Sie sind hier: Startseite Projekte Mitarbeiter-Netzwerk der Beschäftigten des MAN Konzerns Das MitArbeiterNetwerk informiert! 05/2004

Das MitArbeiterNetwerk informiert! 05/2004

erstellt von manoman zuletzt verändert: 29.06.2011 08:58

Letzten Monat den Bundespräsident Herzog zitiert und diesmal den Bundespräsident Johannes Rau. Hat der Verfasser keinen anderen Aufhänger für die Monatsinformation, z.B. die außergerichtlichen Einigungsversuche. Aber seine letzte Berliner Rede als Bundespräsident ist eine Steilvorlage, die einfach nicht ignorieren werden kann. Sie passt nicht nur global, sondern auch in unsere Situation.

Guido Westerwelle erklärt zur Berliner Rede des Bundespräsidenten:

„Es ist gut, dass der Bundespräsident in seiner letzten Berliner Rede Politik, Wirtschaft, Medien und Gesellschaft etwas in das Stammbuch schreibt. Diese Rede werden wir auf uns wirken lassen und die Mahnungen annehmen. Dass der Bundespräsident das Vertrauen und die Vertrauensbildung zum Thema seiner Rede gemacht hat, war eine gute Entscheidung. Aber Vertrauen in die politischen Institutionen hängt entscheidend von der persönlichen wirtschaftlichen Situation der Bürgerinnen und Bürger ab. Wer seinen Arbeitsplatz verliert, verliert häufig auch das Vertrauen in die Politik.“

Stimmt, besser hätte ich das auch nicht formulieren können. Vor allem der letzte Satz, wenn dieser aber um die Wirtschaft erweitert werden muss.

Nachfolgend ein paar Auszüge aus dieser Rede – wobei die gesamte Rede durchaus lesenswert ist

Wo Vertrauen fehlt, regiert Angst Seit Jahren schon wird uns ein Bild immer wieder vor Augen gestellt: Wir stehen vor einem riesigen Berg von Aufgaben und Problemen. Wenn wir nicht alles anders machen als bisher, so drohen uns, heißt es, Niedergang, Zusammenbruch, Abstieg oder andere Katastrophen.

Untergangsszenarien und Apokalypsen sind ja eigentlich Mittel von politischen Außenseitern, die gesellschaftliche Veränderungen erzwingen wollen. Heute kommen solche Beschreibungen oft auch von Verantwortlichen aus der Mitte von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik.

Das Ziel ist das Gleiche: Untergangsszenarien sollen mithelfen, bestimmte Ziele durchzusetzen und dafür Mehrheiten zu gewinnen. Heute, da so viel von Zukunft die Rede ist, ist so wenig Zuversicht zu spüren, so wenig Selbstvertrauen und so wenig Vertrauen in die Zukunft. Viele scheinen von der Zukunft vor allem Schlechtes zu erwarten. Dafür gibt es manchen Grund, und viele Sorgen sind berechtigt. Entscheidend ist aber: Wo Vertrauen fehlt, regiert Unsicherheit, ja Angst.

Angst vor der Zukunft ist der sicherste Weg, sie nicht zu gewinnen. (...)

Auch Verunsicherung erzeugt Lähmung. Menschen ohne Grundvertrauen sind nicht besonders leistungsfähig, weder besonders leistungsbereit noch besonders risikofreudig. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass man Menschen zu besserer oder zu mehr Leistung motivieren kann, wenn sie ständig Angst haben müssen, ihren Arbeitsplatz zu verlieren oder im Alter in Not zu geraten. Jeder Mensch braucht eine gewisse Grundsicherheit, damit er den Kopf frei hat, auch für Anstrengung und Erfolg im Beruf. (...)

Tatsächlich aber ist Verunsicherung so etwas wie ein allgegenwärtiges Gefühl geworden, das unsere gesamte Gesellschaft erfasst. Das ist lebensgefährlich. (...)

Ich wüsste kein Land, in dem so viele Verantwortliche und Funktionsträger mit so großer Lust so schlecht, so negativ über das eigene Land sprechen, wie das bei uns in Deutschland geschieht. Das bleibt nicht ohne Folgen. Wir haben inzwischen ein so dunkles Bild von uns selber gewonnen, wie wir es in früheren Jahren nie gehabt haben. (...)

Der Vertrauensverlust in unserem Land hat aber auch ganz handfeste Gründe. (...) Wir müssen zum Beispiel erleben, dass einige, die in wirtschaftlicher oder öffentlicher Verantwortung stehen, ungeniert in die eigene Tasche wirtschaften. Das Gefühl für das, was richtig und angemessen ist, scheint oft verloren gegangen zu sein. Egoismus, Gier und Anspruchsmentalität in Teilen der so genannten Eliten schwächen auch das Vertrauen in die Institutionen selber, wenn deren Repräsentanten offenbar alle Maßstäbe verloren haben. (...)

Diesen Auszügen braucht eigentlich nichts mehr hinzugefügt werden.

Wir erleben wie Vorstandsvorsitzende versuchen Einfluss auf die Politik zu nehmen und dabei auch nicht mit Arbeitsplatzverlagerung und Entlassungen sparen, um die dringliche betriebliche und wirtschaftlich Notwendigkeit solcher Aktionen zu belegen.

Es sind aber nicht nur die oberen 10.000, die für uns nicht greifbar sind, die meinen außerhalb des moralischem Rechts agieren zu können. Diese setzen nur die Akzente und geben Rahmenbedingen aus der Ferne vor.

Wir brauchen gar nicht in die Ferne schweifen, brauchen uns nur im Werk umzuschauen. Funktionsträger und verantwortliche Vorgesetzte, wie ist deren Handeln? Geben die Arbeitsgerichtsurteile nicht genüget Anhaltspunkte, dass die Sozialauswahl nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde? Werden wir je erfahren welche Rolle der Betriebsrat bei der Erstellung der diversen Listen gespielt hat? Wie ist das Verhalten des Betriebsbetreuers oder des Bevollmächtigten? Wie werden die Interessen der abhängig Beschäftigten durch die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat vertreten? Wurden nicht Betriebsräte vom Busbau in den LKW-Bereich vorsorglich versetzt/gerettet? Welche Leistungen oder Zugeständnisse haben zu der jetzigen Situation geführt?

Ich kann mich dem Eindruck nicht erwehren, dass nicht versucht wird die Tochter als Braut schönzumachen. Wie ist das, wenn versucht wird eine Tochter unter die Haube zu bringen. Sie wird von Vorgeschichten/Altlasten befreit, mit einer positiven Zukunftsprognose und etwas Mitgift ausgestattet. Ist der Bräutigam schon vorbestimmt, wird zusätzlich dessen Geschmacksrichtung berücksichtigt und z.B. ein junger dynamischer aber leicht veränderbarer Mitarbeiterstamm vorbereitet. Warten wir es ab, wohin der Bus fährt.

(HK)

(0) Kommentare