INNSE Unterstützer nach 2 Jahren vor Gericht
Nach zwei Jahren ist nun Anklage erhoben worden gegen sechzehn Demonstrierende, die am 2. August 2009 an einer von den INNSE-ArbeiterInnen ins Leben gerufenen Protestaktion teilnahmen, mit dem Ziel die Demontage der Maschinen in der Fabrik zu stoppen. Es war ein spontaner Entscheid gewesen, auf dem Autobahnring zu demonstrieren. An jenem Morgen war die Fabrik von Polizeikräften umzingelt, drinnen hatten Montagetrupps mit dem Abbruch der Maschinen begonnen, das Besetzerlager war im Morgengrauen geräumt worden: Das war die Ausgangslage für eine spontane Demo, es waren noch nicht viele Leute vor Ort, die sich Richtung Autobahn in Bewegung setzte, um die Öffentlichkeit auf die Geschehnisse aufmerksam zu machen. Eine Produktionsstätte war im Begriff, unwiderruflich zerstört zu werden.
Die Protestaktion auf dem Autobahnring dauerte nur wenige Minuten, dann beschloss man, in die Via Rubattino zurückzukehren, um sich vor dem Werktor zu versammeln und die Behörden aufzufordern einzuschreiten, damit die Abbrucharbeiten eingestellt werden. Es geschah nichts. Um die Demontage zu unterbrechen mussten vier Arbeiter und ein Gewerkschaftsfunktionär einen Kran in der Fabrik besetzen und dort neun Tage lang ausharren. Das Ergebnis ist bestens bekannt: Die Fabrik wurde von einem neuen Besitzer gekauft und läuft normal weiter, in der Zwischenzeit wurde sogar neues Personal eingestellt.
Die sechzehn Manifestanten, die vor Gericht gezerrt werden, gehörten zu den Ersten, die an jenem tragischen Morgen herbeigeeilt waren und zusammen mit uns INNSE-ArbeiterInnen demonstrierten, damit die Fabrik nicht demontiert werde. Eine Haltung, die ihnen zu Ehren gereicht: Sie unterstützten einen Arbeiterkampf, der seit mehr als vierzehn Monaten andauerte.
Es sind junge ArbeiterInnen, prekär Beschäftigte und StudentInnen, die vor Gericht gestellt werden. Sie hatten von Anfang an begriffen, dass der Kampf gegen die Schliessung der INNSE auch sie direkt betraf, ihre Arbeitsbedingungen, ihre Zukunft. Von Anfang an hatten sie die Besetzung unterstützt und waren solidarisch mit uns, auch als es so aussah, als wäre die Fabrik nicht mehr zu retten.
Die ArbeiterInnen der INNSE werden niemals die Rolle der UnterstützerInnen vergessen. Es waren mit der Zeit mehre hundert gewesen, die in den entscheidenden Tagen des Kampfes Tag und Nacht in der Via Rubattino ausharrten. Den sechzehn UnterstützerInnen, denen heute der Prozess gemacht werden soll, werden wir die gleiche Solidarität entgegenbringen, die wir von ihnen erhalten haben.
Die Botschaft, die mit der Anklageerhebung ausgesendet wird, besteht darin, dass zwischen den ArbeiterInnen, die gegen die Schliessung ihrer Betriebe kämpfen, und den AktivistInnen, die sie unterstützen, eine Mauer errichtet werden soll: Erstere werden wohl oder übel geduldet, die zweiten werden bei den Justizbehörden verzeigt.
Nach dem erfolgreichen Abschluss der Auseinandersetzung um die INNSE haben viele, darunter Institutionen und Parteien, Verdienste für sich in Anspruch genommen, die ihnen nicht zustanden. Allzu viele waren voller Lob über die Rettung der geschichtsträchtigen Mailander Fabrik. Jene hingegen, die mit ihrer physischen Präsenz an der Seite der ArbeiterInnen zu diesem Resultat beigetragen haben, enden vor Gericht.
Als ArbeiterInnen der INNSE können wir das nicht hinnehmen und wir werden stets an ihrer Seite stehen.
Mailand, 25. Oktober 2011