruppe der nicht angeschriebenen Mitarbeiter. II) A% - B% : Die Gruppe der Mitarbeiter, deren Beschäftigung trotz Brief erhalten werden konnte. Es darf nicht sonderlich verwundern, wenn sich das Wahlergebnis von dem Verhältnis I) zu II) nicht gravierend unterscheidet. Jetzt können wir natürlich beginnen, über Themen wie harte und weiche Faktoren, materielle und soziale Interessen zu diskutieren. Vorher könnte man sich aber auch über das Verhalten von Kollegen, Beauftragten, Interessenvertretungen, Vorgesetzten, Personalabteilungen und Unternehmensleitungen in Fällen des Mobbings informieren. Die dabei festgestellten Sachverhalte und die sich daraus abzuleitenden Erkenntnisse dürften bereits viele Fragen ausreichend beantworten. Du, INTR, hast die beiden Themen Betriebsratswahl und Sperrung der Homepage des NCI bereits gemeinsam in Deinem letzten Beitrag angesprochen. Bei der Sperrung der Homepage des NCI stellte sich mir sofort die Frage, wie sich die Kollegen, die Betriebsräte, deren einzelnen Mitglieder und deren Ausschüsse jetzt wohl verhalten werden. Im Forum wurden meine diesbezüglichen Beiträge aber leider vielfach missverstanden. Es geht mir weniger um die Hintergründe der Sperrung, sondern vielmehr darum, dass auch eine derartige „Nebensächlichkeit“ eine gute Gelegenheit bietet, die Kollegen, den Betriebsrat und seine einzelnen Gremiumsmitglieder genauer kennenzulernen. Ich werde als Außenstehender das Gefühl nicht los, dass sich vielfach schon wieder mit Betriebsratswahlen befasst wird, und darüber die wichtigen Aufgaben sträflichst vernachlässigt werden könnten. Wer dabei gewinnen wird, das kann ich von hier aus nicht abschätzen, aber wer die Verlierer sein werden, dessen bin ich mir schon ganz sicher. Herzliche Grüße an Dich und die übrige Forumsrunde TheoRie

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von jackpeter am 5.August 2006 15:12
Hallo TheoRie, ich denke Du vergleichst da Äpfel mit Birnen. Wir müssen sauber unterscheiden zwischen Gewerkschaften, Mitarbeiternetzen, und ihren Betriebsratslisten. NCI ist ein Mitarbeiternetz, keine Gewerkschaft, und versteht sich auch nicht als Gewerkschafts-Konkurrenz. NCI bietet einfach etwas, was die IG Metall bis dato nicht bietet. Deshalb ergänzen sie sich. Um bei Deinem Ärzte-Vergleich zu bleiben: Wie ein Zahnarzt und ein Augenarzt. Deshalb halte ich es für verfehlt (und auch müßig), die beiden als Konkurrenzunternehmen anzusehen und sie mit Punkten zu bewerten: Wer ist besser? Tatsächlich braucht man beides. Leider wird die Tatsache, dass das NCI Klartext redet und dabei auch die (nicht unbedingt kritikempfänglichen) Gewerkschaften mal kritisiert, wo sie es verdient haben, häufig fehlinterpretiert. NCI ist nicht gewerkschaftsfeindlich, höchstens -kritisch. Und noch ein anderes Ding sind ihre jeweiligen Betriebsratslisten: Ich kann doch gleichzeitig Gewerkschaftsmitglied und auch im Mitarbeiternetz NCI vernetzt sein, und trotzdem eine noch ganz andere BR-Liste wählen. Oder z.B. als überzeugter Gewerkschafter die Betriebsratsliste des NCI wählen, weil ich die besser finde. Oder als überzeugter NCI'ler einen IGM-Betriebsrat wählen, weil es in diesem Betrieb keinen NCI-Betriebsrat gibt. Das ist nicht inkonsequent, sondern bedeutet einfach nur dass man die Dinge sauber trennt. Nicht jeder der die Existenz von Gewerkschaften für wichtig hält muss deshalb auch deren lokale Betriebsrats-Listen alle toll finden. Von daher kann man aber auch nicht aus den Wahlergebnissen von BR-Wahlen auf die Qualitäten von Gewerkschaften oder Mitarbeiternetzen rückschließen. BT

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von jackpeter am 6.August 2006 23:37
Hallo TheoRie, es ist immer wieder eine intellektuelle Herausforderung Dir zu antworten. Nach dem erstem Lesen Deiner Beiträge, muss ich erst mal das gelesen auf mich wirken lassen. Dann lese ich erst noch einmal, um es genauer zu analysieren und frühestens nach dem dritten Mal traue ich mich eine Antwort zu geben, in der Hoffnung mich nicht ganz zu blamieren. Auf die Gefahr hin, dass ich Dich missverstanden habe, muss ich BT recht geben, dass Deine Punktetabelle auf einen direkten Vergleich von NCI und IGM hinausläuft (und Äpfeln mit Birnen vergleicht). Das Ziel von NCI war es noch nie z.B. den paritätischen Aufsichtsrat zu fordern. Also kann NCI hier auch nicht punkten. Insgesamt hat NCI andere und viel weniger Ziele als die IGM, so dass auch seine Gesamtpunktzahl (sogar bei 100% Erfolg) geringer sein würde. Wenn man also die beiden Organisationen miteinander Misst, dann höchstens an der prozentualen Erreichung der selbstgesteckten Ziele. Was auch meine Intention war. Und hier muss man sogar zwischen den Erfolgen für die jeweilige Organisation und für die Mitglieder unterscheiden (denn nicht alles was der Organisation nützt, muss auch den Mitgliedern nützen). Zusätzlich muss man noch den Erfolg für die Nichtmitglieder bewerten, wie Du richtig bemerkt hast (und ich übersehen habe). Aber das Hauptproblem ist natürlich die qualitative Bewertung der jeweiligen Ziele. Die Beurteilung ist nicht so einfach wie z.B. in der Physik. Ob einer die Gravitationskostante schön, klein oder gerecht findet, spielt überhaupt keine Rolle: sie ist wie sie ist, und ändern kann man es auch nicht. Deswegen finde ich Abstimmungen und Wahlen bei gesellschaftspolitischen Fragen (und allen anderen Fragen, welche nicht in den Bereich der exakten Wissenschaften oder des Zählens von Arbeitsplätzen fallen) so wichtig. Nur so kann man in meinen Augen eine „im Mittel“ richtige Antwort finden. Andere Antworten, welche in gesellschaftspolitischen Fragen einen Anspruch auf „objektive Wahrheit“ haben, sind in meinen Augen ideologischer/subjektiver Natur also irrelevant (außer in ein paar grundlegenden moralischen Frage wie z.B. Menschenrechte). Deswegen plädiere ich für die direkte Demokratie und Abstimmungen über Alles und Jeden. Ja, manchmal habe ich sogar die Lust eine Wahlpflicht einzuführen, damit man die „mittlere Wahrheit“ besser ermitteln kann. Wenn man bei der „Zwangsabstimmung“ keine der angebotenem Alternativen wählen will, könnte man immer noch eine ungültige Stimme abgeben. Das ist dann eindeutiger zu interpretieren, als die momentan praktizierte Wahlenthaltung. Hier kann man nämlich prächtig (und nutzlos) darüber streiten, ob es z.B. wegen guten oder schlechten Wetter war. Bei der Frage des Wahlerfolges bin ich einer anderen Meinung als BT und Du: es kommt in meine Augen sehr wohl auf den Wahlerfolg an (aus dem oben genannte Gründen)! Außer man ist von seinen Ideen so überzeugt, dass man sie von anderen nicht beurteilt haben möchte (aber auf eine einzelne Meinung kommt es politisch nicht an). Die IGM hat auf ihre Homepage (http://www.siemens.igmetall.de/) die eigene Bewertung des Erreichten veröffentlich. Der NCI hat es aus seiner Sicht auch gemacht. Ich persönlich stimme mit der NCI-Beurteilung überein. Aber ich bin sehr gespannt, wie das die Wähler am 6.10.06 sehen werden! Schöne Grüße INTR

Re: Ist die Zeit der großen Einheitsgewerkschaften in Deutschland vorbei?

Abgeschickt von jackpeter am 7.August 2006 17:32
Der Vergleich mit Zahnärzten und Augenärzten ist gar nicht mal so schlecht. "Zahnarzt" IGMetall sorgt mit seiner Größe und Macht für den richtigen Biss, während "Augenarzt" NCI für den klaren Durchblick sorgt. Und die Zahnarztrechnung ist teurer als die vom Augenarzt (in unserem Fall arbeitet der sogar umsonst).
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