BS050204

erstellt von manoman zuletzt verändert: 18.08.2008 10:11

Vorwort:
Das nachfolgende ergangene Urteil des Arbeitsgerichtes Braunschweig ist am 05.02.2004 verkündet worden. Es ist eine Ergänzung zu den Gerichtsberichten.

Es wurde die vollständige Wiedergabeform gewählt, weil Ausschnitte oder Zitate einen sinnentstellende neuen Text oder aus dem Zusammenhang gerissenen Vortrag ergeben können. Kommentierung wurden auch deshalb unterlassen, um keine Meinungsbildung vorzuprägen.

Zum Schutz beteiligter und/oder betroffener KollegInnen sind wenige Angaben durch Ersatzzeichen ersetzt worden. Die Umsetzung aus der Papierform wurde mit Sorgfalt durchgeführt, doch Fehler sind nicht vollständig auszuschließen. Wobei einige Fehler im Original vorhanden sind.


Arbeitsgericht Braunschweig
AZ.: 5 Ca 749/03

URTEIL
Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit

Rene Bxxxxxx, Xxxxxxxxxx, 38xxx Salzgitter

_- Kläger –

Prozessbevollmächtigte/r:
Rechtsanwälte Detlef Fricke, Joachim Klug und Heinz Reichwaldt, Goseriede 12, 30159 Hannover

gegen

Firma NEOMAN Bus GmbH, vert.d.d. Geschäftsführung, diese vertreten durch den Vorsitzenden Wolfgang Fahrnberger, Heinrich-Büssing-Str. 1, 38239 Salzgitter

_- Beklagte –

Prozessbevollmächtigte/r:
GF Casper, Assin Schulte-Schrepping, Ass. Langelotz, Assin Fasterding und Ass. Kieper, Verband der Metallindustriellen Niedersachsens e.V., Landesverband Braunschweig, Güldenstraße 19/21, 38100 Braunschweig

Wegen Feststellung

hat die 5. Kammer des Arbeitsgerichts Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 05.02.2004

durch den Richterin am Arbeitsgericht Steinke
als Vorsitzenden
und die ehrenamtlichen Richter A. Hopmann und K. Ehrenberg
als Beisitzer

für Recht erkannt:

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu trägten.

3) Der Wert des Streitgegenstandes wird auf xxxx EUR festgesetzt.

TATBESTAND

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen verhaltensbedingten Kündigung.

Der xx Jahre alte Kläger ist seit dem xx.xx.199x im Betrieb der Beklagten, in dem mehr als fünf Arbeitnehmer tätig sind und ein Betriebsrat gebildet ist, mit einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt x.xxx EUR beschäftigt. Der Kläger ist Ersatzmitglied des Betriebsrates. Seit dem 20.10.2003 wurde er im Bereich Fertigbau in der Untergruppe Scheibenmontage 0744/xx tätig. In dieser Gruppe arbeitet auch Mxxxxx Lxxxxxx, seit 199x ein Freund des Klägers.

Am 22.10.2003 arbeiteten der Kläger und Mxxxxx Lxxxxxx gemeinsam in einer Schicht. Ersterer wies den Kläger an, die Heckscheibe einzubauen. Der Kläger erklärte hierzu, er habe keine Ahnung. Herr Lxxxxxx teilte dem Kläger mit, dass dieser sich mehr bemühen müsse und kündigte an, dass er gegenüber dem Vorgesetzten, Herr Xxx, davon Mitteilung machen werde. Zum Einbau der Heckscheibe musste der Kläger eine Arbeitsbühne, die herauf- und herabfährt, benutzen. Für das Benutzen der Hebebühne ist eine Unterweisung erforderlich. Der Kläger führte diese Arbeit aus. Beim Herabfahren de Bühne, hängte sich diese am Bushinterteil auf. Herr Lxxxxxx beschuldigte den Kläger, er habe dies absichtlich gemacht. Herr Lxxxxxx informierte den Vorgesetzen, den Kostenstellenleiter 0744, Herrn Xxx, dass der Kläger sich nicht in die Arbeitsgruppe einfüge, insbesondere nicht richtig mitarbeite. Am 23.10.2003 sprach der Kostenstellenleiter den Kläger auf eine Beschwerde aus der Gruppe der Glaser, dieser arbeitete nicht richtig mit, an. Dies erregte den Kläger. Es wies darauf hin, dass das nicht der Wahrheit entspreche. Herr Xxx forderte den Kläger auf, weiter aktiv mitzuarbeiten. Der Kläger verließ voller Ärger die Meisterbude, ging hinunter an seinen Arbeitsplatz und sprach zunächst den Gruppenführer der Gruppe an, berichtete von den Vorwürfen und fragte nach, ob die Aussage von dem Gruppenführer gekommen ist. Dieser verneinte dies, ebenso der weiter angesprochene Kollege Xxx Xxx. Der Mitarbeiter Xxx war erst am Tag zuvor in die Glaserei abgeordnet worden. Für den Kläger kam dieser für die Beschwerde nicht in Betracht, sondern lediglich Herr Lxxxxxx. Gegen 15.00 Uhr sprach der Kläger Herrn Lxxxxxx im Bühnenbereich an und sagte: „Wir sprechen uns noch“. Kurze Zeit darauf sprach er Herrn Lxxxxxx erneut an und stellte ihm in Aussicht, ihn außerhalb des Betriebes mit einem Radkreuz schlagen zu wollen.

Am 24.10.2003 informierte Herr Lxxxxxx den Herrn Xxx von dem Vorfall. Die Personalabteilung wurde davon am Nachmittag in Kenntnis gesetzt. Gegenüber der Personalabteilung erklärte Herr Lxxxxxx, dass er in der folgenden Nacht sehr schlecht geschlafen habe und immer wieder über die Drohung nachgedacht habe. Auch der Kläger wurde in einem Personalgespräch mit Herrn Xxx aus der Personalabteilung, Herrn Xxx sowie einem Mitglied des Personalausschusses des Betriebsrates, Herrn Xxx, am gleichen Tag auf die Androhung der körperlichen Gewalt gegenüber Herrn Lxxxxxx befragt. Der Kläger gab an, der Tag sei lang gewesen, er könne sich nicht entsinnen. Auch nach konkretem Vorhalt des Vorfalls war er zu keiner weiteren Aussage bereit.

Die Beklagte unterrichtete den Betriebsrat mit Schreiben vom 27.10.2003 zur beabsichtigten fristlosen Kündigung des Klägers und bat um Zustimmung. Der Betriebsrat stimmte mit Schreiben vom 29.10.2003 der fristlosen Kündigung zu.

Mit Schreiben vom 30.10.2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der am 12.11.2003 beim Arbeitsgericht Braunschweig eingegangenen Kündigungsschutzklage.

Am 25.11.2003 äußerte Herr Lxxxxx im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 23.10.2003: „Das mit Rene war nicht so gemeint, ich wollte ihm einen Denkzettel verpassen. Ich konnte nicht wissen, dass der Meister so reagiert. So wie das jetzt gelaufen ist, wollte ich das in keinem Fall.“ Am 16.12.2003 erklärte er, dass er sich beim Meister beschwert habe, dieser solle mit dem Kläger wegen dieser Angelegenheit reden und sie regeln. So, wie es geendet sei, habe er – Mxxxxxx Lxxxxx – dies nicht gewollt.

Im Spätherbst 1999 kam es in der Abteilung Lackiererei Busbau zwischen dem zuständigen Meister Xxx und dem Mitarbeiter Xxx zu Tätlichkeiten, nachdem Herr Xxx, Herrn Xxx einen schlammigen Besen vor die Brust geschlagen und ins Gesicht gedrückt hatte. Herr Xxx trat Herrn Xxxx danach in den Hintern. Im Spätherbst 2001 kam es in der Abteilung Lackiererei Busbau zu Handgreiflichkeiten zwischen Herrn Xxx und Herrn Xxx. Ersterer zog Herrn Xxx an den Haaren. Herr Xxx ist psychissch krank und befindet sich seit drei Jahren in Therapie. Nach diesem Vorfall kam es im Beisein des Meisters zu einem Gespräch der Beteiligten, der durch eine Entschuldigung des Herrn Xxx einvernehmlich zwischen den Beteiligten beigelegt wurde. Beide Vorfälle wurden der Beteiligten erst durch den vorliegenden Rechtsstreit bekannt.

Der Kläger entschuldigte sich weder vor Ausspruch der Kündigung noch im Zeitpunkt danach bis zum heutigen Tag bei Herrn Lxxxxx für den Vorfall vom 23.10.2003.

Freie Arbeitsplätze sind im Betrieb der Beklagten nicht vorhanden.

Der Kläger trägt vor, er habe gegenüber Herrn Lxxxxx am 23.10.2003 erklärt: „Lxxxxx, wenn ich dich draußen mal erwischen sollte, ziehe ich dir mit einem Radkreuz einen rüber, auch wenn Marion dabei ist.“

Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass Herr Lxxxxx nach dem Vorfall vom 23.10.2003 schlecht geschlafen habe. Er trägt vor, er habe sich bei Herrn Lxxxxx nicht persönlich entschuldigen können, da er unmittelbar nach dem Personalgespräch vom 24.10.2003 das Werksgelände habe verlassen müssen. Er habe davon abgesehen, Herrn Lxxxxx auf den Vorfall anzusprechen, da dies als Zeugenbeeinflussung auszulegen sei. Er sei bereit, sich bei Herrn Lxxxxx persönlich zu entschuldigen. Die Beschwerde vom 22.10.2003 gegenüber dem Meister sehe er als „Anschwärzen“ oder „Lieb-Kind-Machen“. Das „Anschwärzen“ durch Herrn Lxxxxx bei dem Meister sei für ihn eine bedrohliche Situation. Er müsse damit rechnen, dass auch er gehen müsse, und keine Chance erhielte, wieder in den Betrieb zurückzukommen. Der Kläger sei auf die Liste der Personen gesetzt worden, die aus dem Unternehmen ausscheiden sollten. Es gebe keine festen abgeschlossenen Personalisten, es sei vorgekommen, dass Beschäftigte, die eigentlich zunächst auf der Liste der Weiterbeschäftigung im Betrieb gestanden hätten, später auf der Liste gesetzt worden seien, in die Qualifizierungsgesellschaft zu wechseln.

Die Äußerungen vom 23.10.2003 gegenüber Herrn Lxxxxx sei keine Bedrohung, die hätte ernst genommen werden können, da es im Bereich Busbau kein Radkreuz gäbe.

Bereits häufiger in der Vergangenheit, konkret zweimal nach dem Vorfall, der zur Entlassung des Klägers geführt habe, sei es zu Auseinandersetzungen gekommen, dass Beschäftigte der Gruppe aus dem Bereich Busbau ein Cuttermesser, das dazu diene, Klebestreifen zu entfernen oder hart gewordene Klebemasse abzuschneiden, aus der Tasche gezogen hätten, es auf einen Kollegen gerichtet hätten und gesagt hätten: „Komm doch her, ich mach dich nieder.“ Der Gruppenkoordinator habe auf solche Konflikte damit reagiert, dass er die Leute zusammengeholt und ihnen gesagt habe: „So geht es aber nicht.“ In der Motormontage seien solche Ansagen wie „Alter Wichser, steh hier nicht rum“ üblich, um den Kollegen, der am Band arbeite, zur Arbeitsleistung zu bringen. In der Elektrikerabteilung werde schon mal gesagt: „Mach deinen Scheiss alleine.“

Der für den Kläger zuständige Meister Xxx habe gegenüber einem Kollegen unter vier Augen gesagt: „Der Bxxxxxx ist eine Null, ich will ihn loswerden, ganz egal wie.“

Der Kläger beantragt,

1) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30.10.2003 nicht beendet wird,

2) im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Montagexxxxx weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe am 23.10.2003 gegenüber Herrn Lxxxxx erklärt: „Ich sage es hier unter Zeugen, wenn wir uns draußen treffen, dann hole ich mein Radkreuz aus dem Wagen und mache dich platt, auch wenn Marion dabei ist.“

Zum weiteren Parteivortrag sowie den Hinweisen des Gerichts wird Bezug genommen auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2003 (Blatt 22 der Akte) sowie vom 05.02.2004 (Blatt 61 der Akte) und die gewechselten Schriftsätze der Parteien.

_ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE_

A_
Die zulässige Klage ist unbegründet

I_
Die Kündigung vom 30.10.2003 hat das Arbeitsverhältnis mit ihrem Zugang aufgelöst, da sie wirksam ist.

1)Ein fristloser Kündigungsgrund gem. § 626 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 1 KSchG liegt mit der inhaltlich zwischen den Parteien unstreitigen Androhung körperlicher Gewalt, nämlich dem Schlagen mit einem Radkreuz außerhalb des Betriebes gegenüber einem Kollegen am 23.10.2003, vor. Tätlichkeiten gegenüber Kollegen rechtfertigen auch ohne Abmahnung eine fristlose Kündigung (BAG vom 09.03.1995 – 2 AZR 461/94 – NZA 1995, Seite 678 ff). Entsprechendes gilt für das Androhen erheblicher körperlicher Gewalt. Die ernsthaft gemeinte und ernsthaft verstandene Bedrohung mit massiver körperlicher Gewalt, nämlich hier dem Schlagen mit einem Radkreuz, d. h. der Inaussichtstellung einer gefährlichen Körperverletzung, ist eine erhebliche Belästigung eines anderen Menschen. Sie führt zu einer durchgreifenden Störung des Betriebsfriedens, da ein unbefangenes Zusammenarbeiten des Bedrohten mit dem Bedrohenden in der Regel nicht mehr möglich ist. Da dem Arbeitgeber gegenüber seinen Mitarbeitern auch Schutzpflichten obliegen, hat er dafür zu sorgen, dass solche Vorfälle unterbleiben.

Das die Äußerung vom 23.10.2003 seitens des Klägers nicht ernst gemeint war, hat er nicht behauptet. Entgegen der Absicht des Klägers besteht auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Äußerung von Herrn Lxxxxx nicht ernst genommen wurde. Seine Äußerungen vom 25.11. und 16.12.2003, er habe nicht gewollt, dass der Vorfall so ende, lassen keinen Schluss darauf zu, dass er die Drohung des Klägers nicht ernst genommen hat. Allein der Umstand, dass er möglicherweise keine fristlose Kündigung des Klägers herbeiführen wollte, reicht hierzu nicht aus. Die Entscheidung, welche Konsequenzen das Verhalten des Klägers nach sich zieht, obliegt dem Arbeitgeber, nicht dem von dem Verhalten betroffenen Mitarbeiter. Der unstreitige Umstand, dass Herr Lxxxxx selbst im Gespräch mit der Personalabteilung erklärte, er habe in der Nacht nach dem Vorfall schlecht geschlafen und über die Drohung nachgedacht, spricht dafür, dass diese ernst genommen wurde.

Zu berücksichtigen ist, dass am 23.10.2003 keine Provokation gegenüber dem Kläger seitens Herrn Lxxxxxx ausging. Die Beschwerde über die Arbeitsleistung des Klägers stellt weder eine „Denunziation“, wie der Kläger dies nennt, dar. Noch ist solch eine Beschwerde, die zuvor auch von dem Mitarbeiter gegenüber dem Kläger im Zusammenhang mit seiner Arbeitsleistung thematisiert wurde, allerdings erfolglos blieb, ein Anlass, hierauf mit Agressivität zu reagieren. Das gilt auch in Anbetracht der angespannten Stimmung aufgrund der personellen Umstrukturierung im Betrieb der Beklagten. Das Verhalten des Klägers hat gezeigt, dass er nicht in der Lage ist, mit Kritik umzugehen, sondern dies in Agressivität und ernsthafte Drohgebärden ausufern lässt. Auch sein Verhalten nach dem Vorfall zeigt, dass er das Ausmaß seines Fehlverhaltens noch immer nicht erkannt hat. So hat er sich bis zum heutigen Tage noch nicht bei Herrn Lxxxxxx entschuldigt. Entgegen seiner Ansicht wäre dies auch ihne Weiteres möglich gewesen, ohne dass es sich hierbei um eine Zeugenbeeinflussung handeln würde. Ein kurzes Telefonat oder ein kurzer Brief mit einer Entschuldigung, ohne den Vorfall im Einzelnen zu diskutieren, hätte hierzu bereits ausgereicht. Insbesondere wäre dies unmittelbar auch nach dem Gespräch mit der Personalabteilung möglich gewesen. Eine entsprechende Kontaktaufnahme im Betrieb war nicht erforderlich. Das Verhalten des Klägers im Personalgespräch vom 24.10.2003 zeigt, dass der Kläger den Vorfall herunterspielen wollte, indem er erklärte, er könne sich nicht mehr erinnern, da der Tag so lang gewesen sei.

Ein solches Verhalten macht es dem Arbeitgeber unmöglich, den Kläger weiterhin im Betrieb einzusetzen. Auch ohne Ausspruch einer vorherigen Abmahnung ist hier die Fortsetzung der Beschäftigung des Klägers unzumutbar.

Soweit er einwendet, in anderen vergleichbaren Fällen seien keine Kündigungen ausgesprochen, nicht einmal Abmahnungen seien erteilt worden, führt dies nicht etwa zu einer Selbstbindung der Beklagten, Agressivität in ihrem Betrieb zu dulden. Unstreitig sind die Vorfälle zwischen Herrn Xxx und Xxx, sowie Herrn Xxx und Herrn Xxx der Beklagten erst im vorliegenden Rechtsstreit, mithin längst nach Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Kläger bekannt geworden. Darüber hinaus handelte es sich um gegenseitige Angriffe der Mitarbeiter, mithin um Provokation gegenüber demjenigen, der tätlich geworden ist.

Soweit der Kläger weiter einwendet, Bedrohungen mit dem Cuttermesser seien üblich, ist dieser Vortrag nicht hinreichend substantiiert, um entscheidungserheblich zu sein. Er hat hier nicht vorgetragen, wer gegenüber wem aus welchem Anlass eine solche Äußerung wann abgegeben habe. Die weiteren vom Kläger angeführten Beleidigungen aus dem Bereich Motormontage und Elektrikerabteilung stehen der Androhung massiver körperlicher Gewalt mit einem gefährlichen Werkzeug nicht gleich. Soweit er vorträgt, Herr Xxx habe erklärt, der Kläger sei eine Null und er wolle ihn, egal wie, loswerden, ist dieser Vortrag ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Entweder reicht ein Vorfall hierzu aus oder nicht. Hierüber hat nicht der jeweilige Vorgesetzte, sondern die Personalabteilung zu entscheiden. Herr Xxx ist nicht kündigungsberechtigt.

2) Auch die allgemeine Interessenabwägung geht zu Lasten des Klägers. Mit 3x Jahren ist er noch relativ jung. Die zu seinen Gunsten zu berücksichtigende lange Betriebszugehörigkeit seit 1991 kann allerdings allein nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Das Ausmaß der verbalen Attacke auf den Kollegen war völlig unangemessen und auch nicht nachvollziehbar angesichts des nichtigen Anlasses, nämlich der Beschwerde vom Vortag.

3) Ein milderes Mittel stand der Beklagten nicht zur Verfügung. Eine Versetzung war nicht möglich, da freie Arbeitsplätze im Betrieb der Beklagten nicht vorhanden sind. Darüber hinaus wäre diese Maßnahme nicht erfolgversprechend gewesen. Der Vorfall vom 23.10.2003 resultiert nicht aus einem Konflikt gerade mit Mxxxxxx Lxxxxx. Die Beklagte muss weiterhin jederzeit damit rechnen, dass der Kläger bei nichtigen Anlässen so unangemessen reagiert, wie dies am 23.10.2003 der Fall war, und damit den Betriebsfrieden erheblich stört.

Eine ordentliche Kündigung war wegen der Ersatzmitgliedschaft des Klägers im Betriebsrat nach § 15 Abs. 1 KSchG nicht möglich.

4) Mit dem Kündigungsausspruch am 30.10.2003 hat die Beklagte die Kündigungsfrist gem. § 626 Abs. 2 BGB gewahrt, nachdem die kündigungsberechtigten Personen der Personalabteilung am 24.10.2003 hiervon Kenntnis erlangten und der Kläger am gleichen Tage zum Vorfall angehört wurde.

5) Die Zustimmung des Betriebsrates gem. § 103 BetrVG lag am 29.10.2003, mithin vor Ausspruch der Kündigung, vor.

Nach alledem ist der Antrag zu 1. abzuweisen

II_
Über den Klagantrag zu 2. ist nicht zu entscheiden, da dieser nur für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. gestellt worden ist.

B_ Der Kläger hat als die unterliegende Partei gem. § 91 Abs. 1 ZPO, § 46 Abs. 2 ArbGG die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

C_ Der Streitwert ist im Urteil festzusetzen, § 61 Abs. 1 ArbGG. Es beläuft sich nach § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG auf drei Bruttomonatsentgelte des Klägers, mithin auf x.xxx EUR für den Klagantrag zu 1. Der Klagantrag zu 2. wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus, da über ihn nicht zu entscheiden ist, § 19 Abs. 1 Satz 2 GKG.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Urteil kann Berufung eingelegt werden.

a)wenn sie im Urteil des Arbeitsgerichtes zugelassen worden ist
oder
b)wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 Euro übersteigt
oder
c)in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses.

Soweit die Voraussetzungen zu a); b) oder c) nicht vorliegen, ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; an seiner Stelle können Vertreter der Gewerkschaften oder von Vereinigungen von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglied Partei sind.

Die Berufungsschrift muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Urteils bei dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Siemensstraße 10, 30173 Hannover eingegangen sein.

Die Berufungsschrift muss das Urteil bezeichnen, gegen das die Berufung gerichtet wird und die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Ihr soll ferner eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils beigefügt werden.

Die Berufung ist gleichzeitig oder innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils in gleicher Form begründen.

Dabei ist bei nicht zugelassener Berufung der Wert des Beschwerdegegenstandes glaubhaft zu machen; die Versicherung an Eides Statt ist insoweit nicht zulässig.

Die für die Zustellung an die Gegenseite erforderliche Zahl von beglaubigten Abschriften soll mit der Berufungs- bzw. Begründungsschrift eingereicht werden.

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen bittet darum, die Berufungsbegründung und die Berufungserwiderung in 5-facher Ausfertigung, für jeden weiteren Beteiligten ein Exemplar mehr, einzureihen.

Steinke

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