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Das MitArbeiterNetzwerk informiert! 06/2004

erstellt von manoman zuletzt verändert: 29.06.2011 08:58
Funktioniert die Deutschland AG noch? Ist der Club der Vorstände und Aufsichtsräte aktiv? Wird der Vertrag von Heinrich von Pierer verlängert und ist dies von ihm gewünscht? Wird Rudolf Rupprecht wie angekündigt seinen Posten aufgeben oder sehen wir ihn in einem Aufsichtsrat wieder? Wer sind die Kronprinzen für die ausscheidenden Vorsitzenden?

Fragen über Fragen und nur die Zeit wird die Antwort geben. Der neue MAN-Chef wird zur Hauptversammlung am 9. Juni 2004 erwartet. Häkan Samuelsson der Chef der MAN Nutzfahrzeuge AG hat beste Chancen neben Gerd Finkbeiner, Chef der Druckmaschinentochter. Bei Siemens soll Herr Thomas Ganswindt etwas abgerutscht sein.

MAN-Vorstandschef Rudolf Rupprecht verfolgt nachahmend die Botschaft die der Siemens-Chef Heinrich von Pierer versucht in der Belegschaft zu bringen. Zur Steigerung der Gewinne ist es erforderlich längere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich zu akzeptieren. Oder zusätzlich den derzeitigen Stundenlohn gleich mitreduzieren. Doch es drohen Probleme mit der Belegschaft, also auch mit uns dem MitArbeiterNetzwerk.

Ist die Siemens AG ein Vorbild für die MAN AG?

Schauen wir uns ein Siemens-Ergebnis von Kostenreduzierung und Verlagerung von kostenintensiven Tätigkeiten ins Ausland an. Diese Argumentation kommt mir aus dem MAN-Geschäftsbericht bekannt vor.

Der Siemens-Bereich Transportation Systems (TS) hat die Niederflurstraßenbahn Combino in Prag gebaut. Die Arbeit und das Material ist dort preiswerter. Auch die Sozialkosten und die Steuerbelastung ist erheblich geringer, was zur Ergebnissteigerung beiträgt.

Diese Straßenbahn hat sich seit 1998 über 450 mal zum Stückpreis von 2,2 Mio. Euro verkauft – z.B. nach Potsdam, Freiburg, Düsseldorf, Basel, Amsterdam. Sogar nach Übersee z.B. Melbourne und Hiroshima. In 17 Städten weltweit läuft dieser Typ, genauer lief. Denn ab 120.000 km droht bei Vollbremsung oder Kollision das Dach auf die Fahrgäste einzustürzen. Diese Erkenntnis hat zur Stilllegung aller Bahnen geführt und die Verkehrsbetriebe müssen eingemottete Museumsstücke reaktivieren. Siemens wird derweil rund 200 bestellte Bahnen nicht mehr los.

Die Probleme sind konzeptuell wegen der Gewichtsverteilung und durch dynamische Nebeneffekte incl. unkalkulierte Schwingungen aufgetreten, die die Leichtbaukonstruktion nicht verkraft hat. Leichtbau ist noch zuallererst Aluminium. Aluminium ist leicht, aber nicht leicht zu verarbeiten. Neben den Materialeigenschaften durch unterschiedliche Metallbeimischungen ist ein Schweißen nur unter Schutzatmosphäre (Schutzgas) möglich. Aber Siemens hat bei der Konstruktion auch die falsche Norm herangezogen und nicht hinreichend getestet. Die design to cost – Philosophie hat zu einer Serienproduktion geführt, die beim Kunden erprobt wurde. Sogenannte Bananentechnik – reift beim Kunden. Wichtigstes Ziel der Konstruktion sind die Kosten, Zuverlässigkeit und Sicherheit haben keine Priorität.

Siemens kommt um einen Neuaufbau nicht herum und hat bereit 300 Mio. Euro zurückgestellt, wobei auch von bis zu einer Milliarde gesprochen wird. Die Garantiearbeiten soll übrigens wieder in Deutschland erfolgen, weil jetzt Qualität und das Zurückgewinnen des Kundenvertrauens von entscheidender Bedeutung ist. Es wird wieder Präzisionsarbeit „Made in Germany“ gefordert. Wie viele Arbeitsplätze werden für diesen Managementfehler wieder gestrichen? Wer war als Vorstand verantwortlich?

Nehmen wir mal an, dass die Rahmenkonstruktion im Motorenbereich aufgrund der östlichen Materialeigenschaften langfristig nicht den berechneten Belastungsprofil wegen der erhöhten Motorenvibration entspricht und dies z.B. beim Lion´s Star. Ein Bus hat vier Räder und diese sollten gleichzeitig am Boden sein, wofür die verwindungsfreie Rahmenkonstruktion und die Bodengruppe entscheidend ist. Die Rahmenkonstruktion und deren Festigkeit (Schweißnähte) ist von entscheidender Bedeutung für die Fahrgastsicherheit. Dies darf nicht vergessen werden, nur weil die Produktion in Polen und der Türkei billiger ist. Übrigens hat sich der Verkaufspreis für Busse durch die Billigproduktion reduziert?

Kann sich ein derartiges Produktionsfiasko die MAN Nutzfahrzeuge AG bzw. die MAN AG leisten und mal so einfach 300 Mio. bis 1 Millarde Euro wie Siemens zurückstellen?

Polen ist ein aufstrebendes Land und die KollegInnen dort arbeiten noch im Lohnstrukturen eines Niedriglohnlandes. Wie lange noch? Durch den erst vor kurzen erfolgten EU-Beitritt ändert sich die Lebenshaltungskosten schlagartig.

Die Polen haben im September 1980 den ersten unabhängigen Gewerkschaftsverband in einem Ostblockstaat gegründet. Die polnische kommunistische Regierung sah sich auf Druck der Streikwelle zur Anerkennung der neuen Gewerkschaft gezwungen. Zwar wurde 1981 die Solidarnosc nach dem Verhängen des Kriegsrechtes wieder verboten. Sie agierte aber aus dem Untergrund weiter und übernahm 1989 eine führende Rolle bei der Einführung der Demokratie in Polen. Ihr Führer Lech Walesa wurde 1990 zum ersten freigewählten Staatspräsidenten gewählt. Er war Elektriker, ein einfacher Werftarbeiter.

Entweder wird in kurzer Zeit unser Lohngefüge dort erreicht oder die Streiks behindern den von NEOMAN favorisierte Fertigungsverbund. Viele Polen werden sich noch an Solidarnosc erinnern. Da können auch Ukrainer nicht als Streikbrecher auftreten. Der Kostenvorteil ist dahin.

Die haben mehr Streik-Erfahrung als wir vom MitArbeiterNetzwerk und Herr Rupprecht ist bereits über unseren kleinen Aufstand der Gekündigten nicht amüsiert. Wir sind nur ein kleiner Stachel in der Pfote des Büssing Löwen. Was wenn erst massiver Widerstand solidarisch organisierter polnischer Mitarbeiter erfolgt?

Wenn die Verantwortlichen bei NEOMAN Bus GmbH, MAN Nutzfahrzeuge AG und MAN AG diese Szenarien berücksichtigen, ist der Standort Salzgitter für das Unternehmen von überlebenswichtiger Bedeutung. Er muss vollständiger Handlungsfähig erhalten bleiben. Damit es auch zukünftig Qualitätsbusse „Made in Germany“ gibt, die ihren Preis wert sind - auch in Niederflurtechnik.

Auch das hat die MAN AG mit der Siemens AG gemeinsam. Mitarbeiter die sich zusammengeschlossen haben. Herr von Pierer hat das NCI und vielleicht wird Inken W. später für das höchste Amt der Bundesrepublik vorgeschlagen. Auch im MitArbeiterNetzwerk gibt es aktive Elektriker. Nichts ist unmöglich.

Die Siemens AG ist ein Vorbild, nur deren Fehler braucht die MAN AG nicht zu wiederholen. Billig produzieren ist nicht preiswert und kostet Kunden bzw. Marktanteile

(HK)

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