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Bald Ausnahme vom Gesetzlichen Mindestlohn im Taxigewerbe mit Gewerkschaftsunterstützung ?

erstellt von kraftfahrer — zuletzt verändert: 09.08.2014 08:27
Der Artikel eines Berliner Taxifahrers weist auf die Gefahr hin, dass der Mindestlohn von 8,50 Euro für Taxifahrer unter Umständen mit Hilfe der großen Gewerkschaft ver.di nicht ab 1. Januar 2015 kommen könnte.

In den letzten Wochen gab es verschiedene Medienberichte, welche suggerieren, dass es im Taxigewerbe ab August Tarifverhandlungen zwischen dem Unternehmerverband BZP und ver.di gäbe, die zu einem schellen Abschluß führen würden. Dieser wäre unter 8,50 Euro/brutto und verschöbe damit die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 einvernehmlich auf 2017. Insofern ver.di zitiert wird, gehen die Äußerungen auf die Pressestelle des Bundesvorstand zurück.

Hier zwei Beispielartikel mit diesem Tenor aus der Süddeutschen Zeitung (nebenbei: Der Artikel wird mit einem Foto vom "Together Now"-Aktionstag am 3. Mai vor dem Brandenburger Tor aufgemacht) und von Spiegel online

Das Beschriebene ist so nicht zutreffend. Es dient vielmehr der Erzeugung von Druck auf die aktiven Taxi-KollegInnen bei ver.di und die von ihnen gewählte Tarifkommission.

Richtig ist vielmehr, dass der Bundesverband BZP, der für das Taxigewerbe zuständig ist, nach Jahren der Verweigerung von Tarifgesprächen jetzt ein Schlupfloch entdeckt hat, um die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns möglichst lange zu verzögern. Er will kurze Verhandlungen, noch 2014 abschließen, unter 8,50 brutto, um unter die Übergangsregelung zu fallen.

Die entspricht dem Profitinteresse seiner Mitglieder... aber selbst dafür brauchten sie zwei Mitgliedervollversammlungen, um den einzelnen Arbeitgebern klar zu machen, dass "stur stellen" gegen Gewerkschaften ihnen taktisch im Moment nicht weiterhilft !

Ver.di hat in den letzten Monaten eine bundesweite Tarifkommission gewählt. Das Ansinnen des BZP, Tarifverhandlungen führen zu wollen, wurde zur Kenntnis genommen und demnächst wird - ohne Presse und BZP - darüber in Klausur beraten. Soweit, so korrekt. Von der ver.di-Führung müßte eigentlich erwartet werden, der eigenen Struktur Rückendeckung zu geben. Stattdessen wird gegenüber der Presse signalisiert, dass ein Abschluß unter 8,50 möglich wäre, bei Zugeständnissen im Mantelbereich, wie Zulagen bei bestimmten Arbeitszeiten.

Dies muss aus mehreren Gründen als problematisch bezeichnet werden:

-- wer der Presse Zugestandnisse andeutet, bevor die gewählte Tarifkommission sich auch nur traf, setzt diese unter Druck, den Arbeitgebern Zugeständnisse zu machen. Die KollegInnen sollen sozusagen über den Tisch gezoegen werden, bevor sie überhaupt dran sitzen! Besonders für (gewerkschafts-)politisch unerfahrene KollegInnen ist es schwer, den Tenor der Verhandlungen herumzureissen, wenn er durch die Presse und sogar Äußerungen des eigenen Vorstandes vorgegeben scheint.

-- ver.di macht eine Öffentlichkeitskampagne "Kein Lohn unter 8,50" und trägt gleichzeitig aktiv dazu bei, kurz vor Toresschluß, dem wie ein Schweizer Käse perforierten Mindestlohngesetz ein weiters Loch hinzuzufügen. Damit stellt die Gewerkschaft sich selbst ein Bein, schadet ihrem Organisierungsprozess in prekären Bereichen, nur, um von den Arbeitgeberverbänden als jemand akzeptiert zu werden, der für die "die Kartoffeln aus dem Feuer holt".

-- damit wird die Arbeit von ehrenamtlichen ver.di- TaxifahrerInnen vor den Kopf gestoßen, die aus einer absoluten Minderheitsposition heraus seit Jahren versuchen, KollegInnen davon zu überzeugen, dass sie gemeinsam mit einer starken Gewerkschaft mehr erreichen als durch Einzelkämpfertum.

-- Fachlich gesehen ist das Taxigewerbe natürlich wertschöpfungsschwach. In Berlin sind die Taxipreise vorgegeben, aber die Zahl der Konzessionen ist nach oben offen. Somit gibt es immer mehr Taxen und FahrerInnen, als dass es für alle ein einkömmliches Auskommen geben kann. Dies wird sogar noch vom Jobcenter mit Vermittlungsgutscheinen subventioniert. Anstatt hier den Marktzugang zu regulieren und zahlreichen Methoden des Lohndumpings ein Ende zu setzen, wird mit diesem Widerspruch so umgegangen, den UnternehmerInnen zwei weitere Jahre Zeit für Billiglöhnerei zu geben. Von alleine werden sie die Gewerbestruktur jedoch nicht ändern !

An die heiße Kartoffel der Marktregulierung will ver.di bundesweit nicht heran. Gilt das als zu sozialistisch? Ist die Neoliberalismuskritik nach der Finanzkrise von 2009 schon vergessen?

In Berlin, wo es im letzten und auch in diesem Jahr - durchaus mit Unterstützung der Hauptamtlichen unsereres Landes-Fachbereichs - Kundgebungen und Mitglieder-Werbeaktionen mit dem Ziel der Durchsetzung von 8,50 Mindestlohn gab, wird ein Tarifvertrag darunter jedenfall nicht auf einhellige Zustimmung treffen. Die KollegInnen lassen sich nicht vera....en!

Die Kleine Gewerkschaft NGG hat, als die Gastwirte Panik schoben, vorgemacht, wie es gehen könnte: Per Grundlagenbeschluß wurde festgelegt, dass ab sofort keine Tarifverträge unter 8,50 mehr abgeschlossen werden, ohne wenn und aber. Die große, mitgliederstarke Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sollte das doch eigentlich auch hinbekommen!