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Vorstellung und Ziele MitArbeiterNetzwerk

erstellt von dave — zuletzt verändert: 29.06.2011 08:58
Vorstellung und Ziele: MitArbeiterNetzwerk am 13.12.2003

Auszug .... Vorweg: Wenn ich von Kollegen, usw. spreche, sind selbstverständlich auch Kolleginnen, ... gemeint.

Es schreibt und sagt sich nur leichter.

Es war einmal - frei nach Grimm – ein Konzern, die MAN AG, die durch den Kauf des Mitbewerbers Neoplan seine Marktposition im Bussektor verbessern wollte, damit die Aktionäre mit einer besseren Dividende belohnt werden. Das Management hat mit dem Kauf, der nicht gerade billig, aber angemessen sei, viele Erwartungen und Hoffnungen verbunden. Die beiden Firmen sollen zusammenwachsen, sich ergänzen und mehren, auch zum Wohle der Beschäftigten. Durch Ratio- und Synergieeffekte sollte sich der Kaufpreis schnell amortisieren und reichlich Früchte tragen.

Doch bei solchen Aktionen gibt es auch Risiken und unerwartete Kosten. Der geplante Geschäftserfolg ist nicht, wie erwartet eingetreten, u.a. wegen äußeren Einflussfaktoren z.B. Geldknappheit der Kommunen. Diese Entwicklung hat das Management zu tatkräftigen Handeln veranlasst, wegen den Benchmark-Werten. Die Börse verlangt Aktionismus und belohnt Entlassungen.

All dies sind „unternehmerische Entscheidungen“ im Management.

Dies war die Kurzversion vom komplexer betriebswirtschaftlicher Vorgänge im Vorlauf der jetzigen Situation. Durch eine satirische rosarote Brille gesehen.

Denn bereits im MAN-Geschäftsbericht 2002 werden Personalanpassungsmaßnahmen / Kündigungen in Salzgitter angekündigt. Weitere Verlagerungen sind nicht ausgeschlossen.

Der örtliche Betriebsrat wurde gefordert, weil der Arbeitgeber dieses Gremium berücksichtigen muss. Das deutsche Recht schreibt es so vor. Der Betriebsrat soll den Maßnahmen zustimmen. Still und Leise, am besten ohne Aufsehen sollen die Leute entfernt werden, so will dies der Arbeitgeber und es werden Vereinbarungen im April geschlossen.

Aber im März präsentierten Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter bereits gemeinsame Maßnahmen für Personalanpassungen bei der Betriebsversammlung. Waren die Vereinbarungen schon im Vorfeld abgesprochen?

Mehrere hundert Arbeiter-Parkplätze für 2 Jahre bei renommierte Firmen werden angeboten. Die sich als Seifenblasen herausstellen, da diese selbst Personal reduzieren.

Auf der Betriebsversammlung Anfang September wurde informiert. Viele Antworten sind offen geblieben.

Es hat kein offener und vertrauensvoller Dialog mit der Belegschaft stattgefunden, sondern unter Ausschluss der Betroffenen wurde ein schlecht nachvollziehbarer Sozialplan mit einem sogenannten „Drittelmix“ vereinbart.

Es hatte der Anschein, dass einige hundert Personen „aufgegeben“ werden sollen, zum Wohle der noch Verbleibenden. Die Belegschaft fühlt sich so nicht besonders gut vertreten.

Hier wurde eine hervorragende Möglichkeit der Werbung für die Betriebsrat- und Gewerkschaftsarbeit nicht genützt. Erste Protestaustritte schwächen bereits die Gewerkschaft. Viele Betriebsräte haben an Rückhalt in der Belegschaft verloren. Nur wenige nehmen den gesetzlichen Auftrag der Interessenvertretung für alle ernst.

Gilt für einige Betriebsräte schon: Wer nicht mehr im Betrieb ist, kann mich nicht mehr wählen?

Der Arbeitgeber war mit der Vereinbarung m.E. durchaus zufrieden und hat gehandelt. Das Ergebnis war eine Rundummitteilungsbriefaktion Ende September – der „Blaue Brief“. Hatte hier der Nasenfaktor das Zepter in der Hand?

Viele Kollegen wurden in Sicherheit gewogen, andere traf es um so härter.

Eine erste Maßnahme der Ausgrenzung? Ich bleibe – Du hast freiwillig zu gehen?

Oder sollte Bereitschaft durch Druck gefördert werden? Eine besondere Art der Mitarbeiter-Motivation?

Den „Auserwählten“ wurden, mit deutlichem Hinweis auf eine mögliche betriebsbedingte Kündigung, ein Aufhebungsvertrag, temporäre Zuzahlung in einem andern Job oder eine Beschäftigungsgesellschaft angeboten. Ein derartiges „Angebot“ ist rechtlich zulässig, auch ein, als mögliche Drohung aufzufassender Druckhinweis.

Aber was für eine Wirkung hat ein derartiges „Angebot“ auf einen in Rechtsfragen unerfahren Empfänger?

Hier wurde bewusst mit den Ängsten und Sorgen der Kollegen ein psychologisches Spiel getrieben, was mit der späteren Verkürzung der Bedenkzeit noch verstärkt wurde.

Die Arbeitgeberaktion – „Blauer Brief“ war die offizielle Geburtsstunde des MitArbeiterNetzwerks.

  • Erste Treffen, Informationen und Unterstützung werden in Eigeninitiative organisiert.
  • Anwaltliche Hilfe wird in Anspruch genommen, nachdem Rechtsberatung nur zur Annahme rät, weil der Betriebsrat alles geregelt hat.
  • Öffentlichkeitsarbeit beginnt mit Leserbriefen, Anmerkungen, Flugblätter, sonstige Aktionen und Internet.
  • Betriebsräte, die das Vertrauen der Betroffenen besitzen informieren und unterstützen die Angeschriebenen.

Widerstand regt sich und wird auch innerbetrieblich bekämpft. Ein Ersatzbetriebsrat wird m.E. zur „Abschreckung als Exempel“ fristlos entlassen, incl. §103 BetrVG-Zustimmung der eigenen Fraktion.

Wo ich einen Überblick der „Auserwählten“ erlebt habe, habe ich mich spontan entschlossen mitzuhelfen. Es war eine Wiederholung meiner Erlebnisse vor einem Jahr.

  • Wenn ich erlebe, das Behinderte, nur weil eine Kommunikationsschwäche vorliegt, nach jahrzehntelanger Arbeit „kostengünstig entsorgt“ werden sollen, dann hört es bei mir auf. Ich erinnere hier nur an das gerade auslaufende Jahr der Behinderten und die Verpflichtung des Betriebsrates zur Integration von Behinderten nach §80 BetrVG.
  • Ältere Kollegen sollen gekündigt werden, ist den der tarifliche Kündigungsschutz nichts mehr wert?
  • Familienernährer sind betroffen und damit Kinder – unsere Zukunft in freien sozialen Fall?
  • Unterhaltspflichtigte sollen den Arbeitsplatz freiwillig aufgeben und sich dadurch ggf. strafbar machen?

Bei all den Beispielen sei auch hier auf §80 BetrVG hingewiesen, den Grundaufgaben eines Betriebsrates.

Betrachten wir die Angebote etwas näher.

  • Aufhebungsvertrag

Die Geldsumme hört sich nur am Anfang verlockend an, da dies Brutto ist. Zusätzlich kommen neben den Steuern weitere Abzüge z.B. Krankenkasse dazu. Außerdem werden vom Arbeitsamt Sperrzeiten verhängt und Anrechnungen durchgeführt. Das „schöne“ Geld ist schnell weg und dann? Der Arbeitsplatz hat einen Mehrwert

  • Arbeitsplatz mit Lohnausgleich bis 480,-€ maximal 2 Jahre

Die wirtschaftliche Lage zwischen Harz und Heide ist nicht rosig und Arbeitsplätze gibt es nicht im Supermarkt. Wenn ein lukrativer Arbeitsplatz schnell zu bekommen wäre, dann ist der Aufhebungsvertrag sicher eine Alternative und nur ein Risikoausgleich für den fehlenden Kündigungsschutz in den ersten 6 Monaten. Selbst wenn ein Übergangsplatz gefunden wurde, auch 2 Jahre gehen schnell um und dann?

  • Transfergesellschaft

Beschäftigungsgesellschaft ist ein „Harzsche“ Ventil zum Arbeitsplatzabbau. Ist für Personen mit kurzer Kündigungsfrist oder schlechten Sozialkriterien eine Möglichkeit sich über eine längere Laufzeit nach einem neuen Beschäftigungsverhältnis umzusehen. Die Betriebszugehörigkeit und die Möglichkeit sich aus einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis zu bewerben ist bei einer internen Beschäftigungsgesellschaft gegeben. Bei einer externen Beschäftigungsgesellschaft, noch dazu einer Kommerziellen wie die AutoVision, sehe ich eher den Vorteil auf der NEOMAN-Seite. NEOMAN entsorgt Mitarbeiter und ist auch nach 6 Monaten nicht mehr dafür Verantwortlich das diese ehemaligen Mitarbeiter auf der Straße stehen. Eine Aktion „weiße Weste“? Kostenträger ist auch das Arbeitsamt mit strukturellem Kurzarbeitergeld. Die Höhe entspricht dem Arbeitslosengeld. Die Qualifizierungsmaßnahmen sind nicht über zu bewerten.

Neben finanziellen Nachteilen, war die Laufzeit der AutoVision bei vielen kürzer als Kündigungsschutz nach §622 BGB. Auch war der Personenkreis wegen Alter und Behinderung für eine objektive Vermittlung nicht mehr geeignet. Die AutoVision ist kein Schnäppchenangebot und andere Betriebsräte haben schon wesentlich bessere Bedingungen für Beschäftigungsgesellschaften ausgehandelt.

Man braucht sich nur die Wortbedeutung „Transfer“ in Erinnerung rufen und feststellen, dass dies den Nagel auf den Kopf trifft.

Wer eines dieser Angebote freiwillig angenommen hat, gab Besitzstände und Kündigungsschutzrechte per Vertrag auf. Unwiderruflich dank Vertragsfreiheit. Wer was unterschreibt, sollte sich den Auswirkungen seines Handelns bewusst sein. Auch wenn er dazu massiv gedrängt wird.

Was erwarten wir von Betriebsräten? Was können andere Betriebsräte aus unserer Situation lernen? Was fordern wir für die nächste Kündigungswelle?

Kündigungen fördern ist nicht Aufgabe des Betriebsrates

  • Sozialplan und Interessensausgleich -> JA
  • Sozialauswahl -> NEIN

Also

  • keine Rankinglisten
  • kein Punktesystem
  • keine Tabellen und Kriterien

vereinbaren

Diese Auswahlsysteme schränken die Gekündigten beim Arbeitsgericht ein und nehmen selbst dem Betriebsrat die Möglichkeiten zur Überprüfung und ggf. Widersprüchen. Das Arbeitsgericht hat bessere Möglichkeiten der Sozialauswahlüberprüfung als ein Betriebsrat.

Listen sind vor allem mit Blickpunkt auf die Novellierung des Kündigungsschutzgesetztes mit äußerster Vorsicht zu handhaben.

Es ist der Arbeitgeber der kündigt und er hat die Daten aller Mitarbeiter. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat mit dem Kündigungsbegehren die Gründe und Auswahl vorzutragen.

Der Betriebsrat sollte in einer Kündigungsanhörung den Betroffenen vor einer Stellungnahme anhören.

Warum soll der Betriebsrat freiwillig und ohne Grund die Verantwortung für das Handeln des Arbeitgebers übernehmen?

Es reicht schon, dass der Betriebsrat der Überbringer der schlechten Nachricht ist, dass ein Kündigungsbegehren vorliegt.

Anstehende (Massen-)Entlassungen bedeutet für den Betriebsrat Schwerstarbeit. Denn qualifizierte individuelle Widersprüche nach §102 BetrVG schreiben sich nicht von selbst, müssen ordnungsgemäß abgewickelt und fristgerecht übergeben werden. Hier ist strategisches Vorgehen und Organisation erforderlich, mit der Bereitschaft und dem Willen den Betroffenen zu helfen. Also ein konfliktfähiger Betriebsrat, der auch Gegenwind aushalten kann.

Der MAN-Betriebsrat hat diese Möglichkeit gehabt. Er wurde aus den eigenen Reihen aufgefordert seine Aufgaben zu erfüllen. Das MitArbeiterNetzwerk hat dies gefordert und unsere volle Unterstützung angeboten. Ein Erfahrungsaustausch mit einem Betriebsrat der 360 lehrbuchmäßige Widersprüche innerhalb der gesetzlichen Frist geschrieben hat, wäre möglich gewesen.

Die Kollegen und Kolleginnen im MitArbeiterNetzwerk wollen arbeiten. Wollen Arbeitsplätze bei MAN / NEOMAN erhalten. Keiner will, dass andere gekündigt werden, dies ist kein Ziel des MitArbeiterNetzwerks. Jeder der Gekündigt werden soll oder ist, ist bei uns Willkommen und wird unterstützt. Auch die Kollegen die den Weg über die AutoVison gewählt haben. Solidarität kennt keine Abgrenzungen, wir stehen für einen Erfahrungsaustausch bereit.

In November wurde erneut ein Sozialplan ausgehandelt und die Tinte war noch nicht trocken, schon lagen die ersten Kündigungsbegehren vor. Was soll dazu gesagt werden? Vertrauensvolle Zusammenarbeit - Hand in Hand auf dem Rücken der Betroffenen?

Das Ergebnis der ersten Kündigungswelle ist seltsam, da die Gekündigten nach derzeitigen Erkenntnissen und Erhebungen mit der Transferliste übereinstimmen. Ein Schelm der dabei einen Zusammenhang erkennt?

Der Arbeitgeber kann jederzeit Kündigen – mit und ohne Widersprüche durch den Betriebsrat ggf. auch ohne Betriebsratanhörung. Dies ist Fakt. Ob dieses Vorgehen dem Gesetz entspricht ist was anderes.

Aber Gekündigte haben die Möglichkeit, sogar die Verpflichtung diese existenzbedrohende Maßnahme gerichtlich Überprüfen zulassen, denn nicht alle Kündigungen sind rechtmäßig. Eine akzeptierte fehlerhafte Kündigung wird gültig. Und wenn es erforderlich ist, müssen Personen benannt werden, die sozial Stärker sind. Dies ist kein Anschwärzen oder Verrat an den Kollegen, sondern die Nachweisführung, dass der Arbeitgeber bei der Kündigung Fehler gemacht hat.

Keiner der Gekündigten hat Einfluss ob MAN AG / NEOMAN Bus GmbH einem dieser Kollegen nie, später oder sofort kündigt. Selbst wenn er ohne Überprüfung diese unsoziale Kündigung akzeptieren würde.

Auch die Darstellung, dass die betroffenen Kollegen mit der Forderung der betriebsweiten Sozialauswahl den Betriebsfrieden stören und sogar zum Kampf untereinander aufrufen, ist unter dieser Nachweisführung zu sehen. Wir haben einen Betriebsrat für MAN Nutzfahrzeuge AG und NEOMAN Bus GmbH im Werk Salzgitter. Eine Betriebsaufspaltung ist nicht erfolgt.

Ich hefte derartige Darstellungen in der Presse/auf Flugblätter unter Polemik oder Unkenntnis der Rechtslage ab. Für die Gekündigten ist dies ein zusätzlicher Schlag in den Nacken.

Ein weiterer Schlag ist die Schuldzuweisung am alljährlichen Übernahmeritual der Auszubildenden. Wir prüfen zur Zeit gerade Möglichkeiten den Auszubildenden zu helfen.

Wenn die Unrechtmäßigkeit der Kündigungen beim Arbeitsgericht festgestellt werden, sind sicher die nicht mehr Gekündigten schuld, dass der Standort durch den Vorstand geschlossen wird. Oder? Standortschließung ist auch eine rituelle Drohung und vielen Betriebsräten aus Verhandlungen bekannt. ..... (HK)

(1) Kommentare

Anonymer Benutzer 06.10.2013 19:18
UND SIE HABEN DOCH BEKOMMEN WAS SIE VORHATTEN DENN DEN BUSBAU GIBT ES NICHT MEHR IN SALZGITTER