Sie sind hier: Startseite Projekte Schweiz Der Streik bei TEKEL – Arbeiter berichten

Der Streik bei TEKEL – Arbeiter berichten

erstellt von swiss zuletzt verändert: 30.06.2010 07:09
Seit Dezember protestieren in der Türkei die Beschäftigten des ehemals staatlichen Unternehmens „TEKEL“ gegen die Folgen der Privatisierung. Das Unternehmen war für die gesamte Tabak- und Alkoholproduktion des Landes verantwortlich. 2008 wurde es an BAT (British American Tobacco) veräußert. Den rund 12‘000 ArbeiterInnen drohen massive Gehaltskürzungen, der Verlust von tariflichen und sozialen Rechten und mit dem Schluss von 40 Produktionsstellen auch die Arbeitslosigkeit. Eine derart grosse und gleichzeitig autarke Protestbewegung ist in der Türkei seit den 80-er Jahren einmalig. Die Bewegung entstand vollkommen autonom aus Initiative der betroffenen ArbeiterInnen. Etliche weitere Fabriken, Organisationen und Gruppen solidarisierten sich als Folge darauf mit den ArbeiterInnen und unterstützten die Proteste und Streiks – auch weit über die Landesgrenzen hinaus. Trotz massiver Repression durch die Regierung halten die TEKEL-ArbeiterInnen seit Monaten an ihren Protesten fest. Wie sich die Bewegung entwickelt hat, was sie bisher erreicht hat und wie es aktuell weitergeht – dies alles werden uns zwei TEKEL-Arbeiter erzählen, die sich aktuell auf einer Info-Rundreise befinden. Nach mehreren Info-Veranstaltungen in Deutschland, die von der FAU und der IKS organisiert wurden, laden wir euch herzlich zur Veranstaltung hier in Zürich ein. Karakök Autonome türkei/schweiz
Wann 02.07.2010
von 19:00 bis 22:00
Wo Zürich, Autonome Schule Zürich, Hohlstr. 170 ((gleich bei Haltestelle „Güterbahnhof“, Tram 8 oder Bus 31)
Termin übernehmen vCal
iCal

Wie die Officina von Bellinzona für die Schweiz, Deutschland und Österreich, die INNSE für Italien, ist für die Türkei TEKEL das Symbol des Arbeiterwiderstandes gegen den Angriff der Unternehmer und des Staates.

Nach der Privatisierung ihrer Betriebe haben die über 10'000 ArbeiterInnen der TEKEL den Kampf gegen die drohenden Entlassungen aufgenommen, vor allem aber gegen die sozialen Abfederungen, die "Vertrag 4/c" genannt werden und einen Monatslohn zwischen 150 und 425 Euro pro Monat vorsehen - gegenüber 750 Euro vorher, und dies zudem nur für 11 Monate im Jahr. Am 14. Dezember 2009 sind Tausende von TEKEL-ArbeiterInnen aus Dutzenden von Städten in der Türkei von zu Hause weggegangen und haben ihre Familien zurückgelassen, um nach Ankara zu fahren. Die Polizei in Bürgerkriegsausrüstung hat die 160 Autobusse ausserhalb der Stadt angehalten und erklärt, dass sie die ArbeiterInnen der kurdischen Städte, wo sich die meisten TEKEL-Fabriken befinden, nicht durchlassen dürfe und dass nur die aus den anderen Gegenden in die Stadt fahren könnten. Dies mit dem Zweck, die kurdischen ArbeiterInnen gegen die andern aufzuhetzen und so die Bewegung nach ethnischer Herkunft zu spalten. Die TEKEL-ArbeiterInnen sind jedoch nicht darauf hereingefallen: Sie sind aus den Autobussen gestiegen und alle zusammen zu Fuss ins Zentrum der türkischen Hauptstadt marschiert. So haben die TEKEL-ArbeiterInnen bereits einen ersten Sieg errungen. Vielleicht den wichtigsten, indem sie die Spaltung zwischen ArbeiterInnen verschiedener Ethnien überwunden haben.

In den folgenden Tagen wurden die ArbeiterInnen während ihren Protestkundgebungen von der Polizei brutal angegegriffen. Wiederum hatte diese die Rechnung ohne die ArbeiterInnen gemacht und deren Fähigkeit, sich selbst zu organisieren, völlig unterschätzt. Nachdem sie von der Polizei auseinandergetrieben worden waren, haben sie sich ohne jede Hilfe irgendeines Gewerkschaftsbürokraten neu organisiert und am Nachmittag vor der Zentrale der offiziellen Gewerkschaft Türk-Is eine Grosskundgebung durchgeführt. Regierung und Gewerkschaftsspitzen hatten erwartet, dass die Protestierenden angesichts der eisigen Winterkälte in Ankara, der Unterdrückung durch die Polizei und der materiellen Schwierigkeiten nach wenigen Tagen aufgeben würden. Die ArbeiterInnen hingegen hatten überhaupt nicht die Absicht, nach Hause zurückzukehren. Sie versammelten sich jeden Tag auf der Strasse vor dem Gebäude der Gewerkschaftszentrale Türk-Is. Dort diskutierten sie, wie der Kampf ausgeweitet werden könnte und riefen die ZuckerarbeiterInnen, denen ebenfalls ein "Vertrag 4/c" droht, dazu auf, sich dem Kampf anzuschliessen.

Im Anschluss an die 78tägige Belagerung der Gewerkschaftszentrale Türk-Is ist ein informelles Komitee mit ArbeiterInnen auch aus anderem Betrieben und Sektoren gebildet worden, die bestätigt haben: "Dank TEKEL haben auch wir Mut gefasst!" Seit einer Woche ist eine Delegation dieses Arbeiterkomitees in Deutschland unterwegs, und am nächsten

Freitag, 2. Juli 2010, um 19 Uhr, Autonome Schule Zürich, Hohlstr. 170

findet auch in Zürich eine Veranstaltung mit ihnen statt. Anbei das Flugblattt zur Veranstaltung in Zürich. Weitere Berichte über TEKEL gibt es hier:

- http://de.internationalism.org/Welt160_tekel03

- http://de.internationalism.org/iksonline2010_tekeltuerkei02

- http://www.fau.org/artikel/art_100616-001822

abgelegt unter:

(0) Kommentare